4351/J-BR/2025

Eingelangt am 07.10.2025
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Bundesrates Thomas Karacsony

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft

betreffend Folgen und Entsorgung sogenannter „grüner Energieträger“

Die Bundesregierung verfolgt mit Nachdruck eine Energiewende hin zu sogenannten „erneuerbaren“ Technologien wie Windkraft, Photovoltaik und Elektromobilität. Dabei wird auch hinsichtlich sogenannter „Klimaneutralität“ nicht notwendiges Gold-Plating betrieben, obgleich man ohnedies im europäischen Spitzenfeld liegt, was den Anteil erneuerbarer Energien betrifft. Dies wird auch in den öffentlichen Informationen des Bundesministeriums für Wirtschaft, Energie und Tourismus zugegeben.

Von 2022 auf 2023 stieg die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen in Österreich um 18,3 Prozent. Davon waren besonders starke Anstiege in Kärnten, Tirol und der Steiermark zu verzeichnen.“[1] Im Jahr 2023 „wurden 41 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen, hauptsächlich Wasserkraft und Biomasse, gewonnen. Österreich liegt damit im Spitzenfeld der Europäischen Union (Platz 7), was den Anteil erneuerbarer Energien betrifft. (...) Um den europäischen Green Deal voranzubringen und die damit verbundenen Ziele als Mitgliedsstaat zu erreichen, muss Österreich den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf mindestens 57 Prozent steigern. Da sich Österreich zum Ziel gesetzt hat, bis 2040 klimaneutral zu sein, muss auch der Energieverbrauch bis dahin soweit möglich – also nahezu 100 Prozent -  auf Erneuerbare umgestellt werden.[2]

Das Ministerium sieht die Lösung für die Steigerung des erneuerbaren Energien Anteils im Ausbau von Wind und Photovoltaik:

Um den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf mindestens 57 Prozent zu heben, wird vor allem der Ausbau von Photovoltaik und Wind für die Erzeugung von Strom stark angekurbelt. (...) Im Jahr 2024 konnte die Erzeugungsleistung brutto um 160 MW gesteigert werden (...) Ende des Jahres 2024 waren damit 1.451 Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von 4.028 MW am Netz. Diese Leistung ermöglichte eine Stromproduktion von 9,3 TWh.[3]

Zu beachten ist hierbei, dass allein der Anteil von Wasserkraft bei erneuerbaren Quellen für Strom in Österreich jedoch bei über 60 Prozent liegt, 2024 waren es sogar 89 Prozent.

Diese Entwicklung wird der Bevölkerung als ökologisch nachhaltig und zukunftsweisend dargestellt. Tatsächlich aber zeigen sich zunehmend erhebliche ökologische, ökonomische und soziale Probleme bei der Entsorgung und Wiederverwertung der eingesetzten Komponenten, die bislang kaum öffentlich thematisiert werden.

So bestehen Rotorblätter von Windkraftanlagen aus faserverstärkten Kunststoffen (GFK/CFK), deren Recycling technisch aufwendig und wirtschaftlich kaum tragfähig ist. Laut dem deutschen Umweltbundesamt sind diese Materialien schwer trennbar und werden oft thermisch verwertet oder deponiert. In Österreich wurden 2022 nur 12 Windkraftanlagen rückgebaut, wobei die Rotorblätter meist nicht wiederverwendet werden konnten und damit ein wachsendes Entsorgungsproblem darstellen. [4] [5]

Die Deutsche Ornithologen Gesellschaft machte bereits 2013 darauf aufmerksam, dass „in der Folge des unüberlegten und übereilten Ausbaus Erneuerbarer Energien aus landwirtschaftlicher Biomasse und Windkraft die Bestände von fast 50 % aller Vogelarten deutlich abgenommen hätten“.[6] Windkraftanlagen mit ihrem enormen Flächenverbrauch für Fundamente, Zufahrtswege, Montageflächen und vor allem Stromtrassen stören bzw. zerschneiden Lebensräume, was Wanderbewegungen von Tieren (z. B. Wildkatzen, Amphibien) erschwert und genetischen Austausch behindern kann. Für Fundamente und Zuwegungen werden Flächen gerodet oder verdichtet, was zu einem dauerhaften Verlust von Vegetation wie Brutplätzen führt. Die Auswirkungen auf den Menschen durch den Infraschall der Anlagen ist sind bislang noch unerforscht bzw. unbekannt.

