4183/J-BR/2024
Eingelangt am 15.05.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des
Bundesrates Andreas Arthur Spanring
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend Nebenerwerbsbürgermeister oder Nebenerwerbsdirektor?
Laut zugetragener Information wurde der ehemalige EU-Kommissar der ÖVP, Franz Fischler, von ÖVP-Bürgermeister und Schuldirektor Mag. Peter Eisenschenk eingeladen, an der HAK/HAS Tulln mit den Schülern dieser Bildungseinrichtung über die kommende EU-Wahl und die EU zu sprechen. Dabei soll es zu klar parteipolitisch motivierten Aussagen gekommen sein, die in der Lage waren, Schüler in ihrer Meinungsbildung zu beeinflussen.
Da dies nur rund sechs Wochen vor der Wahl und damit während der Wahlkampfzeit passiert ist, liegt der Verdacht einer bewusst parteipolitischen Motivation seitens des Schuldirektors zu Grunde, zumal noch dazu beide derselben politischen Partei, der ÖVP, zuzuordnen sind.
Über die Tatsache, dass diese Veranstaltung abgehalten wurde, berichten auch die NÖN am 8.5.2024:
Knapp sechs Wochen vor den Wahlen zum Europäischen Parlament besuchte der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler die HAK/HAS Tulln“ Vortrag über die EU - Ex-EU-Kommissar Fischler an der HAK/HAS Tulln - NÖN.at (noen.at)
Dem Artikel zu Folge wurden auch Aussagen getroffen wie:
Die Europawahlen bieten die Chance jene politischen Kräfte zu stärken, die bereit sind, die Welt enkeltauglich zu machen.
Ebenfalls sollen darüber hinaus etliche einseitige und unobjektive Inhalte über unter andrem den Klimawandel, Sicherheitspolitik oder die Grenzsicherung vermittelt worden sein. Auch hierzu zitieren die NÖN Fischler:
Es ist eine Illusion, Zäune zu bauen und zu glauben, damit sei alles geregelt.
Ebenso bestätigen die NÖN, dass über einen „Rechtsruck“ debattiert wurde, wobei in weiterer Folge, laut zugetragenen Informationen, auch über die FPÖ in einem einseitigen Licht gesprochen wurde:
Die Auseinandersetzung mit Europa, seiner Geschichte und seinen Werten nimmt im Lehrplan verschiedener Unterrichtsgegenstände an der Handelsakademie und Handelsschule, die auch den speziellen Ausbildungszweig „Europa-HAK“ anbietet, einen wichtigen Platz ein. Die persönliche Begegnung mit Franz Fischler bot eine gute Gelegenheit, (wieder) einmal über die Rolle und den zukünftigen Weg der EU und damit die Wichtigkeit der anstehenden Parlamentswahlen nachzudenken.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Bundesrat an das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung folgende
Anfrage
1. Ist Ihrem Ministerium der geschilderte Vorfall bekannt?
2. War Ihnen oder Ihrem Ministerium im Vorfeld bekannt, dass diese Veranstaltung stattfinden wird?
3. Definieren Sie diese Veranstaltung bzw. den Vortrag Fischlers als „politische Bildung“?
4. Waren bei dieser Veranstaltung auch Vertreter anderer politischer Parteien eingeladen?
a. Wenn ja, wer?
b. Wenn ja, warum fand die Veranstaltung nur mit einem der ÖVP zuzuordnendem Vertreter statt?
c. Wenn nein, warum nicht?
d. Wenn nein, wie äußern Sie sich dazu, dass an einer österreichischen Schule die Schüler zur Indoktrination durch Funktionäre der ÖVP genötigt werden?
5. Wie viele Schüler waren bei dieser Aktion anwesend bzw. betroffen?
6. Sehen Sie in punkto Kritik dieser Veranstaltung einen Zusammenhang mit dem Vortrags-Skandal am Wiener Gymnasium Draschestraße?
7. Wie stellen Sie sicher, dass Schuldirektoren und Lehrkräfte, die ein politisches Mandat ausüben, das kein Berufsverbot bedingt, Ihre Haupttätigkeit in einer Schule im Sinne eines objektiven politischen Bildungsauftrages erfüllen?
8. War Mag. Peter Eisenschenk für die Organisation dieser Veranstaltung allein verantwortlich?
9. Hat Mag. Eisenschenk bereits öfters Veranstaltungen an seiner Schule organisiert, zu denen nur Vertreter der ÖVP oder ihr nahestände Vertreter (z.B. von Vorfeldorganisationen) eingeladen waren?
10. In welcher Form erging die Einladung von Franz Fischler durch Mag. Peter Eisenschenk?
11. Wurde dieser Auftritt über die ÖVP organisiert?
12. Wurde die Einladung Fischlers zur Veranstaltung direkt zwischen Eisenschenk und Fischler kommuniziert bzw. vereinbart?
13. Sehen Sie nach diesem Vorfall die Objektivität von Mag. Peter Eisenschenk als Schuldirektor gefährdet?
14. Sehen Sie nach diesem Vorfall die Trennung der Ämter von der hauptberuflichen Tätigkeit als Schuldirektor und der nebenberuflichen Tätigkeit durch Mag. Eisenschenk als Bürgermeister verletzt?
15. Welche Konsequenzen sind für die Direktion der HAK/HAS Tulln zu erwarten?
16. Welche Konsequenzen sind für Schulen generell vorgesehen, die offenkundig versuchen, Schüler parteipolitisch zu beeinflussen?
17. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um einseitige politische Veranstaltungen in Zukunft zu unterbinden?
18. Gibt es einen Erlass Ihres Ministeriums, der den Ablauf von Veranstaltungen mit politischen Inhalten explizit im Sinne der Objektivität regelt?
19. Gibt es einen Erlass Ihres Ministeriums, der den Ablauf von Veranstaltungen mit politischen Inhalten, speziell in Wahlkampfzeiten regelt?
a. Wenn ja, warum gibt es dennoch immer wieder Vorfälle wie diesen, wo die objektive politische Meinungsbildung der Schüler gefährdet ist?
b. Wenn nein, warum wird von Ihrem Ministerium kein Erlass oder keine Anweisung an die Bildungsdirektionen herausgegeben, der die Objektivität, besonders in Wahlkampfzeiten, sicherstellt?
20. Welche rechtliche Grundlage hat der Ausbildungszweig „Europa-HAK“?
21. Können Sie die konkrete Definition und den Ausblick des Ausbildungszweiges „Europa-HAK“ nennen?
22. Was werden Sie konkret unternehmen, damit im Super-Wahljahr 2024 nicht erneut Schulleiter und Lehrkräfte mit politischem Sendungsbewusstsein Versuche unternehmen, Schüler im Sinne ihrer Privatmeinung zu indoktrinieren, zumal Ihre nach dem letzten Vorfall in der Wiener Schule Draschestraße gegebene Zusage, dem durch Rundschreiben entgegenzuwirken, offensichtlich wirkungslos geblieben ist?
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