2958/J-BR/2013

Eingelangt am 05.12.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

des Bundesrates Hans-Jörg Jenewein

und weiterer Bundesräte

an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend UNICREDIT Bank Austria, Abgabenhinterziehung

Die Bank Medici AG (im Folgenden kurz „MEDICI“ genannt) hat seit Gründung im Jahr 2003 mehrere Fonds in Österreich vertrieben. Zentrales Organ war Frau Sonja Kohn, die als 75 % Eigentümerin, maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsgebarungen der MEDICI ausübte. Sie war Vorsitzende des Aufsichtsrates und wirtschaftlich Begünstigte der MEDICI. Sonja Kohn stand bereits seit vielen Jahren in engem geschäftlichen Kontakt mit Bernard L. Madoff (im Folgenden kurz „MADOFF“ genannt) und dem damaligen Vorstand der Unicredit Bank Austria AG (im folgenden kurz „UNICREDIT“ genannt).

Die UNICREDIT war an der MEDICI zu 25 % beteiligt. Die UNICREDIT hat über weitere Tochtergesellschaften ähnliche Fonds in Österreich nach gleichem Muster wie MEDICI vertrieben.

Sonja Kohn bzw. die ihr wirtschaftlich zuordenbaren Unternehmen haben überdies sowohl mit BLMIS (Bernard L. MADOFF International Securities LLC) als auch mit einem Tochterunternehmen der BLMIS, nämlich der MADOFF Securities International Ltd. (im Folgenden kurz „MSIL“ genannt) Provisionsverträge abgeschlossen. Seit Gründung der MEDICI im Jahr 2003 sind von BLMIS zumindest USD 900.000 pro Quartal und von MSIL zumindest insgesamt GBP 7.000.000,00 an Sonja Kohn, oder an Gesellschaften, welche im wirtschaftlichen Einflussbereich von Sonja Kohn stehen, geflossen.

Weitere Provisionsverträge existierten auch zwischen Organen/Mitarbeiter der UNICREDIT einerseits und der BA Worldwide Fund Management (im Folgenden auch kurz „BAWFM“ genannt) andererseits, auf deren Grundlage hohe Provisionszahlungen an Organe/Mitarbeiter der UNICREDIT erfolgten. Diese begünstigten Organe/Mitarbeiter sind Teil einer Gruppe hochrangiger Führungskräfte der UNICREDIT sowie deren Tochtergesellschaften („BA-Madoff-Gruppe“). BAWFM diente sohin der Verteilung der erworbenen Einnahmen aus den den Primeo-Fonds.


Zahlreiche Anleger wurden durch das Schneeballsystem von Bernard Madoff weltweit geschädigt. Anhängige Gerichtsverfahren sollten bzw. werden noch künftig die Verantwortlichkeit zu klären haben. Eine besondere Rolle in diesem System spielte jedoch auch die BAWFM, deren besondere Firmenstruktur noch im Detail beschrieben wird. Im Zuge der Recherchen rund um die politische Dimension des Falles Bank Medici - Bernard Madoff - Bank Austria & AVZ wurden die Anfragesteller auf eine besondere Causa aufmerksam, die es auf jeden Fall wert ist genauer beleuchtet zu werden, zumal hier ein Sittenbild der damals Verantwortlichen gezeichnet wird, das symptomatisch für den gesamten Umgang in dieser Causa ist.

Am 04.12.2013 hat der FPÖ-Landesparteisekretär, Bundesrat Hans-Jörg Jenewein folgende Sachverhaltsdarstellung bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien, Dampfschiffstraße 4 eingebracht:

Sachverhaltsdarstellung wegen Abgabenhinterziehung > EUR 5 Mio

Ziel der vorliegenden Sachverhaltsdarstellung ist die Darstellung der steuerlichen Situation einer vermeintlichen Offshore-Tochterfirma der (nunmehr UniCredit-) Bank Austria AG als in Österreich steuerpflichtiges Rechtssubjekt. Diese Tochtergesellschaft (BA Worldwide Fund Management Ltd.) wurde mit Sitz auf den British Virgin Islands gegründet mit dem Ziel u.a. der Umgehung der Österreichischen Körperschaftssteuerpflicht.

