4140/J-BR/2023

Eingelangt am 12.12.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrät*innen Korinna Schumann,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

 

betreffend Wo sind die Fördermittel zur Gewaltprävention für Menschen mit Behinderungen?

 

Ende August 2023 fand die zweite Staatenprüfung Österreichs seit in Kraft treten der UN-Behindertenrechtskonvention 2008 statt. Diese Prüfung resultierte in einer offiziellen Rüge Österreichs für eine in vielen Bereichen mangelhafte Umsetzung der Konvention. In seinen abschließenden Bemerkungen kritisierte der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen neben mangelnder Inklusion im Bildungsbereich, fehlender Barrierefreiheit bei Dienstleistungen, Services und im Baubereich sowie einer fehlenden nationalen Strategie auch explizit einen Mangel an Maßnahmen für Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Unter anderem betrifft dies den Bereich der Gewaltprävention sowie den Schutz vor Mehrfach- und intersektionaler Diskriminierung. Der Ausschuss empfiehlt, insbesondere in diesen Bereichen Maßnahmen zu setzen.[1]

 

Die vom Sozialministerium auf Antrag des Nationalrats in Auftrag gegebene Studie „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderung" stellt fest, dass Menschen mit Behinderungen überdurchschnittlich oft von Gewalt und Missbrauch betroffen sind. So liegt die Prävalenz von schweren Formen sexueller Gewalt über die gesamte Lebensdauer bei 35,8 %, die Prävalenz von psychischer Gewalt bei 82,6%.[2] Frauen mit Behinderungen sind im Vergleich zu Männern mit Behinderungen überproportional von sexueller Gewalt betroffen, wie Frauen insgesamt überproportional von Gewalt betroffen sind. Aber auch Männer mit Behinderungen sind öfter von Gewalt betroffen sind als Männer ohne Behinderungen. Die geschlechtsspezifischen Aspekte von Gewalt müssen in der Prävention und bei Schutzmaßnahmen immer Beachtung finden. Insgesamt unterstreicht die Studie, dass Gewaltprävention aufgrund der hohen Prävalenz von Gewalterfahrungen für Menschen mit Behinderungen von größter Wichtigkeit ist.

 

Einen Budgetposten für Gewaltprävention für Menschen mit Behinderungen findet sich jedoch nicht im Budget 2024; genauso wenig wie das Sozialministerium Fördertöpfe spezifisch für Gewaltprävention und Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen ausschreibt.

 

Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

 

1.      Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Mängel, die der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen benennt, zu beheben?

a.       Wie werden Sie sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen einen besseren Zugang zu Präventions- und Schutzmechanismen gegen geschlechtsspezifische Gewalt erhalten?

b.      Inwiefern werden Sie die Beachtung der Rechte von Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen der Gesetzgebung sicherstellen?

i.      Inwiefern beachten Sie die Rechte von Frauen und Mädchen mit Behinderungen?

c.       Welche Maßnahmen setzen Sie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen?

i.      Welche Maßnahmen setzen Sie spezifisch zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt an Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen?

2.      Inwiefern konsultieren Sie Behinderten-Organisationen?

a.       Wie viele Konsultationen mit welchen Organisationen gab es seit 2018 zu welchen Themen? Bitte um Auflistung nach Jahr und Organisation.

3.      Inwiefern kamen die Fördergelder aus dem Sozialministerium Menschen mit Behinderungen zu Gute?

a.       Welche Fördergelder wurden explizit im Bereich der Gewaltprävention für Menschen mit Behinderungen vergeben? Bitte um Auflistung nach Jahren und Projekten seit 2018.

b.      In welcher Höhe kamen Fördergelder Menschen mit Behinderung zu Gute? Bitte um Auflistung nach Jahren und Projekten seit 2018.

4.      Die Daten für die Studie des Sozialministeriums „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen" stammen aus den Jahren 2017-2019 und umfassen nur Menschen, die Wohn- oder Tagesstrukturen von Einrichtungen nutzen.

a.       Planen Sie eine Studie zur genaueren Erfassung der Gewalterfahrungen von Frauen und Mädchen mit Behinderung, inner- sowie außerhalb von Wohn- und Tagesstrukturen?

i.      Wenn ja, wann und von wem wird die Studie durchgeführt?

ii.    Wenn nein, warum nicht?

b.      Planen Sie eine weitere Studie zu Gewalterfahrungen von Menschen mit Behinderungen?

i.      Wenn ja, wann und von wem wird die Studie durchgeführt?

ii.    Wenn nein, warum nicht?

5.      Wie gestaltet sich die ministeriale Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Sozialministerium zu Themen, die Frauen und Mädchen mit Behinderungen betreffen?



[1] Übereinkommen über die Rechte (behindertenrat.at), S. 3 & S. 7

[2] Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen (sozialministerium.at) S. 22 & S. 15