2916/J-BR

Eingelangt am 27.09.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Bundesrätlnnen Elisabeth Kerschbaum, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Grundwasserbelastung in Korneuburg mit Thiamethoxam und Clopyralid

 

BEGRÜNDUNG

 

Seit mehr als einem Jahr ist bekannt, dass Teile des Korneuburger Grundwassers mit Thiamethoxam verunreinigt sind. Nun wurde von Global2000 aufgedeckt, dass im betroffenen Grundwasserstrom auch die Grenzwerte für das Herbizid Clopyralid massiv (bis zum 570fachen) überschritten wurden. Weiters besteht der Verdacht auf Verunreinigung mit weiteren Schadstoffen (Metaboliten), die derzeit noch untersucht werden.

 

Die bisherigen Sanierungsmaßnahmen (AktivkohIefilter) scheinen schon für die bisher bekannte Belastung mit Thiamethoxam nicht ausreichend zu sein, da Messungen des Wassers nach der Filterung ebenfalls noch sehr hohe (bis zu 10fache) Grenzwertüberschreitungen belegen, Bezüglich der Clopyralid-Belastung scheinen die Aktivkohlefilter ebenfalls wirkungslos zu sein.

Neben der massiven Belastung des Grundwassers sorgt auch die defensive Informationspolitik der Bezirkshauptmannschaft als zuständige Behörde für Ärger und Verunsicherung in Korneuburg. Die bisherige „amikale Lösung" des Problems ohne bescheidmäßige Verfügung von Maßnahmen ist weiters auch nicht dazu geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörde zu stärken.

 

Die unterfertigenden Bundesrätlnnen stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE

1.      Im August 2010 ereignete sich am Werksgelände der .Firma Kwizda ein Unfall, bei dem Thiamethoxam-hältiges Waschwasser ausgetreten ist. Die Öffentlichkeit wurde erst im März 2011, bei Bekanntwerden der Grundwasserbelastung im Ortsgebiet von Korneuburg, „zufällig“ davon informiert.

a.      Weshalb wurden diese Informationen vor der Bevölkerung geheimgehalten?

b.      Wann wurde die Gemeinde Leobendorf, als Betriebs-Standortgemeinde über den Unfall informiert?

c.      Wann wurde die Stadtgemeinde Korneuburg, als hauptbetroffene Gemeinde informiert?

d.   Wann wurde das BMLFUW über den Unfall informiert?


2.         Laut Angaben der Firma Kwizda enthielt das Waschwasser nur Thiamethoxam. Wurde diese Angabe überprüft oder vertraute die Behörde den Angaben der Firma?

a.     Welche weiteren Wirkstoffe außer Thiamethoxam werden In der Firma Kwizda verarbeitet?

b.     Wurde das Grundwässer auf diese Wirkstoffe behördlich überprüft?

c.     Wie oft und wann wurden Proben gezogen und mit welchem Ergebnis?

3.         Standardmäßige Grundwasseruntersuchungen beinhalten nur einen kleinen Teil von möglichen Schadstoffen, die das Grundwasser gefährden, können. Lediglich bei Verdacht auf Verunreinigungen werden weitere Untersuchungen von der Behörde vorgenommen.

a.   Begründet die gewerbliche Tätigkeit mit großen Mengen an gesundheits- und umweltschädlichen Wirkstoffen ausreichend Verdacht auf eine regelmäßige Untersuchung des Grundwassers auf Belastungen mit diesen Wirkstoffen?

                                                       i.            Wenn ja: Wann wurden diese regelmäßigen Untersuchungen zuletzt durchgeführt und mit welchem Ergebnis?

                                                      ii.            Wenn nein: Warum nicht?

4.         Als Maßnahme gegen die Ausbreitung der Grundwasserverunreinigung durch den Unfall wurden Sperrbrunnen am Werksgelände errichtet und das Wasser über eine Rohrleitung und Aktivkohlefilter in den Tresdorfer Graben gepumpt. Auf Nachfrage bei der Bezirkshauptmannschaft haben wir erfahren, dass die Einleitung ohne behördlichen Bescheid erfolgte, wobei sich die BH auf den § 31 WRG bezog. Weitere wurde uns zugetragen, dass die Sperrbrunnen am Werksgelände der Firma Kwizda bereits außer Betrieb wären, da die Wasserqualität dies bereits erlauben würde.

a.              Wann wurden wie viele Sperrbrunnen am Werksgelände der Firma Kwizda errichtet?

b.              Wurden weitere Sperrbrunnen außerhalb des Werksgeländes errichtet?

c.              Wurde die Errichtung der Sperrbrunnen bescheidmäßig verfügt?

                                                       i.            Wenn nein, warum nicht?

