Schriftliche Information des Bundesministers für Inneres

gem. § 6 Abs 3 EU-Informationsgesetz

 

 

Bezeichnung des Rechtsaktes: Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (COM(2015) 750 final)

 

1. Inhalt des Vorhabens

 

Im Lichte der jüngsten terroristischen Anschläge hat die Europäische Kommission am 24. November 2015 ihren erst für 2016 erwarteten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen vorgelegt.

 

Der Entwurf enthält unter anderem Vorschläge betreffend Präzisierungen und Ergänzungen im Zusammenhang mit den Regelungen über Deaktivierung, Waffenhändler, Makler und die Markierung von Schusswaffen sowie für die Aufnahme von weiteren Waffen, wie etwa „Schreckschuss- und Signalwaffen“, in den Anhang I betreffend die Kategorisierung von Feuerwaffen.

 

2. Hinweise auf Mitwirkungsrechte des Nationalrates und Bundesrates

 

Die Mitwirkungsrechte des Nationalrates und des Bundesrates bei der Änderung der Richtlinie 91/477/EWG auf EU-Ebene ergeben sich aus den Protokollen Nr. 1 (über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union) und Nr. 2 (über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit) zum EUV bzw. AEUV.

 

3. Auswirkungen auf die Republik Österreich einschließlich eines allfälligen

Bedürfnisses nach innerstaatlicher Durchführung

 

Eine Änderung der Richtlinie 91/477/EWG wird eine Änderung des Waffengesetzes 1996 bedingen. Der Umfang der erforderlichen Anpassungen hängt naturgemäß von der Reichweite der Abänderungen der gegenständlichen Richtlinie ab.

 

4. Position des/der zuständigen Bundesminister/in samt kurzer Begründung

 

Selbstverständlich beobachtet das BM.I mit großer Sorge die jüngsten Entwicklungen im Bereich des Terrorismus und setzt – wie auch vom Europäischen Rat gefordert – alles daran, die Verfügbarkeit von Feuerwaffen zur Durchführung terroristischer Straftaten soweit wie möglich einzudämmen. Daher unterstützt das BM.I effiziente Maßnahmen zur Eindämmung des illegalen Erwerbs und der illegalen Nutzung von Schusswaffen. Österreich hat ein ausgewogenes, die Interessen sowohl der Befürworter als auch der Gegner des privaten Waffenbesitzes berücksichtigendes Waffengesetz, das die einschlägigen EU Vorschriften optimal umsetzt. Nach Ansicht des BM.I ist ein verantwortungsvoller Umgang mit und der Zugang zu Waffen im Rahmen der gesetzlichen Regelungen auch in Zukunft sicherzustellen. Das BM.I wird sich daher unter Berücksichtigung der Festlegungen der Staats- und Regierungschefs in Verbindung mit der Bekämpfung des Terrorismus für eine kohärente österreichische Positionierung in den Diskussionen und bei der Behandlung des gegenständlichen Entwurfes in den einschlägigen EU-Gremien einsetzen.

 

5. Angaben zu Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität

 

Aus der Sicht des Bundesministeriums für Inneres sind grundsätzlich Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität der Änderungsvorschläge gegeben, da eine Regelung auf europäischer Ebene zur Erreichung des Ziels der Richtlinie zweckmäßig scheint. Die Vorschläge stellen eine Weiterentwicklung der bisherigen Regelungen im Bereich des Waffenrechtes bzw. der Waffenrechtsrichtlinie dar. In Bezug auf die Verhältnismäßigkeit einzelner Bestimmungen im Vorschlag der Europäischen Kommission sind jedoch die weiteren Verhandlungen am Legislativvorschlag sowie die Erläuterungen der Europäischen Kommission abzuwarten.

 

6. Stand der Verhandlungen inklusive Zeitplan

 

Die Beratungen auf EU-Ebene haben Ende November 2015 im Rat der EU begonnen. Der Entwurf wird in der Ratsarbeitsgruppe GENVAL (Allgemeine Angelegenheiten inklusive Evaluierung) diskutiert. Parallel zu den Beratungen im Rat haben erste Arbeiten im Europäischen Parlament begonnen, da die Schusswaffen-Richtlinie – wie bereits in der Vergangenheit – im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zwischen Rat der EU und Europäischem Parlament beschlossen werden muss.

