2065/J-BR/2003 BR. GP
Eingelangt am 11.04.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Dringliche Anfrage
gem. § 61 Abs. 3 GO/BR
der Bundesräte Prof. Konecny
und GenossInnen
an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen
betreffend massive Benachteiligungen für Frauen durch die geplante Pensionsreform der
Bundesregierung
Schon die gegenwärtige Situation sieht für Frauen im Alter eine starke Benachteiligung gegenüber Männern vor. Lag die durchschnittliche Männerpension im Jahr 2001 bei 23.638 ATS monatlich, so lag jene der Frauen bei 8.902 ATS pro Monat. Also liegt damit die durchschnittliche Frauenpension um 62 % unter der Pension von Männern bzw. ist die durchschnittliche Männerpension um das 2,6 fache höher als die Frauenpension.
Im Regierungsprogramm Schüssel II wurde unter Punkt 9 Pensionen eine Pensionsreform angekündigt. Strategie dabei war, keine Details vor der niederösterreichischen Landtagswahl, die am 30. März 2003 stattfand, der Öffentlichkeit bekannt zugeben. Das einzige was bekannt wurde war der Umstand, dass durch die Streitigkeiten zwischen ÖVP und FPÖ innerhalb der Regierung die Pensionsreform zur Chefsache gemacht wurde. Kanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzler Herbert Haupt sollten in Kürze eine Einigung in den strittigen Punkten finden, denn die Koalition will vor Sommer die wichtigsten Reformen beschließen, so die Oberösterreichischen Nachrichten vom 28. März 2003, Seite 1.
Am Montag nach den niederösterreichischen Wahlen war es dann soweit; am frühen Nachmittag stellten Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein vor der Presse die Details der Pensionsreform vor und versprachen eine Kürzung neuer Pensionen höchstens um
15%.
Gleichzeitig gingen die Entwürfe im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes in Begutachtung. Für die Begutachtung selbst wurde den Teilnehmern am Begutachtungsverfahren eine Frist bis 25. April 2003 gesetzt. Innerhalb dieser Frist sind aber nicht nur die Vorlagen zur Pensionsreform, sondern eine ganze Reihe von anderen wichtigen Gesetzesentwürfen zu bearbeiten. Es ist völlig unseriös von der Bundesregierung Schüssel II, für eine derart komplizierte Materie, die vehement und exzessiv in die Rechte der Österreicherinnen
eingreift, eine solche kurze Begutachtung vorzusehen. Die Vorgangsweise erinnert an das Khol'sche Prinzip des Speed kills.
Im Rahmen der Pressekonferenz Bartenstein-Haupt wurden folgende Details präsentiert:
„Frühpension: Sie wird ab dem Juli 2004 abgeschafft, wobei in der zweiten Hälfte des Jahres das Frühpensionsalter (56,5för Frauen, 61,5 für Männer) um vier Monate erhöht wird; im Jahr 2005 folgt eine Anhebung um sechs Monate, in den Jahren 2006 bis 2009 wird das Frühpensionsalter um je acht Monate angehoben.
"Hackler-Regelung": Das alte Modell nach 40 Versicherungs- und 55 Lebensjahren für Frauen (Männer: 45/60) soll 2005 auslaufen. Dann soll bis 2010 eine neue Regelung bei gleicher Versicherungszeit mit den Altersgrenzen 56,5 und 61,5 gelten.
Pensionskürzungen: Schon ab 2004 stehen Kürzungen der Pensionen an. Der jährliche Steigerungsbeitrag (der die Beitragsjahre aufwertet) sinkt von zwei auf 1,78 Prozent - die Höchstpension wird also nicht mehr nach 40, sondern nach 45 Beitragsjahren erreicht. Der Abschlag bei einem vorzeitigen Pensionsantritt steigt von jetzt drei auf 4,2 Prozent und wird von der Brutto-Pension abgezogen.
Für die "Hacklerregelung" gilt bis 2005 der Steigerungsbetrag von 2 %, danach kann der Sozialminister 1,78% verordnen.
