2473/J-BR/2007

Eingelangt am 22.01.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätin Kerschbaum, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Nationalpark Thayatal

Im Dezember 06 wurde in tschechischen Medien (CTK-Meldung vom 14.12.06) über die

Planung eines Thaya-Staudammprojektes bei Byci Skala berichtet, das den Status des

bilateralen Nationalparks Thayatal/Podyji massiv gefährden würde.

Das Staudammprojekt war auf einer Liste von Staudammprojekten in der Tschechischen

Republik angeführt, welche dem Tschechischen Parlament noch vor Weihnachten vorgelegt

werden sollte.

Österr. Pressemeldungen zufolge war die österr. Nationalparkverwaltung Thayatal von dem

Projekt vor Erscheinen des tschechischen Presseartikels bereits informiert.

Kurzfristig kam es, It. unseren Informationen, vor Weihnachten dann doch zu einer
Übereinkunft auf Beamtenebene zwischen dem tschechischen Umwelt - und dem
tschechischen Landwirtschaftsministerium, wonach es zukünftig keine Staudammprojekte in
tschechischen Nationalparks geben sollte.

Eine neue Liste von möglichen Standorten für neue Staudammprojekte soll nun binnen 3
Monaten erstellt werden. Diese Liste steht in Zusammenhang mit der EU-
Wasserrahmenrichtlinie und Projekten mit Bezug auf zuk
ünftigen Hochwasserschutz.

Da in Tschechien seit einem halben Jahr eine Regierung amtiert, die nicht durch
parlamentarische Mehrheit abgesichert ist, kann eine Einigung auf Beamtenebene jedoch
nur eine unzureichende Absicherung des Nationalparks darstellen.

Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.              Wurden Sie vom tschechischen Landwirtschaftsministerium bzw. vom tschechischen
Umweltministerium von den o.a. Pl
änen zu einem Staudammprojekt bei Byci Skala
unterrichtet? Wann und welche Informationen haben Sie erhalten?

2.              Wurden Sie von der österr. Nationalparkverwaltung Thayatal von den Staudammplänen
informiert?

a.   Wenn ja: Wann wurden Sie informiert und wie haben Sie darauf reagiert?

b.   Wenn die Nationalparkverwaltung Thayatal diese Informationen vor Erscheinung
der CTK-Meldung vom 14. 12. 06 erhalten und nicht an sie weitergeleitet hat:
Welche Konsequenzen ziehen sie aus der allf
ällige unterlassenen Weiterleitung
einer f
ür den Status des Nationalparkes bedeutenden Information?

1.              Ist es zutreffend, dass es bei Verwirklichung des geplanten Projekts zu einem Rückstau
bis nach
Österreich kommen würde?

2.              Was ist der Status zu einem allfälligen Bewilligungsverfahren in Tschechien bzw. in
Österreich?


3.   Unterliegt die in Rede stehende Projektliste für Staudammprojekte einer
grenzüberschreitenden SUP-Pflicht bzw., im Falle eines Detailprojekts, einer
grenz
überschreitenden UVP-Pflicht?

a.  Wenn ja, wann beginnt (bzw. begann) diese?

1.   Ist das Staudammprojekt Byci skala gemäß den nationalen und internationalen
Richtlinien nationalparkverträglich?
a.   Wenn nein:

i. Wie haben Sie auf die Pressemeldung, so Sie nicht schon früher davon

Kenntnis erlangt haben, reagiert?
ii. Welche Schritte werden Sie weiter unternehmen, um die Gef
ährdung des

Nationalparks durch dieses oder ähnliche Projekte zu verhindern?
iii. Beabsichtigt die tschechische Seite, den Nationalparkstatus absichtlich
zu gef
ährden? Wenn ja - wie haben / werden Sie darauf reagieren?

1.              Beabsichtigen Sie die Einleitung einer, zwischen der österreichischen und der
tschechischen Nationalparkverwaltung akkordierten gemeinsamen Stellungnahme?

2.              Beabsichtigen Sie die Einbindung der IUCN?

a.    Wenn ja, wann und mit welcher Reaktion?

b.    Wenn nein, warum nicht?

