3811/J-BR/2020

Eingelangt am 05.11.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrätlnnen Stefan Schennach, Korinna Schumann, Nicole Riepl,

Genossinnen und Genossen,

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Ratsposition zur GAP

Die am 1. Juni 2018 von der Kommission vorgelegten Legislativvorschläge zur Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 wurden im Rat Landwirtschaft und Fischerei am 19./20. Oktober 2020 abschließend diskutiert und folglich eine einheitliche Ratsposition verabschiedet.

Das Verhandlungsergebnis der EU-Agrarministerlnnen hat zu heftiger Kritik geführt. Befürchtet wird, dass damit die Klimaziele verfehlt werden, es weiterhin zu Umweltproblemen durch Pestizide kommt, die Biodiversität leidet und die Ziele der Farm to Fork Strategie nicht erreicht werden. Agrarbetriebe in der EU werden weiterhin Hunderttausende oder sogar Millionen Euros an Steuergeldern erhalten, auch wenn sie ErntearbeiterInnen unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten lassen, da eine Vergabe der EU-Agrarsubventionen nicht an die Einhaltung von Arbeitsrechten geknüpft wird.

Entscheidend dabei waren die Fragen, ob die nächste Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU zu höheren Umweltstandards führt, ob ein ausreichendes Maß an Förderung der biologischen Produktionsweise möglich ist, eine deutliche Reduktion der Ausbringung chemisch-synthetischer Pestizide erreicht wird, das Höfesterben aufgehalten werden kann, mehr Verteilungsgerechtigkeit angestrebt wird und die Gelder des ELER-Fonds, des Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, allen Menschen in den ländlichen Regionen zugutekommen.

Die Ausrichtung der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union wird entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Höfe und des ländlichen Raums, der Chancen von Frauen in ländlichen Regionen, die soziale und arbeitsrechtliche Situation der LandarbeiterInnen und ErntearbeiterInnen, die naturgerechte Bewirtschaftung und die Entwicklung der Böden und des Klimas in Europa haben und muss auch im Kontext und dem Bewusstsein der Wechselwirkung der Farm to Fork-Strategie sowie der Biodiversitätsstrategie gesehen und erarbeitet werden. Hierbei tragen die handelnden PolitikerInnen eine hohe Verantwortung für Menschen, Tiere und Umwelt. Auch der verantwortungsvolle Einsatz der öffentlichen Steuermittel ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag.

Der EU-Ausschuss des Bundesrates hat am 07. Oktober 2020 drei Anträge auf Stellungnahme gemäß Artikel 23e Abs. 1 BVG mehrheitlich angenommen, die Sie als zuständige Bundesministerin aufgefordert haben, u.a. folgende Positionen bei den Verhandlungen zur GAP im Rat zu vertreten:

         mehr Verteilungsgerechtigkeit bei der Vergabe von EU-Agrarförderungen;

        verpflichtende und wirksame „Eco-Schemes", im Ausmaß von mindestens 40% der Mittel aus der ersten Säule (EGFL);

         eine massive Verbesserung der Arbeitssituation für LandarbeiterInnen und ErntearbeiterInnen zu erreichen

o    indem Betriebe, die Mindestlöhne nicht einhalten bzw. schlechte Arbeits- und Unterbringungsbedingungen bieten, ihre Agrarförderungen verlieren und

o    es keinesfalls Zahlungen über einer festgelegten Obergrenze geben darf, die mit den vielen Arbeitskräften begründet werden, wenn die Arbeitssituation für Land- und ErntearbeiterInnen nicht überprüft und als korrekt beurteilt wurde;

         die Ziele der Farm to Fork-Strategie mit der GAP erfüllt werden;

         EU-weit den Bioanteil in der Landwirtschaft zu erhöhen.

Die unterfertigten Bundesrätlnnen wollen aus dem Grund wissen, inwieweit Sie diesem bindenden Beschluss des EU-Ausschusses nachgekommen sind und stellen daher folgende

Anfrage

1.     Waren Sie persönlich beim letzten Landwirtschaftsrat anwesend und haben die Ratsposition zur

GAP 2021-2027 mitverhandelt?

2.     Haben Sie den Beschlüssen des EU-Ausschusses des Bundesrates Folge geleistet und diese

beschlossenen Positionen bei den Verhandlungen zur GAP im Rat vertreten?
a.     Falls nein, weshalb nicht?

3.  Haben Sie sich insbesondere für folgende Punkte eingesetzt?

a.       mehr Verteilungsgerechtigkeit bei der Vergabe von EU-Agrarförderungen;

b.       verpflichtende und wirksame „Eco-Schemes", im Ausmaß von mindestens 40% der Mittel aus der ersten Säule (EGFL);

c.        eine massive Verbesserung der Arbeitssituation für LandarbeiterInnen und ErntearbeiterInnen, indem Betriebe, die Mindestlöhne nicht einhalten bzw. schlechte Arbeits- und Unterbringungsbedingungen bieten, ihre Agrarförderungen verlieren und es keinesfalls Zahlungen über einer festgelegten Obergrenze geben darf, die mit den vielen Arbeitskräften begründet werden, wenn die Arbeitssituation für Land- und ErntearbeiterInnen nicht überprüft und als korrekt beurteilt wurde;

d.       Erfüllung der Ziele der Farm to Fork-Strategie mit der GAP;

e.       EU-weite Erhöhung des Bioanteils in der Landwirtschaft

4.   Falls Sie sich dafür eingesetzt haben, mit welchem Erfolg?

5.     In welchen Passagen der Ratseinigung finden sich die Positionen wieder, die Sie aufgrund der

oben genannten Beschlüsse in Brüssel vertreten mussten? Mit der Bitte um Aufzählung der genannten Artikel analog zu den Beschlusspunkten.

6.     Haben Sie aufgrund des Bundesratsbeschlusses Allianzen geschmiedet um die österreichischen

Forderungen, die sich auf den Beschluss des Bundesrates beziehen, zu einer Mehrheit zu verhelfen?

a.     Falls nein, weshalb nicht?

7.     Haben Sie aufgrund der geltenden Beschlusslage mit dem Bundesminister für Soziales,

Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Kontakt aufgenommen, um sich Unterstützung beim Kampf der Verbesserung der Ernte- und LandarbeiterInnen zu holen?
a.     Falls nein, weshalb nicht?

8.     Wie wollen Sie als Landwirtschaftsministerin sicherstellen, dass Konsumentlnnen keine

österreichischen oder EU-Lebensmittel kaufen müssen, bei denen Arbeits- und Sozialrechte der ErntearbeiterInnen nicht eingehalten werden?

9.     Wieso fühlen sich die EU-Agrarministerlnnen nicht dafür verantwortlich, dass obwohl hohe

Subventionen an Agrarbetriebe bezahlt werden, nicht garantiert ist, dass diese Betriebe Mindestanforderungen im Arbeits- und Sozialrecht einhalten müssen?

10.    Wieso stellen Sie die Anrechnung der Ökomaßnahmen aus der 2. Säule in die Gesamt­Ökozahlungen als Erfolg da, wenn doch in Summe dadurch weniger Ökoleistungen erbracht werden müssen, als wenn die Ökoleistungen aus der 2. Säule als zusätzliche Maßnahmen nicht in den Mindestprozentsatz eingerechnet würden?