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„Trinkwasser schützen und sichern“

 

 

 

 

Parlamentarische Enquete des Bundesrates

Mittwoch, 8. Mai 2019

 

(Stenographisches Protokoll)

 

 


Parlamentarische Enquete des Bundesrates

Mittwoch, 8. Mai 2019

(XXVI. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates)

Thema

„Trinkwasser schützen und sichern“

Dauer der Enquete

Mittwoch, 8. Mai 2019: 9.01 – 14.25 Uhr

*****

Tagesordnung

I. Eröffnung und Darstellung der Zielsetzungen der Enquete

Präsident des Bundesrates Ingo Appé

II. Informationen zu den Herausforderungen für die Bundes- und Landespolitik

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein

Dr. Beate Prettner (Landeshauptmannstellvertreterin von Kärnten)

III. Impulsreferate zu Klimawandel und Trinkwasserversorgung

Dr. Michael Staudinger (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik)

Dipl.-Ing. Dr. Roman Neunteufel (Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Sied­lungs­wasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz)

Dipl.-Ing. Franz Dinhobl (Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach)

IV. Panels 1-3

Panel 1: Sicherung und Schutz des Trinkwassers

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Dr.h.c.mult. Harald Kainz (Technische Universität Graz, Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau)

Dipl.-Ing. Ferdinand Lembacher (Landwirtschaftskammer Österreich)

Dipl.-Ing. Iris Strutzmann (Arbeiterkammer Wien, Abteilung Umwelt und Verkehr)

Dipl.-Ing. Dr. Helmut Herlicska (Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland)

Mag. Dr. Christian Onz (Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH)

Dipl.-Ing. Dr. Max Kuderna (WPA Beratende Ingenieure GmbH)

Panel 2: Förderung der Siedlungswasserwirtschaft

Dipl.-Ing. Dr. Franz Friedl (Wasserversorgung Grenzland Südost)

KommR Mag. Alfred Riedl (Österreichischer Gemeindebund)

Dr. Maria-Luise Mathiaschitz (Österreichischer Städtebund)

Panel 3: Europäische Wasserpolitik

Dipl.-Ing. Johannes Grath (Umweltbundesamt, Abteilung Grundwasser)

Jan Willem Goudriaan (Right2Water)

V. Statements der Fraktionsvorsitzenden

VI. Offene Diskussion

VII. Schlussworte des Präsidenten

Präsident des Bundesrates Ingo Appé

*****

Inhalt

I. Eröffnung und Darstellung der Zielsetzungen der Enquete .................................. 6

Vorsitzender Präsident Ingo Appé ............................................................................... 6

II. Informationen zu den Herausforderungen für die Bundes- und Landes­politik                         8

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ........................................................................ 8

Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein ......................................................... 10

Dr. Beate Prettner ......................................................................................................... 13

III. Impulsreferate zu Klimawandel und Trinkwasserversorgung ........................... 14

Dr. Michael Staudinger ................................................................................................ 14

Dipl.-Ing. Dr. Roman Neunteufel ................................................................................. 17

Dipl.-Ing. Franz Dinhobl ............................................................................................... 20

IV. Panels 1-3 ................................................................................................................ 22

Panel 1: Sicherung und Schutz des Trinkwassers ....................................................... 22

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Dr.h.c.mult. Harald Kainz ....................................... 22

Dipl.-Ing. Ferdinand Lembacher ................................................................................. 25

Dipl.-Ing. Iris Strutzmann ............................................................................................. 28

Dipl.-Ing. Dr. Helmut Herlicska ................................................................................... 30

Mag. Dr. Christian Onz ................................................................................................. 34

Dipl.-Ing. Dr. Max Kuderna .......................................................................................... 37

Panel 2: Förderung der Siedlungswasserwirtschaft ..................................................... 39

Dipl.-Ing. Dr. Franz Friedl ............................................................................................ 39

KommR Mag. Alfred Riedl ........................................................................................... 41

Dr. Maria-Luise Mathiaschitz ...................................................................................... 44

Panel 3: Europäische Wasserpolitik .............................................................................. 45

Dipl.-Ing. Johannes Grath ........................................................................................... 45

Jan Willem Goudriaan ................................................................................................. 47

V. Statements der Fraktionsvorsitzenden ................................................................. 50

Bundesrat Karl Bader .................................................................................................. 50

Bundesrätin Korinna Schumann ................................................................................ 52

Bundesrat Josef Ofner ................................................................................................ 53

VI. Offene Diskussion .................................................................................................. 56

Dipl.-Kfm. Marc Fähndrich .......................................................................................... 56

Abg. Dipl.-Ing. Georg Strasser .................................................................................... 57

Bundesrätin Andrea Kahofer ...................................................................................... 58

MEP Karin Ingeborg Kadenbach ................................................................................ 58

Ulrike Böker .................................................................................................................. 59

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner ................................................................. 60

Dipl.-Ing. Johannes Fischer ........................................................................................ 61

Abg. Robert Laimer ...................................................................................................... 62

Bundesrat Günter Kovacs ........................................................................................... 63

Dr. Ulrike Schauer ........................................................................................................ 64

Bundesrat Günther Novak ........................................................................................... 64

Magdalena Prieler ......................................................................................................... 65

Bundesrätin Klara Neurauter ...................................................................................... 66

Albert Royer .................................................................................................................. 67

HR Dipl.-Ing. Christian Kneidinger ............................................................................. 68

Bundesrat Hubert Koller, MA ...................................................................................... 68

VII. Schlussworte des Präsidenten ............................................................................ 69

Vorsitzender Präsident Ingo Appé ............................................................................. 69

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 55

 


 

09.01.54Beginn der Enquete: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident des Bundesrates Ingo Appé, Vizepräsident des Bundesrates Dr. Magnus Brunner, LL.M., Vizepräsident des Bundesrates Hubert Koller, MA.

*****


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich eröffne die Enquete des Bundesrates zum Thema „Trinkwasser schützen und sichern“ und danke Ihnen, dass Sie der Einladung so zahlreich gefolgt sind.

Ich darf alle Anwesenden sehr herzlich willkommen heißen. Mein besonderer Gruß gilt den Referentinnen und Referenten dieser Enquete, im Besonderen Frau Bundes­minis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag.a Beate Hartinger-Klein, Frau Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger so­wie der Landeshauptmannstellvertreterin von Kärnten, Frau Dr.in Beate Prettner.

Sehr herzlich begrüße ich auch Herrn Dr. Michael Staudinger, Direktor der Zentral­anstalt für Meteorologie und Geodynamik, Herrn Dipl.-Ing. Dr. Roman Neunteufel vom Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz der Uni­versität für Bodenkultur Wien, Herrn Dipl.-Ing. Franz Dinhobl, Präsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach.

Ich begrüße Herrn Universitätsprofessor Dipl.-Ing. Dr.techn. Dr.h.c.mult. Harald Kainz, Rektor der Technischen Universität Graz, vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau, Herrn Generalsekretär Dipl.-Ing. Ferdinand Lembacher von der Landwirtschaftskammer Österreich, Frau Dipl.-Ing.in Iris Strutzmann von der Arbeiterkammer Wien aus der Abteilung Umwelt und Verkehr, Herrn Dipl.-Ing. Dr. Helmut Herlicska, Geschäftsführer des Wasserleitungsverbandes Nördliches Bur­genland, Herrn Mag. Dr. Christian Onz, Rechtsanwalt für Wirtschafts- und Umweltrecht bei Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH, Herrn Dipl.-Ing. Dr. Max Kuderna von der WPA Beratende Ingenieure GmbH.

Weiters begrüße ich Herrn Dipl.-Ing. Dr. Franz Friedl, Geschäftsführer der Wasserver­sorgung Grenzland Südost, Herrn Bürgermeister Kommerzialrat Mag. Alfred Riedl, Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, Frau Bürgermeisterin Dr.in Maria-Luise Mathiaschitz, stellvertretende Präsidentin des Österreichischen Städtebundes und Herrn Dipl.-Ing. Johannes Grath vom Umweltbundesamt aus der Abteilung Grund­wasser.

Eine besondere Freude ist es mir auch, Herrn Jan Willem Goudriaan, Vizepräsident von Right2Water, begrüßen zu dürfen, der aus Brüssel zu unserer Enquete angereist ist.

Darüber hinaus begrüße ich herzlich die anwesenden Fraktionsvorsitzenden sowie alle Mitglieder des Bundesrates, des Nationalrates, der Landtage und des Europäischen Par­laments, die Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierungen, der Bundes­minis­terien und der Sozialpartner sowie alle von den jeweiligen Institutionen namhaft ge­machten Vertreterinnen und Vertreter, die als Expertinnen und Experten an der heuti­gen Enquete teilnehmen.

Im Besonderen heiße ich auch die Vertreterinnen und Vertreter der Medien herzlich willkommen.

Ich freue mich auch sehr, alle Zuseherinnen und Zuseher, die die heutige Enquete auf ORF III beziehungsweise via Livestream im Internet verfolgen, herzlich begrüßen zu dürfen.

*****

(Es folgen technische Mitteilungen in Bezug auf das Prozedere durch den Vorsit­zen­den sowie der Hinweis, dass über diese Enquete ein Stenographisches Protokoll ver­fasst wird, das nach einiger Zeit im Internet unter www.parlament.gv.at abrufbar sein wird.)

*****

09.06.22I. Eröffnung und Darstellung der Zielsetzungen der Enquete


9.06.23

Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Ich freue mich, nun meine Eröffnungsworte zur Darstellung der Zielsetzungen der Enquete an Sie zu richten.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass Sie heute an der parla­men­tarischen Enquete zum Thema „Trinkwasser schützen und sichern“ teilnehmen. Wir sind es gewohnt, den Wasserhahn aufzudrehen und zu jeder Tages- und Nachtzeit über sauberes Wasser zu verfügen. Laut UN-Weltwasserbericht haben mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser – und das obwohl die Weltwasservorkommen theoretisch reichen würden, um alle mit genügend Wasser zu versorgen.

Die Verteilung von und Versorgung mit Wasser auf der Erde ist alles andere als aus­geglichen und gerecht. Der weltweite Wassermangel lässt sich einerseits auf die klima­bedingte Hitze und Trockenheit, andererseits aber auf die Menschen selbst zurück­führen. Schließlich wird Wasser nicht nur als Lebensmittel, sondern auch von der Industrie, der Landwirtschaft und dem Tourismus genutzt. Wird Wasser knapp, sind Nut­zungskonflikte vorprogrammiert. Wie wichtig Wasser ist, haben die Vereinten Nationen bereits im Jahr 2010 erkannt, indem sie das Recht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser als Menschenrecht anerkannt haben; jedoch ist Wasser nicht als Grund­recht einklagbar.

In Österreich sind wir noch in der glücklichen Lage, Trinkwasser in bester Qualität zu haben, aber die Bereitstellung von qualitativ hochwertigem Trinkwasser muss auch zu­künftig sichergestellt sein. Sauberes Trinkwasser ist für die Gesundheit und das Wohl­befinden der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung. Wasserverunreinigung und Was­serknappheit können erhebliche soziale und wirtschaftliche Kosten, aber zukünftig auch Konflikte verursachen. Der Schutz und die Sicherung von Wasserressourcen für unsere nächsten Generationen muss oberste Priorität haben.

Die globale Nachfrage nach Wasser steigt laut dem UN-Weltwasserbericht pro Jahr um etwa 1 Prozent. Diese Nachfrage wird auch in den nächsten zwei Jahrzehnten weiter deutlich zunehmen. Einige der Gründe dafür sind das Bevölkerungswachstum, die wirt­schaftliche Entwicklung und ein verändertes Konsumverhalten.

Das Geschäft mit dem Wasser boomt und ist lukrativ. Internationale Konzerne, aber auch große private Wasserversorger und Wasserentsorger wissen das und kennen auch die hohe Qualität der österreichischen Wasserquellen. Doch die Konzerne sehen im Zugang zu Wasser weniger ein schützenswertes Menschenrecht, sondern vielmehr eine weitere lukrative Möglichkeit, um profitable Gewinne erzielen zu können. Das Recht auf sauberes, aber vor allem leistbares Trinkwasser sollte aber für alle Bür­gerinnen und Bürger in der EU sowie weltweit zukünftig gesichert werden. Wenn die EU jedoch Freihandelsabkommen wie Ceta und Tisa zulässt, wird privaten Investoren der Zugriff auf den Wassersektor erleichtert.

Meine Damen und Herren! Die Trinkwasserversorgung als wesentliches Element der Daseinsvorsorge und Zukunftssicherung darf in Österreich nicht zur Handelsware degradiert werden. Unser Ziel sollte es sein, Wasser als öffentliches Gut zu deklarieren und somit sämtlichen Privatisierungsbestrebungen einen Riegel vorzuschieben. Viel­leicht schaffen wir es, überparteilich und gemeinsam, so wie es bereits Slowenien ge­tan hat, Recht auf Wasser verpflichtend in den Verfassungsrang zu erheben, um es zukünftig auch nachhaltig vor kommerziellen Zugriffen schützen zu können.

In den bisherigen Monaten meiner Präsidentschaft konnte ich mich mit zahlreichen Wasserversorgern, aber auch Wasserentsorgern unterhalten und bin dabei immer wieder auf weitere Herausforderungen in Bezug auf Trinkwasserschutz gestoßen. Um ein Beispiel zu nennen: Unterirdische Quellvorkommen kennen keine Grenzen. Wem gehört also das Wasservorkommen? – Es gibt keine bilateralen Übereinkünfte, wie bei Wasserknappheit mit diesen unterirdischen Wasservorkommen umgegangen wird.

Die Vergangenheit, aber auch die Gegenwart zeigt, dass der Zugang zu sauberem Trinkwasser Konfliktpotenzial beinhaltet. In den Siebzigerjahren hat der spätere Gene­ralsekretär der Vereinten Nationen Boutros-Ghali davor gewarnt, dass irgendwann nicht mehr Erdöl, sondern Wasser der Hauptgrund für gewalttätige Auseinandersetzungen sein wird. Da sehe ich die Europäische Union gefordert, bilaterale Lösungen zu finden, von denen dann beide Staaten profitieren können.