1.    Zur Ausgangssituation:

Die Staatsanwaltschaft Wien führt seit Februar 2009 Ermittlungsverfahren gegen zahlreiche Personen wegen Vermögens- und Formaldelikten im Zusammenhang mit der Weiterleitung von Anlegergeldern an Bernard L. Madoff (B.M.) bzw. dessen Fa. Bernard L. Madoff Investment Securities LLC (BLMIS). Tatsächlich fand jedoch keine Veranlagung statt, sondern wurden die Gelder zweckwidrig zur Aufrechterhaltung eines Schneeballsystems (mit Frischgeld wurden Scheingewinne und ältere Investoren ausbezahlt) verwendet, zum Teil aber auch an Mittäter von Madoff und deren Verbände unter verschiedenen Titeln (Beratungshonorare etc) überwiesen.

Alleine die in Österreich geworbenen Anleger erlitten durch Erwerb der Primeo Fonds Anteile (und sohin auch im Zusammenhang mit Herald Fund SPC und dem Alpha Prime Fonds) im Vertrauen auf Prospekte, Werbeunterlagen und (darauf gegründete) persönliche Beratungen einen Vermögensschaden in der Höhe von mehreren 100 Millionen €.

Diese Umstände sind bereits Gegenstand laufender Untersuchungen und haben hier nur eine Bedeutung am Rande.

2.    Grundsätzliches zur BAWFM:

Gemäß uns vorliegenden Unterlagen wurde BA Worldwide Fund Management Ltd. (nachfolgend „BAWFM“) am 29.09.1993 mit satzungsmäßigem Sitz Road Town, Tortola, British Virgin Islands gegründet. In den ersten Monaten des Bestehens der BAWFM wurden offenbar grundlegende und wichtige Beschlüsse gefällt sowie Zeichnungsberechtigungen für (bestimmte) Mitglieder der BAWFM eingeräumt.

Die „Tätigkeit“ von BAWFM war im Wesentlichen die „Beratung“ des Primeo Fund Ltd. sowie des Thema International Fund plc. und des Alpha Prime Fund Ltd. - durch diese Beraterverträge wurden Honorare in unterschiedlicher Höhe vereinnahmt, immer jedoch abhängig vom jeweiligen Vermögensstandes des jeweiligen Fonds.

Auf die Höhe der Beratungshonorare wird nachfolgend noch genauer eingegangen werden.


Dass die Gründung mit Sitz auf den BVI auch steuerliche Gründe hatte, war bekannt und wird auch in einem internen Revisionsbericht der Bank Austria AG vom 29.08.2001 bestätigt. Auch wurde in diesem Revisionsbericht angegeben, dass mindestens 50% der Direktoren Devisenausländer sein müssten und BAWFM keine inländischen Mitarbeiter haben dürfe. Auf die Direktoren und Mitarbeiter wird ebenfalls nachfolgend weiter eingegangen werden.

Jedoch war die Gründung weniger eine zulässige Konstruktion mit dem Zwecke von Steuerersparnissen, sondern sollte - in vollem Wissen der tatsächlichen Situation durch die Verantwortlichen - zur Umgehung der inländischen Steuerpflicht und damit einer Abgabenhinterziehung führen. Diesen Vorsatz sehen die Anzeiger durch den Revisionsbericht 2001 als bestätigt. Durch die wiederkehrende Begehung über mehr als 10 Jahre hindurch wurde nach Ansicht der Anzeiger der Tatbestand der Gewebsmäßigkeit iSd §38 FinStrG idF von 1993 bis 2007 stets erfüllt.

