3567/J-BR/2018
Eingelangt am 27.09.2018
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Anfrage
des Bundesrates David Stögmüller, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz
betreffend Beschwerden beim BVwG hinsichtlich Asyl
Vor über vier Jahren übernahm das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Agenden des Asylgerichthofes, des Bundesvergabeamtes und weiterer Bundesbehörden. Dabei entscheidet das BVwG über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl (BFA). Unter anderem über:
• Anträge auf internationalen Schutz (Asylanträge)
• Die Zuständigkeit Österreichs zur Führung des Asylverfahrens (sogenannte Dublin-Verfahren)
• Die Vergabe von Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen.
• Entscheidung über die Beendigung des Aufenthaltes Fremder in Österreich
• Die Organisation von deren Ausreisen
• Die Verhängung der Schubhaft
• Maßnahmenbeschwerden
• Säumnisbeschwerden
• Beschwerden gegen die Versagung eines Visums durch österr. Vertretungsbehörden
2017 sind über 27.200 Beschwerdeverfahren abschließend entschieden worden. Beachtenswert ist, dass in fast 97 Prozent aller Verfahren keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden ist. Im Bereich Fremdenwesen und Asyl wurden 2017 knapp 11.500 Verfahren vom BVwG geführt. Spannend ist hier die hohe Anzahl der Verfahren, in denen der Beschwerde Folge gegeben wurde. Die Quote der aufgehobenen bzw. abgeänderten Bescheide im Bereich Asyl und Fremdenwesen lag 2017 bei über 42%[1].
Unter anderem ist ein Grund dafür, die Gutachten auf die sich die „Case Owner“ im Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl stützen. Auf Grundlage des Gutachtens von Mag. Karl Mahringer werden zahlreiche Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Mag. Karl Mahringer ist hierbei der einzige gerichtlich beeidete Asylgutachter*innen für Afghanistan, Syrien und den Irak. Nach einer von der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung im Februar 2018 eingeholten Expertise wird dieses Gutachten als unwissenschaftlich und für eine Entscheidungsgrundlage als ungeeignet angesehen. Zudem erfolgt derzeit ein Überprüfungsverfahren gegen Mag. Mahringer.[2] Trotzdem stützen sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie das Bundesverwaltungsgericht in 2. Instanz weiterhin auf Mahringers Gutachten.[3]
Um einen aktuellen Stand sowie um die (höchst notwendigen) Verbesserung durch die Bundesregierung, vor allem im Integrationsbereich zu erfahren, müssen gerade in so einem heiklen Bereich wie Asyl, die Daten transparent und vergleichbar sein.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie viele Beschwerden hinsichtlich Fremdenwesen und Asyl sind derzeit beim BVwG anhängig (mit Stand Beantwortung dieser Anfrage)?
a. Wie viele davon sind Beschwerden bezüglich erstinstanzlichen Bescheiden zu Asyl und anderen schutzgewährenden Entscheidungen?
b. Wie viele davon sind Beschwerden bezüglich der Aberkennung von subsidiären Schutz?
c. Bitte um Auflistung der Beschwerdeführer*innen nach Nationalitäten
2. In wie vielen Fällen kam es 2017 und dem 1. Halbjahr 2018 zu einer Abänderung oder Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung des BVwG?
a. Wie viele erstinstanzliche Bescheide zu Asyl und anderen schutzgewährenden Entscheidungen waren davon betroffen?
b. Wie viele Beschwerden gegen die Aberkennung von subsidiärem Schutz waren davon betroffen?
c. Bitte um Auflistung der Beschwerdeführer*innen nach Nationalitäten
3. Welche konkreten Beweismittel bzw. Quellen verwendet das BVwG bei der Beurteilung von Asylverfahren? (Listen Sie die Beweismittel bzw. Quellen die in den letzten 6 Monaten in Verwendung waren auf)
4. Welche Gutachter*innen wurden 2017 und im ersten Halbjahr 2018 vom BVwG zur Aussage bzw. Expertise in Verhandlungen aus dem Bereich Fremdenwesen und Asyl eingeladen? (Bitte um Auflistung der Namen und je die Anzahl der Auftritte inkl. Datum)
5. Handelt es sich bei den Gutachter*innen lt. Antwort 4. ausschließlich um Gutachter*innen bzw. Expert*innen, die gerichtlich beeidet bzw. zertifiziert sind oder wird auch ad hoc vereidigt?
a. Bitte um Anzahl der ad hoc Vereidigungen je nach Personen. (inkl. Datum)
6. In wie vielen Fällen (prozentual) wurde der Einschätzung des bei den Verhandlungen aufgetretenen Gutachter*innen gefolgt bzw. diese in der Urteilsbegründung bejaht?
