3786/J-BR/2020

Eingelangt am 15.07.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

§ 61 Abs. 3 GO-BR

der Bundesräte Mühlwerth, Leinfellner

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

betreffend vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit Österreichs durch BM Tanner

Die vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit Österreichs und seiner Bürger durch die Ankündigungen, Entscheidungen und Unterlassungen der Bundesministerin für Lan­desverteidigung Tanner dürfen nicht länger hingenommen werden.

Vor zwei Wochen gab es medial die Ankündigung, dass das Bundesheer vor einer tiefgreifenden Umstrukturierung steht. Die Ministerin plant, die militärische Landes­verteidigung auf ein Minimum zu reduzieren. Das Heer wird nur mehr auf Cyberde- fence und Katastrophenschutz ausgerichtet. Die Brigaden und schweren Waffen sol­len abgeschafft werden, das Personal heruntergefahren, die Masse der Truppe soll auf rein infanteristischen Einsatz umgestellt und Kasernen sollen verkauft werden. Diese höchst unverantwortliche Aktion der Bundesministerin für Landesverteidigung Tanner, die im Auftrag von Bundeskanzler Kurz geschieht, basiert auf keiner soliden, langfristigen Risikoanalyse. Es fehlt nur noch, dass Tanner ihr eigenes ÖVP- Risikobild für die Sicherheit Österreichs präsentiert. Stattdessen soll das Österreichi­sche Bundesheer an das niedrige LV-Budget angepasst und nur mehr auf Assisten­zeinsätze reduziert werden. Die Vorschläge bedeuten einen massiven Fähigkeitsver­lust, de facto die Abschaffung der militärischen Landesverteidigung und damit einen Bruch der Bundesverfassung. Trotz Einbestellung durch den Bundespräsidenten und anfänglichem Zurückrudern will BM Tanner an diesen Vorhaben festhalten.

Mit der Entscheidung für eine Einflottenlösung, sprich nur mehr den Eurofighter ein­zusetzen, macht Bundesministerin Tanner die Luftraumüberwachung der Republik zur Gänze von einem Konzern abhängig, mit dem Österreich in einer rechtlichen Auseinandersetzung steht. Bundesministerin Tanner sieht auch keine Notwendigkeit für eine Aufrüstung des Eurofighters und für eine Nachfolgebeschaffung für die Saab 105. Obwohl von der Kunasek-Evaluierungskommission sehr wohl eine Nachbe­schaffung für die Saab 105 OE empfohlen wurde. Damit ist die gesamte aktive Luft­raumüberwachung Österreichs gefährdet. Diese Entscheidung wurde von ihr am 6. Juli 2020 den Wehrsprechern der Parteien und der Öffentlichkeit kommuniziert. In der ,,ZiB2“ vom 6. Juli 2020 antwortete Tanner auf die Frage des ORF, ob mit den 15 verbliebenen Eurofightern der Luftraum überhaupt zur Gänze überwacht werden kann, „dass die Luftraumüberwachung für dieses Jahr in jedem Fall gesichert wäre“. Am 8. Juli 2020 wandte sich Tanner brieflich an den Ersten Nationalratspräsidenten betreffend die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema der Zukunft der österreichischen Luftraumüberwachung. Sie möchte also erst nach­dem sie die Entscheidung zur aktiven Luftraumüberwachung getroffen hat, einen Diskurs über die mittelfristige wie auch die langfristige Lösung für die aktive Luft­raumüberwachung in Österreich starten. Dem nicht genug, ist dann doch wieder alles anders: „Leasing-Ersatz für Eurofighter wird geprüft“, so die APA am 8. Juli um 13.14 Uhr.

Gemäß Artikel 79 der Bundesverfassung (B-VG) obliegt dem Bundesheer die militä­rische Landesverteidigung. Das medial vorgestellte Konzept des ÖVP- Assistenzheeres, die Entscheidung zu den Eurofightern sowie die Unterlassung der Aufrüstung und Nachbeschaffung im Bereich der aktiven Luftraumüberwachung von Bundesministerin Tanner stellen einen eindeutigen Verfassungsbruch dar.

