3880/J-BR/2021
Eingelangt am 06.05.2021
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Anfrage
der BundesrätInnen Korinna Schumann, Stefan Schennach,
Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Zoom-Bombing – Aktuelle Gefahrenlage und Strategie der Behörden in Österreich
Zoom ist die wohl bekannteste Plattform für Online-Meetings, die im Gefolge der Coronapandemie einen weltweiten Siegeszug angetreten haben und sich mittlerweile in allen Bereichen des Lebens etabliert hat. Egal ob im privaten Rahmen für einen Plausch, das berufliche Treffen mit KollegInnen, die Vereinsaktivität mit anderen Gleichgesinnten, oder auch der Besuch kultureller oder religiöser Veranstaltungen – Zoom und seine vielgestaltigen Brüder- und Schwesternplattformen sind gekommen um zu bleiben und haben alle Lebensbereiche erreicht.
Zugleich verlagern sich damit aber auch zahlreiche Probleme aus der analogen Welt in den digitalen Raum und es wird zunehmend klar, dass anders als in Formaten, an denen man in Präsenz teilnimmt, andere Arten des Risikos Einzug in unser tägliches Leben halten. Und es wird vielen schmerzlich bewusst, dass wir vielfach nicht gerüstet sind, damit adäquat umzugehen, geschweige denn kompetent und geübt genug in der Anwendung sind, um dabei so souverän reagieren zu können, wie im analogen Lebensumfeld.
Berichte über rechtsextreme, antisemitische, diskriminierende und übergriffige Handlungen sind aus beinahe allen sozialen Netzwerken bekannt. Dabei ist die Diskussion unglaublich diffizil, weil neben Versuchen derartigen Tendenzen technologisch beizukommen, der Gesetzgeber – häufig eher unglücklich – aktiv geworden ist und zugleich aus einer Notwendigkeit rasch zu reagieren vor allem auch individuelle Handlungsmaximen für den souveränen Umgang extrem wichtig geworden sind. Es geht letztlich auch um die Frage von Selbstermächtigung und Solidarität, um die digitale Welt sicher begehen zu können.
Anzumerken ist dabei jedoch, dass der Umgang mit derartigen Plattformen in den vergangenen Jahren für viele Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Facebook, Instagram oder auch Twitter haben sich als Teil unseres alltäglichen Handelns über eine lange Zeitdauer etablieren können, während wir uns beispielsweise mit Zoom und anderen Plattformen egal ob beruflich, privat oder freizeitbezogen genutzt, von heute auf morgen vertraut machen mussten. Und gerade auf diesen neuen Plattformen findet zunehmend auch eine neue Form von Missbrauch statt: das sogenannte Zoom-Bombing.
Dabei schleusen sich Menschen in Meetings ein und teilen in den Chats pornographische oder auch rechtsradikale Inhalte, wie der Standard berichtet. In Österreich wurde das Kunsthistorische Museum Zielscheibe eines derartigen Angriffs: bei einem Artist-Talk zu „Beethoven bewegt“ mit dem niederländischen Künstler Guido van der Werve kam es in einem Zoom-Meeting zu rechtsradikalen und obszönen Übergriffen. Antisemitische Motive konnten dabei nicht ausgeschlossen werden.[1]
Ähnliche Berichte sind auch aus Großbritannien, wo es zu antisemitischen Attacken gegen ein Zoom-Meeting einer Synagoge kam[2] bekannt, ebenso wie aus den USA, wo auch Schulen zu Zielscheiben des Zoom-Bombings werden[3].
Es ist davon auszugehen, dass mit dem weiteren Einsatz derartiger Plattformen und einem stetig wachsenden BenutzerInnenkreis auch zunehmend Missbrauch und Angriffe darüber stattfinden werden. Was selbstverständlich die Frage nach passablen Strategien für den Umgang damit aufwirft.
