2725/J-BR/2009

Eingelangt am 06.10.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesräte Prof. Konecny
und GenossInnen
an die Bundesministerin f
ür Justiz
betreffend Reform des Namensrechtes

Österreich ist in den letzten Jahren in vielfacher Hinsicht zu einer multikulturellen
Gesellschaft geworden. Auswirkungen dieser Tatsache - erw
ünschte und
unerwünschte - sind in vielen Bereichen spürbar geworden. Die Politik des Bundes
und der L
änder bemüht sich, diese Entwicklung zu steuern und zu beeinflussen, um
das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft friktionsfrei und
produktiv zu gestalten.

Es mag als Randproblem" dieser Entwicklung angesehen werden, wenn in diesem
Zusammenhang auch auf das Namensrecht verwiesen wird. Für die im Einzelfall
betroffenen Menschen handelt es sich dabei aber keinesfalls um eine unwichtige
Thematik.

Unter den in Österreich lebenden Menschen - darunter auch vielen österreichischen
Staatsb
ürgern - sind viele, in deren Herkunftsland bzw. Muttersprache völlig
andersgeartete Namensformen vorherrschend sind, deren schematische Anpassung
an das österreichische Namensrecht zu irreführenden und für die Betroffenen
unangenehmen und unpassenden Namen f
ührt.

In zahlreichen slawischen Sprachen gibt es eigene weibliche Formen des
Familiennamens - darunter auch im Tschechischen und Slowakischen, was
immerhin die Sprachen staatlich anerkannter historischer Minderheiten sind. Diese
weibliche Form des Familiennamens wird im Regelfall durch die Hinzuf
ügung der
Endung ova" bzw. durch die Umlautung der Endung des Namens auf a" gebildet
(meine Frau beispielsweise hieße im Tschechischen Konecna"). Wird nun
beispielsweise eine slowakische Zuwanderin mit ihrem - weiblichen - Namen
eingeb
ürgert, trägt nach österreichischem Namensrecht auch ihr unehelicher Sohn
denselben Namen. Das bedeutet, dass er- ins Deutsche übertragen -
beispielsweise Müllerin" heißt.


In anderen Sprachen - beispielsweise im Isländischen - gibt es bis heute keinen
Familiennamen; dieser wird durch Anfügung der Endung son" (männlich) bzw.
dottir" (weiblich) an den Vornamen eines Elternteiles (meist des Vaters) gebildet. Die
Tochter eines eingebürgerten Herrn Sigmundsson trägt nach österreichischem
Namensrecht denselben - hinsichtlich des Geschlechtes irref
ührenden - Namen.

Indische Sikhs führen keinen Familienname, viel führen alle männlichen Sikhs den
Nachnamen
Singh" (Mann) alle weiblichen den Nachnamen Kaur". Für die Tochter
eines Herrn Singh" wäre dieser als Familiennamen - zumindest in ihrer religiösen
Kultur - einigermaßen seltsam.

In einer Reihe weiterer Sprachen sind ähnliche Traditionen seit dem 19. Jahrhundert
durch die Einführung von Familiennamen unterbrochen worden, es gibt in den
jeweiligen L
ändern jedoch zumeist liberale Regeln im Namensrecht, die eine
Anpassung des Familiennamens an das Geschlecht der Person ermöglichen.

Die Realität des österreichischen Namensrechtes ist für diese Personen mit
unangenehmen und herabw
ürdigenden Folgen verbunden. Es steht ihnen natürlich
die Möglichkeit einer Namensänderung offen, diese ist jedoch mit beträchtlichen
Kosten verbunden und wird in derartigen F
ällen nicht immer gewährt.

Angesicht der Vielzahl unterschiedlicher Kulturen im Bereich der Namen erscheint
eine gesetzliche Regelung, die alle denkbaren Sprachregeln ber
ücksichtigt, wäre
au
ßerordentlich schwierig, wahrscheinlich sogar unmöglich.

Es erscheint jedoch denkbar, Eltern das Recht einzuräumen, für ihre Kinder nach der
Geburt eine Form des Familiennamens standesamtlich - weitgehend formlos -
registrieren zu lassen, der auch in der Sprache der jeweiligen Minderheit bzw. in der
des jeweiligen Herkunftslandes keinen Zweifel an deren Geschlecht aufkommen
l
ässt.

Die unterzeichneten Bundesräte richten daher an die Bundesministerin für Justiz die
nachstehenden



Anfragen:

1.                                               Ist Ihnen die in der Begründung dieser Anfrage dargestellte
namensrechtliche Problematik bewusst?

2.                                               Welche konkreten Überlegungen haben Sie allenfalls bereits angestellt und
welche gesetzgeberischen oder administrativen Ma
ßnahmen haben Sie ins
Auge gefasst, um die derzeitige unbefriedigende Situation zu verändern?

3.                                               Sind Sie insbesondere bereit, eine Novellierung des österreichischen
Namensrechtes zu erarbeiten und im Parlament einzubringen, die es
Angeh
örigen österreichischer Minderheiten, eingebürgerten Mitbürgern und
in Österreich lebenden Ausländern ermöglicht, ihren Kindern durch eine
einfache - und nicht mit Kosten verbundene - Erklärung vor dem
Standesamt einen Familiennamen zu geben, der in der Sprache dieser
Minderheit bzw. des Herkunftslandes weder l
ächerlich ist, noch hinsichtlich
des Geschlechtes der Person zu Irrtümern führt?