4089/J-BR/2023
Eingelangt am 16.03.2023
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DRINGLICHE ANFRAGE
§ 61 Abs. 3 GO-BR
der Bundesräte Christoph Steiner, Josef Ofner
und weiterer Bundesräte
an den Bundeskanzler
betreffend Österreich 2023 – Dringliche Anfrage zur Zukunft von Bundeskanzler Karl Nehammer
„Des Faulen Werktag ist immer morgen, sein Ruhetag heute.“ So lautet ein bekanntes Sprichwort, das einem unweigerlich einfiel, wenn man am 10. März 2023 die Rede des Bundeskanzlers Karl Nehammer vor einer Funktionärsclique mit dem Titel „Österreich 2030 – Rede zur Zukunft der Nation“ verfolgte. Statt Visionen gab es alten Wein in alten Schläuchen aus dem 35. Stock der Twin Towers am Wienerberg, die für 80 Minuten zum politischen Elfenbeinturm der ÖVP wurden. Statt die Probleme von heute zu lösen, wurde über die Probleme von morgen laut nachgedacht.
Als der Bundeskanzler davon sprach, dass „Unmögliches möglich“ geworden sei, erinnerte er die Österreicherinnen und Österreicher schmerzlich an seine eigene gescheiterte Politik. Denn bis 2020 hatte es wirklich niemand für möglich gehalten, dass eine Bundesregierung die Bevölkerung mit Lockdowns einsperrt, ihre Grund- und Freiheitsrechte mit Füßen tritt und sie mit einer Impfpflicht in die Nadel zwingen will. Genauso hatte es niemand für möglich gehalten, dass unsere immerwährende Neutralität als Grundpfeiler unserer Außen- und Sicherheitspolitik sowie Identitätsmerkmal einfach handstreichartig eingerissen wird. Undenkbar war es bisher auch gewesen, dass ein Bundeskanzler Österreich in einen Wirtschaftskrieg hineintreibt, der die Rekordteuerung anheizt und den über Jahrzehnte hart erarbeiteten Wohlstand im Land zerstört, unsere Wirtschaft schwerstens schädigt und Arbeitsplätze vernichtet. Und nicht zuletzt war es auch undenkbar gewesen, dass nach den scheinheiligen Beteuerungen, nach denen sich das Katastrophenjahr 2015 nicht wiederholen dürfe, eine „neue Völkerwanderung“ über unsere ungeschützten Grenzen strömt, die dieses Jahr noch in den finstersten Schatten stellt. Mit dieser katastrophalen Bilanz hat sich Karl Nehammer in Rekordzeit seinen Eintrag als schlechtester Bundeskanzler aller Zeiten in den Geschichtsbüchern gesichert.
Auf der einen Seite redet er rund um Corona von Versöhnung – und lobt auf der anderen Seite die Pharmaindustrie, der er und seine schwarz-grüne Ministerriege Millionen an Steuergeld nachgeworfen haben, für die Entwicklung des Impfstoffs. Er spricht davon, dass die Kinder unsere Zukunft seien – und vergisst gleichzeitig, was ihnen während Corona angetan wurde, vom Homeschooling über das Verbot von Treffen mit Freunden bis hin zum Maskenzwang. Völlig unglaubwürdig ist auch Nehammers plötzlicher Einfall, dass es mehr Sach- statt Geldleistungen für Asylwerber geben solle und dass es kein zentralistisches Europa, sondern eines der Nationalstaaten brauche. All das fordert die FPÖ seit Jahren, aber gerade die ÖVP arbeitet konsequent dagegen, indem sie eine Deattraktivierung Österreichs als Asyl-Zielland verhindert und in Brüssel einfach alles, auch wenn es noch so großen Schaden in unserer Heimat anrichtet, abnickt.
Die politische Desorientierung Nehammers gipfelt in den „fünf entscheidenden Fragen“,[1] auf die er bis 2030 eine Antwort finden möchte:
„Antworten auf diese Fragen will Nehammer in den nächsten Wochen in Gesprächen mit Expertinnen und Experten suchen und einen „Zukunftsplan 2030“ ausarbeiten“,[2] berichten Medien über den planlosen Bundeskanzler. Statt mit den Bürgern in Kontakt zu treten, berät man sich mit handverlesenen Experten. Statt Antworten auf die Probleme und Nöte der Österreicherinnen und Österreicher zu finden, die bereits 2023 in Zeiten einer Rekordinflation und bisher ungekannter Teuerung mit der Bewältigung des Alltages zu kämpfen haben, will man über die eigene Untätigkeit hinwegtäuschen und bis 2030 durchtauchen. Der ORF übertrug das Schauspiel live, obwohl es eine ÖVP-Parteiveranstaltung und keine Rede des Bundeskanzlers war.[3] Die Frage der von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnten ORF-Steuer wurde wohl im Gegenzug vom Bundeskanzler geflissentlich ausgespart.
