2057/J-BR BR

Eingelangt am: 13.03.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Bundesräte Gasteiger

und Genossinnen

an den Bundesminister für Landesverteidigung

betreffend Reformpläne im Bereich des Landesverteidigungsministeriums

In den letzten 10 Jahren hat das Österreichische Bundesheer schon drei
Reformen, mit höchst unterschiedlichem Erfolg erlebt.

Viele dieser Reformen waren vom Sparzwang beseelt, das Budget ist
jedenfalls schon jetzt auf einem äußerst bescheidenen Niveau angelangt.

Der Verteidigungshaushalt war im Vorjahr mit knapp 1,7 Milliarden Euro
ausgestattet, das sind nicht einmal 0,8 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes. In Europa gibt nur noch Luxemburg im BIP-
Vergleich weniger aus.

Gleichzeitig bewegt sich der Verschuldungsgrad des österreichischen
Bundesheeres in Richtung 50 %! Mit Personalkosten von über 60 % des
Heeresbudgets wäre das Bundesheer de facto jetzt schon pleite!

Die SPÖ hat im Rahmen der laufenden parlamentarischen
Auseinandersetzung eindringlich davor gewarnt, dass für die österreichische
Landesverteidigung, bedingt durch den Ankauf der sündteuren
„Eurofighter" Kampfflugzeuge, nicht genügend budgetäre Mittel zur
Verfügung stehen.

Es bleibt dadurch kein Spielraum für wirklich notwendige Beschaffungen,
die dem Schutz und der Sicherheit der Soldaten dienen. Notwendig sind
Investitionen in neue Kampfanzüge, LKW, Pionier- und Funkgeräte.

Nun wurde der „geheime ÖVP - Sparplan" durch eine Indiskretion in der
Tageszeitung „Die Presse" veröffentlicht.

Die Eckpunkte stellen sich wie folgt dar:

Das Bundesheer soll noch innerhalb dieser Legislaturperiode völlig neu
strukturiert werden.

1.  Mischung aus Berufs- und Milizheer;

2. Reduzierung der Wehrdienstzeit von acht auf sechs Monate;


3. Zwei Wehrdienst-Varianten - eine mit und eine ohne Waffe; wobei
letztere vor allem auf Katastrophenhilfe, Naturschutz etc. abzielen
würde.

4. Schließung von Kasernen;

5. Sparen bei den Truppen-Kosten um bis zu 30 Prozent.

6. Das Bundesheer soll verkleinert werden;

künftig 15.000 Berufssoldaten, die auch für die Petersberger
Aufgaben eingesetzt werden, sowie einer freiwilligen Miliz plus
Wehrdienern.

7.  Eine Reformkommission soll bis Jahresende die Grundlagen
erarbeiten, spätestens 2006 soll es weitgehend umgesetzt sein.

Diese Vorhaben finden sich aber weder im Regierungsübereinkommen noch
in der Regierungserklärung.

Die unterzeichneten Bundesräte vermuten, dass diese Ankündigen, die
insgesamt sehr unausgegoren und konzeptlos wirken, nicht die Handschrift
seriöser Verteidigungspolitik tragen.

Das ist eher ein schlagzeilenorientiertes Ablenkungsmanöver, mit dem der
Abfangjägerkauf, der von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt wird,
überdeckt werden soll.

Es ist weiters verwunderlich, dass sich SPÖ-Reformpunkte, die früher mit
polemischer Kritik der ÖVP versehen wurden, heute im "ÖVP -
Geheimpapier" niedergeschrieben sind.

So stellt eine vertretbare Reduzierung der Verkürzung der Wehrpflicht -
nach dem Ende des Assistenzeinsatzes an der EU-Aussengrenze - eine
langjährige Forderung der SPÖ dar.

Der neue Verteidigungsminister hat laut einer Aussendung diese
elementaren Veränderungsprojekte in seinem Ressort wie folgt
kommentiert:

"Über derartige Pläne, die u.a. eine Verkürzung der Wehrpflicht vorsehen, ist
mit dem Minister jedenfalls noch nicht gesprochen worden".

Die Grundlagen einer verantwortungsvollen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik sind Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Kompetenz,
diese Grundlagen scheinen zurzeit nicht vorzuliegen.

Es ist den unterzeichneten Bundesräte wichtig festzuhalten, dass ein
Bundesminister kein Befehlsempfänger von Parteizentralen, sondern den
Österreicherinnen und Österreichern verantwortlich ist.


Bei den großen Heeresfragen müssen alle Parteien eingebunden werden. In
der Sicherheits- und Verteidigungspolitik muß kooperiert werden.
Jedenfalls ist in diesen Fragen ein breiter gesellschaftlicher Konsens unter
Einbeziehung der Personalvertreter und Entscheidungsträger des Ressorts
anzustreben.

Die unterzeichneten Bundesräte fordern Verteidigungsminister Platter auf,
seine Pläne für die Neugestaltung des österreichischen Bundesheeres
vorzulegen und so eine fundierte Diskussion zu ermöglichen.

Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an den Bundesminister für
Landesverteidigung nachstehende

Anfrage:

1.   Wie sieht das Modell der Mischung aus Berufs- und Milizheer
aus?

2.   Wann wird dieses Modell umgesetzt?

3.   Kommt es zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?

4.   Kommt es zur Reduzierung der Wehrdienstzeit von acht auf sechs
Monate?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum steht das in dem Geheimpapier?

5.   Wie viele Berufssoldatinnen wird es im Endausbau geben?

6.   Wie viele Milizsoldatlnnen wird es im Endausbau geben?

7.   Wird es ein neues Dienstrecht für Berufssoldatinnen geben?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?

8.   Werden Sie das Prinzip der Freiwilligkeit für Auslandseinsätze
abschaffen?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?

9.   Wie hoch ist die Vorbelastung im Verteidigungsbudget Ende
Feber 2003?

10. Wie hoch war die Vorbelastung im Verteidigungsbudget Ende
Feber 2002?

11. Wie hoch war die Vorbelastung im Verteidigungsbudget Ende
Feber 2001?

12. Wie hoch war die Vorbelastung im Verteidigungsbudget Ende
Feber 2000?

13. Wie werden die zwei Wehrdienst-Varianten - eine mit und eine
ohne Waffe - ausgestaltet werden?


14. Wann werden sie welche Kasernen schließen?

15. Wie wollen sie bei den Truppen bis zu 30 Prozent sparen?

16. Wo wollen sie bei den Truppen bis zu 30 Prozent sparen?

17. Welche Waffengattungen werden sie auflassen?

18. Welche Verbände werden aufgelassen?

19. Welche Verbände werden verstärkt?

20. Wie hoch ist der Personalstand der Soldaten im Bereich des
     
Bundesministeriums für Landesverteidigung (auch länger
      Dienende) Ende 2002?

21. Wie hoch ist der Personalstand an Zivilpersonen im Bereich des
      
Bundesministeriums für Landesverteidigung Ende 2002?

22. Um wie viel und wann soll der Personalstand bei den Soldaten im
     
Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung (auch
      länger Dienende) verkleinert werden?

23. Um wie viel und wann soll der Personalstand bei den
     
Zivilpersonen im Bereich des Bundesministeriums für
      Landesverteidigung (auch länger Dienende) verkleinert werden?

24. Wer wird in der -im Regierungsprogramm festgeschriebenen -
     
Reformkommission vertreten sein?

25. Wann wird diese Reformkommission ihre Arbeit aufnehmen?

26. Werden Sie einen mehrjährigen Investitionsplan mit
      Prioritätenreihungen vorlegen?
     
Wenn ja wann?
     
Wenn nein, warum nicht?