4340/J-BR/2025

Eingelangt am 27.05.2025
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ANFRAGE

 

des Bundesrates Peter Samt

an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Umsetzung, Finanzierung und Herausforderungen des persönlichen Budgets/der persönlichen Assistenz im Behindertenwesen

 

 

Das persönliche Budget respektive die persönliche Assistenz stellt eine bedeutende Maßnahme zur Förderung der Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen dar. Ziel ist es, ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben außerhalb stationärer Einrichtungen zu ermöglichen. Es handelt sich dabei um eine Geldleistung, die direkt an betroffene Personen mit Sinnes- oder erheblichen Bewegungsbeeinträchtigungen ausbezahlt wird, um persönliche Assistenz in Anspruch nehmen zu können. Immer mehr Menschen mit Behinderungen nutzen persönliche Assistenz, um ein Leben in größtmöglicher Selbstbestimmung zu führen – ein Anspruch, der im Einklang mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen steht, zu deren Umsetzung Österreich seit der Ratifizierung im Jahr 2008 völkerrechtlich verpflichtet ist und die eine zentrale Aufgabe von Politik und Gesellschaft darstellt.

 

Aktuelle Bestrebungen des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie einiger Bundesländer zielen auf eine bundesweite einheitliche Vorgehensweise bei den Modalitäten beim persönlichen Budget ab. Gleichzeitig fordern alle Bundesländer neben einer Anschubfinanzierung durch den Bund auch eine dauerhafte Finanzierung seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

 

Die Steiermark hat von Beginn an ihre Bedenken deutlich gemacht: Die aktuelle Richtlinie schafft keine bundesweite Harmonisierung, da sie weder auf die unterschiedlichen Anforderungen im privaten und beruflichen Bereich eingeht, noch bereits funktionierende Strukturen – wie jene in der Steiermark – berücksichtigt. Die Entscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die Anmeldung von freien Dienstverhältnissen in Privathaushalten nicht länger zu akzeptieren, hat berechtigterweise zu Verunsicherung und Unverständnis bei Menschen mit Behinderungen sowie bei Selbstvertreterorganisationen geführt.

 

Trotz der berechtigten Einwände der Länder – insbesondere der Steiermark – und betroffener Organisationen wurde auf diese Bedenken bisher seitens des Bundes nicht eingegangen. Die Situation erfordert dringende Klärung und aktives Handeln, um negative Auswirkungen auf Betroffene zu vermeiden und die Assistenzstrukturen in Österreich zukunftsfähig abzusichern.

 

 

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Bundesrat an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage

 

  1. Welche konkreten Pläne und Maßnahmen sind seitens des BMASGPK zur Überarbeitung der aktuellen Richtlinie zum persönlichen Budget/zur persönlichen Assistenz vorgesehen?
    1. Bis wann ist jeweils mit deren Umsetzung zu rechnen?
  2. Aus welchem Grund werden im Rahmen der bundesweiten einheitlichen Regelung zum persönlichen Budget/zur persönlichen Assistenz bereits etablierte und funktionierende Strukturen – wie jene in der Steiermark – berücksichtigt bzw. nicht berücksichtigt?
  3. Gab es seitens des BMASGPK Weisungen, Erlässe oder anderweitige Vorgaben an die ÖGK, wonach freie Dienstverhältnisse im Privathaushalt bezugnehmend auf das persönliche Budget/die persönliche Assistenz nicht mehr anerkannt werden sollen?
    1. Wenn ja, seit wann gelten diese Weisungen, Erlässe oder anderweitigen Vorgaben, und wie stellt sich deren Umsetzung in den einzelnen Bundesländern dar (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?
  4. Ist im Zusammenhang mit der Entscheidung, der ÖGK freie Dienstverhältnisse im Privathaushalt nicht mehr anzuerkennen, eine Übergangsfrist vorgesehen?
    1. Wenn ja, bis wann gilt diese (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?
    2. Wenn nein, warum nicht?
    3. Wenn nein, welche konkreten Unterstützungsmaßnahmen sind für betroffene Menschen mit Behinderungen geplant?
  5. Welche konkrete Unterstützung erhalten Betroffene derzeit bei der Umstellung ihrer Assistenzverhältnisse?
  6. Wie wird die Entscheidung der ÖGK, freie Dienstverhältnisse im Privathaushalt künftig nicht mehr anzuerkennen, vom BMASGPK bewertet?
  7. Welche konkreten Gespräche oder Abstimmungen haben bisher mit der ÖGK zur aktuellen Problematik stattgefunden?
  8. Welche Alternativen zu freien Dienstverhältnissen werden vom BMASGPK Menschen mit Behinderungen empfohlen, die persönliche Assistenz in Anspruch nehmen?
  9. Sieht das BMASGPK in der Einschränkung bestimmter Beschäftigungsformen im Bereich der persönlichen Assistenz eine mögliche Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen und eine Einschränkung ihrer Selbstbestimmung?
    1. Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?
  10. Welche weiteren ähnlichen Unterstützungsleistungen werden konkret in die Evaluierung einbezogen, mit welchem Ziel sollen diese kombiniert werden, und bis wann ist mit Ergebnissen zu rechnen?
  11. Ist geplant, dass Selbstvertreterorganisationen und deren Expertise umfassend in die Überarbeitung der Richtlinie eingebunden werden?
    1. Wenn ja, in welcher Form – und welche Organisationen sind konkret beteiligt?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  12. Inwiefern fließen die Forderungen der Bundesländer von der Landessozialreferentenkonferenz vom 9. Mai in Langenlois, etwa neben einer Anschubfinanzierung durch den Bund auch eine dauerhafte Finanzierung seitens des BMASGPK, in die Überlegungen Ihres Ressorts ein?
  13. Wie beurteilt das BMASGPK die Befürchtung zahlreicher Menschen mit Behinderungen, dass persönliche Assistenten, die derzeit in einem freien Dienstverhältnis tätig sind, aufgrund der neuen Regelung als Selbstständige in einem „echten Dienstverhältnis“ ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben wollen oder können, da dadurch steuerrechtliche Pflichten – mit allen Vor- und Nachteilen – entstehen?
  14. Wie beurteilt das BMASGPK die Tatsache, dass auch eine geringfügige Beschäftigung Fragen und mögliche Nachteile für die assistenznehmende Person mit sich bringt – etwa im Krankheitsfall der angestellten Person, insbesondere die Frage, ob der Lohn während des Krankenstandes weiterhin aus dem persönlichen Budget bezahlt werden muss –, sowie hinsichtlich der raschen Bereitstellung einer adäquaten Ersatzperson im Rahmen eines „echten Dienstverhältnisses“ und der Übernahme zusätzlich entstehender Kosten für Urlaubs- und Krankenvertretungen?
  15. Wie bewertet das BMASGPK die Tatsache, dass die Institutionalisierung der persönlichen Assistenz hin zu einem Träger dem langfristigen Ziel der Inklusion und der Deinstitutionalisierung widerspricht?