Österreich bekennt sich gemäß Artikel 9a der Bundesverfassung (B-VG) zur umfas­senden Landesverteidigung. Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren. Dem Bun­desheer obliegt laut Bundesverfassung die militärische Landesverteidigung, und ge­nau darauf ist es auszurichten. Nur wenn das Bundesheer das kann, sind auch As­sistenzleistungen möglich.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Bundesräte nachstehende

Dringliche Anfrage

1.    Warum soll die militärische Landesverteidigung nicht mehr strukturbegründend sein?

2.    Warum erwirken Sie durch die Streichung von Führungsebene und die Ab­schaffung der schweren Waffen einen Fähigkeitsverlust des Bundesheeres?

3.    Wie kann eine national und international glaubhafte Landesverteidigung ohne Truppen, die den Kampf der verbundenen Waffen (nach internationalen Stan­dards) kann, aussehen, wenn diese keine schweren Waffen und militärischen Normstrukturen hat?

4.    Welche Zusagen haben Sie vonseiten der NATO, EU und USA, da im Pla­nungsdokument Ihres Generalsekretärs der Ausrichtung des Bundesheeres konkrete Beistandserwartungen durch EU und NATO zugrunde gelegt sind?

5.    Wie werden die Pflichten der immerwährenden Neutralität eingehalten?

6.    Streben Sie einen NATO-Beitritt an?

7.    Welche Kasernen sollen geschlossen bzw. zusammengelegt werden?

8.    Welche Standorte sollen verkauft werden?

9.    Wie viele Planstellen sollen gekürzt werden, in dem diese nicht nachbesetzt werden?

10. Welche Bataillone sollen aufgelöst werden?

11. Welche Bataillone werden künftig auf Grund der Einsparungen nur mehr rein infanteristisch eingesetzt werden?

12. Welche Beschaffungsvorhaben wurden 2020 von Ihrem Generalsekretär oder Ihnen gestoppt?

13. Aus welchen Gründen wurden die einzelnen Beschaffungsvorhaben gestoppt?

14. Wie sieht das Sanitätskonzept neu aus?

15. Warum werden 200 neue LKW ohne Aufbauten angekauft?

16. Welche neuen Wartungsverträge mit Airbus gibt es, sind geplant, da durch den Wegfall der Saab 105Ö die Eurofighter vermehrt zum Einsatz kommen?

17. Welche Kosten entstehen damit gegenüber Airbus?

18. Wie hoch liegt der jährliche Gesamtbetriebsaufwand für den Eurofighter?

19. Was kostet 2020 eine Flugstunde für den Eurofighter, da der langjährige Airchief des Bundesheeres Karl Gruber im Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ vom 09.07.2020 von weit höheren Kosten gesprochen hat?

20. Warum wurden hier bewusst falsche Zahlen von Ihnen verbreitet?

21. Was kostet 2020 eine Flugstunde für die Saab 105?

22. Werden die Eurofighter 2021 ohne weitere Investitionen noch für die aktive Luftraumüberwachung einsetzbar sein, da Sie in der „ZiB2“ am 6.7.2020 ge­sagt haben, dass die Luftraumüberwachung für dieses Jahr in jedem Fall ge­sichert wäre?

23. Entstehen dem Bundesheer und damit auch der Republik zusätzliche Kosten, da sie keine Entscheidung zur weiteren Zukunft der aktiven Luftraumüberwa­chung getroffen haben?

24. Warum wurden sämtliche weitere Schritte zur Einleitung der Beschaffung der neuen Hubschrauber von Ihnen unterlassen, obwohl der Generalstab Ende Mai bereits die Beschaffungsreife gemeldet hat?

25. Wie gewährleisten Sie die Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Zu­standes des Österreichischen Bundesheeres?

26. Haben Sie die Kontrolle über das Ressort tatsächlich schon an Ihren GS ab­getreten?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 61 Abs 3 GO-BR dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.