Die Aufgabe der „Beratung“ des Primeo Fund Ltd. wurde mit Wirkung 25. April 2007 von BAWFM an Pioneer Alternative Investments Ltd. (Irland) übertragen - schließlich wurde BAWFM (soweit bekannt) im Frühjahr 2008 liquidiert und aufgelöst.

3.    Steuerbarkeit juristischer Personen in Österreich:

§ 1 Abs. 1 iVm Abs 2 KStG iVm § 27 Abs. 1 BAO (jedenfalls seit 1993) regelt, dass „Körperschaften, die im Inland ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz“ haben als in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig gelten. Zwar regelt § 27 Abs. 1 BAO, dass der Ort der Geschäftsleitung lediglich im Falle des Fehlens der Bestimmung des Sitzes als solcher anzusehen ist, dennoch besagt die Judikatur in eindeutiger Rechtsprechung seit zumindest 06.04.1995 (VwGH GZ 94/15/0206 vom 06.04.1995): „Ein zum Schein fingierter Sitz eines Unternehmens tritt hinter den tatsächlichen Sitz zurück. “

4.    Steuerbarkeit der BAWFM:

BAWFM hatte zwar ihren satzungsmäßigen Sitz in Tortola B. V.l., jedoch fehlte es dort an jeglicher Tätigkeit für die genannte Firma - nicht nur kein maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmensgeschehen wurde ausgeübt, es entfaltete sich dort gar keine Tätigkeit der BAWFM. Es war eine so genannte „Briefkastenfirma“.

Demnach tritt der vertraglich festgelegte Sitz hinter den tatsächlichen Ort der geschäftlichen Oberleitung zurück.

Aus der einschlägigen Judikatur des VwGH „ergibt sich der Ort der Geschäftsleitung einer Gesellschaft, also der Ort, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet, aus der jeweiligen tatsächlichen Gestaltung der Dinge. Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist dort, wo der für die Geschäftsführung entscheidende Wille gebildet wird, d.h., von wo aus also die nötigen unternehmerischen Maßnahmen angeordnet werden.“ (VwGH GZ 85/15/0131 vom 23.02.1987)

Aus diesem Grunde ergeben sich für die Bestimmung des Ortes der Geschäftsleitung folgende drei Szenarien:

4.1.  Szenario 1:

Szenario 1 vermutet, dass BAWFM eine Geschäftsführung im herkömmlichen Sinne hatte. Dieses Szenario wird von den Anzeigern als das Wahrscheinlichste angenommen.

In diesem Fall gab es Geschäftsführer, welche die für die Gesellschaft relevanten Entscheidungen trafen. Als Geschäftsführer in diesem Sinne kämen DDr. Werner Kretschmer und dessen Nachfolgerin Dr. Ursula Radel-Leszczynski in Betracht.

Aus den einschlägigen Zeugenaussagen der beiden genannten Personen (alle nach Auffliegen der Madoff-Affäre) geht hervor, dass sie selbst ihre Rolle als eine Art „administrativer Leiter“ aufgefasst und wahrgenommen haben.


Die Wahrheitspflicht unter der diese Aussagen teilweise getätigt wurden spricht für diese Möglichkeit - bleibt allerdings die Frage wer sonst für die Entscheidungen der Firma zuständig war.

Gegen diese (ex-post-) Darstellung der Aufgaben der oben genannten Personen und für Szenario 1 als zutreffend spricht jedoch, dass beide vor Auffliegen der Causa im Dezember 2008 stets ihre Rolle als Geschäftsführer sowohl in den Medien, als auch intern betonten. Auch ist wohl die Glaubwürdigkeit einer nachträglichen Bewertung der eigenen Rolle durch die Protagonisten in einem derartigen System immer kritisch zu bewerten.