Auch die Wasserentsorgung und Wasseraufbereitung müssen zukünftig genauer be­trachtet werden. Unzählige Schadstoffe werden im Abwasser entsorgt und gelangen, da sie nicht vollständig herausgefiltert werden können, in unser Wasser. Es gibt kaum einen Schadstoff, der nicht im Klärwasser nachzuweisen ist: Rückstände von Arznei­mitteln, Antibabypillen, Hormonen, Chemikalien, Pflanzenschutzmitteln, Kosmetika, Wasch­mitteln, ja sogar Drogen. Da stellt sich die Frage, wie viele dieser Rückstände sich nach einer Aufbereitung zu Trinkwasser in diesem wiederfinden können.

Immer wieder und immer öfter werden uns die drastischen Auswirkungen des Klima­wandels eindrucksvoll vor Augen geführt: steigende Meeresspiegel, zunehmende Wet­terextreme und Naturkatastrophen, aber auch schmelzende Eismassen, ob Gletscher oder Pole. Drei Viertel aller Naturkatastrophen hängen bereits direkt oder indirekt mit dem Wasser und der Klimaveränderung zusammen. In Regionen, die bereits mit Trockenheit zu kämpfen haben, werden sich zukünftig die Engpässe verstärken. Es wird heißer. Rekordsommer wie 2018 werden keine Ausnahme darstellen, sondern leider zum Regelfall werden. Dazu hören wir heute noch Experten, die Sie noch viel besser als ich über diese Aussichten und Herausforderungen betreffend Trinkwasser in Zeiten des Klimawandels informieren werden.

Die Gemeinden, Wasserversorgungsgenossenschaften und -verbände müssen zukünf­tig gestärkt werden, um die Nachhaltigkeit der Wasserversorgung zu sozial gerechten Preisen gewährleisten zu können. Hier werden wir uns heute auch der Förderung der Siedlungswasserwirtschaft widmen. Um die Qualität der Trinkwasserversorgung zukünftig garantieren zu können, ist es unbedingt erforderlich, das Förderwesen attraktiver und einfacher zu gestalten.

Meine Damen und Herren! Unsere Kinder zeigen uns weltweit jeden Freitag, dass es bereits mehr als fünf vor zwölf ist. Die 16-jährige Greta Thunberg inspirierte Jugend­liche aus 2 000 Städten in mehr als hundert Ländern zum Schulstreik für das Klima. Der Aufschrei war groß: Schule schwänzen für das Klima?! Es hieß, die Schüler sollten dies in ihrer Freizeit tun. Sollte das wirklich sein? Würden wir dann darüber reden, würde der Freitagsdemonstration Fridays for Future jene Aufmerksamkeit geschenkt werden, die sie verdient?

Es liegt an uns: Wir als Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen auf Bundes- und auf Landesebene müssen die richtigen politischen Schlüsse ziehen, um Maßnah­men auf den Weg zu bringen, um das Trinkwasser, das Wasser für unsere nachfol­genden Generationen zu schützen und zu sichern. Zeigen wir, dass wir als Bundesrat zu Recht als parlamentarische Zukunftskammer bezeichnet werden, und leiten wir gemeinsam die notwendigen Schritte ein! (Beifall.)

9.14

09.14.32II. Informationen zu den Herausforderungen für die Bundes- und Landespolitik


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Ich darf nun Frau Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger, Frau Bundesministerin für Arbeit, Sozia­les, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag.a Beate Hartinger-Klein sowie Frau Landeshauptmannstellvertreterin von Kärnten Dr.in Beate Prettner um ihre Referate mit Informationen zu den Herausforderungen für die Bundes- und Landespolitik bitten.

Ich ersuche die Referentinnen, die Zeit von 10 Minuten pro Statement nicht zu überschreiten, und darf darauf hinweisen, dass das rote Lämpchen am Rednerpult 2 Minuten vor Ende der Redezeit zu blinken beginnt.

Ich bitte nun Frau Bundesministerin Köstinger um ihre Stellungnahme.


9.15.35

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger|: Ge­schätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren BundesrätInnen und Ab­geordnete! Sehr geehrte Damen und Herren Expertinnen und Experten, die heute hier geladen sind. Zuallererst ein herzliches Dankeschön für diese Enquete, die der Bun­desrat veranstaltet. Ich glaube, gerade das Thema Wasser ist in Österreich fast etwas zu selbstverständlich geworden; deswegen begrüßen wir es wirklich sehr, dass es auch im Rahmen dieser Enquete entsprechend Beachtung findet.

Österreichs Wasserschätze prägen das Land wie kein anderes Element. Gewässer in den Regionen sind Lebensadern, sie sind vor allem für die Landwirtschaft, für unsere Lebensmittelproduktion unverzichtbar, sie sind in Österreich auch ganz entscheidend für die Energiegewinnung; auch für die Wirtschaft und für den Tourismus sind sie essenziell. Und: Wasser ist Leben. Ich glaube, das ist uns allen klar; dieser Grundsatz ist auf jeden Fall allgemeingültig.

Im globalen Vergleich können wir uns in Österreich vor allem glücklich schätzen, dass wir über diese ausreichenden Wasserreserven verfügen. Während in vielen europä­ischen Staaten sauberes Wasser nur nach sehr teuren Aufbereitungsprozessen zur Verfügung steht, verwenden wir hier in Österreich zu 100 Prozent Grund- und Quell­wasser. Das ist wirklich ein unermesslicher Schatz, den wir unser Eigen nennen können.

Wir leben in einem Land, in dem wir uns eigentlich kaum Gedanken darüber machen müssen, ob man das Wasser aus der Leitung trinken kann. Wir sehen jedes Jahr, auch im Wassermonitoring der Europäischen Union, dass selbst viele Badeseen in Öster­reich Trinkwasserqualität haben. Das ist wirklich eine enorme Leistung und ein Schatz. Wir nehmen das zum Teil als selbstverständlich hin und vergessen oft, dass wir einer­seits topografisch sehr viel Glück hatten, begünstigt zu sein, andererseits aber auch sehr viel dafür tun müssen, damit wir diesen Zustand erhalten und ihn eben auch stetig verbessern können.

Die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser und vor al­lem auch die Reinigung von anfallenden Abwässern zählen zu den wichtigsten Grund­lagen zur Sicherung der Lebensqualität und vor allem auch zur Sicherung des Wohl­standes in Österreich. Bund, Länder und Gemeinden haben sich in den Finanzaus­gleichs­ver­handlungen darauf verständigt, für die Errichtung und für den Erhalt der erforderlichen Infrastruktur Fördermittel bereitzustellen. Wir haben – das darf man in diesem Rahmen auch einmal sagen – seit 1959 in Österreich mehr als 61 Milliarden Euro in die not­wendige Infrastruktur investiert und damit auch erreicht, dass in Österreich neun von zehn Haushalten an das öffentliche Trinkwasser- und an das kommunale Abwas­ser­netz angeschlossen sind.

Diese Wasserinfrastruktureinrichtungen haben einen großen Wert und müssen auch entsprechend erhalten werden; das muss verstärkt im Bewusstsein der Bevölkerung, aber auch in den verantwortlichen Gemeinden und in den Städten verankert sein. Kampagnen wie beispielsweise Vorsorgen! – Für den Erhalt unserer Trinkwasser- und Abwassernetze tragen dazu wirklich auch wesentlich bei. Der Schwerpunkt der För­dertätigkeit wird sich in Zukunft deutlich in Richtung Werterhaltung und Sanierung verschieben. Aktuell stehen bis Ende 2021 jährlich Fördermittel im Umfang von 80 Mil­lionen Euro zur Verfügung. Wir werden auf jeden Fall alles dafür tun, dass das in den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen verankert wird und dass auch in den zukünftigen Finanzperioden Fördermittel zur Verfügung stehen.

Die österreichische Wasserwirtschaft – ich glaube, dazu wird es heute auch einiges an tiefgreifenden Einblicken geben – hat einen hervorragenden Ruf. Wichtig ist, dass wir das Know-how in Österreich, aber auch weltweit zur Verfügung stellen, dass wir es nutzen, dass wir gleichzeitig auch darauf achten, die Verfügungsgewalt über unser Wasser in Österreich zu behalten, dass Österreich wirklich einen klaren Schwerpunkt darauf legt.

Österreich bekennt sich zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge. Die Verantwortlichkeit von Bund, Ländern und Gemeinden für die Wasserversorgung als Staatsaufgabe ist auch entsprechend in der Verfassung verankert. Damit wurde vor allem allfälligen Tendenzen der Europäischen Union entgegengetreten, die Marktlibe­ralisierung auf den Bereich dieser öffentlichen Dienstleistungen auszuweiten. Die Versorgung mit Trinkwasser soll jedenfalls in der Verfügungsgewalt der öffentlichen Hand bleiben. Das ist speziell auch für uns als österreichische Bundesregierung ein oberstes Ziel und eine absolute Priorität, damit die Trinkwasserversorgung in Öster­reich auch für die zukünftigen Generationen zu einem leistbaren Preis mit Sicherheit gewährleistet werden kann.

Beim Umweltrat im März wurde eine allgemeine Ausrichtung betreffend die neue Trink­wasserrichtlinie erzielt. Der Vorschlag des Rates beinhaltet vor allem auch von Österreich angestrebte Veränderungen gegenüber dem Vorschlag der EU-Kom­mis­sion; Sie alle haben das auch intensiv in den öffentlichen Diskussionen verfolgen können. Der Überwachungsaufwand von kleinen Wasserversorgern wurde sinnvollerweise deutlich reduziert. Das hätte nämlich mehr oder weniger zu einem enormen Anstieg der Kosten für unsere Genossenschaften, unsere Gemeinden und dergleichen geführt, und das konnten wir in dieser Art und Weise abwenden. Speziell kleine Wasserver­sorger sind in Österreich essenziell und sind auch das Rückgrat unserer kommunalen Wasserversorgung, die, wie gesagt, auch wirklich hervorragend funktioniert.

Wir stehen aber auch in Zukunft vor sehr vielen Herausforderungen. Speziell das Thema Klimawandel, das mittlerweile allgegenwärtig ist, das uns zuerst in der Land- und Forstwirtschaft quasi mit voller Härte spürbar trifft, ist eines, dem wir uns stellen müssen, wo wir einfach auch Vorbereitungen treffen müssen. Es ist wirklich wichtig, das als eine der zentralen Prioritäten der Zukunft zu erkennen und auch entsprechend die Weichen zu stellen. Sauberes Wasser in ausreichender Menge für die Trink­wasserversorgung und andere Nutzungen zur Verfügung zu stellen ist unser oberstes Ziel.

Außergewöhnlich heiße Tage, lange Trockenperioden sind Auswirkungen des Klima­wandels, und wir sehen in allen Prognosen, dass das Phänomene sind, mit denen wir uns intensiv auseinandersetzen müssen. Wir haben regional sehr unterschiedliche Ausgangssituationen, speziell im Nordosten Österreichs, etwa im Weinviertel, aber auch im Burgenland, gibt es jetzt wirklich schon außerordentliche Situationen. Das sind niederschlagsarme Regionen, wo sich aufgrund der fehlenden Niederschläge vor allem auch Schädlinge massiv ausbreiten. Da wird es natürlich sehr bedeutend sein, dass wir gemeinsam daran arbeiten, Anpassungsstrategien zu entwickeln, dass wir gemeinsam daran arbeiten und mit den Kommunen und den Ländern schauen, wo wir eventuell jetzt schon Vorkehrungen treffen müssen, wo wir einen erhöhten Wasserbedarf sehen, damit wir eben auch häufigeren und längeren Trockenperioden gut vorbereitet gegenübertreten können.

Wasser ist ein unersetzliches Gut für Natur und Mensch. Wir werden dafür arbeiten, den hohen Standard der österreichischen Wasser- und Trinkwasserversorgung zu er­hal­ten, zu verbessern und auszubauen, damit wir auch für diese künftigen Herausfor­derungen gewappnet sind.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen herzlichen Dank für die heutige Enquete zu diesem sehr entscheidenden und wichtigen Thema. Ich würde mir wirklich sehr wün­schen, dass viel öfter darüber diskutiert wird, dass vor allem aber auch Bewusstsein dafür geschaffen wird, dass jeder mit seinem Verhalten zu einem sorgsamen Umgang mit der Ressource Wasser beiträgt. Vieles ist bereits gemacht worden, auch vonseiten der Wirtschaft und der Industrie, viele Effizienzmaßnahmen wurden getroffen, aber jeder von uns kann natürlich auch einen Beitrag leisten.

In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön für die Veranstaltung heute! Ich wünsche der Veranstaltung noch einen guten Verlauf und sehr gute Gespräche, vor allem mit den Experten. – Danke schön. (Beifall.)

9.24


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Vielen Dank, Frau Bundesministerin. Ich danke auch dafür, dass Sie trotz des bevorstehenden Ministerrates Zeit gefunden haben, mit Ihrer Kollegin zur Enquete zu kommen.

Ich darf auch gleich die nächste Ministerin um ihre Ausführungen bitten. – Bitte, Frau Bundesministerin.


9.24.39

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Beate Hartinger-Klein|: Herr Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Werte Expertinnen und Experten! Gerade als Gesundheitsministerin ist für mich Trink­wasser ein ganz wichtiges Thema. Ich möchte mich bei Ihnen allen für diese Enquete bedanken, denn – wie es Frau Kollegin Köstinger schon ausgeführt hat – wir können den Wert des Trinkwassers nicht genug schätzen.

