4147/J-BR/2024

Eingelangt am 05.02.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Bundesrät*innen Korinna Schumann,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend Durchlässigkeit des Bildungssystems für Lehrabsolvent*innen

Bildung ist in Österreich ein bestimmender Faktor für sozialen Aufstieg und wird oftmals vererbt.[1] In einem Land, in dem akademische Titel sehr bedeutsam sind, ist der Zugang zu Fachhochschulen und Universitäten deshalb ein kritischer Faktor für die Durchlässigkeit des Bildungssystems.[2] Insbesondere Fachhochschulen sollen diesem Ziel dienen und bspw. Lehrabsolvent*innen ein praxisnahes Studium ermöglichen. Ein Lehrabschluss ohne Matura berechtigt jedoch nicht zum Besuch jeder Hochschule. An Fachhochschulen gilt eine „einschlägige berufliche Qualifikation“ als Zugangsvoraussetzung. Jedoch obliegt die tatsächliche Zulassung den zuständigen Studiengangsleitungen. Oftmals müssen für einen Studienbeginn eine Studienberechtigungsprüfung oder eine andere der Reifeprüfung gleichgestellte Bildungsmaßnahme absolviert werden. Im Wintersemester 2021/22 verfügten nur 1,6 % der Studienanfänger*innen an Fachhochschulen über einen Lehrabschluss ohne Matura; 2011/12 waren es noch 2,1%. Insgesamt haben im Wintersemester 2021/22 nur 5,8 % Studienanfänger*innen ohne Reifeprüfung ein Studium aufgenommen.[3]

Die Lehre mit Matura, die Lehrlingen das gleichzeitige Absolvieren der Lehre und der Reifeprüfung ermöglicht, wird laut Bericht des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft nur von rund 6 % der Lehrlinge begonnen. Von dieser ohnehin geringen Anzahl an Lehrlingen schließen rund zwei Drittel die Lehre mit Matura ab.[4] Trotz eines Fachkräftemangels in Österreich, der die Karrierechancen für Menschen mit höherer fachspezifischer Ausbildung erhöht, nehmen nur wenige Lehrabsolvent*innen ein (Fach-)Hochschulstudium auf.

Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher folgende

Anfrage:

1.      Verfolgt Ihr Ministerium Strategien, um die Anzahl von Studienanfänger*innen mit Lehrabschluss an österreichischen Hochschulen zu erhöhen?

a.       Wenn ja, welche Strategien? Bitte um getrennte Darstellung der Strategien für die verschiedenen Hochschultypen.

b.       Wenn nein, warum nicht?

2.      Verfolgt Ihr Ministerium Strategien zur Aufwertung der Lehre/von Lehrabschlüssen?

a.       Wenn ja, welche Strategien sind das und auf welchen Ebenen wirken sie?

b.       Wenn nein, warum nicht?

3. Inwiefern antizipieren Sie Veränderungen in der Entwicklung der Zahlen von Studienanfänger*innen mit Lehrabschluss mit Hinblick auf das Ende 2023 verabschiedete Gesetz über die höhere berufliche Bildung (HBB-G)?

a.    Erläutern Sie, in welcher Hinsicht das HBB-G die Quote der Studienanfänger*innen mit einem Lehrabschluss als höchster Ausbildung beeinflussen wird?



[1] Bildungsgerechtigkeit in Zahlen | Arbeiterkammer

[2] Wie viel ist ein akademischer Titel wert? - Karriere - derStandard.at › Karriere

[3] Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (2022). Lehrlingsausbildung im Überblick 2022. ibw-Forschungsbericht Nr. 212., S. 124.

[4] Ebd. S. 121-122.