4141/J-BR/2023

Eingelangt am 20.12.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrät:innen Mag.a Elisabeth Grossmann,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln in Österreich

Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat eine Verordnung veröffentlicht, die dazu beitragen soll, Lieferengpässe für Arzneimittel zu verhindern.

Die Verordnung über die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, gültig ab 1. April 2020, sieht vor, dass die Zulassungsinhaberin oder der Zulassungsinhaber eine voraussichtliche Nicht-Lieferfähigkeit eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels über zwei Wochen oder eine voraussichtliche einge­schränkte Lieferfähigkeit über vier Wochen an das öffentlich einsehbare Melderegister des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) meldet. Nach eingehender Prüfung durch das BASG kann für bestimmte Produkte ein temporäres Exportverbot ausgesprochen werden.

Eine von der Agentur für Sicherheit im Gesundheitswesen erfasste Grafik über die Anzahl der gemel­deten Vertriebseinschränkungen in Österreich im Zeitraum 2011 bis 2022 veranschaulicht diese Ent­wicklung:


 

Da es sich bei der Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln nicht nur um eine österreichische sondern auch um eine europäische Herausforderung handelt, geht eine vom Ausschuss für Umweltfragen, öf­fentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlamentes beauftrage Studie, wel­che die Ihnen unterstellte Gesundheit Österreich GmbH durchgeführt hat und von/und deren der das Ergebnis im März 2023 veröffentlicht wurde, der Fragestellung nach, wie weit lokale Wirkstoffproduk­tion als Maßnahmen zur Überwindung des Medikamentenmangels Einfluss haben kann.

Auch die von Ihnen zuletzt ausgesandte Presseaussendung vom 2. November 2023, Gesundheitsminis­terium und PHAGO vereinbaren Wirkstofflager für die Wintersaison, zeigt die Aktualität des Themas und dass die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln in Österreich weiterhin nicht ausreichend gesi­chert ist.

Aus diesem Grand stellen die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte folgende

Anfrage:

1.       Wie hoch war die Anzahl der gemeldeten und von der AGES erfassten Vertriebseinschrän­kungen auf Kalenderwochenbasis?

a.       Für das Jahr 2020?

b.       Für das Jahr 2021?

c.       Für das Jahr 2022?

d.       Für das Jahr 2023?

2.       Für wie viele Patientinnen und Patienten kam es aufgrund fehlender Arzneimittelversorgung zu einer lebensbedrohlichen Gefahr?

a.       Im Jahr 2022?

b.       Im Jahr 2023?

3.       Kam es in den letzten beiden Jahren, 2022 und 2023, aufgrund der fehlende Arzneimittelver­sorgung zu Todesfolgen von Patient:innen?

a.       Wenn ja, in wie vielen Fällen?

b.       Wenn ja, aufgrund welches nicht vorhandenen Wirkstoffes?

4.       Vor kurzem wurde von Ihnen gemeinsam mit dem Pharmagroßhandel ein Wirkstofflager für Antibiotika und für Medikamente gegen Erkältungssymptome angedacht. Gibt es eine Min­destdauer, wie lang die Meldung der Vertriebseinschränkung einer Arzneispezialität bei der AGES erfasst sein muss, bevor die Apotheken durch das geplante Wirkstofflager beliefert werden können? Wenn ja, wie lang ist diese Mindestdauer?

5.       Wenn Patient:innen in Einzelfällen nicht die für sie notwendigen Arzneimittel in österreichi­schen Apotheken beziehen können und sich diese selbst im Ausland besorgen, haben diese Patient:innen Anspruch auf Kostenübernahme durch die Sozialversicherungsträger, bei denen sie versichert sind?

a.       Wenn ja, in welcher Form?

b.       Wenn nein, wieso nicht?

6.       Die genannte Studie des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebens­mittelsicherheit des Europäischen Parlaments und durchgeführt von der Gesundheit Öster­reich GmbH zeigt, dass eine zentral wirksame Maßnahme ist, wenn die Wirkstoff-, und Arz­neimittelproduktion wieder nach Europa zurückgeholt bzw. gefördert wird.

a.       Welche Maßnahmen oder Maßnahmen in Planung gibt es von Ihrem Ministerium, die sicherstellen, dass in Österreich die Produktion von Wirkstoffen und Arzneimittel ge­fördert wird?

b.       Welche Maßnahmen gibt es von Ihrem Ministerium, dass die Wirkstoff-, und Arznei­mittelproduktion in Österreich und Europa gefestigt und weiter ausgebaut wird?

c.       Welche Maßnahmen sind auf europäischer Ebene geplant, um die Versorgungsicher­heit mit Arzneimittel in Österreich und Europa nachhaltig wieder sicherzustellen?

d.       Welche Arzneimittelwirkstoffe werden derzeit in Österreich produziert und wie hoch ist der Selbstversorgungsgrad von Österreich bei diesen Wirkstoffen?

e.       Liegen Ihnen hinsichtlich des Selbstversorgungsgrads bei Arzneimitteln Zahlen hin­sichtlich der Situation in den Mitgliedsstaaten der EU vor?

                                                              i.      Falls ja: Wie gestalten sich diese?

7.       Die Nichtverfügbarkeit von Medikamenten hat lebensbedrohende Auswirkungen, was an ei­nem Beispiel einer Epilepsie-Patientin aus dem Bezirk Voitsberg deutlich wird: Ihr als Dauer­medikament verordnetes Medikament Tegretal, auf welches sie gut eingestellt war, wird plötzlich nicht mehr ausgeliefert. Die Folge sind epileptische Anfälle in immer kürzeren Inter­vallen, die letztendlich auch zum Herzstillstand führen können. Eine einigermaßen „normale“ Teilhabe am Leben ist für diese Frau nicht mehr möglich, weil die Gefahr eines schweren epi­leptischen Anfalls allgegenwärtig ist. Wann wird Tegretal in Österreich wieder verfügbar sein?