Die Durchrechnung (derzeit die besten 15 Jahre) wird ebenfalls wie im Regierungsprogramm geplant ab 2004 schrittweise erhöht - im ASVG um zwölf Monate pro Jahr, 2028 beträgt der Durchrechnungszeitraum 40 Jahre.
Vorgestellt wurden auch abfedernde Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer: Das Altersteilzeitmodell wird verlängert, das "Blocken " der Altersteilzeit bleibt bei Einstellung einer Ersatzarbeitskraft weiter möglich. Wer wegen der Anhebung des Antrittsalters jetzt nicht mehr aus der Arbeitslosigkeit in die Frühpension wechseln kann, ein "Übergangsgeld" in der Höhe des Arbeitslosengeldes plus 20 %. Die Lohnnebenkosten werden für Frauen ab 56 und Männer ab 58 um sechs Prozentpunkte gesenkt, für Arbeitnehmer über 60 um 12 Prozentpunkte." (Kurier vom 01.04.2003, Seite 3)
Die ersten Reaktionen auf die vorgestellte Pensionsreform von Schüssel II waren vernichtend. Von sozialer Unausgewogenheit, von Husch-Pfusch, von Eingriffen in wohlerworbene Rechte, von überfallsmäßig bis frauenfeindlich reichten die Reaktionen.
Eine Dringliche Anfrage gibt nicht die Möglichkeit, alle Details dieser Pensionsreform durchzuarbeiten. Deshalb haben die Anfragesteller beschlossen, ein besonders wichtiges Thema einer Erörterung zuzuführen: Die massive Benachteiligung der Frauen durch den Pensionsreformentwurf.
Zu den Auswirkungen der geplanten Pensionsreform auf die Frauen gab es auch eine Vielzahl an Reaktionen. Dass die Politiker der beiden Oppositionsparteien aber auch unabhängige Expertinnen die geplanten Maßnahmen kritisieren, wäre noch als alltäglich abzuqualifizieren. Dass jedoch auch Vertreterinnen der beiden Regierungsparteien, die ja diesen Entwurf vereinbart und in Begutachtung geschickt haben, den Entwurf vernichtend kommentieren, kann wohl nicht mehr als Alltäglichkeit bezeichnet werden. So:
„Das ist ein unsoziales Pensionskürzungsprogramm, das vor allem für Frauen drastische
Verschlechterungen bedeutet."
(Christine Boiler, FCG-Frauenvorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten)
„Keiner wird sich einer Veränderung verweigern. Aber wir Frauen verweigern uns gegen den Überfall. Das ist modernes Raubrittertum. Ich hätte gehofft, dass eine gestärkte ÖVP wieder gute Sozialpartnerschaft pflegt." (Christine Gubitzer, FCC-Vizechefin)
„Das ist ein schreiendes Pensionsunrecht. Für tausende Arbeitnehmer, die ihr Leben lang gearbeitet haben, gibt es keine Chance, sich auf die Verschlechterungen einzustellen." (Fritz Dinkhauser, AK-Präsident, Tirol)
„Das, was jetzt am Tisch liegt, wird früher oder später zum Kollaps des
Generationenvertrags führen."
(Wilhelm Gloss, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst)

Neben diesen Reaktionen sei auch insbesondere jene des Abgeordneten und Klubobmann- Stellvertreter der ÖVP erwähnt, der erklärte, dass die ÖAAB-Abgeordneten diesen Entwurf nicht mittragen würden. Was bedeutet dies? Dies bedeutet ganz einfach, dass es für diesen frauenfeindlichen Entwurf in der Fassung der Begutachtung keine Mehrheit im Nationalrat (und Bundesrat) geben wird.