Angesichts der erschreckenden Visionslosigkeit des Bundeskanzlers, die eine Amtsführung bis 2030 nicht erwarten lässt, und vor dem Hintergrund der drängenden Probleme der Gegenwart, stellten die unterfertigten Bundesräte an den Bundeskanzler die folgende
Anfrage
1. Glauben Sie ernsthaft, dass Sie 2030 Bundeskanzler sein werden?
2. Werden Sie noch 2023 Schritte setzten, damit Kinder tatsächlich Deutsch können, wenn sie die Schule verlassen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
3. Werden Sie noch 2023 Schritte setzten, damit es für Kinder schon ab dem ersten Lebensjahr Betreuungsplätze gibt?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
4. Werden Sie noch 2023 ein Schulfach „Programmieren“ ab der fünften Schulstufe einführen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
5. Werden Sie noch 2023 Maßnahmen zur Forcierung von politischer Bildung und Medienkompetenz in der Schule setzen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
6. Werden Sie noch 2023 den „BKA-Kommunikationsleitfaden für Geschlechtergerechte Sprache“[4] zurückziehen, zumal Sie vorgeblich das „richtige Gendern in Broschüren“ für unwichtig halten?
a. Wenn ja, warum ist das nicht bereits seit Ihrem Amtsantritt geschehen?
b. Wenn nein, was hindert Sie daran in Ihrem eigenen Verantwortungsbereich eigenverantwortlich zu handeln?
7. Werden Sie noch 2023 die Meisterprüfung genauso kostenlos wie einen Studienabschluss machen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
8. Werden Sie noch 2023 in allen Regionen ausreichend Kassenärzte zur Verfügung stellen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
9. Werden Sie noch 2023 die Bundesländer zu einem "Nostrifikationsgipfel" betreffend Pflegekräfte aus dem Ausland einladen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
10. Werden Sie noch 2023 eine Berufspflicht für Medizinstudenten in Österreich einführen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
11. Werden Sie noch 2023 die Zweckwidmung der Wohnbauförderung zugunsten von leistbarem Wohnraum anpassen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
12. Werden Sie noch 2023 dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuleiten, mit welcher die Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim gestrichen wird?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
13. Werden Sie noch 2023 die Abgabenquote von 42 auf 40 Prozent senken?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
14. Werden Sie noch 2023 dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuleiten, mit welcher Sozialleistungen nur an solche Personen in vollem Umfang ausbezahlt werden, die fünf Jahre durchgehend in Österreich leben „und wenn nicht, nur die Hälfte“?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
15. Werden Sie noch 2023 Maßnahmen zur Rettung der Arbeitsplätze jener 80.000 Österreicher in der Automobilbranche setzen, die durch Klimafanatismus bedroht sind?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
16. Werden Sie noch 2023 „dieser Untergangsapokalypse“ der Klimakleber entgegentreten und dem Nationalrat eine Regierungsvorlage für strengere Strafen für Klimakleber vorlegen?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
17. Werden Sie noch 2023 dem Bundespräsidenten die Entlassung Ihrer Klimaministerin Leonore Gewessler vorschlagen, zumal diese auf EU-Ebene im Namen der Republik Österreich für ein Verbot von Verbrennungsmotoren gestimmt hat, während Sie als Bundeskanzler gleichzeitig behaupten, Sie werden sich „dagegen aussprechen, den Verbrennungsmotor zu verbannen“?[5]
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
18. Werden Sie noch 2023 Ihren ÖVP-Parteifreund und Vizepräsidenten des EU-Parlaments Othmar Karas davon überzeugen, dass technologiefeindliche Auto-Verbote keine Antworten, sondern Rückschritte sind, zumal sich dieser für solche Verbote ausspricht?[6]
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
19. Werden Sie noch 2023 Schritte setzten, um die bürokratischen Fesseln der Landwirtschaft durch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU zu lösen und die durchschnittlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft je Betrieb gegenüber dem Jahr 2021 mit 32.146 € anheben?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
20. Werden Sie noch 2023 der ORF-Steuer oder ORF-Haushaltsabgabe eine Absage erteilen, obwohl ORF III Ihre Rede in Funktion des ÖVP-Parteiobmanns live übertragen hat?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn nein, warum wollen Sie bis 2030 warten?
21. Wenn Sie der Ansicht sein sollten, dass viele dieser Fragen keinen Gegenstand Ihrer Vollziehung betreffen: Warum versprechen die den Österreichern als ÖVP-Obmann Dinge, die Sie nicht einzulösen in der Lage sind – weder 2023 als Bundeskanzler noch 2030 als was auch immer?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 61 Abs 3 GO-BR dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.
[1] https://www.krone.at/2951431;
[2] https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/6261435/NehammerRede_Die-einen-arbeiten-fuer-das-Geld-die-anderen-bekommen-es
[3] ORF III Aktuell, 10.03., ab 09:30 Uhr, https://tv.orf.at/program/orf3/orfiiiaktu1142.html.
[4] https://www.bundeskanzleramt.gv.at/agenda/frauen-und-gleichstellung/gleichbehandlung/sprachliche-gleichbehandlung/sprachliche-gleichbehandlung-frauen-maenner.html
[5] Beim Umweltrat am 28. Juni 2022 hat Österreich, vertreten durch Bundesministerin Leonore Gewessler den Vorschlag des französischen Vorsitzes, und damit einem de facto Verkaufsende von neuen Benzin- und Dieselfahrzeugen in der EU ab 2035 unterstützt, https://twitter.com/lgewessler/status/1541938086212505601?s=20.
[6] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/PV-9-2023-02-14-RCV_FR.pdf, S. 28.