2108/J-BR/2003

Eingelangt am 23.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Bundesräte Prof. Konecny

und GenossInnen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Rechtssituation des Vereines zur Förderung der New Economy aus der Sicht des

Vereinsgesetzes 2002 - Auflösung des Vereines

Im Standard vom 22. Juli 2003 wurde ein Kommentar von Rechtsanwalt Thomas Höhne unter
dem Titel „Vereins-Kottan, ermitteln Sie!" abgedruckt, der neue und interessante rechtliche
Aspekte zum im Betreff genannten Verein wiedergibt.

Der Artikel lautet wie folgt:

"Der Standard" vom 22.07.2003                       Seite: 23
Ressort: Kommunikation

Wien, Abend, Wien, Morgen
Vereins-Kottan, ermitteln Sie!

Warum der Grasser-Homepage-Finanzierungsverein auflösungsreif sein könnte
Thomas Höhne*

Hat sich die Vereinsbehörde eigentlich schon einmal den viel zitierten Verein zur
Förderung der New Economy angesehen? Und zwar nicht zu den Themen
Gemeinnützigkeit, Körperschaftssteuer oder Schenkungssteuer - das ist Sache der
Finanzämter -, sondern zur Frage, ob dieser famose Verein überhaupt "den Bedingungen
seines rechtlichen Bestands" ( 29 Abs. 1 Vereinsgesetz 2002) entspricht?

In erster Linie geht es bei diesen "Bedingungen des rechtlichen Bestands" um die
Einhaltung einer Grundbedingung des Idealvereins, also um seinen ideellen Charakter:
Gegen diesen verstößt der Verein dann, wenn er entweder selbst darauf angelegt ist,
Gewinne zu machen, oder nur den formalen Deckmantel für die Erwerbstätigkeit seiner
Mitglieder abgibt. Wie ist unter diesem Gesichtspunkt der Verein zur Förderung der New
Economy zu beurteilen?

Da die Kommunikationspolitik des Finanzministers und seiner für den Verein tätigen
Mitarbeiter etwas dürftig ist, ist man hier auf die Berichterstattung in den Medien
angewiesen. Es scheint so, dass man davon ausgehen kann, dass bis jetzt die einzig
relevante Tätigkeit dieses Vereins die Erstellung der Website mit der Adresse www.karlheinz
grasser.at war. Hiefür soll


ein Betrag von mindestens 175.000 Euro zur Verfügung gestanden sein. Wie wir aus der
Parlamentskorrespondenz vom 12. 6. 2003 wissen, hat der Finanzminister mitgeteilt, "dass
seine private Homepage ausschließlich privat finanziert werde". Und was wir weiter wissen
ist, dass dieser Verein von den allernächsten Mitarbeitern des Finanzministers geführt wird.
So ist sein Pressesprecher Matthias Winkler der Obmann, auf ihn ist auch die Internet-
Domain angemeldet, und Wolfgang Nolz, Sektionschef im Finanzministerium, ist
Rechnungsprüfer des Vereins.

All das bedeutet, dass die Tätigkeit des Vereins, dessen Organe zumindest zum Teil in
einem Nahe- und Abhängigkeitsverhältnis zu Finanzminister Grasser stehen, ausschließlich
oder in erster Linie darin besteht, der Privatperson Grasser für private Zwecke um teures
Geld eine Website zur Verfügung zu stellen, und dass hiefür zumindest der überwiegende
Teil des Vereinsvermögens aufgewandt wurde.

Nun werden zwar grundsätzlich, so ein Kommentar zum Vereinsgesetz, aus Gewinnen
gespeiste, statutarisch vorgesehene wirtschaftlich werthafte Vereinsleistungen an Mitglieder
oder Dritte nicht als verbotene Gewinnausschüttung oder verbotene Vermögensentnahme
gewertet. Viel sagender Nachsatz des Kommentars: "Es wird allerdings darauf zu achten
sein, ob sich die Vereinsleistung nicht bloß als Umgehung einer Gewinnausschüttung
entpuppt." Denn, so der Kommentar, eine Ausschüttung an Vereinsmitglieder ist unzulässig,
weil Ausschüttungen dem Charakter eines Idealvereins widersprechen. Oder anders
formuliert: Wird durch Leistungen des Vereins an seine Mitglieder das Vereinsvermögen
vermindert, so sind diese Ausschüttungen verboten, da ihnen keine adäquate Gegenleistung
gegenüber steht.

Der Verein ist nach dem Gesetz nicht auf die wirtschaftliche Unterstützung seiner
Mitglieder angelegt; Leistungen an die Mitglieder sind nur dann erlaubt, wenn sie vordringlich
der Förderung des ideellen Vereinszwecks dienen. Wenn aber die Zuwendung
wirtschaftlicher Werte an Mitglieder, so nicht vom Vereinszweck zwingend erfordert, verboten
sind, dann gilt dies auch für solche Zuwendungen an Personen, die in einem derartigen
Nahverhältnis zu Vereinsorganen stehen, wie dies hier der Fall ist.

Für die Förderung des privaten Internetauftritts einer Person hat der Gesetzgeber die
Organisationsform des Vereins nicht geschaffen. Nach allem, was man in den letzten
Wochen lesen konnte, scheint der Verein zur Förderung der New Economy einer
Grundbedingung seines rechtlichen Bestands, nämlich der Wahrung seines ideellen
Charakters, nicht zu entsprechen. Und damit scheint er auflösungsreif zu sein. Am Wort ist
die Bundespolizeidirektion Wien.

*Der Autor ist Rechtsanwalt in Wien und Mitautor des Buchs "Das Recht der Vereine".

Es ist daher von besonderem Interesse, wie der zuständige Bundesminister diese Darlegung
interpretiert und ob die ihm unterstehenden Behörden bereits auch Schritte in diese Richtung
gesetzt haben.

Die unterzeichneten Bundesräte richten daher an den Bundesminister für Inneres
nachstehende

Anfrage:


1.      Wie beurteilen Sie die Rechtsdarlegungen im zitierten Artikel betreffend die Situation
des Vereines zur Förderung der New Economy aus Sicht des Vereinsgesetzes?

2.      Wie interpretiert das Bundesminister für Inneres den Tatbestand in § 29 Abs. l
Vereinsgesetz 2002 (behördliche Auflösung) - überhaupt den Bedingungen seines
rechtlichen Bestandes nicht mehr entspricht?

3.      Welche Entscheidungen nach der zitierten Gesetzesbestimmung liegen seit Inkrafttreten
des Vereinsgesetzes 2002 vor?

4.      Hat das Bundesministerium für Inneres bei Vorbereitung des Vereinsgesetzes auch im
Auge gehabt, dass das Rechtsinstitut des Vereines auch dafür geschaffen ist, dass eine
Person, die im Naheverhältnis zu Vereinsorganen steht, privat gefördert wird?

5.      Hat das Bundesministerium für Inneres bei Vorbereitung des Vereinsgesetzes auch im
Auge gehabt, dass das Rechtsinstitut des Vereines auch dafür geschaffen ist, dass eine
Person, die im Naheverhältnis zu Vereinsorganen steht, in ihrer dienstlichen
Eigenschaft als Minister gefordert wird?

6.      Ist Ihnen bekannt, ob die Bundespolizeidirektion Wien bisher Ermittlungen im
Zusammenhang mit der Auflösung des genannten Vereines eingeleitet hat?

7.      Wenn ja, ist Ihnen bekannt, wann diese abgeschlossen werden können?