Ähnlich verhält es sich bei der Elektromobilität mit ausgedienten Batterien. Die Entsorgung von Lithium-Ionen-Batterien aus E-Fahrzeugen stellt eine erhebliche Gefahr dar. Falsch gelagerte Batterien können gefährliche, kaum löschbare Brände verursachen, und die Wiederverwertung ist höchst komplex. Zwar existieren in der Theorie Verfahren mit bis zu 95 % Metallrückgewinnung, doch die Infrastruktur für flächendeckendes Recycling steckt noch in den Kindesschuhen. [7] [8]

Darüber hinaus nimmt der Ausbau von Photovoltaik-Großanlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen stark zu, wodurch fruchtbare Böden der Nahrungsmittelproduktion entzogen werden. Studien zeigen, dass dadurch Nutzungskonflikte entstehen, insbesondere bei Agri-PV-Systemen, deren Sinnhaftigkeit und Produktivität umstritten ist und die eine stark variierende ökologische Bilanz aufweisen. Die Bundesregierung fördert diese Anlagen, obwohl gleichzeitig alternative Flächen wie Parkplätze oder Industrie- und Hallendächer bislang nicht im ausreichenden Ausmaß genutzt werden. [9] [10]

Schließlich führt die Einspeisung von Strom aus PV und Wind in mehreren Bundesländern zu Netzengpässen. Redispatch-Maßnahmen kosteten allein bis September 2023 über 125 Millionen Euro. Eine Einspeisung zum Nulltarif oder gar negative Strompreise sind keine Seltenheit mehr. Dies stellt die Wirtschaftlichkeit vieler Projekte infrage. [11] [12]

Schließlich gibt es in einzelnen Bundesländern bereits Überlastungen der Netze, sodass das Einspeisen von Strom nicht oder nur mehr zu Nulltarifen möglich ist. Dies stellt die Wirtschaftlichkeit vieler Projekte infrage.

Auch Gerhard Christiner, Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers APG, sieht eine fordernde Lage: „Wir haben bereits jetzt die Situation, dass es im Sommer phasenweise zu viel erneuerbare Erzeugung gibt, jedoch die Netze für den Transport und auch regionale Speichermöglichkeiten fehlen.“ Wie stark dieses Missverhältnis inzwischen ist, lässt sich auch mit Zahlen illustrieren. So gab es vor drei Jahren nur vier Tage im Jahr, an denen die Betreiber von PV- und Windanlagen ihre Produktion zurückfahren oder abschalten mussten, weil der Preis, den sie am Markt erzielen konnten, nicht ausreichend war. Vor zwei Jahren gab es bereits zwanzig solcher Tage, im Vorjahr gar vierzig.[13]

Eine umfassende Strategie für den letzten Lebenszyklus dieser Technologien – also für die Entsorgung von Rotorblättern, PV-Modulen und E-Auto-Batterien – fehlt bislang. Die Verantwortung wird weitgehend der Wirtschaft überlassen. [14]

In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Bundesrat an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft nachstehende

Anfrage

1.    Wie viele der bestehenden Windkraftanlagen werden voraussichtlich bis 2030 außer Betrieb genommen?

2.    Welche konkreten Entsorgungskonzepte existieren für ausgediente Rotorblätter von Windkraftanlagen?

3.    Wie hoch ist der Anteil an thermischer Verwertung, Recycling und Deponierung dieser Rotorblätter (bitte aufgeschlüsselt)?

4.    Welche Mengen an ausgedienten Batterien aus Elektrofahrzeugen sind derzeit in Österreich eingelagert?

a. Wie wird deren zukünftige Entsorgung bzw. Wiederverwertung organisiert?

5.    Gibt es zentrale Sammelstellen oder Recyclinganlagen für E-Auto-Batterien in Österreich?

a. Wenn ja, wo befinden sich diese?

6.    Welche Kosten entstehen dem Steuerzahler für Sammlung, Lagerung und Entsorgung dieser Batterien?

7.    Wie viele Photovoltaik-Freiflächenanlagen wurden seit 2020 auf landwirtschaftlichen Nutzflächen genehmigt und errichtet?

