2408/J-BR/2006
Eingelangt am
01.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Bundesrätin Kerschbaum, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend Verdoppelung der Übertragungskapazitäten für Strom auf den Trassen
Dürnrohr-Slavetice und Wien Südost-Györ
Gemäß der im Auftrag der Europ. Kommission im Sommer
veröffentlichten Studie der Fa.
KEMA mit dem Titel: „Analysis of the network capacities and possible congestion of the
electricity transmission networks within the accession countries" sollen die in
Wien und
Niederösterreich befindlichen 380 kV-Hochspannungsleitungen zu den
Nachbarstaaten
Tschechien, Slowakei
und Ungarn verstärkt werden.
Insbesondere wird
seitens der Fa. Kema vorgeschlagen, die bislang einsystemig behängten
Leistungsverbindungen
zwischen den Umspannwerken Dürnrohr-Slavetice (Tschechien) und
Wien-Südost-Györ (Ungarn) mit zweisystemigen
Leitungsverbindungen auszustatten.
Hierdurch soll sich die Übertragungskapazität verdoppeln.
Der Generaldirektor
des tschechischen Stromversorgers CEZ Alan Svoboda hat in der
Fachzeitschrift
Nucleonics Week vom 13.April 2006 die Bereitschaft seiner Firma
unterstrichen,
weitere Atomkraftwerke errichten zu wollen. Hierbei ist es die Ambition der Fa.
CEZ, den in neuen Atomkraftwerken zu erzeugenden Strom vorwiegend in
westeuropäische
Länder exportieren zu wollen. Direktor Alan
Svoboda hat im zitierten Interview mit der
Fachzeitschrift Nucleonics Week einen direkten Zusammenhang zwischen dem
möglichen
Bau weiterer Atomkraftwerke der Fa. CEZ mit dem Vorhandensein von ausreichenden
Leitungsverbindungen auf
Hochspannungsebene nach Österreich und Deutschland
hergestellt.
„CEZ
is "ready to invest" in new nuclear projects, as long as it is able
to sell the resulting
power into a free European electricity market,
the Czech utility's vice chairman said this
month. Alan Svoboda, who is also executive vice President of the
Company, said CEZ would
likely begin by adding new nuclear capacity
in its home market before investing in nuclear
projects in neighbouring countries. He cited Bulgaria, Hungary, Poland and
Slovakia as
Potential candidates for new nuclear
construction in central and southeast Europe. „
(Nucleonics Week 13. April 2006)
Wenige
Tage (20.3.2006) vorher veröffentlichte die englischsprachige Zeitung Prague
Business Week einen Artikel mit dem Titel: „Cross-borderpower
transport under strain"
Hierin wird ausgeführt: „Austria's leading electricity
transporter has called for patience from
Czech utility Company ČEZ after its CEO, Martin Roman, criticized
Austria and Germany for
failing to build excess capacity for
cross-border electricity transmission. (...)More cross-
border capacity would benefit ČEZ.
"After cross-border capacities increase, electricity
wholesale prices in Germany should
stabilize or fall thanks to higher competition, namely
from ČEZ, which has enough spare capacity," Bártek said."
Im Rahmen der
TEN-Netze wurden die angeführten Leitungsverbindungen seitens der
Europ. Kommission als
prioritäre Vorhaben festgelegt.
Neben der Absicht der Fa. CEZ neue
Atomkraftwerke errichten zu wollen, ist von
Bedeutsamkeit,
dass der neue Eigentümer des slowakischen
Stromversorgungsunternehmens
Slovenske Elektrarne, angehalten ist, die Fertigstellung der
Blöcke 3&4 des AKW Mochovce zu betreiben.
In Ungarn verstärken sich die Diskussionen
um einen weiteren Ausbau der
Kernkraft, zudem sollen die vier Blöcke des AKW Paks um 20
Jahre länger als ursprünglich bewilligt, betrieben werden.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgende
ANFRAGE
1.
Welche energie- und umweltpolitische Position haben sie
zur Verdoppelung der
Übertragungskapazitäten
für Strom auf den Trassen Dürnrohr-Slavetice und Wien
Südost-Györ?
2.
Wie
beurteilen sie diese Vorhaben im Lichte der zitierten Geschäftsabsichten der
Fa.
CEZ, weitere Atomkraftwerke errichten zu wollen, wie auch der Pläne für den
Ausbau
der Atomkraft in Ungarn und der Slowakei?
3.
Inwieweit stellt die Verdopplung der Übertragungskapazitäten
eine Zementierung
einer
zentralen Stromerzeugungs- und Verteilungsstruktur dar, die nachweislich als
nicht nachhaltig und
im Falle von Atomkraftwerken als hochriskant eingestuft werden
muss?
4.
Stellt
die
vorgesehene
Verdoppelung
der
Übertragungskapazitäten im
Hochspannungsnetz
nach Tschechien/Ungarn/Slowakei einen Beitrag zur Schaffung
eines
atomkraftwerkfreien Mitteleuropas dar und wenn ja wie?
5.
Wurden
Sie in den Meinungsbildungsprozess vor
Aufnahme der angeführten
Leitungen
in die TEN-Prioritätenliste eingebunden und wenn ja, was war ihre
entsprechende
Position?
6.
Erachten sie die angesprochenen Leitungsprojekte im Lichte
der Äußerungen von
CEZ-Direktor Svoboda
als weiterhin prioritär?
7.
Welche Bewilligungsverfahren sind für die
Verdoppelung der
Übertragungskapazitäten
für Strom bereits laufend, bzw. in Vorbereitung?
8.
Werden
für die angeführten Leitungsprojekte Umweltverträglichkeitsprüfungen
durchgeführt.
Wenn ja, wann werden diese voraussichtlich beginnen? Wenn nein,
warum
nicht?
9.
Welche
netztechnischen
und in weiterer Folge elektrizitätswirtschaftlichen
Auswirkungen
hat die angestrebte Verdoppelung der Übertragungskapazitäten für die
Stromerzeugungsunternehmen
in Ostösterreich?
10.
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Verdopplung der
Übertragungsleistung
mittels Hochspannungsleitungen nach Tschechien/Slowakei/Ungam und
der
Stilllegung von
österreichischen Kraftwerken in Ostösterreich?
11.
Welche Fördersummen stehen für die Planung und
Realisierung der als prioritär
eingestuften
TEN-Stromleitungsverbindungen in Österreich, bzw. spezifisch für die
angeführten beiden
Leitungsverbindungen in Aussicht?