Warum ist Trinkwasser auch für mich als Gesundheitsministerin so wichtig? – Es ist einfach das wichtigste Lebensmittel. Trinkwasser ist lebensnotwendig, ein erwachsener Körper braucht 2 bis 3 Liter Flüssigkeit pro Tag, 1,5 Liter davon aus bevorzugt energie­armen Getränken. Das ist also ein ganz wichtiger Punkt, der auch für unsere Ge­sund­heit maßgeblich ist. Beispielsweise in der Schwangerschaft, bei körperlicher Anstren­gung oder an heißen Tagen erhöht sich der Flüssigkeitsbedarf, und eine zu geringe Wasseraufnahme führt innerhalb kurzer Zeit zu Dehydrierung. Wird zu wenig Wasser aufgenommen, können beispielsweise auch Konzentrationsschwächen, Kopfschmer­zen, verringerte körperliche Leistungsfähigkeit sowie Verwirrtheit auftreten. – Also bitte trinken Sie alle heute genug Wasser! Ich weiß, wie das bei solchen Sitzungen ist, man trinkt eigentlich zu wenig. Ich darf Sie also auffordern, unser gesundes Wasser in Wien zu trinken; ich sage als Steirerin immer stolz, es ist ja das steirische Hochquellwasser – Sie gestatten mir diese Bemerkung – für Wien.

Die Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser ist mir ein besonderes Anliegen. Österreich ist, wie schon gesagt wurde, im Gegensatz zu vielen EU-Mitgliedstaaten in der glücklichen Lage, seinen Trinkwasserbedarf zur Gänze aus geschützten Grundwasservorkommen zu decken. Es gelangt zumeist in natür­lichem Zustand und durchwegs ausgezeichneter Qualität zu den Verbrauchern. Mancherorts in Österreich kann man das Trinkwasser hinsichtlich des Gehalts an Mineralstoffen wie Calcium oder Magnesium mit österreichischen Mineralwässern absolut vergleichen. Im Vergleich zu abgefülltem Wasser bedarf es keiner Verpackung, und auch der Transport im Leitungsnetz direkt in unser Haus spart Ressourcen und senkt so auch die CO2-Emissionen. Auch das sind Auswirkungen davon, dass wir unser Trinkwasser direkt aus der Leitung bekommen können. Darüber hinaus enthält Trinkwasser keine Kalorien und ist somit wohl der beste Durstlöscher, den wir generell haben.

Das Inverkehrbringen von Trinkwasser wird mit dem  Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz sowie in der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch näher geregelt. In dieser werden an die Qualität von Trinkwasser und die Überwachung strengste Anforderungen gestellt. Durch die schon jetzt stattfindende umfassende Überwachung von der Quelle bis zu den Abnehmern ist ein hohes Schutzniveau für die Trinkwasserversorgung generell in Österreich gewähr­leistet. Die Trinkwasserversorger müssen im Rahmen der Eigenkontrolle das abge­ge­bene Wasser in regelmäßigen Abständen untersuchen lassen. Diese Unter­suchungen und Begutachtungen dürfen dabei nur von hierzu berechtigten Lebens­mittelbegut­achterInnen beziehungsweise Instituten der Ages und den Untersuchungs­anstalten der Länder durchgeführt werden. Die Befunde und Gutachten sind von den Betreibern der Wasserversorgungsanlagen unverzüglich an die zuständigen Behörden weiterzuleiten. Das heißt, die Kontrolle ist gewährleistet.

Die Kontrolle der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften und damit auch der Bestimmungen der Trinkwasserverordnungen obliegt dem Landeshauptmann be­zie­­hungsweise der Landeshauptfrau als zuständiger Behörde. Mein Ministerium ko­ordiniert die Kontroll- und Überwachungstätigkeiten der beteiligten Stellen als zentrale Kontrollbehörde. Die amtliche Kontrolle von Trinkwasser wird auch in Form von Schwerpunktaktionen durchgeführt. Dabei werden organische Spurenstoffe wie zum Beispiel Pestizide und deren Metaboliten, aber auch anorganische Spurenstoffe wie zum Beispiel Uran oder Probleme im Bereich der Hygiene thematisiert. Bei Über­schreitungen von Werten sind die Abnehmer sowie die zuständigen Behörden von den Wasserversorgern unverzüglich zu informieren. Zusätzlich sind auch Hinweise auf etwaige Vorsichtsmaßnahmen wie Nutzungsbeschränkungen für das Wasser oder Be­handlungsverfahren anzugeben.

Im Rahmen der Codexkommission, welche mir in Angelegenheiten sämtlicher lebens­mittelrechtlicher Vorschriften beratend zur Seite steht, gibt es auch die Unterkom­mis­sion Trinkwasser. In dieser Codexunterkommission sind Vertreter und Vertreterinnen der Wasserversorger, der Wirtschaftskammer, der Arbeiterkammer, des Vereins für Konsumenteninformation und weitere Trinkwasserexperten und ‑expertinnen aus dem Kreis der Universitäten, der zuständigen Behörden und Trinkwasseruntersuchungs­stel­len vertreten. Die Unterkommission berät regelmäßig über Themen wie zum Beispiel hygienische Anforderungen, Trinkwasseraufbereitung oder Pestizide.

Die Trinkwasserversorgung in Österreich ist – wie meine Kollegin schon erwähnt hat – sehr kleinteilig strukturiert. In Österreich gibt es circa 4 500 Wasserversorger, die mehr als 50 Personen pro Tag versorgen; davon sind lediglich 265 große Wasserversorger, die mehr als 5 000 Personen pro Tag versorgen. Im Gegensatz dazu haben die Nie­derlande mit über 17 Millionen Einwohnern nicht einmal 20 Wasserversorger. Das heißt also, wir haben eine kleinteilige Struktur, die auch große Vorteile hat. Nicht mitgerechnet werden da Kleinstwasserversorgungsanlagen und Einzelwasserversor­gungsanlagen wie zum Beispiel Hausbrunnen. Der Untersuchungsumfang für Wasser­versorger ist im derzeitigen System genau festgelegt; es gibt also genaue Checklisten, genaue Häufigkeiten, genaue Mengen – das ist alles genau geregelt.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass mein Ministerium, die Ages und die Öster­reichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach gemeinsam ein Infoportal ins Leben gerufen haben. Es dient dazu, die in Österreich vorhandenen allgemeinen Infor­mationen zum Thema Trinkwasser und spezielle Informationen zur Qualität der Wasserversorger zusammenzufassen und entsprechend zu informieren.

Österreich besitzt im Gegensatz zu anderen Ländern große Trinkwasservorkommen und -reserven. Um weiterhin Versorgungssicherheit im Trinkwasserbereich zu garan­tieren, werden neue Quellen erschlossen und tiefere Brunnen gebohrt. Weiters werden Wasserleitungsnetze einzelner Gemeinden verbunden, um im Bedarfsfall die gegen­seitige Versorgung übernehmen zu können. Die Notversorgung erfolgt zumeist mit abgepacktem Trinkwasser und mit Trinkwassertankwägen. Beim Neubau von Brun­nen zu kommerziellen Zwecken oder bei der Errichtung von Abfüllanlagen muss ein was­serrechtliches Bewilligungsverfahren durchlaufen werden; auch dieses ist ganz genau geregelt.

Eine große Herausforderung ist derzeit aber der Vorschlag für die Neufassung der EU-Trinkwasserrichtlinie. Die nationalen Trinkwasserverordnungen, die bereits eingangs von mir erwähnt wurden, sind eine Umsetzung der auf EU-Ebene kundgemachten Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch. Diese Richtlinie hat das Ziel, die menschliche Gesundheit vor allem vor den nachhaltigen Einflüssen, die aus der Verunreinigung des für den menschlichen Gebrauch be­stimmten Wassers entstehen, zu schützen, indem seine Genusstauglichkeit und Rein­heit gewährleistet wird. Der Vorschlag der Kommission sieht entgegen einigen Medienberichten keine Privatisierung oder Liberalisierung der Abgabe von Trinkwasser vor – gerade dies ist mir ein besonderes Anliegen: keine Privatisierung! –; allerdings geht der Vorschlag der EU etwas zu weit. Uns ist die Subsidiarität natürlich ein ganz wichtiges Anliegen, daher konnte Österreich den Kompromisstext nicht unterstützen und hat sich der Stimme enthalten. Dies entsprach auch der uns vorliegenden ein­heitlichen Stellungnahme der Bundesländer.

In der Europäischen Wasser-Charta, Straßburg 1968, hieß es – und das möchte ich Ihnen für Ihre Diskussionen mitgeben –: „Ohne Wasser gibt es kein Leben, Wasser ist ein kostbares, für den Menschen unentbehrliches Gut.“ – Danke schön. (Beifall.)

9.33


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen und Ihr Kommen.

Ich darf nun Frau Landeshauptmannstellvertreterin Dr.in Beate Prettner bitten, zum Red­nerpult zu kommen.


9.34.01

Dr. Beate Prettner (Landeshauptmannstellvertreterin von Kärnten)|: Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseher vor den Fernsehgeräten! Dieses Thema ist sehr elementar, und ich bedanke mich beim Bundesratspräsidenten für die Auswahl dieses Themas, denn es berührt uns alle wirklich in jeder einzelnen Zelle.

Wir brauchen Wasser zum Leben, denn Wasser ist auch der Ursprung allen Lebens. H2O, diese einfache Formel ist sogar jedem Kind bekannt. Wasser ist Leben ist eine allgemeingültige Formel. Ein Samenkorn, das in die Erde fällt und kein Wasser bekommt, hat keine Zukunftschancen. Ohne Wasser können weder Pflanzen noch Tiere gedeihen, und selbst unser aller Leben hat in dem Element Wasser begonnen, wir wurden praktisch mit dem Element Wasser gedeihlich ans Licht der Welt gebracht.

Wasser ist etwas ganz Besonderes und etwas ganz Kostbares; deshalb müssen wir auch revolutionär sein, wenn wir dieses kostbare, besondere Element für die Zukunft schützen wollen. Es genügt deshalb nicht, Bekenntnisse zu haben – wir haben uns abgesichert, wir haben in der Verfassung stehen, dass das Wasser geschützt ist –, sondern wir müssen alle privatrechtlichen Interessen der Daseinsvorsorge unterord­nen. Wir müssen allen Menschen den Zugang zu Wasser sichern, denn der nicht vor­han­dene Zugang zu Wasser schürt große Konfliktpotenziale.

Es wurde schon erwähnt, dass ein Drittel der Menschheit auf diesem Planeten derzeit keinen regelmäßigen Zugang zu Wasser hat, dass ein Drittel der Menschen nicht mit hoher Trinkwasserqualität lebt, dass deshalb großer sozialer Konflikt herrscht; Wohl­stand ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist aufgrund des Klimawandels auch in Zukunft damit zu rechnen, dass das Nichtvorhandensein eines Zugangs zu Wasser weiterhin Flüchtlingsströme und weltweite Konflikte verursachen wird; deshalb ist es die größte Priorität, den Schutz des Wassers in unser allgemeines Bewusstsein zu rufen, aber vor allem auch in das Bewusstsein der Allgemeinheit auf allen Ebenen, seien das Gemeinden, seien das Bundesländer, seien das Staaten. Da wir Mitglied der Europäischen Union sind und in der Europäischen Union ganz wichtige Probleme zu lösen haben, ist es auch ein europäisches Problem, das ein klares Statement braucht.

Wir in Kärnten haben in den letzten Jahrzehnten 3 Milliarden Euro investiert, um un­sere Abwasserentsorgung und unsere Wasserversorgung zu sichern. Es ist sehr vorausschauend, dass wir das getan haben. Wir könnten derzeit Wasserleitungen von Klagenfurt bis nach Saudi-Arabien legen. 4 500 Kilometer Wasserleitungen haben wir gebaut, um für die Menschen in Kärnten sicherzustellen, dass sie, wenn sie den Was­serhahn aufdrehen, eine hohe Qualität des allerwichtigsten Grundnahrungsmittels vor­finden.

Sie haben schon gehört, wie viele Kontrollen es braucht, wie viele Schritte es braucht, um sicherzustellen, dass diese hohe Qualität gesichert ist. Wir kontrollieren unser Was­ser ständig, wir haben Vorschriften über unsere Verordnungen. Wir sind auch in der glücklichen Situation – in diesem Fall können wir sagen, wir sind reich, wasserreich –, dass auch Badeseen Trinkwasserqualität aufweisen. Um das auch noch für die Generationen nach uns, für unsere Kinder und Enkelkinder, sicherzustellen, müssen wir aber unsere Hausaufgaben machen.

Unser für das Thema Wasser zuständige Landesrat Daniel Fellner arbeitet daran, auch in Kärnten die Wasser-Charta umzusetzen und es nach dem Beispiel von Slowenien zu machen, so dass Wasser für die öffentliche Versorgung und Daseinsvorsorge die oberste Priorität hat und der Handel mit Wasser dem untergeordnet sein muss. Wir müssen alle revolutionär denken und revolutionär an dieses Thema herangehen, weil es in der Zukunft viele Herausforderungen gibt. Wir müssen uns grundlegende Gedan­ken machen, wie wir es heute zustande bringen, für die Zukunft abzusichern, damit es keine Konflikte um dieses hohe Gut gibt, das wir uns erarbeitet haben.

Für mich wird diese Enquete heute eine erfolgreiche Enquete sein, wenn wir alle mit dem Bekenntnis, aber auch mit dem Bewusstsein und mit der Idee hinausgehen, es allen Menschen zu sagen. Es ist für uns so selbstverständlich geworden, dass wir tagtäglich reines Wasser zur Verfügung haben. Es wird uns erst bewusst, wenn wir auf Urlaub oder im Ausland sind, welche hohe Qualität und welch wichtiges Gut wir hier haben. Wenn wir heute mit dem Bekenntnis hinausgehen, wir ordnen die privat­recht­lichen Interessen dem öffentlichen Zugang, dem öffentlichen Nutzen, dem Bedarf der Menschen, die das Wasser zum täglichen Überleben brauchen, unter, dann ist diese Enquete sehr erfolgreich gewesen.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen noch spannende Vorträge. (Beifall.)

9.40


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Vielen Dank für die Ausführungen.

Der erste Themenblock ist damit abgeschlossen, und ich bedanke mich bei allen drei Vortragenden für ihre Beiträge.

09.41.00III. Impulsreferate zu Klimawandel und Trinkwasserversorgung


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Nunmehr kommen wir zum zweiten Themen­block, den Impulsreferaten zum Klimawandel und der Trinkwasserversorgung.

