VORBLATT
Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung (FE)
[COM (2012) 35 final.]
1. Inhalt und Ziel der Vorlage
Vorlage des Vorschlags: 16. Februar 2012
Stiftungen spielen vor allem in der Zivilgesellschaft der EU eine wichtige Rolle. Sie sind in vielen Bereichen aktiv und tragen zu den Grundwerten und Zielen der Europäischen Union – Achtung der Menschenrechte, Schutz von Minderheiten, Beschäftigung und sozialer Fortschritt, Schutz und Verbesserung der Umwelt und Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts – bei.
Stiftungen ist es nicht möglich, Gelder effizient innerhalb der EU zu transferieren. Wenn sie ihre Tätigkeit auf andere Mitgliedstaaten ausweiten wollen, müssen sie einen Teil ihrer Einnahmen für Rechtsberatung und die Beachtung der diversen rechtlichen und administrativen Anforderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten aufwenden.
Mit der vorliegenden Initiative soll eine neue europäische Rechtsform geschaffen werden, die die Errichtung und Funktionsweise von Stiftungen im Binnenmarkt erleichtern soll. Stiftungen werden damit private Gelder leichter für Zwecke des Gemeinwohls innerhalb der EU transferieren können. Auf diese Weise dürften – unter anderem aufgrund geringerer Gründungskosten – mehr Mittel für gemeinnützige Tätigkeiten zur Verfügung stehen, was sich auf das europäische Gemeinwohl und die EU-Wirtschaft insgesamt positiv auswirken dürfte.
Die Regelungen im Detail
Allgemeine Bestimmungen: Eine FE ist eine gemeinnützige Einrichtung mit Rechtspersönlichkeit, die in allen Mitgliedstaaten der EU voll rechtsfähig ist. Sie ist insofern grenzübergreifend angelegt, als sie in mindestens zwei Mitgliedstaaten tätig ist oder ihre Satzung eine solche Tätigkeit als Ziel vorgibt. Ihr Vermögen muss bei ihrer Gründung mindestens 25 000 EUR entsprechen. Die FE darf einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, solange der Gewinn zur Verfolgung ihres gemeinnützigen Zwecks im Sinne der Verordnung verwendet wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit werden die im Zivil- und Steuerrecht der meisten Mitgliedstaaten akzeptierten gemeinnützigen Zwecke erschöpfend aufgeführt.
Regelungen über die Gründung und Festlegung, was die Satzung mindestens enthalten muss und dass die FE einzutragen ist.
Die FE kann ex nihilo gegründet werden (durch Verfügung von Todes wegen, durch notarielle Urkunde oder durch schriftliche Erklärung einer natürlichen oder juristischen Person oder öffentlichen Einrichtung nach Maßgabe des anwendbaren einzelstaatlichen Rechts), durch die Verschmelzung gemeinnütziger Einrichtungen, die dem Recht desselben Mitgliedstaats oder dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen, oder durch die Umwandlung einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten gemeinnützigen Einrichtung in eine FE.
Aufbau der Europäischen Stiftung: Vorschriften für den Vorstand, die geschäftsführenden Direktoren und den Stiftungsrat sowie für den Fall eines Interessenkonflikts. Die FE muss im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit hohen Anforderungen an Transparenz und Rechenschaftspflicht genügen.
Satzungssitz und Sitzverlegung: Die FE kann ihren Satzungssitz unter Wahrung ihrer Rechtspersönlichkeit und ohne Abwicklung in einen anderen Mitgliedstaat verlegen.
Beteiligung der Arbeitnehmer und ehrenamtlich Beschäftigten: Reglungen über die Information und Konsultation der Arbeitnehmer und ehrenamtlich Beschäftigten nach Maßgabe des einschlägigen EU-Rechts. Die Mitbestimmung von Arbeitnehmern im Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung ist nicht geregelt, da nur sehr wenige Mitgliedstaaten solche Regelungen kennen.
Beendigung der FE: Die Verordnung lässt die Umwandlung einer FE in eine gemeinnützige Stiftung nach dem Recht des Mitgliedstaats zu, in dem sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, sofern die Umwandlung nach der Satzung der FE zulässig ist. Sie regelt ferner die Abwicklung in Fällen, in denen der Zweck der FE erfüllt ist oder nicht erfüllt werden kann, die Dauer, für die die FE errichtet worden ist, abgelaufen ist oder die FE ihr gesamtes Vermögen verloren hat.
Mitgliedstaatliche Aufsicht: Den zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden werden durchgreifende Befugnisse erteilt, damit sie die Tätigkeit der gemeinnützigen Einrichtungen, die ihrer Aufsicht unterstehen, wirksam überwachen können. Hierzu zählen beispielsweise die Genehmigung der Änderung der Zweckbestimmung einer FE, die Überprüfung der Tätigkeit einer FE, die Verwarnung des Vorstands und die Anweisung an den Vorstand, die Satzung der FE, die Verordnung und das anwendbare einzelstaatliche Recht zu befolgen, die Entlassung eines Vorstandsmitglieds oder der Vorschlag an ein Gericht zur Entlassung eines Vorstandsmitglieds, die Abwicklung einer FE oder der Vorschlag an ein Gericht zur Abwicklung einer FE. Die Aufsichtsbehörden sind außerdem zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch verpflichtet. Geregelt ist ferner die Zusammenarbeit der Register- und Aufsichtsbehörden mit den Finanzämtern.
