3939/J-BR/2021
Eingelangt am 09.11.2021
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Anfrage
der Bundesrätinnen Doris Hahn,
Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
betreffend Schließung der Postfiliale in Sieghartskirchen (Bezirk Tulln an der Donau)
Postämter sind Teil der Daseinsvorsorge, für viele Menschen am Land sind sie die letzte Möglichkeit, Geld zu beheben, Kontakt zu ihren Liebsten zu halten oder aber auch Produkte aus Mobilfunkt oder Bürobedarf zu besorgen. Zudem erfüllen Postämter die zentrale Aufgabe, auch in Ortskernen für Leben zu sorgen.
Das Postamtsterben ist kein neues Phänomen und hat gerade im ländlichen Raum für massive Verschlechterungen in Hinblick auf die Versorgung mit Postdienstleistungen geführt. Die Postpartner, die häufig in Supermärkten oder anderen Geschäften angesiedelt sind, haben teilweise die Aufgaben der Postämter übernommen und sichern insbesondere in Flächenbundesländern zumindest einen Grundbedarf an Dienstleistungen in dem Sektor.
Aktuell steht das Postamt in Sieghartskirchen auf der Liste der zu schließenden Postämter, es sei nicht mehr rentabel und habe in den letzten Jahren negativ gewirtschaftet liest man in verschiedenen Zeitungen – ähnlich jenen Ämtern in Aspang-Markt oder auch in Kirchschlag im südlichen Niederösterreich[1]. Der Unterschied zwischen Sieghartskirchen auf der einen und Aspang-Markt sowie Kirchschlag auf der anderen Seite liegt aber darin, dass in den beiden letztgenannten Gemeinden Postpartner die Post- und Bankdienstleistungen weiter anbieten müssen, während in Sieghartskirchen das mit 7.750 Einwohner*innen die größte Gemeinde ist, der Postpartner nicht verpflichtend kommen muss. Die Bürgermeisterin hat indes angekündigt, für den Erhalt des Postamtes zu kämpfen.[2]
Zugleich muss aber auch festgestellt werden, dass gerade im Postamt in Sieghartskirchen auch Grundlagen für ein wirtschaftliches Arbeiten sukzessive abgebaut wurden. So kam es in den letzten Jahren zu einem Abbau der Mitarbeiter*innen, was dazu führte, dass neben dem Postgeschäft keine Zusatzgeschäfte mehr gemacht wurden und werden. Das Postamt wurde unattraktiv gemacht, Bank- und Telekommunikationskund*innen wanderten ab, die Voraussetzungen für wirtschaftliches Arbeiten wurden schlechter (gemacht). Nun fehlende Wirtschaftlichkeit zu beklagen, ist also nur bedingt glaubwürdig – immerhin wurden die Entscheidungen, mit immer weniger Personal dieselben Dienstleistungen anbieten zu wollen auch bewusst getroffen. Möglicherweise unter dem Aspekt Kosten reduzieren zu wollen.
Dass es – nachdem vor einigen Jahren auch das Postamt in Ried am Riederberg geschlossen wurde – jetzt zu einem endgültigen Auslaufen der Versorgung mit allen Dienstleistungen eines Postamtes in Sieghartskirchen kommen soll, ist unverständlich. Nachdem Bank-, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge darstellen und wichtig sind, damit Regionen auch für die Menschen als Lebensraum attraktiv sind, muss den Schließungen der Postämter kritisch gegenübergetreten werden.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte folgende
Anfrage
1. Wann genau sollen die genannten Postämter tatsächlich geschlossen werden?
2. Können Sie sicherstellen, dass neben Aspang-Markt und Kirchschlag auch Sieghartskirchen zumindest einen Postpartner bekommt?
a. Wenn nein: Wie stellen Sie die postalische Versorgung in Sieghartskirchen inklusive Einzugsgebiet sicher?
3. Wie hoch sind die Kund*innenkontakte der jeweiligen Postämter pro Monat in den vergangenen fünf Jahren?
4. Wie viele Poststücke wurden in den vergangenen fünf Jahren monatlich von den genannten Postämtern versandt bzw. empfangen?
5. Wurden bereits Gespräche für die Bereitstellung eines Postpartners zur Sicherstellung der postalischen Versorgung geführt?
a. Wenn ja: Mit welchen Partnern wurde bereits gesprochen?
b. Wenn nein: Warum nicht?
c. Wenn nein: Führt ein schlechteres Angebot durch den Postpartner nicht auch zu einer Abwertung des ländlichen Raums?
6. Können alle Leistungen, die bisher von den Postämtern wahrgenommen wurden, auch von den Postpartnern erbracht werden?
a. Wenn nein: Welche werden nicht mehr erbracht?
7. Sind dem Ministerium die konkreten Zahlen bekannt, nach denen die Postämter nicht mehr rentabel sind?
a. Wenn ja: Sind weitere Postämter in Gefahr geschlossen zu werden, bzw. welche sind das?
b. Wenn nein: Können Sie dennoch sicherstellen, dass es sich hierbei nicht um Einsparungen in der Struktur ohne Not handelt?
8. Wie hoch ist der Umsatz der Postämter in den vergangenen fünf Jahren und wie hoch die Abschlüsse (Gewinne oder Verluste), die jährlich damit gemacht wurden?
9. Können Sie sicherstellen, dass die Schließungen der genannten Postämter die Erreichbarkeitskriterien nach dem Postmarkgesetz eingehalten werden?
10. Wurden durch Sie Anstrengungen unternommen, die betroffenen Postfilialen zu erhalten?
a. Wenn ja: Welche?
b. Wenn ja: Warum konnten diese dennoch nicht erhalten werden?
c. Wenn nein: Warum nicht?
11. Wurde von Ihrer Seite versucht, die Postämter wirtschaftlich nachhaltig zu stärken, um diese zu erhalten?
a. Wenn ja: Durch welche Maßnahmen?
b. Wenn ja: Waren die Maßnahmen erfolgreich?
c. Wenn nein: Warum nicht?
12. Sind Ihnen Pläne zur Schließung weiterer Postfilialen in Niederösterreich und Österreich im Jahr 2022 bekannt?
a. Wenn ja: Welche werden betroffen sein?
b. Wenn nein: Können Sie sicherstellen, dass im Jahr 2022 keine weiteren geschlossen werden?
c. Wenn nein: Warum nicht?