4350/J-BR/2025
Eingelangt am 09.09.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Bundesrates Herbert Kober
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Potenzielles Justizversagen im Umgang mit vorbestraften Terrorverdächtigen
Erneut konnte durch die Polizei ein mutmaßlicher Terroranschlag vereitelt werden. Wie aktuellen Informationen zufolge bekannt wurde, hat die steirische Polizei am Sonntag, dem 21. Juli 2025, einen 18-jährigen Obersteirer mit mazedonischen Wurzeln festgenommen. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, ein Anhänger der islamistischen Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu sein und einen Anschlag auf die „westliche Gesellschaft“ geplant zu haben.[1] [2] [3]
Trotz seines jungen Alters blickt der Verdächtige offenbar bereits auf eine beachtliche kriminelle Laufbahn zurück: Laut einem Bericht der Tageszeitung Der Standard ist er bereits wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation und wegen eines verbrecherischen Komplotts vorbestraft. Es soll sich um eine jener Personen handeln, die im Jahr 2023 einen Anschlag auf eine Schule in Bruck an der Mur geplant hatten.[4]
Vor diesem Hintergrund stellen sich viele besorgte Bürger die berechtigte Frage, wie es sein kann, dass eine Person mit derart gravierenden Vorstrafen bereits wieder auf freiem Fuß war, sich offenbar weiter radikalisieren und neue Attentate verfolgen konnte. Erste Stimmen orten in diesem Fall einen schwerwiegenden Justizskandal.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Bundesrat an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Können Sie bestätigen, dass der mutmaßliche Täter zum Zeitpunkt der Festnahme 18 Jahre alt war?
2. Können Sie bestätigen, dass es sich beim Beschuldigten um einen österreichischen Staatsbürger handelt?
3. Können Sie bestätigen, dass der Beschuldigte einen mazedonischen Migrationshintergrund hat?
4. Trifft es zu, dass der Beschuldigte bereits einschlägig vorbestraft ist?
a. Falls ja, aufgrund welcher Delikte?
5. Zu welcher Strafe wurde der Beschuldigte im Zusammenhang mit welchen Delikten bisher verurteilt?
a. Wann erfolgte die Verurteilung?
b. Auf Grund welcher konkreten Delikte erfolgte die Verurteilung?
c. Falls nicht alle bisher zur Anzeige gebrachten Tatbestände zu einer Verurteilung führten: Welcher Tatbestand wurde nicht erfüllt?
6. Können Sie bestätigen, dass es sich beim Beschuldigten um eine jener Personen handelt, die im Jahr 2023 einen Anschlag auf eine Schule in Bruck an der Mur geplant haben sollen?
7. Welche gerichtlichen Entscheidungen führten zur Freilassung des nun festgenommenen Beschuldigten nach dessen früherer Verurteilung wegen terroristischer Straftaten?
8. Wann genau wurde der Betroffene im Zuge seiner letzten Verurteilung aus dem Strafvollzug entlassen bzw. auf freien Fuß gesetzt?
a. Wer bzw. welches Gremium hat diese Entscheidung getroffen?
9. Wurde der Beschuldigte im Zuge seiner Freilassung (z.B. durch bedingte Entlassung) einer gerichtlichen Aufsicht oder Bewährungshilfe unterstellt?
a. Falls ja, in welchem Ausmaß wurde diese Aufsicht tatsächlich durchgeführt und wurden dabei Auffälligkeiten festgestellt?
10. Lag eine Einschätzung zur Rückfallsgefahr durch eine zuständige Stelle – etwa das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bzw. Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) oder ein Gericht – vor?
11. Wurden Maßnahmen ergriffen, um eine erneute Radikalisierung oder eine Rückkehr in islamistische Netzwerke zu verhindern?
a. Falls ja, wie gestalteten sich diese Maßnahmen konkret?