Steuerliche Behandlung: Die FE und ihre Spender erhalten automatisch dieselben Steuervergünstigungen wie inländische gemeinnützige Einrichtungen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die FE den nach ihrem Recht gegründeten gemeinnützigen Einrichtungen gleichzustellen. Spender und Begünstigte der FE sind nach demselben Grundsatz zu behandeln.
Schlussbestimmungen: Die Mitgliedstaatenwerden verpflichtet, Vorschriften für Sanktionen zu erlassen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um deren Anwendung zu gewährleisten. Der Vorschlag enthält eine Überprüfungsklausel.
2. Auswirkungen auf die Rep. Ö einschließlich eines allfälligen Bedürfnisses nach innerstaatlicher Durchführung
Verordnungen sind in all ihren Einzelteilen verbindlich und binden die Betroffenen unmittelbar.
Jeder Mitgliedstaat hat eine Aufsichtsbehörde zu benennen, die für die Beaufsichtigung der in seinem Staat eingetragenen Europäischen Stiftungen zuständig ist, und dies der Kommission mitteilen.
Jeder Mitgliedstaat hat Vorschriften zu erlassen über die bei einem Verstoß gegen diese Verordnung zu verhängenden Sanktionen und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese Vorschriften angewandt werden.
Jeder Mitgliedstaat hat alle geeigneten Vorkehrungen zu treffen, um sicher zu stellen, dass die Verordnung spätestens zwei Jahre, nachdem sie in Kraft getreten ist, effektiv angewandt wird.
3. Österreichische Position
· Vorm Grundsatz her wird man dem Vorschlag nicht generell und von vornherein entgegen treten können, da seine Zielsetzung, die Förderung und Erleichterung gemeinnütziger Tätigkeit, zu unterstützen ist.
· Da der Vorschlag der Europäischen Kommission noch nicht in den entsprechenden Gremien der Europäischen Union diskutiert wurde, bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die Verhandlungen im Rat und Europäischen Parlament auf den Inhalt des Vorschlags haben werden.
· Eine erste Einschätzung des Kapitel VIII durch das Bundesministerium für Finanzen lautet wie folgt:
o Steuerliche Regelungen sollen nur in den entsprechenden Gremien beraten werden.
o Die Ausgestaltung der Europäischen Stiftung (gem. Entwurf) entspricht nicht dem österreichischen Gemeinnützigkeitsrecht.
o Das österreichische Ertragssteuerrecht kennt keine Gemeinnützigkeit, die unabhängig von der tatsächlichen Tätigkeit ist - es wäre daher eine massive Ausweitung zu befürchten.
o Die Umsetzung des Entwurfs würde zu einer beträchtlichen Ausweitung der Spendenbegünstigung führen. (In Österreich sind gemeinnützige Organisationen nicht automatisch spendenbegünstigt, sondern zusätzliche Erfordernisse (z.B. Mindestbestanddauer 3 Jahre) erforderlich und auch sind nicht sämtliche gemeinnützigen Zwecke spendenbegünstigt.)
Im Ergebnis sollte daher dieses Kapitel ausgespart werden.
4. Angaben zu Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität
Nach dem Dafürhalten der Kommission ist ein Vorgehen auf EU-Ebene notwendig, um die für EU-weit tätige Stiftungen bestehenden nationalen Barrieren und Beschränkungen zu beseitigen. Die derzeitige Lage zeigt, dass das Problem auf nationaler Ebene nicht in geeigneter Weise angegangen wird und dass aufgrund des grenzübergreifenden Bezugs eine gemeinsame Regelung erforderlich ist, um die Mobilität von Stiftungen zu verbessern. Der Vorschlag geht nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um die Zielvorgaben zufriedenstellend zu erfüllen, und entspricht daher dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es soll eine neue Rechtsform zusätzlich zu den in den Mitgliedstaaten bestehenden Rechtsformen geschaffen werden, ohne in das geltende einzelstaatliche Recht einzugreifen. Es bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, ob und in welcher Weise sie ihre nationalen Rechtsformen beibehalten und weiterentwickeln. Die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Besteuerung gemeinnütziger Stiftungen (und ihrer Spender) werden nicht durch eine einheitliche Regelung ersetzt. Ihre Anwendung wird lediglich auf die Europäische Stiftung (und deren Spender) erweitert. Mit dem vorgeschlagenen Statut würden die größten Hindernisse beseitigt, auf die Stiftungen stoßen, wenn sie in anderen Mitgliedstaaten tätig sind, ohne diese neue Rechtsform erschöpfend zu regeln und ohne neue Steuervorschriften einzuführen.
5. Stand der Verhandlungen