 

Am 10./11.03.2016 war der Entwurf auf der Tagesordnung des JI-Rates. Der Vorsitz legte den Ministern einen Katalog mit Fragen zu den Bereichen

 

1.         Mindestalter

2.         Medizinische Untersuchungen

3.         Verbot von halbautomatischen Waffen

4.         Ausnahme für verbotene Waffen aus historischen und kulturellen Gründen

5.         Online Verkäufe

 

vor.

Der Vorsitz fasste die Beiträge der Mitgliedstaaten dahingehend zusammen, dass sich bei Frage 1. (Mindestalter) eine Mehrheit der Mitgliedstaaten für die Beibehaltung derzeitiger Bestimmungen in der RL aussprach; bei Frage 2. (medizinische Tests) sich eine Mehrheit dafür aussprach, dass medizinische Tests vorgeschrieben werden können, Details jedoch den MS überlassen sein müssten; bei Frage 3. (halbautomatische Waffen) eine klare Mehrheit für die Möglichkeit von nationalen Bewilligungen seien; bei Frage 4. (Ausnahmen aus kulturellen und historischen Gründen für Besitz von Schusswaffen der Kat. A) eine klare Mehrheit  einen Spielraum für Bewilligungen wollte, solange die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet sei. Lediglich bei Frage 5. (Onlinehandel) gäbe es keine Mehrheiten für mögliche Lösungsoptionen.

 

Es ist eine weitere Behandlung des Richtlinienentwurfs im AStV am 11.5. sowie voraussichtlich in einer JI-Referentensitzung am 13.5. und in der RAG GENVAL am 19.5. geplant. Auf Ebene des Rates ist am 9./10. Juni 2016 mit einer allgemeinen Ausrichtung zum Vorschlag zu rechnen. Das Europäische Parlament wird sich am 24. Mai 2016 mit den von den MEPs eingereichten Änderungsanträgen zum Kommissionsvorschlag beschäftigen und in der Folge unter Federführung von Berichterstatterin Vicky Ford (EKR) an möglichen Kompromissformulierungen arbeiten. Die Abstimmung über die Parlamentsposition für den Trilog wird voraussichtlich am 27. Juni im Binnenmarktausschuss des EP (IMCO) stattfinden.

 

7. Weitere Diskussionspunkte

 

Es liegt ein Alternativvorschlag in Bezug auf die Einstufung von Schusswaffen vor, demgemäß eine halbautomatische zivile Feuerwaffe als Kategorie-A-Waffe eingestuft werden soll, wenn mit der Schusswaffe 21 Schuss (oder mehr) ohne nachzuladen abgegeben werden können.

Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass die in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Waffenhändler und Makler an das computergestützte Waffenregister angeschlossen sind. Das bedeutet, dass alle Waffenhändler und -erzeuger, die derzeit sogenannte Waffenbücher führen, entweder alle Waffen und wesentliche Waffenbestandteile im Zentralen Waffenregister (ZWR) einzutragen haben oder eine technische Schnittstelle geschaffen wird, um jederzeit den Weg einer Waffe nachvollziehen zu können. Dazu muss (auch im ZWR) die entsprechende technische Infrastruktur geschaffen werden. Seitens der österreichischen Delegation wird diesbezüglich eine Umsetzungsfrist von 36 Monaten vorgeschlagen.

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass ein kontinuierlich oder periodisch wirksames System für die Überwachung des Waffenbesitzes besteht, das auf einschlägigen medizinischen Tests bei der Ausstellung oder Verlängerung einer Genehmigung beruht. Dieser Vorschlag erscheint insofern problematisch, als bei einer verpflichtenden Einführung medizinischer Tests auch unter den Mitgliedstaaten Unklarheit darüber besteht, welche Kriterien für eine Verweigerung oder den Entzug einer Genehmigung aus medizinisch indizierten Gründen ausschlaggebend sein sollen. Die österreichische Delegation in der RAG GENVAL steht medizinischen Tests wie im vorliegenden Entwurf vorgeschlagen daher mangels eindeutigem Mehrwert für die Sicherheit skeptisch gegenüber und würde die Beibehaltung der periodischen Überprüfung der Verlässlichkeit von Inhabern eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte bevorzugen.

Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass Waffen und Munition getrennt voneinander verwahrt werden. Mögliche Ausnahme, wenn Waffen und Munition in einem Safe aufbewahrt werden. Kriterien hinsichtlich der sicheren Verwahrung von Waffen sollen gesetzlich festgelegt werden.