2805/J-BR/2011

Eingelangt am 17.03.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Der BundesrätInnen Kickert, Kerschbaum und Dönmez

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend den Maßnahmenkatalog zur Förderung und zum Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender- Personen

Die Gruppe Menschenrechte des Rates der Europäischen Union hat am 8. Juni 2010 den Maßnahmenkatalog zur Förderung und zum Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen angenommen.

Mit diesem Dokument soll den MitarbeiterInnen der EU-Hauptsitze, der Behörden in den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten sowie der Delegationen, Vertretungen und Botschaften der EU ein operatives Instrumentarium für ihre Kontakte mit Drittländern sowie internationalen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen (LGBT) im Rahmen ihrer Außenmaßnahmen in die Hand gegeben werden. Die EU und somit auch Österreich sollen damit in die Lage versetzt werden, proaktiv auf Verletzungen der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen zu reagieren und deren strukturellen Ursachen entgegenzuwirken.

Die Europäische Union reagiert damit auf den Umstand, dass geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung weltweit zur Rechtfertigung für gravierende Menschenrechtsverletzungen benutzt werden. LGBT Personen sind nach wie vor eine gefährdete Gruppe und Opfer von Verfolgung, Diskriminierung und Misshandlung in extrem brutaler Form. Sexuelle Beziehungen zwischen einwilligenden Erwachsenen desselben Geschlechts werden in zahlreichen Ländern kriminalisiert und mit Gefängnis- oder Todesstrafe sanktioniert.

 

Gemäß den gemeinsamen europäischen Werten setzt sich die EU in ihren Außenbeziehungen dafür ein, dass jedes Individuum ohne Diskriminierung in den vollen Genuss der Menschenrechte kommt. Um die Ausübung aller Menschenrechte durch LGBT-Personen im Rahmen der außenpolitischen Maßnahmen der Union wirksam zu fördern und zu schützen, sind folgende prioritäre Maßnahmenbereiche festgelegt: 1. Entkriminalisierung, 2. Gleichstellung und Nichtdiskriminierung, und 3. Unterstützung und Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen. Neben allgemeinen Maßnahmen werden dazu auch operative Instrumente in Bezug auf die Partnerländer, in multilateralen Gremien und weiterer internationaler Mechanismen definiert. Hierbei gilt es vor allem, der Gleichstellung von Frauen mit allen Maßnahmen Rechnung zu tragen, da lesbische, bisexuelle und transsexuelle Frauen einen erheblichen Teil der LGBT-Gruppe darstellen und durch geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt besonders gefährdet sind.

Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.Wurde der Maßnahmenkatalog an alle österreichischen Botschaften verteilt?

2.Wenn nein, warum nicht?

3.Wenn ja, wie wird der Maßnahmenkatalog in den einzelnen Botschaften umgesetzt?

4.Wurde der Maßnahmenkatalog an alle ADA-Kooperationsbüros verteilt?

5.Wenn nein, warum nicht?

6.Wenn ja, wie wird der Maßnahmenkatalog von den einzelnen ADA- Kooperationsbüros umgesetzt?

7.Welche Maßnahmen werden von Österreich im EU-Rahmen in Drittländern vor Ort im prioritären Maßnahmenbereich „Entkriminalisierung” einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Beziehungen ergriffen?


8.Welche Maßnahmen werden von Österreich im EU-Rahmen in Drittländern vor Ort im prioritären Maßnahmenbereich „Gleichstellung und Nichtdiskriminierung” von LGBT-Personen ergriffen?

9.Im Maßnahmenkatalog heißt es: „Es sollte festgestellt werden, in welchen Fällen durch politische und finanzielle Unterstützung staatlicher und nichtstaatlicher Initiativen bei der Förderung der Nichtdiskriminierung diese Maßnahmen einen Zusatznutzen erhalten würden.” Wie lautet Ihre Feststellung?

10.Welche Möglichkeiten für Aktivitäten sehen Sie insbesondere bei den im Maßnahmenkatalog angeführten Bereichen diskriminierender Praktiken am Arbeitsplatz und im öffentlichen Bereich wie Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung?

11.Welche Maßnahmen werden von Österreich im EU-Rahmen in Drittländern vor Ort im prioritären Maßnahmenbereich „Unterstützung und Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen” ergriffen?

12.Gibt es in Drittländern eine Kooperation mit anderen EU-Botschaften im Bereich Förderung und Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen?

13.Wenn ja, wie sieht diese Kooperation aus?

14.Wenn nein, warum nicht?

15.In welchen Staaten sehen Sie derzeit den größten Handlungsbedarf im Bereich Förderung und Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen?

16.Welche Initiativen planen Sie anhand des Maßnahmenkatalogs in diesen Staaten?

17.Wird sich Österreich dafür einsetzen, dass die EU im Rahmen ihrer Leitlinien zur Todesstrafe bzw. zu Folter und anderer, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe die Todesstrafe für Homosexualität und/oder Folterungen und Misshandlungen aufgrund von Homosexualität verurteilt?

18.Wenn ja, welche Initiativen sind geplant?

19.Wenn nein, warum nicht?