Ich ersuche die Referentinnen und Referenten, dazu auf der Regierungsbank Platz zu nehmen und ihre Beiträge dann vom Rednerpult aus abzugeben.

Ich bitte die Referentinnen und Referenten, die Zeit von 10 Minuten pro Statement nicht zu überschreiten. Ich darf wieder darauf hinweisen, dass das rote Lämpchen am Rednerpult 2 Minuten vor Ende der Redezeit zu blinken beginnt.

Ich ersuche nun Herrn Direktor Dr. Michael Staudinger von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik um seinen Beitrag. – Bitte, Herr Direktor.


9.41.21

Dr. Michael Staudinger (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Zunächst vielen Dank für die Einladung, hier darüber sprechen zu können, denn die Klimaänderung ist von den Gefahren, die uns bevorstehen, die am schwersten fassbare.

Das World Economic Forum in Davos hat drei Risiken für langfristige Investitionen genannt, und zwar Terrorismus, Cybercrime und die Klimaänderung. Terrorismus ist extrem gut kommunizierbar: Wenn etwas in Neuseeland passiert, ist es Minuten später bei uns in den Medien, es wird Minuten später diskutiert und es wird in den Tagen darauf sehr massiv reagiert. Das Gleiche gilt bei Cybercrime. Auch der Zwischenfall, den es im Vereinigten Königreich gegeben hat, als ein Krankenhaus für einige Tage zusperren musste, weil es eine Cyberattacke gegeben hat, war etwas, was sofort diskutiert worden ist, wo sofort Maßnahmen gesetzt worden sind, wo sofort die Sicherheitssysteme hochgefahren worden sind.

Bei der Klimaänderung geht es um etwas relativ Abstraktes. Die Conference of the Parties 2015 in Paris hat sich eine Zielsetzung von 1,5 Grad Temperaturänderung gegeben. 1,5 Grad ist eine Temperaturänderung, die wir heute Früh zwischen 7 Uhr morgens und 9.30 Uhr hatten. Jeder wird sagen, das ist etwas, was jeden Tag passiert. Sehr viele Leute haben in Diskussionen bereits gesagt, das kann man gar nicht mes­sen. Klimaänderung zeigt sich aber jetzt nicht in dieser Mitteltemperaturänderung, son­dern Klimaänderung zeigt sich in den Auswirkungen, die wesentlich komplexer sind.

Komplexität heißt in diesem Fall zum Beispiel Niederschlagsänderungen. Wenn man das aus dem globalen Winkel betrachtet, dann sieht man, dass es im Norden in Zukunft wesentlich mehr Niederschlag geben wird, und zwar in den Polgebieten, wo man das Wasser sicher nicht braucht, bis zu dem Faktor zwei. Es wird aber in den Mittelmeergebieten deutlich weniger Niederschlag geben, und zwar in Gebieten, wo jetzt schon die Landwirtschaft an einer Grenze ist, wo landwirtschaftliche Produktion dann kaum mehr möglich ist, wenn die Werte noch einmal um 10, 20, 30 Prozent sinken.

Wir in den Alpen sind in einer Grenzfläche zwischen diesen beiden Regionen. Es wird in Zukunft einzelne Jahre geben, die von einem feuchten Regime von Norden her bestimmt sind, und andere Jahre, wo eher dieses trockene Regime von Süden bis über die Alpen heraufreicht. Das ist eine globale Verteilung.

Wenn man sich die Unterschiede während der Jahreszeiten anschaut, dann zeigen die Modelle in unserem Gebiet, in den Alpen, dass die Winter im Mittel feuchter und nasser und die Sommer trockener werden. Wenn man dann noch einmal in die Verteilung geht und sich die sieben Tage eines Jahres anschaut, an denen die stärksten Nieder­schläge fallen – das sind je nach Klimaregion zwischen 70, 100, 130 Millimeter –, so haben bereits die letzten 30 Jahre gezeigt, dass an diesen sieben Tagen die Nie­derschlagsintensität in der Tagessumme um 30 Prozent zugenommen hat. Man hat es im letzten Jahr in Kärnten mit den Muren gesehen, man hat es in den letzten Jahren mit den lokalen Hochwasserereignissen gesehen, die punktuell aufgetreten sind, die aber punktuell Schäden verursacht haben, die im Schnitt bei 200 Millionen pro Jahr gelegen sind.

Diese Tendenz wird sich weiter fortsetzen, weil warme Luft mehr Feuchtigkeit halten kann. Kann heißt, sie muss nicht die Feuchtigkeit halten, aber es gibt die Möglichkeit dazu. Wenn feuchte Luftmassen zum Beispiel vom Mittelmeer zu uns kommen und die Luft wesentlich wärmer ist, dann ist wesentlich mehr Energie vorhanden und dann kommt es zu wesentlich intensiveren Niederschlägen. Kann heißt aber auch, die Luft muss nicht immer diese Feuchtigkeit haben.

Ein zweites Phänomen, das wir in den letzten Jahren schon beobachtet haben und das in Zukunft noch stärker auftreten wird, ist die Persistenz von Wetterlagen. Durch die größeren Temperaturunterschiede zwischen einem etwas kühleren oder sich nicht so stark ändernden Atlantik und einer sehr starken Temperaturzunahme über einem trockenen Kontinent haben Hochdruckgebiete die Tendenz, ortsfest zu bleiben, und zwar nicht nur in Europa, sondern auch in den Vereinigten Staaten und ungefähr sie­ben Punkten an der Nordhemisphäre. Das ist aufgrund der Landmassenverteilung zwischen Ozeanen und festen Landmassen in Europa und in den Vereinigten Staaten am stärksten ausgeprägt.

Das heißt aber auch, dass diese Persistenzen, die auf den ersten Blick, wenn die Tem­peraturen nicht extrem hoch sind, eher harmlos wirken, wenn sie im Sommer auftreten, zu Hitzewellen führen können, wie wir sie im Jahr 2003 oder 2018 gehabt haben. Das heißt nicht, dass es früher nie Persistenzen gegeben hat, aber die Häufigkeit dieser Ereignisse hat zugenommen und wird in Zukunft noch weiter deutlich zunehmen. Das heißt, wenn die Feuchtigkeit nicht vorhanden ist, dass es Dürreperioden mit sich bringt, dass sehr starke Verdunstung vom Boden passiert, und das heißt auch, wenn es längere Zeiträume betrifft, dass die Hydrogeologie darauf anspricht und mehr Wasser aus dem Boden rausgenommen wird. Davon sind die bodennahen Trinkwasserkörper betroffen, so wie wir es im Jahr 2018 bereits gesehen haben. Das sind Phänomene, die schleichend kommen.

Ich darf kurz etwas zur Mitigation sagen. Damals bei der Conference of the Parties 2015 in Paris wurde ein Übereinkommen getroffen, bis 2050 zu dekarbonisieren. Frau Landeshauptmannstellvertreterin Prettner hat gerade gesagt, es braucht dazu ein wirklich revolutionäres Umdenken bei unseren Produktionsweisen, Konsumge­wohn­hei­ten und Lebensgewohnheiten.

Wenn man auf die Webseite vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus geht, dann findet man dort einen sehr schön und sehr einleuchtend gemachten Klima-Zielpfadrechner – das Wort ist ein bisschen kompliziert, das System ist sehr einfach –, wo man sieht, was in jeweils vier Stufen für erneuerbare Energie, für Mobilität, für Landwirtschaft, für Wohnen, für Industrie gemacht werden muss, um eine Dekarbo­ni­sierung in den nächsten 20, 30 Jahren zu erreichen. Man sieht Maßnahmen, die allesamt technisch möglich sind, die für ein Land wie Österreich, das zu den reichsten Ländern der Welt gehört, finanziell möglich sind.

Was fehlt, ist das Bewusstsein, was fehlt, sind die Rahmenbedingungen, was fehlt, sind die Anreizsysteme. Wenn man es sich in einem Dreieck zwischen Politik und Bürgern – das wären wir hier – vorstellt, zwischen Industrie und Konsumenten und zwischen Wissenschaft und Medien zur Bewusstseinsbildung – das sind zum Beispiel wir von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik –, dann kann man be­obachten, dass wir Weltmeister bei guten Ausreden sind. So war die Diskussion in den letzten Jahren und so ist auch die laufende Diskussion. Jeder sagt, das soll die Politik machen, das soll die Industrie machen, die Industrie sagt, das soll der Konsument machen, und jeder weiß natürlich um die Schwächen dieses fehlenden Bewusstseins.

Dieses Bewusstsein, das uns allen fehlt, erinnert mich an die Situation der Tsunamis damals in den 2000er-Jahren. Man kannte das Phänomen nicht. Die Leute, die Tou­risten sind am Strand gestanden und haben gesehen, dass sich das Meer plötzlich 100, 500 Meter, 1 Kilometer zurückzieht. Sie sind hinausspaziert, denn es war nichts Dramatisches, es war etwas Interessantes, man konnte die Muscheln am Boden sehen, bis zu dem Zeitpunkt, als plötzlich die 10 Meter hohe Welle gekommen ist, als es zu spät war, zu reagieren.

Bei der Klimaänderung gibt es ähnliche Kipppunkte, wenn bestimmte Werte überschrit­ten sind. Zum Beispiel führt das Abschmelzen der Eismassen in den Polgebieten zu wesentlich stärkerer Absorption von Sonnenstrahlung in dunklen Meermassen im Ver­gleich zu diesen blendend weißen Schneemassen. Das beschleunigt die Entwicklung, so wie das Methan, das aus Permafrostgebieten herauskommt, das 15-fach stärker klimawirksam ist als CO2 beispielsweise. Das beschleunigt eine Entwicklung, die dann nicht mehr umkehrbar ist. Darum ist das Gebot der Stunde, sich nicht so naiv wie die Touristen damals in Thailand zu verhalten, die aufs Meer rausspaziert sind – und dann plötzlich kam die Welle.

Ich darf zum Schluss noch eine kleine Begebenheit erzählen, die mir vor drei Wochen passiert ist, als Bundesminister Faßmann mich gebeten hat, eine Diskussion mit Schülern mit ihm zu führen, die zu uns auf die Hohe Warte gekommen sind. Es waren alle im Sonntagsanzug und alle haben höflich diskutiert. Da war eine junge Schülerin dabei, die Argumente zur Klimaänderung gebracht hat, so wie ich sie jetzt gebracht habe, weil die Jungen sehr bewusst sind und auch schon sehr viel davon verstehen. Zum Schluss hat sie gesagt: Na ja, wenn die Klimaänderung kommt, dann seid ihr beide ja schon tot. Als sie das gesagt hat, ist ihr bewusst geworden, dass das jetzt vielleicht nicht die größte Art der Höflichkeit war, und sie hat gleich nachgeschoben: Na, ich meine das nicht so. Dann hat sie aber noch einmal eine Sekunde reflektiert und gesagt: Aber es stimmt doch! – Ich glaube, das hat den Kern der Sache getroffen. Es betrifft hauptsächlich die nächste Generation, unsere Kinder und Kindeskinder.

Und wir sind wie bei dieser Tsunamisituation etwas zu weit weg von der wirklich im­manenten Gefahr, so wie bei einer Terrorismusattacke, wo man innerhalb von Minu­ten reagieren muss. Ich glaube, unser Gebot ist, dieses Bewusstsein zu schaffen, dass jetzt etwas getan werden muss, und revolutionär zu denken, wie es die Frau Lan­deshauptmannstellvertreterin zuerst gerade gesagt hat.

Herr Präsident, ich darf mich sehr herzlich für die Einladung bedanken und bei Ihnen für die Aufmerksamkeit. – Danke sehr. (Beifall.)

9.51


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Herr Direktor Dr. Staudinger.

Ich darf nun Herrn Dipl.-Ing. Roman Neunteufel vom Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz der Universität für Bodenkultur um seinen Beitrag bitten.


9.51.58

Dipl.-Ing. Dr. Roman Neunteufel (Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Sied­lungs­wasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich, dass ich für Sie heute mit meinem kurzen Referat den Brückenschlag von den Ausführungen zum Klimawandel dahin machen darf, welche Bedeutungen er für die Wasserversorgung, für die Trinkwasserversorgung des Landes hat.

Sie haben bereits gehört, die Wasserversorgung erfolgt fast ausschließlich aus Grund- und Quellwässern. Das hat qualitative Gründe, das ist aufgrund des flächendeckenden Grundwasserschutzes möglich. Die Wasserversorgung ist sehr kleinräumig strukturiert, auch das haben Sie schon gehört. Es gibt sehr viele kleine Wasserversorger, einige Tausend bis 5 000, je nachdem, wie man sie zählt, welche kleinen Strukturen man noch mitzählt. Diese Wasserversorger verwenden lokale Ressourcen, und natürlich geht es auch darum, diese lokalen Ressourcen für die Zukunft zu erhalten, und zwar einerseits quantitativ und andererseits natürlich auch qualitativ.

Der Titel der Veranstaltung stellt die Frage, was jetzt zu tun ist, um das Trinkwasser zu schützen und zu sichern. Sie haben auch schon von der existierenden Infrastruktur gehört, um das Wasser zu verteilen, da gab es 61 Milliarden nur an Förderungen. Das heißt, hier gibt es einen großen Wert, der erhalten werden muss. Die Infrastruktur unterliegt natürlich der Alterung. Viele Netze kommen schön langsam in die Jahre, ein­fach wegen der Lebensdauer der Infrastruktur. Womit wir auf jeden Fall in den kom­menden Jahren und Jahrzehnten rechnen müssen, ist, dass sehr viel mehr an Erneue­rung für die Wasserversorgungsnetze passieren muss. Es ist aber auch eine Chance, diese Erneuerung dafür zu nutzen, um gleich diese Anpassungen mit auf den Weg zu schicken, die vielleicht auch aus dem Klimawandel heraus notwendig sein werden.

