4047/J-BR/2022

Eingelangt am 20.10.2022
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Anfrage

 

des Bundesrates Christoph Steiner

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend die Verschiebung von Spitalsbehandlungen in Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten

 

 

Die Corona-Pandemie und insbesondere die seitens der schwarz-grünen Bundesregierung zur Bekämpfung der Krise ergriffenen Maßnahmen stellten die vorarlberger Bevölkerung und Wirtschaft vor enorme Herausforderungen. Eine Gruppe, die von den Geschehnissen der letzten Jahre besonders drastisch betroffen war, sind jene zahlreichen Vorarlberger, die sich trotz gesundheitlicher Probleme nicht in medizinische Behandlung begeben konnten oder wollten beziehungsweise deren Krankenhausuntersuchungen und Operationen infolge der diversen Lockdowns schlicht nicht durchgeführt wurden.

 

So ergibt sich aus den Beantwortungen diverser Anfragen des Freiheitlichen Landtagsklubs Steiermark durch ÖVP-Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß, dass seit Pandemieausbruch in den steirischen KAGes-Spitälern zehntausende Fälle weniger behandelt wurden als in den Jahren davor. Die Folgen für die nicht bzw. verspätet behandelten Patienten waren teils gravierend.

 

Im Rahmen der gegenständlichen Anfrage soll unter anderem geklärt werden, zu wie vielen Behandlungsverschiebungen es in den vergangenen Jahren in Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten gekommen ist, inwiefern verschobene Spitalsbehandlungen und Operationen nachgeholt werden konnten und wie sich die Wartelisten darstellen. Darüber hinaus soll in Erfahrung gebracht werden, welche aktuellen Vorgaben es hinsichtlich des Umgangs mit Corona-positiven Patienten bzw. mit Patienten, die kurz vor ihren Behandlungsterminen an Covid-19 erkrankt waren, gibt. Hintergrund für diesen Fragenkomplex ist ein an die Anfragesteller herangetragener Vorfall, der sich Mitte September in einem steirischen Spital ereignet hatte.

 

Ein Steirer fand sich termingerecht zur Entfernung von Operationsschrauben in einem von der AUVA betriebenen Krankenhaus ein. Der Eingriff war einige Wochen zuvor verschoben worden, da der Patient an Corona erkrankt war. Zum Zeitpunkt des Einfindens im Krankenhaus hatte der Steirer seine Infektion jedoch bereits überstanden, was er mit einem negativen PCR-Test belegen konnte. Konkret wies dieser einen CT-Wert von über 38 auf, was allgemein als nicht mehr ansteckend respektive „negativ“ gilt. Die OP-Tauglichkeit wurde ihm von einem Facharzt zugesichert, zumal keine Vollnarkose, sondern lediglich ein sogenannter Kreuzstich vorgenommen werden sollte.

 

Tatsächlich musste der Patient das Krankenhaus jedoch wenige Stunden später wieder verlassen, da laut einer diensthabenden Spitalsärztin der Steirer trotz der eigentlich überstandenen Covid-19-Infektion nach wie vor nicht operiert werde. Als Grund wurde ebenjene zurückliegende Corona-Erkrankung angegeben. Dies habe sie auch mit dem zuständigen Anästhesisten so besprochen. Daraufhin musste der völlig verwunderte Patient seine Sachen packen und das Krankenhaus unbehandelt wieder verlassen.

 

Inwiefern derartige Vorfälle in AUVA-Krankenanstalten regelmäßig vorkommen beziehungsweise welche Vorgaben es für die Behandlung von (kurz zuvor) Covid-19-positiven Patienten gibt, bedarf jedenfalls einer Klärung.

 

Der unterfertigte Bundesrat stellt daher an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage

 

1)    Zu welchen Zeitpunkten wurden in den Jahren 2020 und 2021 sowie im Jahr 2022 bis zur Beantwortung der gegenständlichen Anfrage Verschiebungen von Spitalsbehandlungen in Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten, insbesondere Eingriffe, Operationen und Vor- und Nachuntersuchungen, aufgrund der Corona-Krise beschlossen?

2)    Von wem wurde dieses Vorgehen jeweils angeregt oder vorgegeben (AUVA-Führung, Bundesministerium, Abteilungsleiter etc.)?

3)    Aus welchen Gründen wurde dieses Vorgehen jeweils gewählt und inwiefern spielten dabei die Vorgaben seitens des zuständigen Ministeriums eine Rolle?