                                                      ii.            Wenn nein, nach welchen Kriterien und technischen Maßstäben wurden Anzahl und Größe der Sperrbrunnen bemessen?

d.              Entspricht es den Tatsachen, dass die Sperrbrunnen am Werksgelände der Firma Kwizda wieder außer Betrieb gesetzt wurden?

                                                      i.                Wenn ja, warum?

                                                     ii.                Wenn ja, welche Messwerte für Thiamethoxam gaben den Grund für die Entwarnung?

e.              Die Errichtung des Aktivkohlefilters und die Einleitung in den Tresdorfer Graben erfolgte erst ab Sommer 2011. Lt. Auskunft der Bezirkshauptmannschaft erfolgte dies ohne bescheidmäßige Verfügung, da die Firma Kwizda die Maßnahme freiwillig setzte; Die Bezirkshauptmannschaft bezieht sich dabei auf § 31 des WRG, der v.a. die Durchführung von Sofortmaßnahmen betrifft. Die eingeleiteten, „gereinigten" Abwässer enthielten immerhin noch eine Thiamethoxambelastung über dem Grenzwert von 0,1 µg. Einige Tage nach Bekanntwerden der Cloypralid-Belastung wurde die Einleitung in den Tresdorfer Graben eingestellt.

                                                      i.               In welcher Form wurde vereinbart bzw. vorgeschrieben, welche Mengen und Belastungen der: eingeleiteten Abwässer zulässig sind?

                                   ii.          Welche Mengen an wie hoch belastetem Abwasser waren für die Einleitung zulässig?


                                                                iii.            Wie wirksam waren die eingesetzten Aktivkohlefilter? Welche Belastungen ergaben die durchgeführten Messungen vor und nach der Filterung?

                                                               iv.            Wurde die Wirksamkeit der Aktivkohlefilter evaluiert? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

                                                                v.            Welche Erfahrungen gibt es bezüglich der Wirksamkeit von Aktivkohlefiltern bei Clopyralid-Belastungen?

                                                               vi.            Entspricht es den Usancen dass freiwillig gesetzte Sanierungsmaßnahmen ohne bescheidmäßige Vorschriften erfolgen, auch wenn durch ihre Durchführung die Umwelt über Norm belastet wird?

5.       Im März 2011 wurde bekannt, dass Teile des Korneuburger Grundwassers mit Thiamethoxam kontaminiert sind. Dies ergab sich „zufällig“ aufgrund der Überprüfung eines Hausbrunnens. Die Ursache für diese Kontamination ist unbekannt. Die Firma Kwizda hat freiwillig die Kosten der Beprobung und Sanierung übernommen, weshalb sämtliche Maßnahmen wiederum ohne Bescheiderstellung erfolgten. Zumindest zwei Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft zur Klärung der Verursachung der Belastung wurden vor kurzem zurückgestellt.

a.       Wurde das Grundwasser auf alle, von der Firma Kwizda verarbeiteten Wirkstoffe untersucht?

                                                                  i.            Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?

                                                                 ii.            Wenn nein, warum nicht?

b.       Ist sichergestellt, dass die Quelle der Verunreinigung mit Thiamethoxam und Clopyralid nicht weiter sprudelt?

                                                                i.               Wenn ja. wie?

                                                               ii.               Wenn nein, wer ist dafür zuständig?

c.       In welcher Form wurden Sanierungsziele vereinbart bzw. vorgeschrieben?

d.       In welcher Form wird die Erreichung dieser Ziele kontrolliert?

e.       In welcher Form wird die Wirksamkeit der Aktivkohlefilter kontrolliert?

f.         Welche anderen Sanierungsmethoden wurden in Betracht gezogen?

g.       Warum wurden die Beprobungsintervalle von monatlich auf vierteljährlich reduziert?

h.       Wurde der Staatsanwaltschaft der Umstand mitgeteilt, dass nicht auf alle Stoffe im Produktprogramm der Kwizda Agro geprüft worden ist?

i.          Aufgrund der Fließgeschwindigkeit sollen die Grundwasserbelastung im Stadtgebiet von Korneuburg nicht mit dem Störfall 2010 entstanden sein können.

                                                                i.               Welche forensischen Maßnahmen wurden gesetzt, um den Zeitpunkt und den anzunehmenden Ort bzw. das Gebiet einzugrenzen?

                                                               ii.               Befinden sich stromaufwärts des Kwizda-Geländes die besagten Schadstoffe im Grundwasser?

