SCHRIFTLICHE INFORMATION

 

Vorschlag für eine Richtlinie zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende

Maßnahmen

 

1.    Inhalt und Ziel der Vorlage

 

Hintergrund:

·        Am 1. März 2011 startete Vize-Präsidentin REDING die Initiative „Mehr Frauen in Unternehmensvorständen – Selbstverpflichtung für Unternehmen“. Die Initiative ruft alle börsennotierten Unternehmen Europas dazu auf, die Selbstverpflichtung zur Steigerung des Frauenanteils im Verwaltungsrat bzw. Aufsichtsrat bis 2015 auf 30% bzw. bis 2020 auf 40%, zu unterschreiben. Dieser Initiative wurde jedoch von Unternehmensseite kaum gefolgt, d.h. es gab keine Fortschritte.

 

·        Europaweit liegt der Frauenanteil in Aufsichtsräten bei 15%.

 

·        Zwischen 2003 und 2012 hat sich Frauenanteil in Leitungsorganen von 8,5% auf 13,7% erhöht (jährlicher Anstieg von 0,6%).

Hohe Frauenanteile in : NO 42%, FI 27%, Lettland 26%, SE 25%, Frankreich 22%, NL 19%.

 

·        Derzeit ist eine Intransparenz der Auswahlverfahren gegeben.

 

·        Durch den RL-Vorschlag sollen u.a. Mindeststandards für die Transparenz eingeführt werden. Nur eine Maßnahme auf EU-Ebene kann wirksam dazu beitragen, dass unionsweit gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen.

 

·        Derzeit bestehen sehr unterschiedliche Gesetzeslagen in den MS. In mehreren MS gibt es bereits konkrete Quoten, in anderen nur Selbstverpflichtung. Damit besteht eine unterschiedliche Ausgangslage für den Gemeinsamen Markt und eine Vielzahl an offenen Fragen – wie z.B. ob sich Unternehmen aus Ländern ohne Quote überhaupt noch an öffentlichen Ausschreibungen in Ländern mit Quote beteiligen können.

 

Rechtsgrundlage:

Art. 157 Abs. 3 AEUV: Gleichstellung/-Behandlung der Geschlechter in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, ordentliches Gesetzgebungsverfahren

 

Inhalt:

·        Der RL-Vorschlag findet auf KMUs keine Anwendung (KMU = weniger als 250 Personen, Jahresumsatz maximal 50 Mio. €, Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. €)

 

·        Börsennotierte Unternehmen, in denen das unterrepräsentierte Geschlecht weniger als 40% der Aufsichtsratsmitglieder stellt, sind verpflichtet, neue Mitglieder auf der Grundlage eines Vergleichs der Qualifikationen der Kandidaten nach vorab festgelegten, klaren neutral formulierten und eindeutigen Kriterien auszuwählen, so dass spätestens zum 1. Jänner 2020 der Anteil erreicht ist (kürzere Frist für börsennotierte öffentliche Unternehmen).

 

·        Im Fall von Kandidaten männlichen und weiblichen Geschlechts mit gleicher Qualifikation wäre dem Kandidaten des unterrepräsentierten Geschlechts der Vorrang einzuräumen. Ausnahmen sind möglich, wenn eine objektive Beurteilung, bei der alle die einzelnen Kandidaten betreffenden Kriterien berücksichtigt werden, ergeben hat, dass aufgrund spezifischer Kriterien zugunsten des Kandidaten des anderen Geschlechts entschieden werden soll.(entspricht der Rsp des EuGH).

 

·        Qualifikationskriterien sind offenzulegen, das Unternehmen muss nachweisen, dass es nicht gegen die Vorrangregel und Qualifikationsüberprüfung verstoßen hat. Wesentlich ist ein objektives, transparentes Auswahlverfahren festzulegen.

 

·        Börsennotierte Gesellschaften, in denen das unterrepräsentierte Geschlecht weniger als 10% der Belegschaft ausmacht, können von der Verpflichtung der Zielvorgabe befreit werden.

 

·        Die Zielvorgabe von 40% der Aufsichtsratsposten gilt auch als erreicht, wenn Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam eine 30% Vertretung des unterrepräsentierten Geschlechts aufweist.

 

·        Quantitative Vorgaben sollen auch für ArbeitnehmerInnenvertreter gelten. Wie dies in der Praxis gewährleistet werden kann, ist von den MS zu regeln.

 

·        Börsennotierte Gesellschaften müssen jährlich Angaben zu dem Zahlenverhältnis von Frauen und Männern in ihren Leitungsorganen sowie zu den Maßnahmen im Hinblick auf Erreichung von 40% machen.

 

·        Sofern sie ihre Ziele nicht erfüllen, sind die Gründe zu nennen und Gegenmaßnahmen zu beschreiben und zu ergreifen.

 

·        Die MS müssen Sanktionen festlegen. Diese können u.a. umfassen: Geldbußen, Nichtigkeit von Bestellungen oder Nichtigerklärung durch eine gerichtliche Instanz.

 

·        Im Hinblick auf geschäftsführende Direktoren (Vorstand) sollen Unternehmen Selbstverpflichtungen eingehen.

 

2.    Stand des Verfahrens auf europäischer Ebene

 

Der Legislativvorschlag wurde am 14.11.2012 von der Europäischen Kommission vorgelegt. Die Verhandlungen auf RAG-Ebene werden unter irischem Ratsvorsitz beginnen.

 

3.    Position von EP und Rat

 

Die Position des EP zum konkreten RL-Vorschlag ist noch nicht bekannt. Das EP hat zuletzt im März 2012 die EK aufgefordert, legislative Maßnahmen im Hinblick auf das Erreichen von einer Frauenquote von 40% in wirtschaftlichen Führungspositionen vorzuschlagen, wenn die von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen. Es ist daher davon auszugehen, dass das EP den Vorschlag grundsätzlich befürworten wird.

 

Österreichische Position

 

Die Akkordierung der österreichischen Position wird vor Beginn der Verhandlungen erfolgen. Aus Sicht des BMASK und des BKA (Frauenangelegenheiten und Gleichstellung) wird der RL-Vorschlag befürwortet.

 

4.    Auswirkungen auf die österreichische Gesetzeslage

 

Es werden Anpassungen im Aktiengesetz hinsichtlich der Wahlen zum Aufsichtsrat sowie im Arbeitsverfassungsgesetz hinsichtlich der Mitwirkung der ArbeitnehmerInnen im Aufsichtsrat erforderlich sein.

 

5.    Finanzielle Auswirkungen

 

Keine.

 

6.    Subsidiaritätsprüfung

 

Der Richtlinienvorschlag ist ergänzend zu den gleichstellungspolitischen Aktivitäten der Mitgliedstaaten in Arbeits- und Beschäftigungsfragen zu sehen. Die angestrebten Ziele können nur auf Unionsebene ausreichend verwirklicht werden, weswegen kein Widerspruch zum Subsidiaritätsprinzip besteht.