Ich habe meinen Fokus heute bewusst ein bisschen auf die Wassermengen gelegt. Über die Wasserqualität und den qualitativen Ressourcenschutz wird sicher auch noch gesprochen werden, aber ich beziehe mich heute in weiterer Folge eher einmal auf die Wassermengen. Ganz wichtig für die zukünftige Wasserversorgung wird es natürlich sein, dass die langfristigen Bilanzen zwischen Wasserdargebot und Wasserbedarf stim­men. Auf beides hat der Klimawandel natürlich Einfluss.

Wir haben heute auch schon vom großen Wasserreichtum Österreichs gehört. Das stimmt, wir verwenden nur eine niedrige einstellige Prozentzahl dessen, was an Nie­derschlag auf die Landesfläche herabregnet, für die öffentliche Versorgung, für Indus­trie, Landwirtschaft und so weiter. Wenn wir uns anschauen, was wir allerdings aus den Grundwasserkörpern wirklich nachhaltig entnehmen können, so ist das ein anderer Anteil. Das heißt, die Grundwasserneubildung ist natürlich nicht der gesamte Nieder­schlag, und von der gesamten Grundwasserneubildung kann man auch nicht alles entnehmen, sonst wären die Grundwasserkörper übernutzt und nicht in gutem Zustand gemäß der Wasserrahmenrichtlinie. Das heißt, was als nachhaltig nutzbares Dargebot wirklich zur Verfügung steht, ist durchaus geringer. Hier ist der Ausnutzungsgrad sehr, sehr viel höher und in manchen Regionen durchaus mittlerweile im eher hohen zwei­stelligen Prozentbereich.

Was sind nun die relevanten Einflüsse des Klimawandels für die Wasserversorgung? – Sie haben gehört, die Temperaturen nehmen zu. Dabei haben die zunehmenden Hitzewellen Einfluss, die Verdunstung steigt. Mit der steigenden Verdunstung wird es mehr Bewässerungsbedarf geben. Das ist einerseits für die Wasserversorger relevant, weil natürlich private Gärten bewässert werden, andererseits natürlich auch für die Landwirtschaft. Hier gibt es klarerweise immer irgendwelche potenziellen Nutzungs­konflikte. Sie haben auch schon gehört, dass Rekordsommer, wie wir sie in den letzten Jahren – 2003, 2015, 2018 – erlebt haben, in Zukunft eher die Regel werden.

Bezüglich des Niederschlags wird es so sein, dass wir etwas weniger Schneenie­der­schläge haben. Das Niederschlagsverhalten wird ein bisschen ungleichmäßiger, es wird trockenere und nassere Jahre geben. Es wird eine Zunahme an Starknieder­schlägen geben und es wird damit natürlich auch zumindest lokal vermehrte Hoch­wässer geben, die Schäden an dieser wertvollen Infrastruktur oder zumindest kurzfris­tige oder mittelfristige Ausfälle bedingen werden.

Was bedeuten die Einflüsse des Klimawandels für das Wasserdargebot? – Die Grund­wasserneubildung wird sich vielleicht in manchen Regionen gar nicht so sehr verändern, in nördlichen und westlichen Regionen des Landes wird sie vielleicht sogar etwas steigen, weil mehr Niederschläge erwartet werden. Im Süden wird sie vielleicht gleich bleiben, und in den östlichen Regionen, die jetzt schon teilweise nieder­schlags­arm sind, wird eventuell sogar mit geringerer Grundwasserneubildung gerechnet. Wie gesagt, es wird sehr stark unterschiedliche Jahre geben.

Was bedeutet das für die Grundwasser- oder für die Ressourcenverfügbarkeiten? – Im Grundwasser wird es Grundwasserkörper geben, die einen steigenden Trend zeigen, es wird Grundwasserkörper geben, die einen fallenden Trend zeigen. Das wird sich in Summe österreichweit vielleicht die Waage halten, aber zu lokalen oder regionalen Unterschieden führen.

Bei den Quellschüttungen war in den letzten zehn bis 20 Jahren bei vielen tatsächlich ein Rückgang beobachtbar. Das heißt, es gibt mehr Quellen, die in den letzten zehn bis 20 Jahren weniger Wasser liefern, und weniger Quellen, die eine Zunahme gezeigt haben.

Der Konkurrenzdruck wird sicher steigen. Einerseits ist es natürlich die Landwirtschaft, die mengenmäßig mehr entnehmen wird, weil die Bewässerung steigen wird, aber kla­rerweise muss man dabei auch im Auge behalten, dass es immer wieder dieses qualitative Thema gibt, dass es qualitative Nutzungskonflikte gibt und geben wird, die auch noch verstärkt stattfinden werden.

Was die Wasserqualität unserer Wasserressourcen betrifft, werden speziell in langen Trockenperioden die Verdünnungseffekte durch versickernde Niederschläge abneh­men, das heißt, es können diverse Wasserinhaltsstoffe in ihrer Konzentration etwas an­steigen. Das werden wahrscheinlich nur zeitlich begrenzte Effekte sein, aber sie werden stattfinden. Mit der steigenden Temperatur wird natürlich auch das Wasser im Boden eine höhere Temperatur bekommen. Von der Versorgungssicherheit, von den betrieblichen Aspekten der Wasserversorgung her hat das bislang zu keinen Prob­lemen geführt. Die Konsumenten nehmen allerdings ein um ein paar Grad wärmeres Wasser aus dem Wasserhahn durchaus zur Kenntnis. Kühles Wasser schmeckt ein­fach besser, wird frischer wahrgenommen und somit lieber getrunken.

Das war die Ressourcensituation, der nächste Blick ist: Wie ändert sich der Wasserver­brauch? – Der größte Verbrauchstreiber für die öffentliche Wasserversorgung ist natür­lich die Bevölkerungsentwicklung. Diese ist regional etwas unterschiedlich, in manchen Regionen aber stark steigend.

Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch ist in den letzten zehn, 20 Jahren durch Ein­sparungspotenziale wie moderne Haushaltsgeräte sogar etwas zurückgegangen. Diese Einsparungen sind aber weitgehend ausgereizt, es kommt dabei jetzt zu einer Abflachung. Ich sage immer, die Talsohle der Einsparung ist bald erreicht, und tat­sächlich finden wir jetzt auch wieder eher steigende Verbrauchsspitzen. Es steigt also nicht der durchschnittliche Verbrauch, sondern es steigen die Verbrauchsspitzen. Das ist natürlich für die Wasserversorgung relevant, denn gerade auf diese Ver­brauchs­spitzen müssen die Ressourcenentnahmen, muss das Leitungsnetz und müssen die Aufbereitungen, wenn es welche gibt, ausgelegt sein. Das ist, wie gesagt, für die Was­serversorgung von hoher Relevanz.

Warum steigen die Verbrauchsspitzen? – Es gibt einfach eine Zunahme des Ver­brauchs. Die Zahl an Swimmingpools ist im Steigen begriffen, die Bewässerung priva­ter Gärten ist im Steigen begriffen, und das löst typischerweise Spitzenverbräuche aus.

Industrie und Gewerbe sind vom Klimawandel nicht weiter beeinflusst. Der Wasser­bedarf steigt eigentlich nur mit Wirtschaftswachstum und Absatzmärkten. In der Land­wirtschaft wird natürlich eine steigende Zahl an Flächen dazukommen, die bewässert werden können, nicht allzu viel, aber doch, und die Intensität der Bewässerung wird etwas steigen, wenn die Verdunstung steigt.

Damit darf ich schon zum Ausblick oder zu den Wünschen aus Sicht der Wissenschaft kommen: Was wäre aus unserer Sicht wichtig? Auf regionaler Ebene wäre es ganz wichtig, eine Dargebots- und Bedarfsbilanz für alle Grundwasserkörper zur Verfügung zu haben, womit das tatsächlich nachhaltig nutzbare beziehungsweise nachhaltig ver­fügbare Dargebot den tatsächlichen Entnahmen gegenübergestellt und natürlich auch mit den bestehenden Wasserrechten verglichen wird. Man muss sich auch die Frage stellen: Was geschieht, wenn alle bestehenden Wasserrechte tatsächlich eine gestei­gerte Ausnutzung zeigen beziehungsweise voll ausgenutzt werden? Gibt es dann Vorrangregelungen, oder wie wäre das zu handhaben?

Für die einzelnen Wasserversorger wäre der Wunsch oder wäre die Idee, zu über­prüfen: Welche Wasserrechte haben sie? Welche Entnahmekonsense existieren? Gibt es da Reserven? Reichen diese für die Zukunft aus? Wie schaut es tatsächlich aus? Kann das, was als Wasserrecht existiert, kann die Menge, die auf dem Papier bezie­hungsweise im Bescheid steht, tatsächlich gewonnen werden? Und gibt es in der Zukunft eventuell Risiken, wodurch diese Mengen vielleicht nicht mehr gewonnen wer­den können, und zwar einerseits Risiken qualitativer Natur – das habe ich heute aller­dings außen vor gelassen –, aber natürlich andererseits auch quantitativer Natur?

Damit danke ich für die Einladung und für Ihr Interesse. (Beifall.)

10.02


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Vielen Dank, Herr Diplomingenieur, für Ihre Aus­füh­rungen und auch für den Wunschkatalog.

Ich darf nun Herrn Präsidenten Dipl.-Ing. Franz Dinhobl von der Österreichischen Ver­einigung für das Gas- und Wasserfach um seinen Beitrag bitten.


10.02.47

Dipl.-Ing. Franz Dinhobl (Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich für die Abhaltung dieser Enquete bedanken. Man sieht daran, dass das Thema Wasser, Trinkwasser auf ein hohes Niveau gehoben wird, und wie breit das Interesse ist, sieht man an der TeilnehmerInnenzahl. Ich glaube, das Thema Trink­wasser soll und wird uns auch noch in der Zukunft wesentlich beschäftigen. – Aber nun zu meinen Ausführungen.

Die Situation der Trinkwasserversorgung in Österreich ist mittlerweile bekannt: Von den vielen Trinkwasserversorgern durch kleine Genossenschaften, bei welchen sich zwei, drei oder vier Haushalte zusammengeschlossen haben, um so die Daseins­vor­sorge der Trinkwasserversorgung zu gewährleisten, bis zu den großen Was­ser­ver­sorgern der Stadtgemeinde Wien, der EVN Wasser, der ich vorstehen darf, oder der Linz AG haben wir eine breite Palette an Trinkwasserversorgungsunternehmen. Etwas ist aber uns allen gemein: Diese vielfältige Struktur ist deswegen möglich, weil wir eine Ressource, einen Rohstoff, nämlich das Wasser, haben, das flächendeckend oder nahezu flächendeckend in höchster Qualität vorhanden ist.

Wenn wir uns die Bergquellen im alpinen Gebiet im Westen ansehen, dann zeigt sich, dass es für viele Trinkwasserversorger im Vergleich zu anderen hier ein Leichtes ist, die Quelle zu fassen, die Versorgung aufzubauen und die Menschen mit hoch­wer­tigem, hoch qualitativem Grundwasser zu versorgen, und dass die Versorgung in Öster­reich zu 100 Prozent aus Grund- und Quellwasser möglich ist, ist auf die günstige Lage zurückzuführen, in der wir uns befinden.

Wasser bewegt sich im Kreislauf. Viele verwechseln die Wasserressource mit Öl und Gas. Jeder Tropfen, der in Österreich als Niederschlag zu Boden fällt, landet irgend­wann einmal im Schwarzen Meer oder in der Nordsee, und deswegen ist es so wichtig, dass wir als Wassernutzer, die die Wasserressource dazwischen fassen und sie nutzen, dieses Wasser auch gereinigt dem Kreislauf zurückgeben. – Ich glaube, es ist unser erstes Ziel, dass wir unsere Wasserressourcen, die wir in der vielfältigsten Art und Weise nutzen, ob als Trinkwasserversorger, als Industrie oder als Landwirtschaft, möglichst sauber halten.

Der langfristige Schutz der Wasserressourcen ist sehr wichtig. Aufgrund der großen Was­sermenge hier bei uns in Österreich – wir nutzen in etwa 3 Prozent der Was­ser­ressourcen, wobei die Trinkwasserversorgung weniger als 1 Prozent nutzt, die Indus­trie weniger als 2 Prozent und die Landwirtschaft derzeit, wie ich betonen möchte, noch im Promillebereich liegt – haben wir Gott sei Dank ausreichende Wasser­res­sourcen zur Verfügung, und deswegen ist der flächendeckende Grundwasserschutz, von dem bereits gesprochen wurde, ein ganz wichtiger und wesentlicher Ansatz.

Wir sind Gott sei Dank in der glücklichen Lage, hier großflächig geschütztes Grund­wasser zu haben, aber wir haben im Osten, im Norden, teilweise auch im Süden Prob­leme mit Grundwasserverunreinigungen aufgrund landwirtschaftlicher Nutzung, auf­grund von Nitratbelastungen, aber auch aufgrund der Pflanzenschutzmittelproblematik. Somit haben wir doch das eine oder andere Problemgebiet, das wir zukünftig angehen und sanieren müssen. Dazu möchte ich sagen: Es gibt hier sehr positive und gute Ansätze, etwa das Projekt beziehungsweise Regionalprogramm in der Steiermark, das nächste Woche auch beim ÖVGW-Kongress vorgestellt werden wird: Trinkwasser­ver­sorger und Landwirtschaft haben sich hier geeinigt, ein Projekt zu starten, um die Res­source Trinkwasser langfristig sauber zu halten.

Wir als Trinkwasserversorger tragen Verantwortung dafür, dass wir die Ressource Was­ser unseren Kunden langfristig zur Verfügung stellen können, wobei in Österreich die­ses Übermaß an Vorkommen nicht flächendeckend gegeben ist. Auch diesfalls ist wiederum das Verhältnis zwischen Osten und Westen zu beachten: Wenn im Westen Niederschläge von bis zu zwei Metern pro Jahr fallen und diese im Osten auf 300 bis 400 Millimeter ausschleifen, dann sieht man, dass die Grundwasserneubildung eine unterschiedliche ist, dass nicht alle Regionen in Österreich gleich bedacht sind, weshalb es unsere Aufgabe als Trinkwasserversorger ist, einen entsprechenden Aus­gleich zwischen wasserreichen und wasserarmen Gebieten zu schaffen.

