3904/J-BR/2021

Eingelangt am 15.07.2021
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrät*innen Doris Hahn MEd, MA, Mag.a Daniela Gruber-Pruner,

Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Inneres

betreffend Berücksichtigung der Kinderrechte im Bereich des Asylrechts und in Asyl- und Bleiberechtsverfahren

Begründung

Mit der Veröffentlichung des Abschlussberichts der Kindeswohlkommission, die unter der Leitung von Irmgard Griss in Folge der Vorgänge rund um die Abschiebungen von Kindern eingesetzt wurde, erhärtete sich der Verdacht, dass die Umsetzung der Kinderrechte im Rahmen von Asyl- und Bleiberechts verfahren nicht in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden. Das Kindeswohl sei nicht in ausreichendem Ausmaß gewährleistet - so das kurz zusammengefasste Resümee.

Das ist insofern bemerkenswert, als dass in den Beantwortungen der Anfragen 3882/J- BR/2021 von Bundesrätin Doris Hahn und 3884/J-BR/2021 von Bundesrätin Daniela Gruber- Pruner durch den Innenminister betont wurde, dass „das Kindeswohl im österreichischen Asylverfahren keinesfalls missachtet, sondern in allen Schritten des Verfahrens berücksichtigt“ wird.

Dieser Befund, der in der Beantwortung des Ministers getroffen wird, deckt sich also nicht mit den Feststellungen der Kindeswohlkommission, die auf Grund ihrer Zusammensetzung die sich durch ausgezeichnete Expert*innen aus verschiedenen Bereichen als mehr als kompetent und zudem unabhängig bezeichnet werden kann. Das ist insofern bedenklich, da gerade Kinder und Jugendliche generell und insbesondere im Bereich von Asyl- und Bleiberechts verfahren als besonders vulnerable Gruppe bezeichnet werden muss.

Gerade die Verpflichtung, die Kinderrechte einzuhalten, durch die teilweise Verankerung im Bundesverfassungsgesetz Kinderrechte, würde die Einhaltung der Kinderrechte in besonderem Maße erfordern.

Nachdem es hier um den Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen geht, die offenbar nicht den verfassungsrechtlich verbrieften Rechten entsprechend sicherstellt werden können, stellen die unterfertigten Bundesrät*innen folgende

Anfrage

1)      Welche grundsätzlichen Ableitungen ziehen Sie aus dem Bericht der Kindeswohlkommission?

2)      Inwiefern wird das Kindeswohl in Hinblick auf Art. 8 EMRK geprüft, wie von Ihnen in der Anfragenbeantwortung zu Anfrage 3882/J-BR/2021 beschrieben?

3)      Hinsichtlich der Frage, ob 186 oder die von Ihnen genannten 5.000 Kinder und Jugendliche einen Aufenthaltsstatus erhalten haben, führen Sie aus, dass im Jahr 2020 rund 6.000 Kinder und Jugendliche in Österreich Schutz erhalten haben. Sie wissen, dass es sich dabei um eine große Anzahl an Kinder und Jugendliche handelt, die bereits in den Jahren davor nach Österreich gekommen und deren Verfahren abgeschlossen worden sind. Wie viel Kinder und Jugendliche, die im Jahr 2020 nach Österreich gekommen sind, haben einen Aufenthaltstitel (Asyl, subsidiärer Schutz, Aufenthalt) erhalten?

4)      Ist mit Blick auf Frage 3 wirklich von rund 6.000 oder doch eher von einer weit niedrigeren Zahl zu sprechen?

5)      Sie geben in zwei Anfragen an, dass das Kindeswohl in österreichischen Verfahren „keinesfalls missachtet“ wird. Wie erklären Sie die Ergebnisse der Kindeswohlkommission, die in Ihrem Bericht zu gänzlich anderen Ergebnissen kommt?

6)      Sie schreiben in der Antwort auf die Fragen 14 und 15 in der Anfrage 3882/J- BR/2021, dass „die Berücksichtigung des Kindeswohls in allen Schritten des Verfahrens [...] stattindet“. Inwiefern findet diese Berücksichtigung statt, bzw. woran genau kann man das ablesen?

7)      Ist es in der Vollziehung der Gesetze seitens Ihres Ministeriums üblich, im Rahmen einer Vorsprache beim BFA oder bei der Befolgung einer Ladung, Menschen festzunehmen, wie sie in Ihrer Beantwortung schreiben?

a.       Wenn ja: Um wie viele derartige Fälle handelte es sich seit 2015? Geben Sie diese bitte geordnet nach Jahren an.

b.       Wenn ja: Aus welchem Grund bzw. welchen konkreten Gründen wird dieses Vorgehen gewählt?

c.       Wenn ja: Wer trifft die Entscheidung eine derartige Festnahme durchzuführen und auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage?

8)      Was sind die konkreten „bestimmten Tatsachen“ die eine aufenthaltsbeendende Maßnahme rechtfertigen von denen Sie im Rahmen der Beantwortung der Anfrage 3882/J-BR/2021 sprechen? Nennen Sie diese bitte konkret und die Rechtsgrundlage auf Basis derer diese vorliegen.

9)      Wie vielen unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen wurde seit 2015 ein humanitäres Bleiberecht gewährt? Schlüsseln Sie diese bitte nach Ländern auf und nennen sie die konkreten Gründe für eine positive/negative Entscheidung, sortiert nach Herkunftsländern der betroffenen Kinder und Jugendlichen.

10)  Können Sie sicherstellen, dass im Rahmen des Verfahrens jedem UMF die notwendige medizinische (fachärztliche, psychologische,...) Versorgung gewährt wird?

11)  Welche gesetzlichen Änderungen sind in Ihrem Ressort notwendig, um die Kinderrechte im gebotenen Umfang zu berücksichtigen?

12) Warum haben Sie die Kommission, nicht wie angekündigt, entsprechend unterstützt, wie dies die Leiterin der Kommission in der ZIB 2 mitteilte?