4)    Wie stellte sich die Bettenauslastung zu diesen Zeitpunkten in den Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten dar (Aufgliederung nach Normal- und Intensivbetten an den jeweiligen Krankenhausstandorten sowie nach medizinischen Fächern und Jahren)?

5)    Wie viele Behandlungen in Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten wurden in den Jahren 2020 und 2021 sowie im Jahr 2022 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage aufgrund der steigenden Zahl an Corona-Fällen verschoben (Aufgliederung nach Jahren, Krankenhausstandorten und medizinischen Fächern)?

6)    Wie viele Behandlungen in Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten wurden in den Jahren 2020 und 2021 sowie im Jahr 2022 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage aufgrund Personalmangels verschoben (Aufgliederung nach Jahren, Krankenhausstandorten, medizinischen Fächern sowie nach dem konkreten Mangel an medizinischen Fachkräften wie Ärzten und Pflegekräften)?

7)    Bezogen auf die Fragen 5 und 6: Um welche Arten von verschobenen medizinischen Behandlungen handelte es sich dabei in den jeweiligen Jahren (bspw. Eingriffe, Operationen, Vor- und Nachuntersuchungen, sonstige medizinische Behandlungen etc.)?

8)    Wann ging man im Jahr 2022 in den jeweiligen Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten wieder in den Normalbetrieb (sprich, jenen vor der Corona-Krise) über?

9)    Falls dies bisher nicht möglich war, wann rechnen Sie spätestens mit einer Normalisierung?

10) Inwiefern herrscht zum Zeitpunkt der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage in den jeweiligen Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten ein Normalbetrieb vor?

11) Wie stellten sich die Wartelisten auf Behandlungen, Therapien und Operationen in den Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten in den Jahren 2020, 2021 sowie 2022 jeweils zu den Stichtagen 1. April und 1. Oktober dar (Aufgliederung nach Personen, Fallzahlen, Jahren, Stichtagen, Krankenanstalten sowie medizinischen Fächern bzw. Abteilungen)?

12) Bezogen auf Frage 11: Wie stellten sich zu diesen Stichtagen die durchschnittlichen Wartezeiten auf bestimmte Behandlungen, Therapien und Operationen in den Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten jeweils dar (Aufgliederung nach Stichtagen, Krankenanstalten sowie medizinischen Fächern bzw. Abteilungen)?

13) Falls Sie dazu keine Angaben machen können, warum ist dies nicht möglich?

14) Wie viele der in den Jahren 2020, 2021 sowie 2022 jeweils zu den Stichtagen 1. April und 1. Oktober ausstehenden Behandlungen in Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten wurden bis zum Zeitpunkt der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage bereits nachgeholt und um welche Behandlungen handelte es sich dabei konkret (Aufgliederung nach Jahren, Stichtagen, Krankenanstalten und medizinischen Fächern)?

15) Wie viele dieser aufgrund der Corona-Krise bzw. aufgrund Personalmangels verschobenen Behandlungen, Therapien und Operationen wurden nach wie vor nicht nachgeholt und um welche Behandlungen handelte es sich dabei konkret (Aufgliederung nach Krankenanstalten und medizinischen Fächern)?

16) Wie viele der in den Jahren 2020, 2021 sowie 2022 aufgrund der Corona-Krise bzw. aufgrund Personalmangels verschobenen Behandlungen, Therapien und Operationen wurden mittlerweile storniert und um welche Behandlungen handelte es sich dabei konkret (Aufgliederung nach Krankenanstalten und medizinischen Fächern)?

17) Inwiefern gab es seit Ausbruch der Corona-Krise Bestrebungen seitens der AUVA bzw. seitens der Bundesregierung, andere Vorarlberger Spitäler in den Versorgungsprozess einzubinden, um so die Anzahl an Verschiebungen von Spitalsbehandlungen zu verringern bzw. um verschobene Spitalsbehandlungen nachzuholen?

18) Wie viele Beschwerden seitens der Patienten gab es in den Jahren 2020 und 2021 sowie bisher im Jahr 2022 aufgrund verschobener Behandlungen, Therapien bzw. Operationen (Aufgliederung nach Jahren und Krankenanstalten)?

19) Wie viele dieser (Beschwerde-)Fälle aufgrund verschobener Behandlungen konnten einvernehmlich geklärt werden bzw. welche Schadenssummen wurden zuerkannt (Aufgliederung nach Jahren und Krankenanstalten)?