                                                              iii.               Wurde der Staatsanwaltschaft Korneuburg die forensischen Erkenntnisse über mögliche frühere Verunreinigungen übermittelt?

j.      Sind weitete Stör- und Zwischenfälle bei der Firma Kwizda bekannt? Bitte um eine Auflistung aller amtsbekannt gemachten Stör- und Zwischenfälle bei Kwizda Agro in den letzten 20 Jahren. Wurden der Staatsanwaltschaft diese Störfalle bekanntgegeben?


 

6.       Die. Firma Kwizda verarbeitet auf dem Gelände in Leobendorf diverse Wirkstoffe zu Pflanzenschutzmitteln. Zwei dieser Wirkstoffe wurden im betroffenen Grundwasserstrom gefunden.

a.       Über welche wasserrechtlichen Genehmigungen verfügt die Fa. Kwizda?

b.       Wann wurde diese Genehmigungen nach welcher Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes erteilt?

c.       Welche wassergefährdenden Stoffe dürfen demnach am Firmengelände in welcher Menge gelagert und manipuliert werden?

d.       Welchen sonstigen wasserrelevanten Tätigkeiten wurden der Fa. Kwizda sonst erlaubt (Wasserentnahme, Abwassereinleitung, etc.)?

e.       Wann wurde die Einhaltung dieser Bescheide jeweils zuletzt von der Wasserrechtsbehörde überprüft? Was war das Ergebnis der Überprüfung jeweils?

f.         Weiche Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands nach dem Unfall bzw. aufgrund konsenswidriger Tätigkeiten/Zustände hat die Wasserrechtsbehörde der Fa. Kwizda aufgetragen?

7.       Die Informationspolitik der Bezirkshauptmannschaft wurde immer wieder heftig kritisiert. Nicht einmal die BesitzerInnen der Brunnen, bei denen Proben; zur Untersuchung entnommen wurden, wurden, direkt über die Ergebnisse informiert. In Ihrer Anfragebeantwortung vom 19: April 2012 (2669/AB-BR/2012) führen Sie an: „Die Messwerte werden von der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg mangels Rechtsgrundlage nicht veröffentlicht.“

Die wenigen Informationen, zu der sich die Bezirkshauptmannschaft seit Bekanntwerden der Grundwasserkontamination überwinden konnte, wurden über die Homepage und die Stadtzeitung der Stadtgemeinde Korneuburg veröffentlicht.

a.       Hat die Bevölkerung ein Recht auf Information über Umweltschäden wie die Grundwasserbelastung mit Thiamethoxam und Clopyralid?

b.       Ist die Veröffentlichung auf einer Gemeinde-Homepage und die Hoffnung auf Berichterstattung durch die Regionalmedien ein ausreichendes Mittel zur sachlich korrekten Information der Bevölkerung?

c.       Während die Sommer-Information der BH noch den Hinweis enthielt, dass daß Grundwasser zum Gießen verwendet werden kann, wird nun, nach Bekanntwerden der Clopyralid-Messwerte doch davon abgeraten. Wer übernimmt die Verantwortung für die Fehlinformation der Bezirkshauptmannschaft im Sommer?

d.    Die aktuelle Meldung weist der Bezirkshauptmannschaft weist darauf hin, dass „die bisher bekannten Gehalte an Clopyralid im Grundwasser... It. Sachverständigengutachten keine Gefährdung der Gesundheit von Menschen dar(stellen)“. Dies ist eine gewagte Behauptung, insbesondere, da noch .nicht alle Ergebnisse des Grundwasser-Screenings vorliegen und der Verdacht auf eine zusätzliche Belastung mit einem weiteren Tmx- Metaboliten selbst von der BH bestätigt wird. Wer übernimmt die Verantwortung, wenn sich auch diese offizielle behördliche Information als falsch herausstellt?


8.       Ein, von der Fa. Kwizda beauftragtes Gutachten der AGES (28.6.2012), das die Ursache für die in Korneuburg aufgetretenen Pflanzenverkrüppelungen untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass keine Virusbefall nachgewiesen werden konnte und die sichtbaren Schädigungen auf Einflüsse durch wuchsstoffhaltige Herbizide zurückzuführen sein könnten. Am 5, September wurde die Bezirkshauptmannschaft von Global2000 über die massive Belastung des Grundwassers mit Clopyramid informiert.

a.       Hat die Bezirkshauptmannschaft aufgrund des im AGES-Gutachten geäußerten Verdachtes weitere Untersuchungen des Grundwassers auf wuchsstoffhaltige Herbizide veranlasst? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

b.       Wann wurde das BMLFUW vom vorliegenden Verdacht It. AGES- Gutachten und von den Prüfungsergebnissen von Global 2000 informiert?

c.       Welche Schritte werden Sie unternähmen, um diese massive Grundwasserverschmutzung so rasch und effektiv wie möglich zu bereinigen?