4355/J-BR/2025
Eingelangt am 23.10.2025
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ANFRAGE
des Bundesrates Werner Gradwohl
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Radikalislamische Drohszenarien hinter steirischen Gittern?
In der „Steirerkrone“ erschien am 2. September 2025 ein Bericht über einen 25-jährigen islamistischen Häftling, der zur Zeit eine mehr als 20-jährige Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Karlau absitzt.[1]
Dem Bericht zufolge habe ein Justizwachebeamter zufällig ein Gespräch des betreffenden Häftlings mitgehört, in welchem der Insasse angab, dass es mehrere wie ihn gäbe – also Personen, die nicht davor zurückscheuen würden, Andersgläubige zu ermorden.
„ „Was meint ihr, wäre los, wenn 50 Bewaffnete in der ganzen Stadt loslegen würden? Es gibt mehrere wie mich.“ – Das soll ein 25-jähriger Insasse der Justizanstalt Graz-Karlau in einem Freizeitraum zu Mithäftlingen gesagt haben. Und weitere Fantasien geäußert haben, etwa wie er Bomben in Gebäuden platzieren würde. Der Wiener mit Wurzeln in Ägypten ist mehrfach wegen Verbreitung von IS-Propaganda vorbestraft. Zuletzt fasste er 20 Jahre Haft aus, weil er dabei geholfen haben soll, dem Wien-Attentäter Waffen zu organisieren.“
Für uns ist klar, dass derartigen Vorfällen schleunigst nachgegangen werden muss. Die Bevölkerung hat ein Recht zu erfahren, ob sich hinter diesen Behauptungen Hinweise auf vorhandene Strukturen und Netzwerke verbergen. Eine Radikalisierung kann auch ohne Soziale Medien, z.B. in Justizvollzugsanstalten mit Gleichgesinnten erfolgen. Es darf daher keine blinden Flecken in den Haftanstalten geben.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Bundesrat an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Liegen dem Ministerium konkrete Erkenntnisse über Netzwerke oder Strukturen innerhalb von Justizanstalten vor, die auf islamistischen Extremismus hinweisen?
a. Falls ja, wie stellen sich diese Erkenntnisse konkret dar?
2. Welche spezifischen Maßnahmen werden in österreichischen Haftanstalten gesetzt, um eine Radikalisierung anderer Insassen durch extremistische Häftlinge zu verhindern?
3. Gibt es in den Justizanstalten einheitliche Standards zur Beobachtung und Isolation von Personen mit islamistischem Hintergrund?
a. Falls ja, wie stellen sich diese dar?
4. Werden Justizwachebeamte speziell im Erkennen von Radikalisierungstendenzen geschult?
a. Falls ja, in welchem Umfang?
5. Wurde der besagte Häftling von den Sicherheitsbehörden als Gefährder eingestuft?
a. Falls ja, seit wann?
6. Wie viele Personen mit islamischer Konfession sind derzeit in steirischen Gefängnissen inhaftiert?
7. Wie viele Personen mit islamistischem Hintergrund sind derzeit österreichweit inhaftiert (bitte nach Bundesland aufgliedern)?
a. Wie viele der in der Steiermark betroffenen Inhaftierten sind wegen Delikten in Zusammenhang mit den §§ 278 – 282 StGB verurteilt worden (bitte nach Geschlecht, Alter zum Tatzeitpunkt, Herkunft und Delikt aufteilen)?
8. Wie viele Personen sind ansonsten in steirischen Gefängnissen wegen Delikten in Zusammenhang mit den §§ 278 – 282 StGB untergebracht (bitte nach Geschlecht, Alter zum Tatzeitpunkt, Herkunft und Religionsbekenntnis aufteilen)?
9. Wie viele Fälle dokumentierter Radikalisierungsversuche in Haftanstalten sind dem Justizministerium seit 2015 bekannt geworden?
10. Werden diese Zahlen regelmäßig evaluiert und veröffentlicht, um ein transparentes Lagebild zu gewährleisten?
11. Wie gestaltet sich die Kooperation zwischen dem Justizministerium, dem Innenministerium und dem Verfassungsschutz in Bezug auf islamistische Gefährder in Haft?
12. Gibt es strukturierte Programme mit Deradikalisierungs- oder Präventionsorganisationen und wie werden deren Erfolge gemessen?
a. Falls ja, welche konkreten Maßnahmen sind das?
b. Falls ja, seit wann gibt es diese Maßnahmen?
c. Falls ja, sind weitere Maßnahmen geplant?
d. Falls ja, welche weiteren Maßnahmen sind geplant und warum scheinen neue Maßnahmen notwendig?
e. Handelt es sich bei den Maßnahmen um freiwillige oder bspw. vom Gericht oder einem Psychologen oder Psychiater oder ähnlichen Experten angeordnete Maßnahmen?
f. Werden den Teilnehmern an „Anti-Radikalisierungsmaßnahmen“ Anreize angeboten, beispielsweis frühzeitige Haftentlassung oder frühere Freigänge?
g. Falls nein, warum nicht?
13. Welche Kosten entstehen dem Justizministerium in Zusammenhang mit derartigen „Anti-Radikalisierungsmaßnahmen“ in der Steiermark (bitte um Auflistung der Kosten, sofern vorliegend, ab dem Jahr 2015 bis zum Tag der Anfragenstellung)?
14. Welche Konsequenzen zieht das Ministerium aus der medialen Berichterstattung und wie wird künftig sichergestellt, dass das Vertrauen in die Sicherheit von Justizanstalten nicht weiter geschwächt wird?