1.   Gab es bereits Informationsaustausch im Rahmen der Grenzgewässerkommission?

a.   Wenn ja: Wann fanden die letzten Sitzungen statt, in welchen das Projekt
diskutiert worden ist und was war die
Österreichische Position?

b.   Wenn nein: Beabsichtigen Sie, das Thema in einer außerordentlichen Sitzung der
Grenzgew
ässerkommission zur Sprache zu bringen?

i. Wenn ja: bis wann?

ii. Wenn nein: warum nicht?

1.    Ein besonderes Problem im Nationalpark Thayatal stellt der Schwellbetrieb des
Kraftwerks Vranov mit mindestens 2 Schwellspitzen pro Tag dar. Die durchschnittliche
Wasserf
ührung der Thaya beträgt im Schnitt 10m3/sek., wenn im Kraftwerk alle Turbinen
laufen, sind es 45m3/sek. Das bedingt nicht nur ein stoßartiges Ansteigen des
Wasserspiegels und der Flie
ßgeschwindigkeit, sondern auch eine starke Eintrübung des
Gew
ässers und ein Sinken der Wassertemperatur. Das Ziel des Nationalparkes wäre
eine naturnahe bzw. natürliche Entwicklung der aquatischen Lebensräume. Mittelfristig
sollten insbesondere die hydrologischen und strukturellen Rahmenbedingungen, wie
Abflussverh
ältnisse, Uferstrukturen und Geschiebemenge optimiert werden.

Diese Probleme sind seit langem bekannt.

In der Broschüre Forschung im Nationalpark/2000", die auf der Homepage des
Umweltministeriums abrufbar ist, ist angef
ührt, dass ...durch ungewöhnlich tiefe
Wassertemperaturen (Wasser wird aus den tiefen, k
ühlen Zonen des Stausees
abgelassen) und dem Schwellbetrieb mit stark schwankendem Wasserspiegel das
gesamte limnische System offenbar negativ beeinflusst ist.
Der N
Ö Jahresumweltbericht 2004 führt sogar weiter aus:

Durch den Betrieb des Kraftwerks in Vranov (CZ) wird die Ökologie der Thaya wesentlich
beeinflusst. Gleichförmige periodische Abflüsse reduzieren die gestaltende Kraft des
Flie
ßgewässers. Nicht zuletzt im Hinblick auf die bis 2015 erforderliche Umsetzung der
EU-Wasserrahmenrichtlinie sind das Land Nieder
österreich und der Nationalpark
Thayatal bem
üht, in der Thaya wieder ein naturnahes Abflussregime zu erreichen.
Was ist der derzeitige Status bez
üglich des Bewirtschaftungsregimes zum Kraftwerk
Vranov? Welche Bem
ühungen unternahm und unternimmt das BMLFUW zur
Verbesserung der Rahmenbedingungen?

2.              Wie oft wurde seit Gründung des österreichischen und tschechischen Nationalparks
Thayatal bzw. Podyji das Bewirtschaftungsregime des Staudammes Vranov
Diskussionsgegenstand in der Grenzgew
ässerkommission und jeweils mit welchem
Ergebnis?

3.              Ein weiteres Problem ergibt sich aus der getrennten Nationalparkverwaltung
(
österreichischer und tschechischer Teil). Während z.B. die Homepage der
tschechischen Seite
(http://www.nppodyji.cz) insgesamt in Tschechisch, Deutsch und


Englisch abrufbar ist, ist die österreichische Homepage (http://www.np-thayatal.at)
großteils nur in Deutsch verfasst.

a.    Worin liegen die Vorteile der derzeit getrennten Nationalparkverwaltungen
(
österreichische und tschechische)?

b.    Ist für die Zukunft eine Zusammenführung dieser beiden Verwaltungen geplant?

c.    Wurde jemals untersucht, welche verwaltungstechnischen und kostenmäßigen
Vorteile sich aus einer Zusammenlegung der Nationalparkverwaltungen ergeben
k
önnten?

d.    Worin liegt der Vorteil eines unterschiedlichen Management- und
Öffentlichkeitskonzeptes für zwei separate Nationalparkverwaltungen, zumal die
Gr
öße des Bilateralparkes diese wohl kaum rechtfertigen lässt?

e.    Wann wird die Mehrsprachigkeit bei Beschilderung und Homepage auch für den
österreichischen Teil des Nationalparks umgesetzt?

f.    Wie viele MitarbeiterInnen des österr. Nationalparks beherrschen Tschechisch
als Zweitsprache in Wort und Schrift?