7. Welches Gewicht hat die mündlich in der Verhandlung vorgetragene Expertise der Gutachter*innen bei Verhandlungen aus dem Bereich Fremdenwesen und Asyl?
8. Nach welchen Kriterien werden Gutachter*innen vom BVwG im Bereich Fremdenwesen und Asyl ausgewählt?
9. Werden im Gutachten von Mag. Karl Mahringer im BVwG als Entscheidungsgrundlage verwendet?
10. In wie vielen Entscheiden wurde 2017 und im 1. HJ 2018 das Mahringer-Gutachten (Afghanistan) bei der Beurteilung von Asylentscheiden verwendet?
11. Bei wie vielen Asylentscheidungen wurde Mag. Mahringer als Sachverständiger beigezogen und beeidet? (Aufgelistet für die Jahre 2016/ 2017 und 1. HJ 2018)
12. Welche Gebühren verrechnete Mag. Mahringer dem BVwG? (Geben Sie die Gebühren für 2017 und 1 HJ 2018 an)
a. Wenn Sie sich auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte bzw. des Datenschutzes beziehen um die Frage nicht zu beantworten, geben Sie die Gesamtgebühren die in den Jahren 2017 und dem 1 HJ 2018 dem BFA für Gutachter bzw. Sachverständigen angefallen sind, an. (Aufgelistet in Monaten bzw. Quartalen)
13. Wie viele Gutachter bzw. Sachverständige wurden für das BVwG im Jahr 2017 und dem 1 HJ 2018 herangezogen? (Aufgelistet nach Monaten bzw. Quartalen)
14. Wird das Mahringer-Gutachten (Afghanistan) evaluiert?
a. Von wann stammt dieses Gutachten?
b. Wenn ja, bis wann ist mit einem Ergebnis zu rechnen?
c. Wenn nein, warum nicht?
d. Wer ist für eine Evaluierung zuständig?
15. Gibt es bereits eine Entscheidung ob das Gutachten von Mag. Karl Mahringer für die Beurteilung von Herkunftsländern für die Beurteilung zuglassen wird?
a. Wenn ja, bis wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?
b. Wenn nein, wer ist dafür verantwortlich?
16. Wie viele Asylbescheide wurden unter anderem aufgrund des Mahringer-Gutachten aufgehoben bzw. abgeändert? (Für das Jahr 2017 und für das 1.HJ 2018)
17. Wird Mag. Karl Mahringer weiterhin als Gutachter*innen im BVwG geführt?
18. Sollte Mahringer von der Gutachter*innenliste des LGZ Wien gestrichen werden, wird man dann auch beim BVwG davon absehen, seine Schriften als Quellen zu verwenden?
19. Wenn das Mahringer-Gutachten sich als „ungeeignet“ als Quelle herausstellt, rechnen Sie mit einem erhöhten Verfahrensaufwand im BVwG?
20. Auf Grundlage welcher Quellen bzw. neuen Erkenntnissen wurden die Aberkennungen, insbesondere die Aberkennung des subsidiären Schutzes bei afghanischen Staatsbürger*innen, entschieden? (Geben Sie Quellen und Gutachten die für die Beurteilung verwendet werden an)
a. In welchem Jahr wurden die Gutachten, auf deren Grundlage die Aberkennungen entschieden werden, erstellt?
21. Wer ist Grundsätzlich für die Auswahl von Quellen und Gutachten verantwortlich?
22. Wie alt ist das letzte Gutachten zu Afghanistan und kann dieses noch als schlüssig und widerspruchsfrei angesehen werden?
a. Wenn ja, warum?
b. Wenn nein, wann wird dieses erneuert bzw. evaluiert?
c. Wer ist mit einer Evaluierung bzw. Erneuerung beauftragt worden?
d. Bis wann ist mit einer Fertigstellung zu rechnen?
23. Wie oft werden Quellen und Gutachten evaluiert bzw. aktualisiert? (Geben Sie das für die in Antwort 3. genannten Quellen an, wann diese zuletzt aktualisiert bzw. evaluiert wurden)
24. Wurden andere Gutachter*innen z.B. aus Deutschland beauftragt?
a. Wenn ja, geben Sie die Anzahl der Gutachten, deren Nationalität und für welchen Bereich (Land) diese ein Gutachten erstellt haben an.
b. Wenn nein, warum nicht?
25. Werden Sie für das Jahr 2018/19 eine Aufstockung des Personals im BVwG vornehmen?
a. Wenn ja, in welchen Bereichen/Abteilungen und wie viel?
b. Wenn nein, warum nicht und rechnen Sie mit einer Abnahme der Verfahren?