Nachdem das Kunsthistorische Museum entsprechende Meldung an das Innenministerium erstattet hat und damit auch eine entsprechende Sensibilisierung bei den staatlichen Sicherheitsbehörden stattgefunden haben sollte, ist es selbstredend wichtig zu wissen, welche Maßnahmen der Innenminister zum Schutz der Bevölkerung und ihrer Grund- und Freiheitsrechte zu unternehmen gedenkt.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte folgende
Anfrage
1) Ist Ihnen oder Ihrem Ministerium das Phänomen des hier subsummierend verwendeten Begriffs Zoom-Bombing bekannt?
a. Wenn ja: Wie viele Vorfälle, die sich darunter subsummieren lassen, sind dem Innenministerium bekannt?
b. Wenn ja: Werden diese Fälle verfolgt und wie?
c. Wenn ja: Wie reagiert das Innenministerium konkret auf derartige Vorfälle?
d. Wenn ja: Auf welchen Plattformen kam es zu derartigen Vorfällen?
e. Wenn nein: Wie erklären Sie, dass diese Art der Angriffe nicht bekannt sind?
2) Führt das Innenministerium Statistiken hinsichtlich der Art der in Zoom-Meetings begangenen Übergriffe hinsichtlich ihrer Zielrichtung (rechtsextrem, antisemitisch, sexuell übergriffig etc.)?
a. Wenn ja: Wie teilen sich die Taten danach auf? Listen Sie diese bitte vollständig inklusive der Anzahl der bekannten Übergriffe auf.
b. Wenn nein: Warum nicht?
c. Wenn nein: Ist angedacht, diesen Umstand in Zukunft zwecks besserer Ermittlungsstrategien zu ändern?
3) Welche Maßnahmen sind vonseiten des Innenministeriums geplant, um zukünftig derartige Übergriffe zu verhindern?
4) Gibt es Hinweise darauf, dass es besonders durch rechtsextreme und antisemitische Gruppierungen zu Zoom-Bombing kommt?
5) Was wird das Innenministerium unternehmen, um möglichst viele Menschen die Zoom oder vergleichbare Plattformen nutzen, vor derartigen Übergriffen zu schützen bzw. diese davor zu wappnen?
6) Ist die Kooperation mit anderen Ministerien, beispielsweise mit dem Bildungsministerium geplant, um auch in Schulen und Universitäten für den Schutz der NutzerInnen zu sorgen?
a. Wenn ja: Wie gestalten sich diese Kooperationen?
b. Wenn ja: Mit welchen Ministerien ist hier eine Kooperation bereits etabliert, mit welchen geplant?
c. Wenn nein: Warum nicht?
7) Welche Abteilung ist im Innenministerium für die Verfolgung derartiger Angriffe zuständig und wie viele MitarbeiterInnen stehen dieser zur Verfügung?
8) Gibt es vonseiten der Bundesregierung Pläne rechtliche Regelungen gegen derartige Übergriffe zu etablieren?
a. Wenn ja: Bis wann ist mit einer Vorlage von Gesetzen an den Nationalrat zu rechnen?
b. Wenn nein: Nach welchen Gesetzen werden derartige Angriffe verfolgt?
9) Stehen Sie mit Ihren AmtskollegInnen auf europäischer und internationaler Ebene in Kontakt um Strategien zur Bekämpfung des Zoom-Bombings voranzutreiben?
a. Wenn ja: Wie sind die Fortschritte bei der Entwicklung dieser Strategien?
b. Wenn ja: Bis wann ist mit konkreten Ergebnissen aus diesen Beratungen zu rechnen?
c. Wenn nein: Warum nicht?
10) Welche Hilfe wird Opfern von Zoom-Bombing-Angriffen angeboten?
11) Sind hinsichtlich einer österreichischen Szene Daten im Innenministerium vorhanden?
[1] https://www.derstandard.at/story/2000123696579/zoom-livetalk-im-kunsthistorischen-museum-von-rechtsextremen-gestoert
[2] https://antisemitism.org/synagogues-online-zoom-service-interrupted-by-far-right-hackers-as-american-jewish-institutions-also-report-incidents-of-antisemitic-zoombombing/
[3] https://www.bbc.com/news/technology-52105209