Diese Analyse wird durch die neueren Aussagen von Vertretern des ÖAAB und FCG unterstützt: „So nicht!" Es gebe in den Arbeitnehmerorganisationen Vorschläge für die Pensionsreform, doch habe die Parteispitze nur mit den Experten und nicht mit den Betroffenen gesprochen. „Bei uns in der ÖVP wird niemand mehr gefragt", erläuterte Karl Klein, FCG-Bundessekretär, den aktuellen Kommunikationsstil. Er schloss die Diagnose an: „So steuert die Partei auf einen Krach zu". (Kleine Zeitung vom 10. April 2003, Seite 6)
Eine bisher nicht zu erwartende Entwicklung und Verstärkung der kritischen Front gegen den Entwurf einer Pensionsreform ist am 10. April eingetreten. Es sprechen sich nunmehr auch die Vertreter der Wirtschaftskammer gegen diesen Entwurf aus. Der stellvertretende Generalsekretär und ÖVP-Abgeordnete Reinhold Mitterlehner stellte zum Entwurf fest: Es müsse wesentliche Änderungen geben. Es ist nicht nachvollziehbar, warum wir kurzfristig derart dramatische Maßnahmen brauchen. Schließlich würde der Staat unter den jetzt gültigen Voraussetzungen gemessen am Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2007 weniger Mittel für die
Pensionen aufwenden müssen als derzeit. Und: „Es stellt sich die Frage, ob nicht die Kluft zwischen Besitzenden und Nicht-Besitzenden verbreitet wird."
(APA 061 vom 10. April 2003)
Im Bundesrat sei aber auch nicht unerwähnt, dass beispielsweise die Kärntner Landesregierung einstimmig - also auch mit den Stimmen der FPÖ- und ÖVP- Landesregierungsmitglieder - eine Petition verabschiedet hat, die vorsieht, dass die Pensionsreform in wesentlichen Punkten abgeändert werden soll.

Der Kärntner Beschluss im Wortlaut:
„Resolution der Kärntner Landesregierung
(auszugsweise, insbesondere die Frauen betreffende Punkte)
Die geplante Pensionsreform stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Lebensplanung vieler Bürger dar. Dadurch wird auch der in der Österreichischen Bundesverfassung verankerte Vertrauensschutz berührt.
Das Kollegium der Kärntner Landesregierung ersucht die Kärntner Abgeordneten des Parlaments und Bundesrates dafür einzutreten, dass:
...
• die Übergangsregelungen so
bemessen sind, um sich auf die neuen Verhältnisse ohne schwerwiegende
Pensionskürzungen einzustellen,
... • die Schwerarbeit von ASVG-Versicherten nicht nur im Rahmen der zeitlich befristeten „Hacklerregelung" anerkannt wird,
• die für Frauen und Mütter besonders benachteiligende Reformschnitte zurückgenommen werden.
Das Kollegium der Kärntner Landesregierung ersucht das Österreichische Parlament, dieses Anliegen noch vor Beschlussfassung über die zur Begutachtung vorliegende Pensionsreform zu behandeln und darüber zu entscheiden."
Doch auch die ÖVP-Oberösterreich kritisierte in der Person des Landeshauptmannes Josef Pühringer den Regierungsentwurf deutlichst. Er bezeichnete die Pensionsreformvorschläge als unausgereift, die soziale Symmetrie sei nicht gegeben. Für Langzeitversicherte und Frauen mit Kindern müsste es jedenfalls Verbesserungen gegenüber dem Entwurf geben. Diese Aussage Pühringers wird von den anfragestellenden Bundesräten vollinhaltlich geteilt.
Ein interessanter ÖVP interner Aspekt ist die Tatsache, dass Pühringer - daran erinnert, dass auch Martin Bartenstein den Pensionsentwurf präsentiert habe - meinte, diesem komme als Wirtschaftsminister in der Angelegenheit wohl keine besondere Zuständigkeit zu. Nach Pühringer meldeten sich nun auch der Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP) zu Wort, der eine Entschärfung des Vorschlages für alle Personen, die knapp vor der Pension stehen, fordert.
Auch sein Niederösterreichischer Kollege, Landeshauptmann Erwin Pröll, kritisierte Tempo und gesetzte Schritte der Reform. Er betonte, dass auf die soziale Symmetrie zu achten sei.