20) In jenen Fällen, in denen eine Schadenssumme anerkannt wurde, wie stellen sich diese Fälle konkret dar (bitte um Beschreibung der Fälle unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Aspekte)?

21) Wie viele Patienten bzw. deren Angehörige haben seit Ausbruch der Corona-Krise Anfang März 2020 aufgrund verschobener Behandlungen in Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten und daraus resultierender Schäden rechtliche Schritte gegen die AUVA eingeleitet?

22) Um welche eingeklagte Schadenshöhe handelt es sich in diesen Fällen insgesamt?

23) Wie viele dieser Fälle wurden in weiterer Folge gerichtsanhängig?

24) Wie viele dieser Verfahren sind noch nicht abgeschlossen bzw. in welcher Rechtsinstanz sind diese derzeit anhängig?

25) Mit welchen Ergebnissen bzw. Urteilen endeten die bereits abgeschlossenen Verfahren jeweils, etwa mit einer zivilrechtlichen Verurteilung, einem Vergleich etc. (bitte um Beschreibung der Fälle und Gerichtsentscheidungen unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Aspekte)?

26) Welche konkreten Vorgaben gibt es aktuell in den Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten hinsichtlich der Behandlung, Therapie bzw. Operation von Corona-positiven bzw. zuvor Corona-positiven Patienten?

27) Inwiefern sollen gemäß diesen Vorgaben Patienten von hochelektiven Eingriffen generell ausgeschlossen werden, wenn sie Corona-positiv sind bzw. ehemals Corona-positiv waren?

28) Welche Behandlungen, Therapien bzw. Operationen sollen gemäß diesen Vorgaben unabhängig davon, ob ein Patient Corona-positiv ist bzw. zuvor war, jedenfalls schnellstmöglich durchgeführt werden?

29) Ab wann gilt gemäß diesen Vorgaben ein Patient als Corona-positiv bzw. –negativ (z.B. ab einem bestimmten CT-Wert, Einschätzung behandelnder Arzt etc.) und wird generell behandelt (insbesondere auch bei hochelektiven Eingriffen)?

30) Inwiefern gibt es dabei unterschiedliche Herangehensweisen in den jeweiligen medizinischen Fächern?

31) Inwiefern gibt es dabei unterschiedliche Herangehensweisen, je nachdem, ob eine Vollnarkose, ein Kreuzstich oder keinerlei Betäubungsmittel eingesetzt werden müssen?

32) Inwiefern gelten die Vorgaben einheitlich für alle AUVA-Standorte?

33) Inwiefern gibt es generell vorgegebene „Mindestwartezeiten“ auf die Durchführung von bestimmten Behandlungen für Patienten, die zuvor an Covid-19 erkrankt waren, unabhängig davon, wie sich der CT-Wert der Patienten aktuell darstellt (werden beispielsweise Patienten, die drei Wochen vor der geplanten Behandlung an Covid-19 erkrankt waren, unabhängig von aktuellen CT-Werten erst drei oder sechs Monate nach Vorliegen eines Corona-Tests, der einen CT-Wert über 30 aufzeigt, behandelt)?

34) Falls es derartige „Mindestwartezeiten“ auf die Durchführung von bestimmten Behandlungen gab bzw. gibt, warum war bzw. ist dies der Fall, wann galten diese Regelungen und welche Behandlungen waren bzw. sind davon erfasst?

35) Falls es derartige „Mindestwartezeiten“ auf die Durchführung von bestimmten Behandlungen gab bzw. gibt, wie viele Behandlungen wurden in den Jahren 2020, 2021 sowie 2022 alleinig aus dem Grund verschoben, dass die Patienten wenige Wochen vor der geplanten Behandlung an Covid-19 erkrankt waren (Aufgliederung nach Jahren, Personen, Fallzahlen, AUVA-Krankenanstalten sowie medizinischen Fächern bzw. Abteilungen)?

36) Wer hat diese „Mindestwartezeiten“ definiert bzw. allgemein für die Vorarlberger AUVA-Krankenanstalten vorgegeben?

37) Inwiefern haben behandelnde Ärzte einen Spielraum bei der Einschätzung, ob ein Corona-positiver Patient bzw. ein zuvor an Covid-19 erkrankter Patient behandelt wird oder nicht?

38) Wer hat in diesen Fällen die Letztentscheidung inne (Anästhesist, der operierende Chirurg, Stationsarzt etc.)?

39) Inwiefern findet eine laufende Evaluierung der gegenständlichen Vorgaben statt?