4100/J-BR/2023

Eingelangt am 19.04.2023
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrät*innen Dominik Reisinger,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend Abschiebung der Familie Lopez aus Haslach

 

„Ich will nur wieder heim nach Haslach“ – das sind die Worte des 15-jährige Joshua Lopez, die er nach seiner Abschiebung bei einem Telefonat aus Indien mit der Tageszeitung Standard[1] spricht. Sie zeigen, dass er und seine Familie in der Marktgemeinde Haslach heimisch geworden sind. Joshua und seine Familie waren bis zum 11.4.2023 unverzichtbarer Teil der Gemeinde und der Gemeinschaft dort, bestens integriert, zudem in Mangelberufen tätig – ein Glücksfall. Und dennoch wurden sie abgeschoben.

 

Die Abschiebung der Familie Lopez bedeutet, dass die Schulklasse von Joshua einen Mitschüler gehen lassen musste, ohne sich noch verabschieden zu können. Es bedeutet aber auch, dass der Wirt im Ort möglicherweise schließen muss – die Mutter, Emilia, war dort als Köchin beschäftigt und hatte seit einem Jahr die Küche am Laufen gehalten. Zudem war sie in der örtlichen Kirchengemeinde als Mesnerin tätig. Joia, die Tochter der Familie, war in der Pflege tätig, einem Bereich, in dem Arbeitskräfte mehr als gesucht sind.

 

Der Fall Lopez zeigt zweierlei: Einerseits den geballten Zynismus des Asylsystems, das weder berücksichtigt, wie gut Menschen in Österreich integriert sind, noch eine Möglichkeit anbietet, ein Bleiberecht zu schaffen, an dem die Gemeinden und die Länder wirklich mitwirken können. Andererseits zeigt es die Unvernunft, die insbesondere in diesem speziellen Fall klar zu Tage tritt: Während in beinahe allen Bereichen Facharbeiter*innen gesucht werden, die im Inland nicht mehr zu finden sind, werden bestens integrierte und in Mangelberufen tätige Menschen abgeschoben. Parallel wird über die Anwerbung von Menschen diskutiert, die bei uns in Österreich tätig werden sollen. Die Bundesregierung ist zudem seit Jahren säumig, wenn es um die Verhandlung von Abschiebeabkommen geht, die es für ein funktionierendes Asylsystem braucht. Von einer Strategie kann also keine Rede sein, vielmehr von groben Verfehlungen in den zentralen Bereichen von Migration und Asyl.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte folgende

 

Anfrage

 

1)      Wie hoch waren die Personalkosten für die Abschiebung der Familie Lopez?

2)      Wie hoch war der Personaleinsatz im Rahmen der Abschiebung der Familie Lopez? Listen Sie diese bitte nach Anzahl der Personen, nach Einsatzstunden und nach Dauer des Einsatzes für die einzelnen Polizist*innen auf (ab Beginn der Anfahrt nach Haslach bis zur Rückkehr nach Österreich).

3)      Wie hoch waren die Kosten für den Abschiebeflug der Familie Lopez? Gliedern Sie diese bitte nach Kosten für die Polizist*innen und die Familie selbst nach Flügen auf.

4)      Wie viele Fahrzeuge des BMI waren für die Abschiebung der Familie Lopez im Einsatz? Wie hoch sind die Kosten dafür?

5)      Wie hoch sind die Gesamtkosten der Abschiebung der Familie Lopez? Listen Sie die einzelnen Posten bitte im Detail auf.

6)      Aus welchen konkreten Gründen war es nötig, die Familie so früh am Morgen und ohne ihr die Möglichkeit zum Abschied zu geben, abzuholen, um sie dann abzuschieben?

7)      Können Sie garantieren, dass die Kinderrechte im vorliegenden Fall gewahrt wurden?

8)      Wie viele ähnliche Bescheide liegen vor, bei denen bestens integrierte Menschen, abgeschoben werden sollen?

9)      Wie hoch sind die geplanten Kosten für diese?

10)  Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Gemeinden und Länder im Rahmen der Verleihung des humanitären Bleiberechts verpflichtend angehört werden müssen und ein Mitspracherecht bei der Verleihung bekommen?

a.       Falls ja: Bis wann werden Sie Nationalrat und Bundesrat dazu eine entsprechende Gesetzesvorlage zuleiten?

b.      Falls nein: Wieso nicht?

11)  Haben Sie sich im vorliegenden Fall für die Verleihung eines Aufenthalts aus humanitären Gründen eingesetzt?

a.       Falls nein: Wieso nicht?

12)  Werden Sie Schritte setzen, um derartige Härtefälle in Zukunft zu verhindern?

a.       Falls ja: Welche und bis wann?

b.      Falls nein: Wieso nicht?

13)  Wie hoch sind die Kosten für Anwerbeprojekte, um beispielsweise im Bereich der Pflege Personal aus anderen Ländern zu rekrutieren?

14)  Wird geprüft, wie viele der Asylwerber*innen, die vor Abschiebungen stehen, einer Tätigkeit nachgehen, in denen es einen Mangel gibt und wird versucht, diese als gesuchte Arbeitskräfte zu halten?

a.       Falls ja: Wie und in welchem Rahmen?

b.      Falls nein: Wieso nicht?

15)  In welchen Ländern gibt es derartige Anwerbeprojekte und wie viele Menschen konnten dort jeweils gewonnen werden?

16)  Wie viele Anträge für Rot-Weiß-Rot-Karten wurden in Österreich in den Jahren 2021, 2022 und bisher 2023 gestellt?

17)  Wie viele Rot-Weiß-Rot-Kartein wurden in Österreich in den Jahren 2021, 2022 und 2023 ausgestellt? Bitte listen Sie diese auch nach der Branche auf, für die sie vergeben wurden.

18)  Werden Sie einen etwaigen Antrag auf Rot-Weiß-Rot-Karte durch die Familie Lopez unterstützen?

19)  Wie viele Abschiebungen sind in den letzten fünf Jahren gescheitert, weil es keine gültigen Abschiebeabkommen mit den Ländern gegeben hat? Listen Sie diese bitte nach Jahr und nach Herkunftsland auf.

20)  Wie viele Abschiebeabkommen sind aktuell in Verhandlung und mit welchen Ländern sollen diese abgeschlossen werden?

 



[1] https://www.derstandard.at/story/2000145488637/15-jaehriger-sohn-der-abgeschobenen-familie-am-flughafen-von-delhi