Als Beleg für Szenario 1 kann z.B. der Lebenslauf von DDr. Werner Kretschmer herangezogen werden, den er als Redner im Bankenforum Alpbach selbigem übermittelt hat. Auf Nachfrage im Büro des Forums Alpbach wurde bestätigt, dass die auf der Homepage des Forums veröffentlichten Lebensläufe üblicherweise von diesen selbst übermittelt werden. Seine Nachfolgerin ab 2000 war Dr. Ursula Radel- Leszczynski. Ihre vermeintliche Geschäftsführerposition bei BAWFM wurde in der Zeit von 2000 bis 2007 oftmals in Zeitungen und Online-Portalen (beginnend mit einer Ankündigung auf Fonds Professionell online Ende März 2000) kundgemacht. Selbst in ihrem eigenen Buch „Hedgefonds für Einsteiger“ wurde 2005 im Vorwort von Dkfm. Randa bestätigt, dass sie „als Geschäftsführerin der BA Worldwide Fund Management seit Jahren mit großem und nachhaltigen Anlageerfolg für die Bank Austria Creditanstalt tätig“ war. Die oben genannten Bestätigungen für die Geschäftsführerpositionen finden sich in Beilagenkonvolut C.

BAWFM hatte - wenngleich auch nicht formal - über die Jahre immer Mitarbeiter in Wien (zuletzt ca. fünf), welche alle Hrn. DDr. Kretschmer und Fr. Dr. Radel- Leszczynski organisatorisch und disziplinarisch unterstellt waren. Belege hierfür finden sich in den Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern und Dr. Radel-Leszczynski selbst als Beilagenkonvolut D.

Ab 2000 war Dr. Radel-Leszczynski alleinige Kontaktperson zu Madoff und HSBC Luxembourg als Depotbank des Primeo Fund.

Für dieses Szenario spricht auch, dass sowohl das Direktorium der BAWFM als auch jenes des Primeo Fund Ltd. offenbar Fr. Dr. Radel-Leszczynski als operative Geschäftsführerin sahen. Die bisherigen Aussagen einiger ehemaligen Direktoren von BAWFM und Primeo finden sich in Beilagenkonvolut E.

4.2.  Szenario 2:

Szenario 2 vermutet, dass BAWFM durch die bestellten Direktoren geleitet wurde.

In diesem Falle wurde BAWFM durch das Direktorium, ein international besetztes Management Gremium geleitet.

Wäre dieses Direktorium auch ständig durch mindestens 50% ausländische Direktoren besetzt, diese auch gleichberechtigte Entscheider und würden die Firma konsensual leiten, wäre BAWFM nach Einschätzung der Anzeiger womöglich tatsächlich nicht in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Für diese Variante spricht, dass genau dieses Szenario im Revisionsbericht 2001 angenommen wurde.

Gegen diese Variante jedoch spricht einerseits, dass gemäß eigenen Angaben die ehemaligen Direktoren ihre eigene Rolle bzw. die eigenen Aufgaben offenbar als eine Art „Aufsichtsrat“ einschätzten und auch wahrnahmen und diese auch Fr. Dr. Radel-Leszczynski als operativ tätige Geschäftsführerin sahen (hierfür ist jedoch wieder obige Vorsicht in Bezug auf Aussagen und Bewertungen der jeweils eigenen Rollen von Beteiligten geboten).

Was jedoch als wohl als gesichert angenommen werden kann ist, dass eine Teilung des Direktoriums in eingeweihte („Insider“) und nicht-eingeweihte („Outsider“) Direktoren vorlag. So waren im Direktorium der BAWFM zumindest bis Ende 2004 jeweils zwei der vier Mitglieder von der Abteilung „Beteiligungen“ der (nunmehr) UniCredit Bank Austria AG vertreten.


