3823/J-BR/2021
Eingelangt am 22.01.2021
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Anfrage
der BundesrätInnen Elisabeth Grossmann,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Demorichtlinie des Innenministeriums
Die Tageszeitung „Der Standard“ berichtet in einem Bericht vom 14.1.2021 in der Rubrik Inland, der sich auch online[1] fand, über eine Richtlinie des Innenministeriums, die bei Corona-Demos zum Einsatz kommt. Pikant dabei: Experten halten diese für ungeeignet, um Extremismus zu bekämpfen.
Zugleich scheint es der Polizei auch nicht möglich zu sein, Demos, auf denen die Corona-Maßnahmen nicht eingehalten werden und von denen dadurch natürlich auch ein epidemiologisches Risiko ausgeht, aufzulösen. Zu geringer Abstand, fehlende Masken, viel zu viele Menschen auf zu geringem Raum, so lauten Beobachtungen, die man beobachten, auf Sozialen Medien regelmäßig in Kommentaren lesen und auch dem genannten Bericht im Standard entnehmen kann.
Während in Wien in jüngerer Vergangenheit drei Demos untersagt wurden und lediglich ein „Spaziergang“ über die Bühne ging, führt der Standard an, dass in Leoben, Judenburg und Leibnitz sowie in der Landeshauptstadt Graz Corona-Demos stattfanden.
Pikant dabei ist, dass eine rechtsextreme Splittergruppe, die sogenannten „Identitären“, die Demos für ihre Zwecke nutzen wollten und sich dort mit ihren kruden Slogans unter die DemonstrantInnen gemischt haben. Sie sollen laut Bericht des Standards auch gezielt gegen FotografInnen und JournalistInnen vorgegangen und so die Pressefreiheit eingeschränkt haben. Hier ist jedoch kein Einschreiten der Polizei bekannt geworden.
Das steht im Gegensatz zu jenen Repressalien gegen die TeilnehmerInnen einer Gegendemo und FotografInnen, die sich auch auf Videos nachvollziehen lassen. Argumentierbar scheint das der Polizei deshalb, weil die Kundgebung, die in einer Aussendung der Polizei als sogenannte „Störversammlung“ bezeichnet wird, nicht wegen der fehlenden Anmeldung, sondern wegen scheinbar eingesetzter Pyrotechnik.
Im Folgenden wird auch eine Schilderung einer Augenzeugin geschildert, die folgendes an Medien geschrieben hat: „Einige bekamen Schläge ab. Immer wieder sagte die Polizei 'Haltet die Fresse!' zu uns Passanten und versperrte die Sicht. Einige Passantinnen wurden von Identitären sogar bespuckt! Die Polizei unternahm nichts."[2] Weiter offenbar gewalttätige Handlungen oder Androhungen derselben finden sich in demselben Artikel.
Zugleich verweisen in dem Bericht zitierte Experten aber auch auf Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Richtlinie, weil das Versammlungsrecht nicht geeignet sei, um Extremismus zu bekämpfen.
Während also gesetzestreue Bürgerinnen und Bürger große Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit in Kauf nehmen, wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müssen und unsere MitarbeiterInnen des Gesundheitssystem größten Belastungen ausgesetzt sind, scheint die Einhaltung der Corona-Bestimmungen bei diesen Menschenansammlungen eine untergeordnete Rolle zu spielen. Das erzürnt viele Menschen und schwächt das Vertrauen in die Richtigkeit der gesetzten Corona- Schutzmaßnahmen, wie zahlreiche LeserInnenbriefe, Zuschriften, Postings in sozialen Medien etc. belegen.
Hier gilt es mit Augenmaß und Sorgfalt die Balance zwischen den Grundrechten der Versammlungsfreiheit, der öffentlichen Gesundheit, aber auch den Prinzipien des Staats- und Verfassungsschutzes zu wahren. Oben genannte Richtlinie scheint diese Anforderungen in der Praxis nicht zu erfüllen.
Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende
Anfrage
1) Was regelt die Richtlinie für die Polizei hinsichtlich Corona-Demos?
2) Ist die Richtlinie öffentlich einsehbar?
a. Wenn ja: Wo?
b. Wenn nein: Warum nicht?
3) Wie oft kam diese Richtlinie bereits zum Einsatz?
4) Zu den Demonstrationen in den genannten Städten: Nennen Sie bitte alle Kundgebungen, die im letzten Quartal in Österreich gegen die Corona-Maßnahmen stattgefunden haben und nennen Sie bitte die TeilnehmerInnenanzahl, die Anzahl der Anzeigen und sortieren Sie diese nach Ort und Bundesland der Kundgebung.
a. Auf welche Tatbestände gründen sich diese Anzeigen?
5) Können Sie nennen an wie vielen dieser Demonstrationen Angehörige oder SympathisantInnen der rechtsextremen Splittergruppe „Identitäre“ teilnahmen?
a. Wenn ja: Bitte nennen sie diese nach Anzahl und Ort.
b. Wenn ja: Liegen gegen diese Personen Anzeigen auf Grund von auf diesen Demos begangenen oder vermuteten Gesetzesübertretungen beispielsweise auf Grund von Verstößen gegen das Epidemiegesetz vor?
c. Wenn ja: Liegen gegen diese Personen Anzeigen gegen das Verbotsgesetz, Gewaltakte oder andere Delikte gegen Eigentum oder die öffentliche Sicherheit vor?
d. Wenn nein: Warum nicht, wenn diese Organisation unter Beobachtung des BVT steht?
6) Gibt es zwischen den „Identitären“ und den „Querdenkern“ personelle Überschneidungen, die sich zweifelsfrei feststellen lassen?
7) Ist angedacht, die „Querdenker“ vom BVT beobachten zu lassen?
a. Wenn ja: Weshalb?
b. Wenn nein: Warum nicht?
8) Gibt es zur Umsetzbarkeit der Demorichtlinie Evaluierungsbestrebungen?
a. Wenn ja: Bis wann ist mit einer Umsetzung der Evaluierung zu rechnen?
b. Wenn ja: Weshalb soll die Demorichtlinie evaluiert werden?
c. Wenn nein: Warum nicht?
9) Sind die genannten Übergriffe der rechtsextremen Splittergruppe der „Identitären“ gegen FotografInnen und JournalistInnen so wie im Standard geschildert geschehen?
a. Wenn ja: Wieso ist die Polizei nicht zum Schutz der Medienfreiheit eingeschritten?