12. War dem Gericht bei der letzten Verurteilung bekannt, dass der Beschuldigte bereits zuvor als radikalisiert bzw. als Gefährder eingestuft worden war?
13. Welche Rolle spielte das Alter des Beschuldigten bei der Strafzumessung und bei etwaigen mildernden Umständen?
14. In welchem Ausmaß stehen jugendliche Terrorverdächtige oder einschlägig vorbestrafte Personen nach ihrer Freilassung im Fokus der Justiz?
15. Gab es im konkreten Fall eine Zusammenarbeit zwischen Justizbehörden und Sicherheitsbehörden (z.B. Polizei, DSN) im Sinne eines präventiven Risikomanagements?
16. Wird seitens des Justizministeriums geprüft, aus dem vorliegenden Fall Konsequenzen zu ziehen – insbesondere im Hinblick auf Strafrahmen, Vollzugspraxis und Entlassungsentscheidungen bei terroristischen Delikten?
a. Falls ja, bis wann ist mit dem Beginn entsprechender Evaluierungen bzw. mit Ergebnissen zu rechnen?
b. Falls nein, mit welcher Begründung erachtet das Justizministerium die derzeitigen Bestimmungen als ausreichend, um terroristische Straftäter effektiv an neuen Taten zu hindern?
17. Plant das Justizministerium gesetzliche Änderungen, um eine effektive und präventive Betreuung sowie Überwachung radikalisierter Straftäter nach deren Haftentlassung sicherzustellen?
18. Hätte eine Erhöhung des Strafrahmens bei terroristischen Straftaten Auswirkungen auf Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO) oder anderer strafrechtlicher Nebengesetze?
a. Falls ja, welche konkreten Auswirkungen wären dies?
b. Falls ja, welche strafrechtlichen Nebengesetze wären davon betroffen?
19. Wie ist es möglich, dass trotz des hohen Strafrahmens (bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe für einzelne der genannten Delikte) der Beschuldigte bereits nach kurzer Zeit wieder auf freiem Fuß war?
20. Können Sie bestätigen, dass die Festnahme des Beschuldigten auf einen Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes zurückzuführen ist?
a. Falls ja, welcher ausländische Nachrichtendienst übermittelte die Information über die mutmaßliche Anschlagsvorbereitung, insbesondere den Bau einer Bombe?
21. Ist zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung bekannt, ob der Beschuldigte bereits über Komponenten oder Bauteile für einen möglichen Sprengsatz verfügte?
a. Falls ja, um welche Komponenten handelte es sich hierbei?
22. Können Sie auf Basis der bisherigen polizeilichen Ermittlungen angeben, welche Ziele der Beschuldigte mutmaßlich angreifen wollte?
23. Wurde im Rahmen der früheren Verurteilung eine verpflichtende Deradikalisierungsmaßnahme gegen den Beschuldigten verhängt?
a. Falls ja, wie erklären Sie, dass offenbar eine erneute Radikalisierung stattgefunden hat?
b. Falls nein, warum wurde eine Deradikalisierung in diesem Fall nicht als notwendig erachtet?
24. Welche Kosten sind dem Justizministerium in den Jahren 2023, 2024 und bis zum Tag der Anfragebeantwortung im Jahr 2025 im Zusammenhang mit sogenannten Deradikalisierungsmaßnahmen insgesamt entstanden?
[1] https://www.diepresse.com/19923204/terror-anschlagsplaene-18-jaehriger-in-der-steiermark-festgenommen (eingesehen: 28.07.2025)
[2] https://kurier.at/chronik/steiermark/terror-anschlag-plan-is-festnahme-steiermark-bruck-muerzzuschlag/403060192 (eingesehen: 28.07.2025)
[3] https://steiermark.orf.at/stories/3314540/ (eingesehen: 28.07.2025)
[4] Verdacht auf Anschlagspläne: 18-jähriger Steirer festgenommen - Panorama - derStandard.at > Panorama (eingesehen: 28.07.2025)