Zum Beweis für diese Teilung kann Hr. Didier Harand herangezogen werden. Hr. Harand war bis 2003 Direktor der BAWFM und investierte im Februar 2003 EUR 50.000,- in den Primeo Select Euro Fund - jener Fonds, der von BAWFM beraten wurde. Hr. Harand schloss sich mit einem Schreiben vom 06.12.2011 dem Strafverfahren gegen die Beschuldigten (u.a. UniCredit Bank Austria AG und einiger seiner damaligen Mit-Direktoren) mit der Begründung an, „über die wahren Gegebenheiten beim Primeo Fund getäuscht, nämlich u.a. darüber, dass sämtliche üblichen Kontrollmechanismen ausgeschalten waren sowie niemals eine Streuung des Vermögens stattfand und Herr Madoff unkontrolliert über das Vermögen des Fonds verfügen konnte“ worden zu sein. Die Art und Weise, wie Hr. Harand zum Direktor der BAWFM bestellt wurde: nämlich bei einem Besuch in Wien, wo er auf Einladung eine Sales-Präsentation über den Primeo besuchte, bestätigt dies zusätzlich.

Im Gegenzug dazu wussten jedoch sowohl Hr. Mag. Harald Nograsek, als auch Hr. Mag. Josef Duregger stets bestens über Primeo Select und dessen Struktur Bescheid - was auch aus den eigenen Zeugenaussagen zu entnehmen ist. Die Herren Nograsek und Duregger wurden auch im Revisionsbericht des Jahres 2001 als „Chairman“ und „ Vice-Chairman“ bezeichnet, was ihre Signifikanz für die Entscheidungen und die wirtschaftliche Entwicklung der BAWFM weiter unterstreicht.

Der Verteiler des Revisionsberichtes 2003 wird ebenfalls als Beleg für die Vermutung der Teilung in Insider und Outsider beigelegt. Daraus geht hervor, dass Mag. Nograsek der einzige Direktor der BAWFM war, der diesen Bericht erhielt, der nach Einschätzung der Anzeiger signifikante Risiken „aufdeckte“. Das alles belegt nach Einschätzung der Anzeiger eindrucksvoll die Trennung von Insidern und Outsidern im Direktorium der BAWFM.

Wie oben bereits erwähnt, wurden am 29.09.1993 Zeichnungsberechtigungen für die Konten von BAWFM erteilt. Wenngleich auch unwahrscheinlich, dass diese Zeichnungs-berechtigungen über beinahe 15 Jahre gleich blieben, so erachten die Anzeiger diese Berechtigungen als Indiz für die Verteilung der Einflussbeziehungen innerhalb der BAWFM.

Im Jahr 2003 zog Hr. Hannes Saleta in das Direktorium der BAWFM ein und behielt diese Funktion bis zumindest 2007. Es wird vermutet, dass er die Rolle des Insiders im Direktorium bis 2007 erfüllte.

4.3.  Szenario 3:

Die Vermutung von Szenario 3 ist jene, dass sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung in Wahrheit bei direkten Mitarbeitern der UniCredit Bank Austria AG und ihrer inländischen Tochtergesellschaften (z.B. Asset Management GmbH) befunden hat.

Für diese Variante spricht, dass in den oben bereits erwähnten Zeugenaussagen immer wieder beschrieben wird, dass die Besetzung der Gremien der BAWFM durch

die UniCredit Bank Austria bzw. deren leitende Angestellte erfolgte und auch die Entscheidungen über den Primeo Fund - der Haupteinnahmequelle der BAWFM - offenbar im Wertpapierbereich der UniCredit Bank Austria getroffen wurden. Auch die Tatsache, dass kein Direktor oder sonstiger Mitarbeiter der BAWFM, sondern ein Mitarbeiter von Hrn. Mag. Duregger, der auch bis Ende 2003 Direktor der BAWFM war, die Firma liquidierte spricht für dieses Szenario.

Szenario 3 wird jedoch eher als Auffangtatbestand gewertet.

4.4.  Zwischenfazit:

Jedes der oben genannten Szenarien, mit Ausnahme der als unwahrscheinlich angesehenen - weil entkräfteten - Variante in Szenario 2, dass alle Direktoren gleichgestellt und auch die faktische Leitung der BAWFM gemeinsam wahrnahmen, führt zur unweigerlich unbeschränkten Körperschaftssteuerpflicht der BAWFM in Österreich. Nach Einschätzung der Anzeiger besteht damit der begründete Verdacht auf Abgabenhinterziehung von Ende 1993 bis zumindest 25. April 2007.


