3020/J-BR/2014
Eingelangt
am 24.07.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert.
Abweichungen vom Original sind möglich.
Dringliche Anfrage
der Bundesräte Jenewein, Herbert, Mühlwerth
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend illegale österreichisch-türkische Doppelstaatsbürger
Die Tageszeitung "Die Presse" berichtet in ihrer Ausgabe vom 28.5.2014, dass mehrere zehntausend in Österreich lebende Türken eine Doppelstaatsbürgerschaft besitzen.
Wörtlich heißt es dort: "....Mehrere zehntausend Türken in Österreich besitzen sowohl die österreichische als auch die türkische Staatsbürgerschaft. Was illegal ist - und wovon die österreichischen Behörden (zumindest offiziell) nichts wissen. Denn Doppel- bzw. Mehrfachstaatsbürgerschaften sind in Österreich im Allgemeinen nicht erlaubt und werden nur in den seltensten Fällen bewilligt. Wer die österreichische Staatsbürgerschaft erwirbt, muss grundsätzlich die fremde, also die türkische, zurücklegen. Nach der Verleihung haben Türken aber die Möglichkeit, sich die türkische wieder zurückzuerwerben. Davon machen viele Gebrauch, ..."
Rund ein Drittel der in Österreich lebenden Türken hat nie um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht. Von jenen, die österreichische Staatsbürger sind, so vermuten Statistiker in der Türkei, hat mindestens die Hälfte auch die türkische Staatsbürgerschaft.
Bereits vor 20 Jahren wurde in der Türkei die sogenannte "Blaue Karte" oder "mavi kart" eingeführt, welche ehemaligen türkischen Staatsbürgern in rechtlichen Belangen, wie dem Erbrecht, dem Aufenthaltsrecht, der Arbeitserlaubnis und anderen die gleichen Rechte wie türkischen Staatsbürgern einräumt, einzige Ausnahme ist das Wahlrecht, welches nur Staatsbürgern Vorbehalten ist. Im genannten "Presse"-Artikel wird auch darauf aufmerksam gemacht, dass alle drei türkischen Generalkonsulate (Wien, Salzburg, Bregenz) in Österreich ihren Landsleuten explizit raten, vollwertige türkische Staatsbürger zu werden.
Die türkischen Behörden rechtfertigen diese Vorgangsweise damit, dass es in der Türkei möglich sei, Doppelstaatsbürger zu sein.
Für österreichische Behörden ist es kaum möglich zu erfahren, wer Doppelstaatsbürger ist, das zu entdecken ist vielfach ein Zufall. Einzig, wenn junge Doppelstaatsbürger, die in Österreich den Wehrdienst abgeleistet haben, dies vergessen in der Türkei zu melden und bei der Wiedereinreise Probleme mit den Behörden bekommen. Die "Presse" schreibt dazu: "Dem Außenministerium sind auch Fälle bekannt, in denen sich junge Männer, die Urlaub machen wollten, plötzlich in einer Militärkaserne wiederfinden. Und nur mit viel diplomatischem Aufwand freikommen."
Unmittelbar nach Erhalt der österreichischen Staatsbürgerschaft wird anscheinend die türkische wieder beantragt und ohne Probleme erhalten. Das ist natürlich nach österreichischem Recht illegal und müsste zur Aberkennung der erlangten österreichischen Staatsbürgerschaft führen.
Das Staatsbürgerschaftsgesetz normiert in § 26:
„Die Staatsbürgerschaft wird verloren durch
1. Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit (§§ 27 und 29); (...)“
Laut „Vorarlberg online“ vom 28. Mai 2014 soll in den drei österreichischen Generalkonsulaten Wien, Salzburg und Bregenz laut Betroffenen sogar explizit zur türkischen Staatsbürgerschaft geraten werden.
http://www.vol.at/tuerken-verschaffen-sich-mit-illegalen-tricks-
doppelstaatsbuergerschaft/3977561
Nach Auskunft der österreichischen Behörden gibt es aber große Probleme, Informationen darüber zu erhalten, wer diese Personen sind, die die türkische Staatsbürgerschaft wiedererlangen.
Es wäre den türkischen Behörden natürlich ein Leichtes, Auskunft darüber zu geben, welche Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft wieder um die türkische Staatsbürgerschaft angesucht haben.