Diesen Äußerungen folgten der Tiroler Landeschef Herwig van Staa, er wolle Verbesserungen für die angesprochenen Gruppen Frauen, „Hackler" und ältere Arbeitnehmer, der Burgenländische Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steindl und der Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber hatten sich erst unlängst geäußert, so sie Salzburger Nachrichten vom 10.4.2003, Seite 9.
Neben den politischen Reaktionen seien aber auch noch einige Experten und ihre Aussagen dargestellt:
So meint Wifo-Forscher Alois Guger. "In diesem Entwurf sieht man die Handschrift des Finanzministers deutlich, nicht aber jene eines Sozialministers." Und Guger weiter: „Das Hauptproblem des Entwurfs ist, dass einige Bevölkerungsgruppen kumulativ getroffen werden. Bei den Frauen etwa ist durch die geringe Bewertung der Kindererziehungszeiten und der Versicherungsjahre sowie die lange Durchrechnungszeit schnell die Hälfte der Pension weg. Für die Beamten hingegen ist genau jener milde Übergang geplant, den man bei den ASVG-Versicherten vermisst."
Die Reduktion des so genannten Steigerungsbetrags von derzeit 2 auf 1,78 Prozent. Demnach wird die Höchstpension nicht mehr nach 40, sondern erst nach 45 Jahren Erwerbsleben erreicht. Das führt zu einem schlagartigen Pensionsverlust von elf Prozent ab kommendem Jahr. Experten wie Alois Guger vom Wirtschaftsforschungsinstitut sind deshalb sicher, dass für heuer eine „Massenflucht" in die Frühpension zu erwarten ist. (Alle Zitate: „Profil" vom 7. April 2003)
Bernd Marin, selbst Mitglied der Pensionsreformkommission, sieht die Pensionspläne der Bundesregierung wie folgt: Der derzeitige Entwurf zur Verlängerung der Durchrechnung sei schlicht "Pensionsraub". („Der Standard" vom 3. April 2003, Seite: 2)
Die Verlängerung der Ersatzzeiten auf 24 Monate, die von der Bundesregierung als positiver Faktor für die Frauen bezeichnet wird, wird wie folgt kommentiert:
„Frauen: Die Ersatzzeiten für die Kindererziehung werden zwar von 18 auf 24 Monate angehoben, allerdings erst in dreißig Jahren - weil davon nur Frauen profitieren, die das neu geschaffene Kindergeld beziehen. Viel bringt das auch dann nicht: Ein Ersatzzeit-Monat wird
nur mit 643 Eure veranschlagt. Auch Frauen, die großteils berufstätig waren, werden verlieren, weil die mageren Kinderzeiten die Lebensverdienstsumme drücken."
„Aber auch im Bereich der Teilzeitbeschäftigten sind die Frauen überproportional betroffen: 40% der Frauen und 20% der Männer arbeiten weniger als 36 Stunden pro Woche. Entsprechend niedrig ist ihr Verdienst. Dazu kommt, dass nicht nur bei den atypischen Beschäftigungsverhältnissen - in sogenannten McJobs - der Erwerbsverlauf durch Arbeitslosigkeit unterbrochen wird. Die kontinuierliche Beschäftigung wird immer mehr zum Relikt. Auch junge Selbständige kommen nie auf die notwendigen 45 Versicherungsjahre und damit auf die Höchstpension." („Profil" vom 7. April 2003)
„Die erste Begutachtungsstellungnahme zur Pensionsreform beinhaltet gleich herbe Kritik. Franz Kohmaier, Mitglied der von der Regierung installierten Pensionsreform-Kommission, nennt die Vorschläge der Koalition "inakzeptabel".
Grund: Der Entwurf weiche stark von den Intentionen der Reformkommission ab. Kohmaier
vom Institut für Sozialforschung bringt nun einige Änderungsvorschläge vor, etwa eine
bessere Bewertung früherer Beitragsjahre sowie eine stufenweise Absenkung des
Pensionssteigerungsbetrags."
