4184/J-BR/2024
Eingelangt am 15.05.2024
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Anfrage
der Bundesrät:innen
Doris Hahn MEd MA,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung
betreffend „Klasse Job“- Flop?
Auch dieses Jahr wurden wie jedes Jahr mit Ende April die offenen Lehrerinnen- und Lehrerstellen für das nächste Schuljahr ausgeschrieben. Rund 7.100 Arbeitsplätze (äquivalent rund 5.000 Vollzeitstellen) sind im Herbst neu zu besetzen. Nun wurden die ersten Bewerber:innenzahlen bekannt gegeben. 11.800 Personen sollen sich für die ausgeschriebenen Stellen beworben haben.[1] Diversen Medienberichten folgend, sieht das Bildungsministerium hier einen großen Erfolg der „Klasse- Job- Kampagne“ beziehungsweise des „Quereinstieg- Modells“, welches vom Ministerium im Herbst 2022 gestartet wurde, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen. Neben der Attraktivierung des Lehrberufs wollte man potenzielle Quereinsteiger:innen gewinnen. Möglich war der Quereinstieg zwar schon länger, nun wurde er zusätzlich niederschwelliger gestaltet und beworben. Im letzten Schuljahr haben auf diese Art 653 Personen ihre Tätigkeit im Schulsystem gestartet.
Von Anfang an gab es von unterschiedlichen Seiten Kritik an der Initiative. Einige Pädagog:innen befürchten, dass unqualifizierte Lehrkräfte aufgrund ihrer mangelnden Ausbildung dem Unterrichten nicht gewachsen sein könnten und die Bildungsqualität im Gesamten sinkt. Zudem stellt der Lehrberuf hohe Anforderungen an die persönliche Eignung und pädagogische Kompetenz der Lehrer:innen, die durch ein Quereinstiegsprogramm nicht vollständig gewährleistet sein könnten. Ob sich der Quereinstieg als langfristige Lösung gegen den Lehrer:innenmangel bewährt, bleibt somit weiterhin abzuwarten und sollte wissenschaftlich evaluiert werden.
Auf den ersten Blick wirkt die eingangs genannte Zahl der Bewerbungen beruhigend. Doch bei näherer Betrachtung wird klar, dass daraus keine verlässliche Prognose abgeleitet werden kann. Denn auch im letzten Jahr gab es deutlich mehr Bewerber:innen als offene Stellen, die Verteilung blieb aber ein Problem. Denn nur wenn es ausreichend Bewerberinnen und Bewerber gibt, bedeutet dies nicht automatisch, dass wirklich alle knapp 110.000 Unterrichtsstunden auch von ausreichend und vor allem passend qualifizierten Personen gehalten werden können. Durch Pensionierungswellen, eine hohe Teilzeit- Beschäftigungsquote, die lange Ausbildungsdauer und den belastenden Schulalltag ohne ausreichendes Personal, verschärft sich die Lage immer weiter. Es ist anzunehmen, dass der Personalmangel im gesamten Bildungsbereich noch nicht behoben ist.
Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Wie viele Personen haben sich für die aktuell ausgeschriebenen Stellen tatsächlich beworben? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland, Schulart, Qualifikation)
2. Wie viele Personen haben sich bei mehr als einer Schule beworben und werden diese Mehrfachbewerbungen der gleichen Person auch mehrmals als Bewerbung gezählt?
a. Wenn ja, wie sieht die Bewerber:innenzahl ohne diese Mehrfachbewerbungen aus?
b. Wenn nein, wie werden diese Mehrfachbewerbungen vermerkt?
c. Wenn nein, wie gehen Sie mit diesen Mehrfachbewerbungen hinsichtlich Zuteilung zu Schulen um?
3. Wie viele der sich bewerbenden Personen erfüllen auch tatsächlich die angeforderten Qualifikationserfordernisse (Lehramtsprüfung bzw. Quereinstiegs-Zertifizierung) der Stelle, für die sie sich beworben haben? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland, Schulart, Qualifikation und Angabe in Prozent)
4. Wie viele Personen arbeiten derzeit mit einem Sondervertrag an Österreichs Schulen, da sie nicht die Voraussetzungen des Quereinstiegs erfüllen, beziehungsweise ein solcher beim gewählten Schultyp gar nicht möglich ist? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und Schulart)
a. Um wie viel Prozent verdienen die mittels Sondervertrag angestellten Lehrpersonen durchschnittlich weniger als ihre Kolleg:innen (pd- Lehrpersonen)?
5. Wie viele Lehramtsstudierende, die ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben, unterrichten derzeit an Österreichs Schulen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland und Schulart)
a. Wie viele davon sind im Rahmen der Qualifizierung des Masterstudiums an den Schulen eingesetzt?
b. Wie viele davon sind nach Abschluss des BEd an den Schulen eingesetzt?
6. Wie viele der sich bewerbenden Personen erscheinen tatsächlich zu den vereinbarten Bewerbungsgesprächen und ist hier eine Verpflichtung zur Teilnahme an vereinbarten Terminen angedacht? (Bitte um Angabe in Prozent)
a. Wenn ja, wie soll diese genau aussehen?
7. Wie viele der sich bewerbenden Personen nehmen eine angebotene Neuanstellung auch tatsächlich an? (Bitte um Angabe in Prozent)
8. Der Quereinstieg ist im Rahmen der Initiative "Klasse Job" beworben worden. Laut eigenen Angaben hat diese Kampagne 600.000 Euro gekostet. Wie hoch war hierbei der Anteil für die Bewerbung des Quereinstiegs?
9. Gesetzlich müssten Quereinsteiger:innen 3 Jahre Berufspraxis vorweisen können. Auf der Website des Ministeriums wird angeführt, dass in Mangelsituationen auch nur 1,5 Jahre Berufspraxis vorausgesetzt werden können.
a) Sind derzeit 1,5 oder 3 Jahre Berufspraxis Voraussetzung?
b) Wie kann so die gleiche Qualität der Bewerber: innen sichergestellt werden?
10. Da es sich bei den Quereinsteiger:innen um keine ausgebildeten Pädagog:innen handelt, ist davon auszugehen, dass auch eine große Zahl an Quereinsteiger:innen wieder aus dem System „Schule" aussteigt. Wie viele der Quereinsteiger:innen haben im derzeit laufenden Schuljahr ihren Dienst wieder beendet? Sind Ihnen die Gründe hierfür bekannt und wenn ja, um welche handelt es sich?
11. Wie viele der in den letzten Jahren über den Quereinstieg in den Lehrberuf gekommenen Personen sind mittlerweile wieder aus dem Lehrberuf ausgeschieden?
12. Ist geplant, die Möglichkeit des Quereinstiegs auch für die Primarstufe zu öffnen?
a. Wenn ja, wann?