Bundesminister Klug antwortete auf eine entsprechende Frage von Abg. Hübner in der Fragestunde am 10. Juli 2014 wie folgt:
„Was wir auf Ebene des Außenministeriums tun können, ist, im Gespräch mit Vertretern der Türkei einerseits unsere Rechtslage kundzutun und andererseits auch dazu aufzufordern, es zu unterlassen, österreichischen Staatsbürgern eine türkische Staatsbürgerschaft, sozusagen eine Doppelstaatsbürgerschaft, zu verleihen. Das ist in der Vergangenheit geschehen. Aufgrund der jüngst genannten Fälle, die uns dann leider Gottes niemals übermittelt werden konnten, also aufgrund dieser Behauptungen haben wir selbstverständlich auch die außenpolitischen Konsultationen auf Ebene des Politischen Direktors mit der Türkei dazu genutzt, um die Türkei noch einmal über unsere Rechtslage zu informieren und um sie noch einmal aufzufordern, uns die entsprechenden Informationen zu liefern. “
Es ist davon auszugehen, dass der Türkei die Rechtslage in Österreich sehr wohl bekannt und bewusst ist, zumindest den Behörden in der Türkei, die sich mit Staatsbürgerschaftsverleihungen befassen, und den Konsulaten, die auf dem Boden der Republik Österreich ansässig sind. Womit die Information der Türkei über die Rechtslage in Österreich absolut sinnlos war und ist.
Die Bundesländer, die grundsätzlich mit der Vollziehung beauftragt sind, werden es schwer haben, in der Türkei Auskunft zu erlangen. Somit werden Sie hier tätig werden müssen!
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Bundesräte nachstehende
Dringliche Anfrage
1. Wie viele türkische Staatsbürger haben in den letzten 20 Jahren um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht?
2. Wie viele türkische Staatsbürger haben in den letzten 20 Jahren tatsächlich die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten?
3. Wie vielen Türken mit österreichischer Staatsbürgerschaft wurde in den letzten 20 Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen?
4. Gab es von Ihrer Seite bereits Gespräche mit Vertretern der türkischen Konsulate in Österreich?
5. Gab es von Ihrer Seite bereits Gespräche mit ihrem türkischen Amtskollegen, in welchen Sie darauf hingewiesen haben, dass diese Vorgangsweise den österreichischen Gesetzen widerspricht?
6. Wenn ja, wann haben diese Gespräche stattgefunden?
7. Wenn ja, welche Lösungsvorschläge für das Problem gibt es von Seiten der Türkei?
8. Wenn ja, gibt es eine Zusicherung der offiziellen Vertretung, hinkünftig davon abzulassen?
9. Wenn nein, warum nicht?
10. Haben Sie den Wunsch nach Datenaustausch bezüglich Doppelstaatsbürgern an Ihre türkischen Gesprächspartner herangetragen?
11. Wenn nein, warum nicht?
12. Wie viele Fälle von jungen männlichen Doppelstaatsbürgern, die beim Heimaturlaub Probleme wegen des Militärdienstes bekamen, wurden ihnen vom Außenministerium in den letzten 20 Jahren gemeldet?
13. Ist Ihrem Ressort, zum Beispiel dem BVT, bekannt wie viele Türken mit österreichischer Staatsbürgerschaft ihren Militärdienst in der Türkei versehen?
14. Wurden bisher türkischstämmige Österreicher mit Doppelstaatsbürgerschaft, die an Botschaften wegen Dokumenten vorstellig wurden, an Ihr Ressort zum Zwecke des Entzuges der Staatsbürgerschaft weitergemeldet?
15. Mit welchen anderen Staaten gibt es ähnliche Probleme?
16. Werden Sie gemeinsam mit dem Außenminister eine SOKO zur Klärung dieser Probleme einrichten?
17. Wenn nein, warum nicht?
18. Welche Maßnahmen werden Sie zur Verhinderung solch rechtswidriger Vorgehensweisen bei Staatsbürgerschaften setzen?
19. Was konkret werden Sie tun, um die notwendigen Informationen von der Türkei über eine derartige Rückerlangung der Staatsbürgerschaft zu erhalten, um hier in Österreich entsprechende Konsequenzen ziehen zu können?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 61 Abs. 3 GO-BR dringlich vor Eingang in die Tagesordnung zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.
Wien, den 24.7.2014