Wir in Niederösterreich praktizieren das schon seit den 1960er-Jahren: Wir haben ge­sehen, dass das Waldviertel und das Weinviertel nicht die entsprechenden Wasser­ressourcen zur Verfügung haben, weswegen wir hier einen Ausgleich schaffen müs­sen, um Wasser von den wasserreichen auch in die wasserarmen Gebiete zu leiten, denn es ist auch klar, dass jede wirtschaftliche Entwicklung und jede Bevölke­rungs­ent­wicklung nur dann positiv gedeihen kann, wenn eine ausreichende Wasserversorgung vorhanden ist.

Der Klimawandel trifft natürlich auch die Wasserversorger. Wir haben das gesehen: Der heiße Sommer 2003 hat die Wasserversorger vor enorme Herausforderungen ge­stellt. In einigen Mangelgebieten hat es Einsparungen geben müssen. Es hat Ausfälle der Wasserversorgung gegeben. Die Trinkwasserversorger haben allerdings in den weiteren Jahren ihren Job gemacht. Es wurde versucht, neue Ressourcen zu er­schließen. Es wurden Verbindungsleitungen von wasserreichen in wasserärmere Ge­biete errichtet. Ein ganz wesentlicher Punkt ist wie gesagt der Ausgleich, und daher freut es mich auch sehr, dass diese Plattform der ÖVGW, der Österreichischen Ver­einigung für das Gas- und Wasserfach, die Wasserversorger untereinander nicht nur mental, sondern auch mit Leitungen verbindet und wir hier den Ausgleich zwischen den Wasserversorgungsunternehmen immer wieder schaffen. Die Wasserversorger, ob groß oder klein, helfen einander gegenseitig aus, um Versorgungssicherheit auch in den Sommermonaten zu gewährleisten.

Der Sommer 2015 war ganz interessant. Ich habe mir das angesehen: Wir hatten auf den Zehntelgrad genau die gleiche Durchschnittstemperatur. Aber der Sommer 2015 hatte weit mehr Tropentage mit Temperaturen über 30 bis 35 Grad, durch welche die Wasserversorgung noch mehr unter Druck gesetzt wurde. Die Investitionen, die auch von Bund und Ländern gefördert wurden, haben es aber möglich gemacht, dass die Versorgung ohne Probleme sichergestellt werden konnte. – Das heißt: Es werden auch Investitionen notwendig sein, um die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen oder – wie Frau Bundesministerin Köstinger gesagt hat – eine Klima­wandelanpas­sungs­strategie auch für die Wasserversorger zu veranlassen.

Ein wesentlicher Punkt, der uns Trinkwasserversorger ebenfalls betrifft, weniger im Zusammenhang mit dem Klimawandel, aber im Zusammenhang mit Kosten, war der Entwurf der EU-Trinkwasserrichtlinie, der vergangenen März aufgelegt wurde, der die kleinteilige Struktur hier ebenfalls beeinträchtigen wird. Für die kleinteilige Struktur der österreichischen Trinkwasserversorgung hätte das verheerende Folgen gehabt. Die kostenmäßigen Auswirkungen wären sehr hoch gewesen. Auch muss man dazu sagen: So wichtig und richtig der Ansatz Right to Water auch ist, so untauglich ist dieses Mittel der EU-Trinkwasserrichtlinie, hier als Ansatz zu nehmen. Es bringt nie­mandem etwas, eine kleine Waldquelle im alpinen Bereich täglich auf diverse Schad­stoffe zu untersuchen, die dort gar nicht auftreten können, weil sie dort gar nicht hin­kommen können, irgendwo in gewissen Bereichen Rumäniens, wo es gar keine Trink­wasserversorgung gibt, eine Trinkwasserversorgung sicherzustellen. Die Länder und die regionalen Gesundheitsdirektionen sollen festlegen, in welcher Dichte jeweils Unter­suchungen durchgeführt werden. Ich glaube, hier ist Subsidiarität gefragt. Es hat keinen Sinn, eine große EU-weite Richtlinie auszurollen, weil die Trinkwasser­versor­gung, wie gesagt, europaweit sehr unterschiedlich ist.

Welche Forderungen stellen wir als Trinkwasserversorger in den Raum? – Der erste Punkt ist der Schutz der Trinkwasserressource. Eine reine Wasserressource ist das wichtigste und oberste Prinzip und Ziel der Trinkwasserversorgung. Bei allen Nut­zungskonflikten, die auftreten, sehen wir die Trinkwasserversorgung als Priorität Num­mer eins im Bereich der Stakeholder, die Wasser nutzen wollen und nutzen werden. Wichtig wäre es auch, in den Mangelgebieten ein Projekt aufzustellen und mit allen Stakeholdern zu überlegen, wie wir zukünftig die Wasserressource fair für alle verteilen können, sodass die Industrie, die Landwirtschaft und die Trinkwasserversorgung jene Wassermengen bekommen, die sie benötigen. Ich glaube, hier wäre ein gemeinsames Projekt sinnvoll.

In diesem Sinne bedanke ich mich recht herzlich für die Aufmerksamkeit und möchte mich bei Ihnen, Herr Präsident, sehr herzlich für die Einleitung dieser Enquete bedan­ken. – Vielen Dank. (Beifall.)

10.13


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Vielen Dank, Herr Präsident, für Ihre Ausführun­gen.

Somit ist der zweite Themenblock abgeschlossen. Ich bedanke mich für die Beiträge.

10.13.59IV. Panels 1-3

10.14.01Panel 1: Sicherung und Schutz des Trinkwassers


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Wir kommen nun zu Panel 1, den Statements zum Thema Sicherung und Schutz des Trinkwassers. Dazu ersuche ich wiederum die ReferentInnen, auf der Regierungsbank Platz zu nehmen und ihren Beitrag vom Rednerpult aus abzugeben.

Ich bitte die ReferentInnen, die Zeit von 10 Minuten pro Statement nicht zu über­schreiten. Ich darf darauf hinweisen, dass das rote Lämpchen am Rednerpult 2 Minu­ten vor Ende der Redezeit zu blinken beginnt.

Ich darf zunächst Herrn Rektor Universitätsprofessor Dipl.-Ing. DDr. Harald Kainz von der Technischen Universität Graz, dem Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Land­schaftswasserbau, um seinen Beitrag bitten. – Bitte, Herr Rektor.


10.14.46

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Dr.h.c.mult. Harald Kainz (Technische Universität Graz, Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Herzlichen Dank für die Einladung, hier im Parlament zu Ihnen sprechen zu dürfen.

Als Siedlungswasserwirtschaftler ist es mir ein großes Anliegen, die Trinkwas­ser­versorgung auch hier zu vertreten, und ich darf Sie einladen, in der schriftlichen Unterlage mitzuschauen. Ich habe in meinen Beitrag auch entsprechende Fotos ein­gefügt.

Thema meines Beitrages sind die Gefahren und Risiken unserer Trinkwasser­versor­gung. Ich möchte dabei fünf Themen ansprechen: Eine ausreichende Menge wird im­mer mehr zum Problem, vor allem im Osten Österreichs, das wurde schon gesagt. Die Qualität der Wasserressourcen wird durch die stärkere Flächennutzung durch Siedlungen, Verkehrswege und Landwirtschaft bedroht. Unsere Trinkwasserversor­gungs­anlagen und -netze kommen in die Jahre. Sie sind großteils über 50 Jahre alt und bedürfen intensiver Pflege und einer gezielten Rehabilitation. Richteten wir vor einigen Jahrzehnten noch unseren Blick auf die physische Sicherheit der Versor­gungsanlagen, so steht heute der Schutz vor Cyberangriffen im Fokus unserer Maßnahmen. Schlussendlich bestimmen auch die Gesetze auf nationaler und euro­päischer Ebene, wie sich unsere Wasserversorgung entwickelt und wie gut die Siche­rung und der Schutz des Trinkwassers sind.

Die Veränderung der Niederschlagsmenge sowie der regionalen und jahreszeitlichen Verteilung in den letzten Jahrzehnten ist bereits von Dr. Staudinger und Dr. Neunteufel angesprochen worden. Überlagert wird die Klimaveränderung durch eine veränderte Nutzung in der Landwirtschaft. Im Osten Österreichs können viele Kulturen nur mehr durch den Einsatz von Bewässerungsanlagen produziert werden, wobei die Tendenz stark steigend ist. Auch wenn wir in großen Teilen unseres Landes ein reiches Angebot an hochwertigem Wasser besitzen, so werden im Osten Österreichs einige Einzugs­gebiete übernutzt, und damit wird auch langfristig der Erhalt von Wasserressourcen gefährdet.

Österreich zählt zu den wenigen Ländern der Welt, die über ausreichende Wasser­vorkommen mit höchster Qualität verfügen. Vorausschauende Gesetze und Richtlinien sowie ein breiter gesellschaftlicher Konsens haben diese Schätze für uns erhalten. Österreich ist in der EU führend und auch Best Practice, wenn es um einen nach­haltigen Grundwasserschutz geht. Wir haben frühzeitig begonnen, unsere Einzugs­gebiete durch strenge Bestimmungen zu schützen. Österreich hat auch schon Anfang der Neunzigerjahre strenge Anpassungsvorgaben an die Abwasserreinigung verordnet und diese in 20 Jahren auch flächendeckend umgesetzt.

Auf einem Bild sehen Sie zum Beispiel die Hauptkläranlage Wien, die größte Klär­anlage Mitteleuropas, die seit 15 Jahren höchste Reinigungsanforderungen erfüllt. Der Stand der Technik für die Mischwasserbewirtschaftung wurde vor 15 Jahren in Öster­reich ebenfalls in Richtlinien erarbeitet. Der Bau der großen Kanalspeicheranlagen hat in den letzten Jahrzehnten stattgefunden und findet laufend weiter statt, wie Sie zum Beispiel am Bild des Zentralen Speicherkanals an der Mur sehen können.

Besonders sensibel ist das Zusammenwirken von Landwirtschaft und Wasser­wirt­schaft. Einerseits erfordert die mehr und mehr industrielle Landwirtschaft hohe Flächenerträge zum Überleben, andererseits liegen die hochwertigsten Böden direkt über unseren Grundwasserkörpern, welche wir zur Trinkwasserversorgung benötigen. In der Steiermark zum Beispiel wurden die Begleitgrundwasserkörper der Mur südlich von Graz durch intensive Landwirtschaft und die eingesetzten Dünge- und Agrochemikalien in unzulässigem Ausmaß belastet. Umfassende Regulierungsmaßnahmen der Behör­den und eine intensive Abstimmung und zum Teil auch sehr kontroverse Diskussion zwischen Wasserversorgungswirtschaft und Landwirtschaft betreffend die Nährstoffbe­wirtschaftung der sandigen und schottrigen Böden des Murtals haben in den letzten zehn Jahren Rückgänge der Verunreinigungen wie auch der Nitratkonzentrationen gebracht. Die Ziele für die kritischen Wasserparameter wurden jedoch nur teilweise erreicht.

In einer politischen Initiative 2016 unter Federführung der Landesräte Seitinger und Lang wurde durch die Fachleute der Landwirtschaftskammer, der Wasserversorger, der Landesverwaltung unter Beiziehung von Wissenschaftlern der bodenkundlichen Versuchsanstalt Petzenkirchen, von Joanneum Research und der Technischen Uni­versität Graz  ein neues bodenphysikalisches Modell für die zulässigen Dünger­gaben erstellt und per Verordnung verankert. – Mir als Koordinator dieses Prozesses ist be­wusst, dass wir damit nicht die Interessen aller betroffenen Bauern zufrie­den­stellen konnten.

Das neue, auf der Feldkapazität basierende Modell berücksichtigt den Stofftransport im Boden. Es ist kausal und objektiv. Ich kann eine österreichweite Anwendung nur emp­fehlen.

Eine weitere Gefahr droht unserem Wasser durch mangelnde Wartung und Reha­bilitation unserer Trinkwasserversorgungsnetze. Der Großteil der Trinkwasserleitungen und der Wasserversorgungsanlagen wurde vor mehr als 50 Jahren gebaut bezie­hungs­weise verlegt. Die im Boden vergrabene Wasserinfrastruktur wurde über die letzten 100 Jahre geschaffen und besitzt einen Wert von mehr als 60 Milliarden Euro, wie Frau Ministerin Köstinger ausgeführt hat. Mangelnde Wartung führt langfristig zu Schäden am System und zu stetig wachsenden Wasserverlusten. Weltweit geht fast die Hälfte des Trinkwassers in den Netzen durch Leckagen verloren. In Österreich liegen die realen Verluste im Regelfall unter 10 Prozent. Diesen guten Zustand gilt es durch weitreichende Maßnahmen und Investitionen zu bewahren.

Eine Reparatur beziehungsweise ein Neubau dieser Anlagen ist nicht in wenigen Jah­ren möglich. Dafür brauchen wir mehrere Jahrzehnte. Es sind umfassende Planungen und Strategien zur Rehabilitation erforderlich, um den Wert dieser Anlagen zu erhalten und um vor allem die Funktion langfristig zu sichern.

Wir benötigen für alle Infrastrukturanlagen in unseren Städten und Dörfern strategische Investitionsplanungen. Die Werkzeuge für die Priorisierung der Sanierungs- und Er­neue­rungsmaßnahmen sind vorhanden, wie sie auch in Folie sieben sehen können. Auch die Betriebsleiter sind sich ihrer Verantwortung weitgehend bewusst. Wichtig ist, dass die Politik die Mittel bereitstellt beziehungsweise die über die Wassergebühr erho­benen Beiträge auch widmungsgemäß verwendet.

Die Sensorik und die Digitalisierung bringen uns Vorteile im Betrieb von Wasserver­sor­gungsanlagen. Von der Online-Beobachtung von Mengen- und Qualitätsparametern im Einzugsgebiet über die Druck- und Strömungsverhältnisse im Netz bis zu den Ver­brauchsdaten der Kunden liefert uns die digitale Welt die gesamten Informationen in die Zentrale des Betriebs. Dies ermöglicht über Big Data eine umfassende Analyse des Systemverhaltens und die Parametrierung der Algorithmen, um die Systeme zu optimieren. Der Betrieb kann dadurch vorausschauender, wirtschaftlicher und sicherer geführt werden.