(ORF online, www.orf.at/ticker/108947.html?tmp= 10284)
In der Folge sollen beispielhaft die Auswirkungen der Pensionsreform auf konkrete Einzelschicksale dargestellt werden:
Angestellte, 57 Jahre
Eine 57-jährige Frau geht mit 35 Versicherungsjahren in Pension. Bei einer Bemessungsgrundlage von 1500 Euro blieben ihr bisher 937,50 Euro Pension im Monat. Nach der Reform bezieht sie bis zu ihrem 60. Geburtstag ein Altersübergangsgeld von monatlich 765 Euro.
Verlust: 18,4%
Angestellter, 59 Jahre
Ein 1944 geborener Mann verdient vor seiner Pension 2000 Euro monatlich. Zieht er sich mit 60 aufs Altenteil zurück, erhält er derzeit 1289,60 Euro. Nach der Reform fällt diese wegen der Lebenszeitdurchrechnung auf 1276,80 Euro. Allerdings nur, wenn er das Glück hat, vor dem 30. Juni 1944 geboren zu sein.
Bei jenen, die in der zweiten Jahreshälfte 1944 geboren wurden, wirken sich die höheren Frühpensionsabschläge voll aus. Unterm Strich bleiben nur noch 1085,30 Euro Pension.
Verlust: 15,8%
Angestellte, 49 Jahre
Mit 259 Versicherungsmonaten, 96 davon durch Kindererziehung, kann eine heute 49-jährige Frau mit 60 Jahren in Pension gehen. Der Durchrechnungszeitraum liegt dann, im Jahr 2014, bei 24 Jahren und zwei Monaten. Nach aktueller Rechtslage erhält sie 1416,23 Euro Pension im Monat. Nach der Reform bleiben ihr 975,03 Euro.
Verlust: 31,2%
Arbeiterin, 55 Jahre
Mit 40 Beitragsjahren geht eine Frau im Alter von 55 Jahren in Frühpension. Bei einer Berechnungsgrundlage von 1500 Euro minus zehn Prozent Abschlag für die Frühpensionsjahre bekam sie bisher eine Bruttopension in Höhe von 1050 Euro. Nach der Reform wirken die höheren Abschläge: Unterm Strich blieben ihr dann 843,75 Euro Pension, wobei eine weitere Reduktion wegen der Ausdehnung des Berechnungszeitraums noch gar nicht eingerechnet ist.
Verlust: 19,6%
Teilzeitbeschäftigte, 55 Jahre
Eine 1948 geborene Frau begann mit 19 zu arbeiten und kann mit 60 Jahren eine normale Alterspension beziehen. Zum Stichtag 1.1.2008 kommt sie auf 35 Versicherungsjahre. Ihr Berufsleben beginnt mit fünf Jahren Vollzeitarbeit, dann folgt ein Jahr Arbeitslosigkeit. Mit 25 Jahren bekommt sie das erste Kind, mit 28 folgt ein zweites. Die nächsten Jahre bleibt sie zu Hause. Erst mit 38 steigt sie auf Teilzeitbasis wieder in den Beruf ein. Mit 47 wird sie ein Jahr arbeitlos, mit 48 findet sie eine Vollzeitstelle, die sie bis zum Pensionsantritt behält. Nach geltendem Recht bleiben ihr bei einer Bemessungsgrundlage von 1200 Euro monatlich 840 Euro Pension. Nach der Reform muss sie mit 161 Euro weniger im Monat auskommen.
Verlust: 19,2%
(Quelle: Profil, vom 7. April 2003) Angestellte, 30 Jahre und jünger
Arbeitet seit dem 16. Lebensjahr, 4 Jahre Karenz (2 Kinder), von 1999 bis 2002 teilzeitbeschäftigt, geringes Einkommen, bis 2006 Teilzeit mit besserer Gage, ab 2007 Vollzeit.
Verlust: 31,0%
Angestellte, ab 40 Jahre
Jahrgang 1960, 6 Jahre Kindererziehungszeit, 4 Jahre unversichert. Wiedereintritt mit 33 Jahren in Teilzeit. Ein Jahr arbeitslos, ab 2006 mit 46 Jahren bis 60 Jahren Vollzeit.