20.Da insbesondere homo-, bi- und transsexuelle Frauen Opfer geschlechtsspezifischer und sexueller Gewalt sind, wird im Maßnahmenkatalog die Wichtigkeit hervorgehoben, diese Problematik zu berücksichtigen. Welche Schritte setzen Sie bei der Förderung und beim Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch LGBT-Personen im speziellen für Frauen?

21.Berichten von Medien und von NGOs wie Amnesty International (AI) zufolge steht in der Islamischen Republik Iran wieder eine Hinrichtung wegen Homosexualität unmittelbar bevor. Es geht um den heute 19-jährigen Ehsan (Nachname von AI nicht veröffentlicht, aber bekannt), der bereits als 17- jähriger festgenommen wurde. Berichten zufolge wurde Ehsan fast vier Wochen lang gefoltert und legte schließlich in einem Verhör ein „Geständnis” ab, widerrief dieses allerdings vor Gericht und bestritt alle Anschuldigungen. Der Mann, der die Vorwürfe ursprünglich erhoben hatte, nahm diese bereits vor der ersten Gerichtsverhandlung vollständig zurück. Ist Ihnen dieser Fall bekannt?

22.Wenn nein, warum nicht?

23.Der Maßnahmenkatalog stellt für solche Fälle konkrete Instrumentarien zu Verfügung, wie darauf zu reagieren ist. Was werden Sie tun, um die Todesstrafe für Ehsan zu verhindern?

24.Gibt es diesbezüglich bereits Demarchen und öffentliche Erklärungen, wie im Maßnahmenkatalog für konkrete Einzelfälle vorgesehen?

25.Wenn ja, wie lauten diese?

26.Wenn nein, warum nicht?

27.Wurde der Betroffene in der Haftanstalt besucht, wie im Katalog für solche Fälle angeregt?

28.Wenn ja, wie beurteilen Sie seinen Zustand und die Haftbedingungen?

29.Wenn nein, warum nicht?

30.Zu den operativen Instrumenten zählt die Überwachung der Rechte von LGBT-Personen anhand einer im Maßnahmenkatalog enthaltenen Checkliste. Wird diese Checkliste bereits angewendet?

31.Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kommt die Analyse in den einzelnen Staaten, mit denen Österreich diplomatische Beziehungen unterhält?

32.Wenn nein, warum nicht?

33.Zu welchen Ergebnissen kommen die EU-Missionsleiterlnnen in ihren Berichten betreffend der im Maßnahmenkatalog angeführten Punkte?


34.Der Katalog sieht zudem Merkblätter zu Menschenrechten vor, die die Lage von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen thematisieren, wobei insbesondere Fälle von Menschenrechtsverletzungen bei LGBT zu vermerken sind. Wurde das bereits umgesetzt?

35.Wenn ja, wo liegen diese Merkblätter bereits auf?

36.Wenn nein, warum nicht?

37.Betreffend politische Dialoge mit Drittstaaten führt der Katalog verschiedene Maßnahmen und Strategien an, um die Rechte von LGBT-Personen zu fördern. Welche konkreten Schritte wurden hier bereits unternommen?

38.Mit welchen Ergebnissen?

39.Der Katalog listet verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung der Anstrengungen der Zivilgesellschaft auf. Werden diese bereits umgesetzt?

40.Wenn ja, wie und in welchen Staaten?

41.Wenn nein, warum nicht?

42.Werden die beschlossenen Maßnahmen betreffend internationale Mechanismen und Besuchsmissionen der EU und der Mitgliedsstaaten bereits umgesetzt?

43.Wenn ja, wie und mit welchen Ergebnissen?

44.Wenn nein, warum nicht?

45.Auch für die Tätigkeiten in internationalen Gremien gibt der Katalog konkrete Maßnahmen vor. Werden diese konkret angeführten Maßnahmen bereits umgesetzt?

46.Wenn ja, welche und mit welchen Ergebnissen?

47.Wenn nein, warum nicht?

48.Was werden Sie tun, um die Aufnahme von „sexueller Ausrichtung und Geschlechtsidentität” als ausdrücklich anerkannte Gründe von Diskriminierung in die OSZE-Verpflichtungen oder die Ministerratsbeschlüsse zu erreichen?

49.Was werden Sie tun, um die Aufnahme von Informationen über die Abschaffung der Todesstrafe im Zusammenhang mit LGBT-Personen in die einzelstaatlichen Erklärungen der EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen des Regelwerks der OSZE in Bezug auf die „menschliche Dimension" (in den EU- Leitlinien zur Todesstrafe enthaltene Maßnahmen) gemäß der Verpflichtung der OSZE-Teilnehmerstaaten zu erreichen?


50.Was werden Sie unternehmen, um die Berücksichtigung der Menschenrechte von LGBT-Personen zu garantieren, wenn der Europarat Instrumente zum Schutz der Menschenrechte ausarbeitet, wie etwa den Entwurf eines Übereinkommens betreffend Gewalt gegen Frauen?

51.Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, weitere VN- Einrichtungen, den Europarat und die lokalen OSZE-Büros dazu zu bewegen, sich im Rahmen ihrer Arbeiten mit Fragen zu befassen, die die Menschenrechte von LGBT-Personen betreffen, wie im Maßnahmenkatalog festgehalten?

52.Welche weiteren Aktivitäten haben Sie bezüglich der unter „Weitere Mechanismen” angeführten Maßnahmen bereits unternommen?

53.Welche planen Sie derzeit?