Tausende von Sensoren im Internet of Things öffnen jedoch auch die Türe für Hacker, die aus Spaß oder mit Vorsatz den Betrieb der Versorgungsnetze stören oder lahm­legen wollen. Es ist ein ständiger Wettlauf, neue, noch sicherere Hardware und Soft­ware zu erstellen, die unerlaubte Zugriffe verhindern. Untersuchungen in mehreren Versorgungsunternehmen haben gezeigt, dass die österreichische Wasserversor­gungs­wirtschaft gut vorbereitet ist. Dies betrifft sowohl die Cybersicherheit als auch die Maßnahmen zum Notbetrieb beispielsweise bei Stromausfall. Die Versorgungsanlagen müssen auch dezentral im Inselbetrieb funktionieren. Unsere Systeme müssen eine hohe Resilienz aufweisen.

Zum Schluss möchte ich noch die organisatorischen Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung ansprechen. Wasserversorgung ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge, die unter der Kontrolle der öffentlichen Hand bleiben muss. Dies betrifft jedenfalls die Verfügungsgewalt über die Wasservorkommen. Viele Beispiele zeigen auch, dass die versprochene Effizienzsteigerung bei der Privatisierung der Dienstleistungen langfristig nicht erreicht wurde. Die österreichische Wasserver­sor­gungs­wirtschaft zeigt, dass sie moderne und effektive Strukturen zur Versorgung der Bevölkerung schaffen kann. Die große Herausforderung, allen Österreichern langfristig hochwertiges Trinkwasser in ausreichender Menge und bester Qualität zur Verfügung zu stellen, kann nur im gesellschaftlichen Konsens aller Stakeholder – der Landwirt­schaft, der Wasserwirtschaft, der Verwaltung, der Wissenschaft und aller Bürger – erreicht werden. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall.)

10.25


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Vielen Dank, Herr Rektor, für Ihre Ausführungen.

Ich darf nun Herrn Generalsekretär Ferdinand Lembacher um seinen Beitrag seitens der Landwirtschaftskammer Österreich bitten.


10.25.34

Dipl.-Ing. Ferdinand Lembacher (Landwirtschaftskammer Österreich)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Angehörige und BesucherInnen dieses Hohen Hauses! Ich danke für die Einladung.

Das Thema lautet: Trinkwasser schützen und sichern. – Die Landwirtschaft ist schon wiederholt von meinen Vorrednern angesprochen worden. Ich darf eingangs gleich einmal anführen, dass die Landwirtschaft natürlich voll hinter diesem Thema steht. Die Landwirtschaft hat daran natürlich selbst größtes Interesse und unternimmt auch größte Anstrengungen, dass die Verfügbarkeit im Hinblick auf die Menge, aber im Besonderen natürlich auch im Hinblick auf die Qualität des Trinkwassers in Österreich dauerhaft gesichert bleibt. Das war schon bisher so, und das wird auch in Zukunft beziehungsweise für die Zukunft so bleiben.

Man muss aber zur Kenntnis nehmen und bedenken, dass jede Form der Bewirt­schaftung, wie auch immer diese ausschaut, natürlich immer Einfluss auf den Nähr­stoffhaushalt, den verfügbaren Nährstoff im Boden und damit indirekt natürlich auch Einfluss auf das darunterliegende Grundwasser oder auch auf das im Umfeld befind­liche Oberflächenwasser hat. Auch das wird in Zukunft so bleiben.

Das Ziel der Landwirtschaft ist es daher, die Bewirtschaftung so zu gestalten, dass die Land- und Forstwirtschaft zum einen ihrer Produktionsfunktion in vollem Umfang nachkommen kann, dies aber in einer vernünftigen Balance mit Überlegungen im Hinblick auf die Sicherung der Qualität des Grundwassers tut und auch die Qualität der Oberflächengewässer nicht über Gebühr beeinträchtigt. Die Daten, die vorliegen, zeigen, dass dieser Anspruch der österreichischen Landwirtschaft in einem sehr hohen Ausmaß erfüllt wird.

Wir als Landwirtschaft haben, wie ebenfalls angesprochen wurde, natürlich auch sehr großes Interesse daran, in der Produktion über Wasser in ausreichender Menge und Qualität zu verfügen. Die Herausforderungen des Klimawandels werden diese An­sprüche natürlich komplizierter machen. Auch in diesem Bereich sind Qualität und regelmäßige Verfügbarkeit – ich denke etwa an die Tierhaltung – natürlich eine Grund­voraussetzung, um die Produktion aufrechterhalten zu können.

Die Landwirtschaft nimmt also ihre Verantwortung wahr, steht aber natürlich – das haben jetzt auch schon die Inputs und die Diskussion gezeigt –, wenn es um die Qualität geht, immer auch im Fokus der Betrachtung und sehr schnell auch als möglicher Gefährder des Grundwassers im Zentrum der Überlegungen.

Man muss aber doch anmerken, dass die Landwirtschaft bei diesen Aufgaben nicht allein ist. Die Siedlungswasserwirtschaft, die Kanalisation, die Abwasseraufbereitung und die private Nutzung auf Golfplätzen und Sportplätzen et cetera wurden schon an­ge­sprochen. Da sind auch andere Sektoren, wie auch die Industrie, massiv gefordert, ihre Beiträge zu leisten.

Man muss bedenken: Stickstoff ist Grundvoraussetzung für jedes Pflanzenwachstum. Das heißt: Pflanzliche Produktion ohne Nitrat im Boden ist unmöglich und wird es nie­mals geben, weder im konventionellen noch im biologischen Bereich. Deswegen ist es immer auch eine Aufgabe, möglichst wenig dieses im Boden verfügbaren Stickstoffs zu verlagern und das Grundwasser zu beeinträchtigen.

Der Klimawandel ist angesprochen worden: Dieser stellt uns vor zusätzliche Heraus­forderungen. Das vorige Jahr hat gezeigt, wie sich das im Osten des Landes auswirkt. Die Verfügbarkeit von Wasser ist in manchen Gebieten mittlerweile eine Existenzfrage für die landwirtschaftliche Produktion und für die Aufrechterhaltung der verschiedenen Produktionssparten. Obstbau und Gemüsebau sind unter solchen klimatischen Voraus­setzungen, wie wir sie haben, ohne künstliche Bewässerung kaum wirtschaftlich dar­stellbar und durchführbar.

Die Niederschlagsmenge – das muss man auch berücksichtigen – ist aber auch ent­scheidend für die Grundwasserneubildung und für die Konzentration der möglichen Nährstoffe beziehungsweise Verunreinigungen im Grundwasser – das hat man auch schon gehört. Das heißt: Es ist nicht immer nur der Bauer, der alles beeinflussen kann. Dieser ist in hohem Maße auch abhängig von klimatischen Ereignissen. Wenn es eine sehr geringe Grundwasserneubildung gibt, dann ist natürlich die Konzentration aller transportierten und dann darin enthaltenen Nährstoffe entsprechend hoch.

Die Wasserqualität in Österreich ist ausgezeichnet, das zeigen internationale Ver­gleiche. Herr Präsident, Sie haben es angesprochen: Es ist in Österreich eine Selbst­verständlichkeit, dass man, wenn man den Wasserhahn aufdreht, dieses Wasser auch trinken kann, was in weiten Teilen der Welt nicht der Fall ist. Das ist gut so, und so soll es auch bleiben. Das zeigt aber auch, dass die Landwirtschaft sehr verantwortungsvoll mit dieser Ressource umgeht. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Die Wassergüteberichte des Bundesministeriums und des Umweltbundesamtes wei­sen im Allgemeinen auch eine sehr gute Grundwasserqualität aus. Mehr als 90 Prozent der untersuchten Messstellen sind im Hinblick auf Nitrat unbedenklich und liegen unter den Schwellenwerten. Wir liegen diesbezüglich im europäischen Vergleich mit wenigen baltischen Staaten und Schweden, glaube ich, an der Spitze der Europäischen Union, kein Vergleich zu Deutschland und zu benachbarten Ländern wie Tschechien oder der Slowakei! Das kann man sich anschauen: Da sind wir wirklich an der Spitze, und ich glaube, das sollte man auch der österreichischen Landwirtschaft anrechnen.

Es gibt einige wenige Gebiete, die in diesem Zusammenhang auch klimatisch und durch die Beschaffenheit der Böden bedingt Probleme haben. Wir versuchen, mit ent­sprechenden Maßnahmen im Rahmen der Möglichkeiten, ohne aber die Produktion in diesen Gebieten zu verhindern, zu einer Verbesserung beizutragen, und die Tendenz, wenn man sich anschaut, wie hoch der Prozentsatz der untersuchten Grundwässer mit Schwellenwertüberschreitungen ist, ist langfristig betrachtet sinkend, sodass die allgemeine Situation, von hohem Niveau ausgehend noch einmal besser wird.

Die Landwirtschaft in Österreich unterliegt sehr strengen Regelungen. Wir haben um­fangreiche gesetzliche Regelungen auf europäischer Ebene, auf nationaler Ebene sowie Schongebiets- und Schutzverordnungen auch auf Bundesländerebene. Das geht bis zur Cross Compliance und gutem landwirtschaftlichem, ökologischem Zustand, und das ist für die Betriebe teilweise schwer zu durchblicken.

Es gibt also eine umfangreiche Palette an Regelungen, die diesbezüglich einzuhalten sind. Wir haben in Österreich ein Umweltprogramm, wie es in ganz Europa in dieser Breite beziehungsweise im Hinblick auf die Teilnahme der Landwirte kein zweites gibt, und zwar mit massiven Maßnahmen gerade auch betreffend das Grundwasser. So sind an Maßnahmen wie der Begrünung von Ackerflächen über den Winter allein 400 000 Hektar beteiligt. Es gibt vorbeugenden Grundwasserschutz in bestimmten Problemregionen mit Auflagen betreffend reduzierte Stickstoffdüngung – Teilnahme in den Kernregionen, wie schon angesprochen, von über 80 Prozent –, vorbeugenden Schutz von Oberflächengewässern. Da gibt es genau definierte Maßnahmen, die die Landwirte abarbeiten müssen. Weiters nenne ich den Verzicht auf ertragssteigernde Betriebsmittel. All das geschieht im Rahmen einer freiwilligen vertraglichen Verpflich­tung der Landwirte gegenüber der Republik mit sehr hohen Teilnahmeraten.

Nicht zuletzt sind wir auf einem weiteren Gebiet europaweit ebenfalls an der Spitze: 25 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Österreich wird mittlerweile nach Kri­te­rien des biologischen Landbaus bewirtschaftet, das heißt ohne chemisch-synthe­tische Pflanzenschutzmittel und ohne mineralische Stickstoffdüngung. Wir haben auch einen sinkenden Absatz an mineralischen Düngemitteln, wie die Statistiken zeigen.

Wir haben den Wasserschutz in verpflichtende Weiterbildungsmaßnahmen, deren Be­such zum Beispiel jeder Ausbringer von Pflanzenschutzmitteln nachweisen muss, weil er sonst keine Pflanzenschutzmittel kaufen kann, als ganz zentrales Thema aufge­nommen. Die Landwirtschaft – das wage ich mit gutem Recht zu behaupten – nimmt ihre Verantwortung im Hinblick auf Wasserschutz wahr.

Was aber braucht die Landwirtschaft, um auch weiterhin ihre Produktionsfunktion, aber auch ihre Verantwortung gegenüber dem Grundwasser wahrnehmen zu können? – Wir brauchen keine zusätzlichen gesetzlichen Regelungen. Diesbezüglich haben wir mittlerweile ein unerträgliches Ausmaß aus der Sicht der Betroffenen. Das heißt, eine Konzentration wäre hier durchaus wünschenswert.

Ich glaube, es ist im Grundsatz auch notwendig und sinnvoll, Anreiz vor Strafe zu stellen, weil damit auch die Wirkung verbessert werden kann. Bei Maßnahmen, die eine Akzeptanz bei den Normunterworfenen – wenn man es so ausdrücken will – haben, besteht auch eine höhere Chance, dass diese auch wirklich wirken und ange­nom­men werden.

Wir brauchen aber auch eine ausreichende Dotierung dieser Programme, die wir jetzt haben. Die Europäische Kommission hat im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens gerade dort, wo wir jetzt so intensiv Maßnahmen anbieten, Mittelkürzungen um 15 Pro­zent in Aussicht gestellt, und dazu sagen ich: Mit 15 Prozent weniger Mittel in diesem Bereich – ich nenne jetzt nur die Begrünung von Ackerflächen über den Herbst und Winter – wird es uns nur schwer gelingen, dass wir das erreichte Niveau halten können. Deswegen ist es im Hinblick auf das Grundwasser eine ganz massive Heraus­forderung, hier für eine Nachbesserung zu sorgen.

Vertragswasserschutzmodelle? – Im Konsens! Kollege Dinhobl hat es angesprochen: nicht von oben angeordnet, sondern im Konsens auch mit den Interessen der Land­wirtschaft.

Ein letzter Punkt, den ich gerade auch im Hinblick auf den Klimawandel ansprechen will, ist die Bewässerungsinfrastruktur. Wir haben Regionen, in denen, wenn es Jahre gibt, wie wir sie in den letzten fünf Jahren dreimal gehabt haben, ohne Bewässerung eine landwirtschaftliche Produktion nur mehr schwierig aufrechtzuerhalten und zu finan­zieren ist, weil die Erträge einfach in einem unzumutbaren Ausmaß schwanken. Auch das sind langfristige Aufgaben und Projekte, aber wir müssen die Bewässe­rungs­infrastruktur auch im Interesse der Landwirtschaft mitdenken, damit wir in Zukunft Landwirtschaft und Wasserschutz weiterhin auf hohem Niveau betreiben können. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall.)

10.36


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.|: Vielen Dank, Herr General­sekretär.

