2457/J-BR/2006

Eingelangt am 19.10.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesräte Prof. Konecny

und GenossInnen

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

betreffend schlampiges Agieren von Behörden vernichtet die materielle Existenz einer

österreichischen Familie

Vor einigen Tagen kam ein Österreicher Hilfe suchend in meine Sprechstunde. Er führte dort
folgenden Sachverhalt aus:

Herr M. U. hat sich - offenbar aus dem Motiv, die niedrigeren Wohnungs- und
Lebenshaltungskosten in Tschechien kombiniert mit einer Berufstätigkeit in Österreich
ausnützen zu können - dafür entschieden, sich mit seiner Frau und seiner siebenjährigen
Tochter in Tschechien anzusiedeln.

Er erwarb ein zu renovierendes Haus, wobei - wie bei jungen Familien wohl üblich - die
finanzielle Planung seiner Vorhaben höchst knapp kalkuliert und zu einem beträchtlichen Teil
auf Krediten aufgebaut war.

Geplant war von ihm, im April und Mai 2006 die Renovierung des gekauften Hauses
durchzuführen; während dieser Zeit wollte er seine Berufstätigkeit unterbrechen.

Sein Unglück, das die gesamte Konstruktion „entgleisen" ließ, begann mit einem wirklich
unvorstellbaren Vorgehen der österreichischen Vertretungsbehörden in der Tschechischen
Republik:

Er beantragt am 4.4.2006 beim Generalkonsulat in Brünn einen neuen Pass, für den ihm eine
4-bis 6-wöchige Bearbeitungszeit zugesagt wurde. Das erschien ihm angesichts der in
Aussicht genommenen „Arbeitsperiode", während der er ohnehin nicht nach Österreich fahren
wollte, unproblematisch.

Am 5.5. wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass auf seinem Pass-Antrag eine Unterschrift
fehle, die er am 8.5. (Eingangsdatum) nachreichte. Eine telefonische Nachfrage Mitte Juni
ergab, dass die zuständige Sachbearbeiterin zwischenzeitig krank und auf Urlaub gewesen
war, die Unterlagen zwar nach Prag weitergeleitet, aber nicht bearbeitet worden waren. Einige
Tage später wurde ihm mitgeteilt, dass die Unterlagen immerhin aufgefunden wurden.


Am 30.5. wurde er aber vom Generalkonsulat in Prag informiert, dass der gestellte Antrag-
wegen einer zwischenzeitigen Novelle des Passgesetzes nicht mehr anerkannt werde. Den
mitgesandten neuen Antrag - an den markierten Stellen unterschrieben - sandte Herr M. U.
am gleichen Tag zurück. Drei Tage später wurde ihm mitgeteilt, dass wieder eine Unterschrift
fehle, worauf er wieder am gleichen Tag seinen Antrag ergänzte.

Eine telefonische Nachfrage nach weiteren drei Wochen erbrachte die Information, dass es
„technische Probleme" gäbe. Am 28.7. wurde ihm ein Notpass ausgestellt, der wegen seiner
kurzen Geltungsdauer von den tschechischen Behörden nicht anerkannt wurde. Außerdem
teilte ihm das Konsulat mit, dass er für den täglichen Grenzübertritt nicht geeignet sei.

Seinen neuen Pass erhielt er erst am 8.9.

Das hatte folgende Folgen: Sein Aufenthaltstitel hing vom Besitz eines normalen
Reisedokuments ab, was zu Schwierigkeiten mit den tschechischen Behörden (bis hin zur
Ausweisungsdrohung) führte. Da er nicht, wie geplant, Anfang Juni seine Berufstätigkeit
wieder aufnehmen konnte, blieben die Einkünfte aus (und auch die Familienbeihilfe wurde
eingestellt): Zahlreiche seiner Kredite wurden fällig gestellt, Versorgungsleistungen (Gas,
Strom) konnten nicht mehr bezahlt werden. Wegen der fehlenden Mittel konnte er auch
Organstrafen in Österreich nicht bezahlen (nach ihm zugekommenen Informationen ist er
deswegen zur Verhaftung ausgeschrieben, ein an das Innenministerium gerichtetes Ersuchen,
ihm diese Zahlungen zu stunden, wurde nicht einmal beantwortet). Dazu kommen zahlreiche
Klagen wegen Nicht-Bezahlung von Rechnungen etc. Wegen des Ausbleiben der monatlichen
Gehaltsüberweisungen sperrte ihm seine tschechische Bank das Konto.

Herr M. U. hat ab 2.11. wieder Beschäftigung in Österreich, was zumindest ein weiteres
Ansteigen des Schuldenberges verhindern würde. Voraussetzung für die Ausübung dieser
Berufstätigkeit ist aber die Bezahlung einiger der drängendsten Verpflichtungen in Österreich.

Seine tschechischen Kreditgeber haben nun mit der Versteigerung seines Hauses gedroht.

Dieser skandalöse Sachverhalt und das schlampige Agieren der Behörden ist Anlass, mit einer
schriftlichen Anfrage den Sachverhalt genau zu durchleuchten und etwaige Konsequenzen
anzusprechen.

Die unterzeichneten Bundesräte richten daher an die Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten nachstehende


Anfrage:

1.                            Ist Ihnen der gegenständliche Sachverhalt bekannt?
Wenn ja, was haben Sie unternommen?

2.                            Wenn nein, wie beurteilen Sie diesen Sachverhalt und was werden Sie aufgrund des
Ihnen nunmehr bekannten Sachverhaltes unternehmen?

3.                            Bietet die österreichische Rechtsordnung Herrn M. U. eine Möglichkeit, seine
finanziellen Schäden, die durch das schlampige Agieren der Behörden entstanden sind,
rückzufordern?

4.             Bei welcher Stelle hätte Herr M. U. seine Ansprüche einzuklagen?

5.                            Was werden Sie unternehmen, damit solche Fälle nicht mehr möglich werden?