5.     Verjährung

Die abgabenrechtliche Bemessungsverjährung für obengenannten Tatbestand (hinterzogene Abgaben) wird in § 207 Abs. 2 BAO geregelt und betrug bis 2010 sieben Jahre. Im Rahmen des Betrugsbekämpfungsgesetzes 2010 wurde die Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben von sieben auf zehn Jahre (gem. § 207 BAO) verlängert.

Die finanzstrafrechtliche Verfolgungsverjährung ist in § 31 FinStrG geregelt und beträgt grundsätzlich fünf Jahre. Der Beginn des Fristenlaufs für die Verjährung nach FinStrG beginnt bei einem Dauerdelikt (§31 Abs. 3 FinStrG) ab endgültiger Beendigung der strafbaren Handlung. In die Verjährungsfrist werden „die Zeit, während der nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet [...] werden kann“ sowie „die Zeit, während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren [...] bei einer Finanzstrafbehörde anhängig ist“ nicht eingerechnet. Da BAWFM jedenfalls bis April 2008 Zeit für die Abgabe einer Steuererklärung hatte und - soweit den Anzeigern bekannt - bereits im Jahr 2010 eine Strafanzeige wegen ebendieser Causa bei den Finanzstrafbehörden eingebracht wurde, vermuten die Anzeiger, dass auch die finanzstrafrechtliche Verjährung zum heutigen Tag noch nicht eingetreten ist. Eine Kopie der Anzeige wird dieser Sachverhaltsdarstellung als eigene Anlage beigefügt.

6.    Steuerpflichtige Summe & Zuständigkeit:

Aus Beilage I geht die geschätzte Summe der vermeintlicherweise verkürzten Abgaben hervor. Die Zahlen wurden in USD übernommen und werden als solche der Berechnung zu Grunde gelegt. Der Einfachheit halber wurden keine Umrechnungskurse eruiert und wurde auch keine EUR- (oder Schilling-) Berechnung für die betreffenden Jahre vorgenommen. „Beratungshonorare“ für den Alpha Prime Fund blieben mangels Daten in der vorliegenden Sachverhaltsdarstellung gänzlich außer Ansatz.

Aus dem Revisionsbericht 196/2001 betreffend BAWFM der (damaligen) Bank Austria Creditanstalt AG geht hervor, dass nach Abzug sämtlicher Kosten und Weiterverrechnung von Provisionen an Dritte wie z.B. Eurovaleur (20% aller Honorare der BAWFM gingen an diese) etwa ein Betrag von 50% als Gewinn für BAWFM verblieb und damit steuerpflichtig iSd Körperschaftsteuergesetzes war.

Die Berechnung der Anzeiger ergibt eine verkürzte Summe von USD 7.860.989,-.

Bei einem derzeitig geschätzten EUR/USD-Kurs von 1,35 errechnet sich eine Summe von ca.

EUR 5.822.954,81

Damit fällt gem. § 20a StPO die Zuständigkeit in jene der Wirtschafts- & Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Die oben angeführte Summe ist selbstverständlich lediglich eine Schätzung und liegt vermutlich unterhalb der wahren Gewinne von BAWFM. Die betreffende Firma muss selbstverständlich - wie im Revisionsbericht auch angeführt - Bilanzen und Jahresberichte erstellt haben, in welchen die tatsächlichen Summen ausgewiesen werden.

Im Zuge der Recherchen zur eingebrachten Strafanzeige gegen UniCredit Bank Austria AG wegen des Verdachts auf Abgabenverkürzung (Steuerhinterziehung) kamen Umstände ans Tageslicht, welche nach Ansicht der FPÖ in die politische Verantwortlichkeit der Ministerin für Finanzen fallen und sowohl einzelne konkrete Verantwortlichkeit für unterstellte Beamte als auch eher abstrakte Verantwortlichkeit für den Ermittlungsprozess in Steuersachen betreffen.