Verlust: 37% (Quelle: News vom 10. April 2003)
All die dargestellten Zitate - gerade von Politikern der Regierungskoalition -, die Meinungen der Expertinnen und die dargestellten Auswirkungen - insbesondere auf Frauen - der in Begutachtung geschickten Pensionsreform von Schüssel II zeigen die unsozialen Wirkungen dieser geplanten Reform auf. Die Situation der Frauen im Alter wird weiter verschlechtert, da eine Reihe von geplanten Maßnahmen die Frauen aus dem Grund ihres typischen Lebens- und Erwerbsverlaufes stärker als die Männer trifft.
Die anfragestellenden Bundesräte werden daher im Verlauf der Debatte zur gegenständlichen Dringlichen Anfrage und dem Thema der Anfrage „massive Benachteiligungen für Frauen durch die geplante Pensionsreform der Bundesregierung" einen Entschließungsantrag einbringen, der folgenden Text hat:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die für Frauen und Mütter besonders benachteiligenden Reformschritte im Rahmen der Pensionsreform zurückzunehmen."
Dieser Text entspricht auch einem Punkt der Resolution der Kärntner Landesregierung, die mit Stimmeneinhelligkeit am 8. April 2003 gefasst wurde. Die anfragestellenden Bundesräte werben schon jetzt um eine möglichst große Mehrheit für diesen Antrag, um die Rechte der Frauen und deren soziale Lebensbedingungen zu verbessern. Die SPÖ jedenfalls steht zur Verfugung, gemeinsam mit allen Parteien einen ausgewogenen Vorschlag zu erarbeiten, wenn die Bundesregierung ihren unsozialen und frauenfeindlichen Entwurf zurückzieht.
Die unterzeichneten Bundesräte richten daher an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen nachstehende
Anfrage:
1. Welche Auswirkungen hat die von der Bundesregierung in Begutachtung entsendete Pensionsreform auf Frauen?
2. Welche Auswirkungen hat die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen Arbeitslosigkeit konkret auf Frauen?
3. Welche Auswirkungen wird das Auslaufen der Frühpension wegen langer Versicherungsdauer auf Frauen bewirken?
4. Welche Auswirkungen wird die Ausweitung des Durchrechnungszeitraumes von 15 Jahren auf 40 Jahre bei gleichzeitiger Beibehaltung der Aufwertungsfaktoren auf Frauen haben?
5. Welche Auswirkungen wird die Reduktion des Steigerungsbetrages von 2 % auf l ,78 % auf Frauen bewirken?
6. Welche Auswirkungen wird die Erhöhung des Abschlages bei früherem Pensionsantritt von 3 % auf 4,2 % auf Frauen bedeuten?
7. Wann werden Wirkungen durch die Anerkennung von 24 Monaten (statt bisher
18 Monate) des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld als pensionsbegründend entstehen? Welche werden dies sein?
8. Was haben Sie als Frauenminister in die Pensionsreform eingebracht?
9. Welche Änderungen zu diesem Entwurf, die Sie öffentlich angekündigt haben, streben Sie im Detail an und welche Auswirkungen sollen diese Änderungen auf die Pensionen der Frauen haben?
10. Haben Sie diesbezüglich bereits Kontakt mit Ihrem Regierungspartner aufgenommen und was sind die Ergebnisse davon?
11. Hat Ihr Regierungspartner Ihnen bereits Änderungsvorschläge mitgeteilt? Wenn ja, welche?
12. Beunruhigt Sie es nicht, dass eine Reihe von Expertinnen, die Landeshauptleute und Landesparteiobmänner der ÖVP, aber auch wichtige Vertreter Ihrer eigenen Partei, wie Staatssekretärin Ursula Haubner und Landeshauptmann Jörg Haider sowie die gesamte Opposition Ihren Entwurf heftig kritisieren, wobei im Mittelpunkt der Kritik u.a. die negativen Auswirkungen auf die Pensionen der Frauen stehen?
Unter einem wird gem. § 61 Abs. 3 verlangt, diese Anfrage vor Eingang in die Tagesordnung dringlich zu behandeln.