8.    Was sind die konkreten Auswirkungen dieser Anlagen auf die landwirtschaftliche Nahrungsmittelproduktion?

9.    Liegen Ihrem Ministerium Forschungsprojekte bzw. Evaluierungen zum Thema Agri-PV-Anlagen vor?

a. Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kamen diese?

10. Warum werden PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen stärker gefördert als auf versiegelten Flächen, wie Parkplätzen oder Hallendächern?

11. Plant das Ministerium eine verstärkte Förderung für PV-Anlagen auf Parkplätzen, Industrieflächen und Hallendächern?

12. Gibt es mit dem Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus Pläne bzw. Rücksprachen Ihres Ministeriums zu „Abregelungen“ bzw. nicht eingespeistem PV- oder Windstrom aufgrund von Netzüberlastungen?

a. Wenn ja, wie hoch ist der Anteil an nicht eingespeisten PV- oder Windstrom aufgrund von Netzüberlastungen (bitte nach Bundesländern aufgeschlüsselt)?

13. Wie möchte das Ministerium dem Umstand begegnen, dass in manchen Regionen Österreichs eine Einspeisung für Landwirte nur noch ohne Vergütung oder mit negativen Preisen möglich ist, womit Agri-PV-Anlagen zunehmend unattraktiv werden?

14. Welchen Anteil hat das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft am „Integrierten Netzinfrastrukturplan Österreich“?

15. Gibt es im Ministerium eine Gesamtstrategie für die Entsorgung und Wiederverwertung von Windkraftanlagen, PV-Modulen und E-Auto-Batterien?

16. Welche Mengen an PV-Modulen werden in den nächsten 10 Jahren das Ende ihrer Lebensdauer erreichen?

17. Gibt es ein Rücknahmesystem für PV-Module in Österreich?

18. Wie wird die Wiederverwertung von Silizium, Glas und Metallen aus PV-Modulen organisiert?

19. Welche Rolle spielt Österreich in der EU-weiten Strategie zur Kreislaufwirtschaft bei grünen Technologien?



[1]           https://energie.gv.at/energiewende/wie-ist-der-stand-zur-erneuerbaren-stromerzeugung-in-den-bundeslaendern (eingesehen: 26.09.2025)

[2]           https://energie.gv.at/energiewende/wie-schreitet-der-ausbau-von-erneuerbaren-energien-in-oesterreich-voran (eingesehen: 26.09.2025)

[3]           https://energie.gv.at/energiewende/wie-schreitet-der-ausbau-von-erneuerbaren-energien-in-oesterreich-voran (eingesehen: 26.09.2025)

[4]           https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/produktverantwortung-in-der-abfallwirtschaft/windenergieanlagen/rotorblattaufbereitung-recycling-von#undefined (eingesehen am 26.09.2025)

[5]           https://boku.ac.at/fileadmin/data/themen/BOKU_Energiecluster/Energiecluster/04-01_EC-FS_Ruebau_WKA.pdf (eingesehen am 26.09.2025)

[6]           https://brandenburg.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/forschung/16281.html (eingesehen: 26.09.2025)

[7]           https://saubermacher.at/leistung/e-auto-batterie-recycling/ (eingesehen am 26.09.2025)

[8]           https://www.oeamtc.at/thema/elektromobilitaet/wie-werden-elektroauto-batterien-recycelt-59554809 (eingesehen am 26.09.2025)

[9] https://boku.ac.at/fileadmin/data/themen/BOKU_Energiecluster/Energiecluster/20230321_KF_Projekt_PA3C3.pdf (eingesehen am 26.09.2025)

[10]         https://www.klimaaktiv.at/fileadmin/Bibliothek/Publikationen/2023_Agri_PV.pdf (eingesehen am 26.09.2025)

[11] https://www.apg.at/news-presse/bis-ende-september-bereits-125-6-millionen-euro-noetig-um-ueberlastungen-im-stromnetz-zu-verhindern/ (eingesehen am 26.09.2025) 12

[12]         https://oesterreichsenergie.at/standpunkte/netzausbau-in-oesterreich (eingesehen am 26.09.2025)

[13]         Strom Linie. Das Magazin zur Energiewende 1, 2024.

[14]https://oesterreichsenergie.at/fileadmin/user_upload/Oesterreichs_Energie/Publikationsdatenbank/Diverses/2022/Stromstrategie_2040_29092022.pdf (eingesehen am 26.09.2025)