Daraus ergeben sich zwei das BMF betreffende Fragekomplexe

1.    Untersuchung zur Steuerpflicht der BA Worldwide Fund Management Ltd. in Österreich 2010 Verdacht auf Amtsmissbrauch im Finanzministerium (Fragen 1-21)

Gem. §§ 54 Abs. 1 iVm 53 Abs. 1 FinStrG (idgF) wäre für die, diese Anfrage betreffende, Causa jedenfalls das Gericht zuständig gewesen. Demnach hätten die zuständigen Beamten aber auch sämtliche Beschuldigten über die Ermittlungen informieren müssen.

Aus den Jahresberichten der UniCredit Bank Austria AG seit 2010 - welche Positionen bis auf wenige Millionen EUR detailliert aufschlüsselt - sind keinerlei Hinweise auf irgendwelche Amtshandlungen oder Rückstellung für Prozesskosten oder sonstige steuerliche Nach- oder Strafzahlungen ersichtlich. Ein Finanzstrafverfahren, das nach Einschätzung der Anfragenden eine Nachversteuerung von ca. EUR 6 Mio. und zusätzlich Strafzahlungen in einer Höhe vom zwei- bis dreifachen dessen erfordert hätte, hätte jedenfalls Eingang in die Jahresabschlüsse der Bank gefunden.

In der gefestigten Judikatur des OGH zu § 302 Abs. 2 StGB (12 Os 71/86, 13 Os 169/87 und 1 Ob 191/99s), wird der Rechtssatz (RS0097029) klar und unmissverständlich formuliert:

"Die Abgabe einer Einstellungserklärung, ohne dass der gegen den Beschuldigten bestehende Tatverdacht entsprechend den strafprozessualen Vorschriften unter Ausschöpfung aller zweckdienlichen Beweismittel so weit als möglich aufgeklärt wurde, stellt einen Missbrauch der dem Staatsanwalt als öffentlichem Ankläger zufolge des Legalitätsprinzips obliegenden Amtsbefugnisse in Vollziehung der Gesetze dar, der eine Schädigung des konkreten Rechtes des Staates auf Strafverfolgung gemäß den strafprozessualen Bestimmungen zur Folge hat, und zwar unabhängig davon, ob der Verdacht letztlich zu einer strafgerichtlichen Verurteilung führt oder nicht (sofern es sich bei den gezielt unterlassenen weiteren Beweisaufnahmen nicht um aussichtslose Beweise handelte)."

2.    Steuerpflicht von Offshore-Töchtern österr. (Bank-)Unternehmen allgemein (Fragen 22-25)

Es gibt in den Budgets der kommenden Jahre „Erwartungslöcher“ welche erwartungsgemäß die Steuerzahler - direkt oder indirekt - begleichen werden müssen. Wie aber aus der eingebrachten Sachverhaltsdarstellung (oder den Medien der letzten Jahre und Monate) auch bekannt, umgehen „staatsnahe“ (oder politiknahe?) Banken (wie auch große international agierende Konzerne) offenbar gerne die eigene Steuerpflicht auf Kosten des Staates und aller anderen - ehrlich steuerpflichtigen und hart arbeitenden - Staatsbürger. Die Verschachtelung des Firmengeflechts auf unübersichtliche Strukturen um „steuerschonend“ Gewinne verschieben zu können scheint hier gängige Praxis zu sein. Viele dieser vermeintlichen Tochtergesellschaften sind Briefkastenfirmen mit der Anschrift von Anwaltskanzleien oder schlichtweg einfach nur erfundenen Adressen.

Die Unterzeichneten Bundesräte stellen daher gemäß §61(3) GO-BR an die Bundesministerin für Finanzen nachstehende

Anfrage

1.    Wurde im Juni 2010 eine anonyme und sehr detaillierte Strafanzeige bei der Finanzstrafbehörde (damals das Finanzamt 1/23 Wien) auf Grund des dringenden Verdachts der Abgabenhinterziehung bei der BAWFM eingebracht?


2.     Ist es richtig, dass daraufhin eine Ermittlung in dieser Causa eingeleitet wurde?

3.    Wer war mit der Untersuchung beschäftigt?

4.    Bekanntermaßen ist das Finanzministerium als Oberbehörde gegenüber den Finanzämtern weisungsbefugt. Ist es richtig, dass noch in der Phase der Erhebungen eine Weisung bzw. Anordnung erfolgte, die zu einer Übernahme der Untersuchung durch das Finanzministerium führte?

5.    Wenn ja, wann genau wurde diese Weisung erteilt?

6.    Wenn ja, wer hat diese Weisung bzw. Anordnung erteilt?

7.    Wenn ja. geschah dies im Auftrag bzw. auf direkte Weisung des damaligen Ministers (Josef Pröll) bzw. seiner Nachfolgerin?

8.     Ist diese Weisung schriftlich ergangen?

9.    Wenn ja, liegt diese in den entsprechenden Behörden auf?

10. Wenn ja, welche Abteilung war danach für die Untersuchung zuständig?

11. Wenn ja, warum war diese Behörde besser geeignet um die Untersuchung zu leiten bzw. durchzuführen?

12. Wenn ja, welche weiteren Ermittlungsschritte wurden gesetzt?

13. Wurden die Beschuldigten über die Ermittlungen informiert?

14. Wenn ja, wann?

15.  Erfolgte eine Einstellung des Verfahrens?

16. Wenn ja, wann?

17. Warum wurden die Ermittlungen eingestellt?

18. Gibt es eine offizielle und schriftliche Einstellungserklärung?

19. Wie ist es möglich, dass ein Kreis an Personen ohne Hoheitsgewalt eine derart detaillierte Sachverhaltsdarstellung an die WKStA zusammenstellen kann,

während darauf spezialisierte Fachkräfte mit umfassenden Möglichkeiten zur Ermittlung und Erhebung keinen auch nur ähnlichen Erfolg aufweisen können?

20.  Welche „zweckdienlichen Beweismittel“ wurden durch die Beamten erhoben, die offenbar zu einer Einstellung führten?

21.  Welche interne Revisionsstelle ist innerhalb des Finanzministeriums bei dringendem Verdacht auf Amtsmissbrauch zuständig?

22.  Ist die „Verlagerung“ von Ertragsquellen auf in Österreich vermeintlich nicht steuerpflichtige Gesellschaften in Offshore-Destinationen bei Banken und großen Konzernen mit Sitz in Österreich üblich?

23.  Was wird Seitens der Finanzbehörden unternommen um die operative Tätigkeit dieser (vermeintlichen Schein-)Firmen zu kontrollieren?

24.  Gibt es eine Datenbank innerhalb der Finanzbehörden, welche derartige Firmen, deren Tätigkeiten und Aufgaben innerhalb der Konzernstrukturen sowie Anmerkungen der einzelnen Kontrolltermine auflistet?

25.  Wenn   nicht, ist diese Politik bewusst gewählt um den führenden Banken des Landes (Raiffeisen, Bank Austria und Erste) oder großen Konzernen die Steuerpflicht zu „erleichtern“?

26.  Wenn nicht (Frage 24), wie ist den bereits extrem stark belasteten Konsumenten und Klein- und Mittelunternehmen, die definitiv die Lasten der Bankenabgaben sowie die Auswirkungen der Spekulationswut von Banken bis zum Jahr 2008 zu tragen hatten zu erklären?

In formeller Hinsicht wird gemäß §61(3) GO-BR verlangt, diese Anfrage vor Eingang

in die Tagesordnung dringlich zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit

zur Begründung zu geben.