Ich darf jetzt Frau Dipl.-Ing. Iris Strutzmann von der Arbeiterkammer Wien, Abteilung Umwelt und Verkehr, um ihren Beitrag bitten. – Bitte schön.


10.36.29

Dipl.-Ing. Iris Strutzmann (Arbeiterkammer Wien, Abteilung Umwelt und Verkehr)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Einladung zur heutigen parlamentarischen Enquete zum Thema Trinkwasser schützen und sichern.

Wir haben bereits gehört, Österreich hat ein Privileg: 100 Prozent des Trinkwassers können aus Quellen und aus Grundwasserschutzvorkommen gewonnen werden. Das bedeutet aber natürlich auch eine große Herausforderung für den Grundwasserschutz an sich.

Wir haben auch bereits gehört: Die österreichische Trinkwasserversorgung ist in ganz Europa ein Vorzeigeprojekt. Die österreichische Trinkwasserversorgung ist fast aus­schließlich in öffentlicher Hand. Sie punktet mit ausgezeichneter Qualität, mit Leist­barkeit und umfassender Vorsorge. Umso wichtiger ist es daher unseres Erachtens, dieses Vorzeigeprojekt auch zukünftig so gut weiterzuführen und zu sichern, dass die österreichische Wasserversorgung auch in Zukunft in öffentlicher Hand bleibt.

Um Trinkwasser in guter Qualität und sicher zur Verfügung stellen zu können, ist es ganz wichtig und notwendig, das Grundwasser vor möglichen Verunreinigungen zu schützen. Daher gibt es dazu auch ein umfassendes gesetzliches Regelwerk. Laut § 30 Wasserrechtsgesetz sind „alle Gewässer einschließlich des Grundwassers [...] so [...] zu schützen, [...] dass die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet“ wird. „Insbesondere ist Grundwasser sowie Quellwasser so reinzuhalten, dass es als Trink­wasser verwendet werden kann.“

Das bedeutet also, dass das Wasser so sauber ist, dass es direkt als Grundwasser oder von der Quelle ohne jegliche Aufbereitung an die Konsumentinnen und Konsu­men­ten abgegeben werden kann. Das ist in vielen Fällen tatsächlich der Fall.

Kollege Lembacher von der Landwirtschaftskammer hat bereits den Jahresbericht zur Wassergüte in Österreich zitiert. 90 Prozent des Grundwassers in Österreich sind so sauber und so rein, dass es direkt an die Konsumentinnen und Konsumenten ohne erhöhte Nitratwerte, ohne erhöhte Pestizide oder sonstige erhöhte Werte abgegeben werden kann. Er hat aber auch angesprochen, dass 10 Prozent der Grundwasser­kör­per diesen Vorgaben nicht entsprechen.

Wenn man sich die vielen Berichte, die es dazu in Österreich gibt, anschaut, etwa den Grundwassergütebericht, Rechnungshofberichte, Umweltkontrollberichte, EU-Nitrat­berichte, dann sehen wir, dass diese 10 Prozent der Grundwässer eigentlich über die letzten 20 Jahre Probleme aufweisen, und zwar mit dem Stoff Nitrat, zum Teil aber auch mit Pestiziden. Wir sehen, dass es auch in den vergangenen Jahren mit Pesti­ziden beziehungsweise Abbauprodukten der Pestizide in diesem Bereich zunehmend Probleme gab und gibt. Dieser Grundwassergütebericht sagt aber auch klar, was der Grund für diese Belastungen ist: „Intensive landwirtschaftliche Bewirtschaftung auf Standorten mit teilweise sehr durchlässigen Böden ist vielfach“ der Grund „für eine Gefährdung von Grundwasserkörpern“, und das betrifft, wie auch bereits ange­sprochen wurde, Regionen im Norden, im Osten und Südosten Österreichs.

Das bedeutet dann natürlich auch große Herausforderungen für die Trinkwasser­wirt­schaft. Um das Wasser dann in der Güte abgeben zu können, wie es laut Gesetz vorgeschrieben ist, also mit einem niedrigen Nitratwert und auch mit einem niedrigen Pestizidwert, müssen die Brunnen teilweise tiefer gebohrt werden und man muss Was­ser mischen. Das verursacht zusätzliche Kosten, und zwar einerseits für die Trinkwas­serversorger, aber andererseits auch für die KonsumentInnen.

Wir sind schon der Meinung, dass man da aktiver werden muss und aktiver sein soll, weil es – das wurde auch schon angesprochen – in Österreich sehr viele kleine Trink­was­serversorger gibt – in etwa 3 500 kleine Wasserversorger –, die dann schon auch mit den Problemen kämpfen, das Trinkwasser in der erforderlichen Qualität abzu­ge­ben. Es gibt ja in der Trinkwasserverordnung in Österreich die Möglichkeit, von der Lebensmittelaufsicht eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen, und diese Möglich­keit wird teilweise auch genutzt. Wenn man sich die Zahlen für Niederösterreich ansieht: Es gibt zurzeit beispielsweise 15 Ausnahmen im Bereich Nitrat und 20 Aus­nahmen im Bereich von Pestiziden beziehungsweise bei Abbauprodukten von Pestizi­den. Das ist natürlich eine zeitliche Ausnahme. Ich möchte damit nur aufzeigen, welche Herausforderung für die Trinkwasserversorgung das sozusagen bedeutet.

Es wurde auch bereits angesprochen: 90 Prozent der Menschen in Österreich sind an eine öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Das bedeutet, die restlichen 10 Pro­zent haben einen Hausbrunnen. In Oberösterreich ist der Wert etwas höher als im österreichischen Durchschnitt, denn rund 20 Prozent der Menschen in Oberöster­reich haben einen eigenen Hausbrunnen und stellen über diesen ihre Trinkwas­ser­versorgung sicher. Aus diesem Grund führt die Arbeiterkammer in Oberösterreich regel­mäßig Trinkwassertests durch und untersucht die Qualität, insbesondere hinsicht­lich des Stoffes Nitrat. Die Werte aus dem Jahr 2018 zeigen, dass rund 20 Prozent der insgesamt 572 abgegebenen Proben Nitratwerte über dem gesetzlichen Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter ausgewiesen haben. 2018 wurde erstmalig auch auf Pestizide untersucht, und da zeigt sich, dass in vier von fünf Proben Pestizidrückstände nachge­wiesen werden konnten.

Wir glauben also schon, dass Handlungsbedarf besteht. Das Beispiel Steiermark wur­de bereits angesprochen. Wir glauben, das Beispiel in der Steiermark ist ein Vorzeige­projekt. Die Landesregierung hat da, sage ich einmal, sehr viel Mut bewiesen. Es wur­de angesprochen, dass sich alle Stakeholder zusammengesetzt haben, um Lösungen auszuarbeiten. Sie haben damit Mut bewiesen, weil in Österreich seit Jahren im land­wirtschaftlichen Bereich sehr gerne auf die Freiwilligkeit der Maßnahmen gesetzt wird. Das Agrarumweltprogramm Öpul wurde angesprochen, das ein sehr gutes und um­fassendes Programm im landwirtschaftlichen Bereich ist. Man darf aber nicht ver­gessen: Es ist ein freiwilliges Programm.

Bei diesem Regionalprojekt in der Steiermark hat man dann gesagt: Okay, es braucht mehr Maßnahmen, um den Trinkwasserschutz sicherzustellen. – Schließlich werden in dieser Region südlich von Graz 600 000 Menschen mit Trinkwasser versorgt. Das bedeutet für die Landwirtschaft höhere Auflagen, sie dürfen weniger Dünger aus­bringen und müssen über den Einsatz von Nitraten und Pestiziden mehr Aufzeich­nungen führen. Das ist natürlich ein zusätzlicher Aufwand für die Bauern und Bäuerin­nen, aber insgesamt wird dadurch der Trinkwasserschutz verbessert.

Wir glauben, es wäre sehr positiv, wenn andere Bundesländer auch diesen Weg gehen würden, sozusagen auch diesen Mut haben würden, strengere Auflagen umzusetzen. Ich möchte zudem anmerken, dass das Regionalprogramm in der Steiermark auch über das Programm der ländlichen Entwicklung gefördert wird. Das wäre unser Wunsch für die Zukunft, dass die Politik da wirklich auch Mut beweist. 

Neben den Stoffen aus der Landwirtschaft gibt es natürlich auch andere Stoffe, die zunehmend in der Umwelt zu finden sind und damit zum Teil auch im Grundwasser nachgewiesen werden, wie zum Beispiel Arzneimittelrückstände, Antibiotika oder hor­monell wirksame Stoffe. In der Trinkwasserverordnung der Europäischen Kommission wurden auch Kohlenwasserstoffe vorgeschlagen, Pfos- und Pfoa-Grenzwerte – das sind sozusagen Stoffe, die neu in die Umwelt kommen. Wir glauben, dass es wichtig ist, da ebenso Handlungen zu setzen.

Wir haben lange gewartet, dass seitens der Europäischen Kommission eine Mitteilung zum strategischen Ansatz, wie man zukünftig mit Arzneimittel in der Umwelt umgeht, vorgelegt wird. Sie hat nun endlich, Mitte März, einen Vorschlag vorgelegt. Wir hoffen, dass die Kommission in Zukunft diese Vorschläge auch aufgreift und wirklich Maßnah­men setzt.

Aus unserer Sicht: Grundwasserschutz ist Trinkwasserschutz. – Ich habe bereits das positive Beispiel in der Landwirtschaft angesprochen. Was wünschen wir uns seitens der Arbeiterkammer für die Zukunft, um den Grundwasserschutz in Österreich noch stärker sicherstellen zu können? – Einerseits eben auf nationaler Ebene in den Län­dern und andererseits aber auch seitens des Bundes, bei den Diskussionen um das Aktionsprogramm Nitrat mehr zu tun. Das Aktionsprogram ist 2018 neu aufgelegt worden. Wir haben uns da eingebracht und uns auch gewünscht, dass es strengere Bewirtschaftungsauflagen für jene Gebiete gibt, in denen es Probleme mit Nitrat gibt – das würden wir uns nun für die Zukunft wünschen.

Positiv in diesem Nitrat-Aktionsprogramm ist, dass es nun für Betriebe ab 15 Hektar Aufzeichnungen gibt. Da würden wir uns aber wünschen, dass diese Daten auch wirklich an einer Stelle gemeinsam gesammelt und dann auch ausgewertet werden, also ein Monitoring, um zusätzlich dort, wo es Problemgebiete gibt, Maßnahmen setzen zu können.

Die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2020 bietet sehr gute Ansatzpunkte, um auf nationaler Ebene zu sagen, dass künftig die Maßnahmen im Agrarumweltprogramm Öpul beziehungsweise die Agrarförderungen insgesamt so gesetzt werden, dass sei­tens der Landwirtschaft zukünftig aktiv Trinkwasserschutz betrieben wird.

Auf der europäischen Ebene braucht es natürlich auch eine viel kohärentere Politik. Derzeit steht die Wasserrahmenrichtlinie sozusagen im Review, und da wäre es auch ganz wichtig, bei der Zulassung von neuen chemischen Stoffen den Einfluss auf die Ressource Wasser stärker zu berücksichtigen, und wenn man sieht, sie haben einen negativen Einfluss darauf, dass man diese Stoffe dann erst gar nicht zulässt.

Natürlich dann auch noch einmal an die Europäische Union: Wasser soll auch zukünf­tig in öffentlicher Hand bleiben können. Allen Liberalisierungstendenzen, die es bereits in der Vergangenheit gegeben hat, soll seitens Österreich auch zukünftig Widerstand geleis­tet werden. Von der Europäischen Union sollen diesbezüglich keine weiteren Vor­schläge kommen. – Vielen Dank für die Einladung und Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

10.46


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.|: Vielen Dank für Ihre Aus­führungen.

Ich darf nun den Geschäftsführer des Wasserleitungsverbandes Nördliches Burgen­land, Herrn Dr. Helmut Herlicska, um seinen Beitrag bitten.


10.47.06

Dipl.-Ing. Dr. Helmut Herlicska (Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland)| (sich ein Glas Wasser einschenkend und daraus trinkend): Ja, also das Trinkwasser hier ist wirklich sehr gut. Ich möchte sagen, es wirklich fast so gut wie unser Leitungswasser im Nordburgenland. In diesem Sinne kann ich mit meinem Vortrag beginnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nun zum Ernst der Stunde oder zum Ernst der Tagesordnung übergehen. Ich möchte Ihnen hier einige Überlegungen und auch Forderungen der Wasserversorger zur Sicherung und zum Schutz des Trink­wassers näherbringen.

Vielleicht zuerst zur Ausgangssituation: Wenn in Österreich, vor allem von politischer Seite, vom Wasser gesprochen wird, dann ist es so – das ist auch heute bereits so gewesen –, dass zumeist vom Umweltmusterland Österreich und vom Wasserschloss Österreich die Rede ist, und es wird immer wieder betont, dass nur etwa 3 Prozent der wirklich verfügbaren Wassermenge genutzt wird und dass die Grundwasserqualität und auch die Wasserversorgung eine gute ist.

Es stimmt sehr vieles davon, aber man muss schon sagen, dass es da tatsächlich auch eine andere Seite gibt, mit der wir Wasserversorger in unserer täglichen Arbeit konfrontiert sind. Es ist tatsächlich so, dass in verschiedenen Regionen Österreichs für uns Wasserversorger aufgrund des Umweltzustandes respektive der Grundwasser­qualität eine Reihe von Schwierigkeiten gegeben sind und diese Schwierigkeiten wirklich große technische Herausforderungen und auch große finanzielle Belastungen mit sich bringen, die im Endeffekt dann natürlich auch finanzielle Belastungen des Kunden, der das Wasser entsprechend zu bezahlen hat, mit sich bringen.

Ich möchte in dieser Hinsicht besonders auf die Problematik in den Regionen Ost­österreichs, in den Tal- und Beckenlagen, hinweisen, also speziell dort, wo die Grund­wasserneubildung eine geringe ist und natürlich auch die Konzentrationen bei gleichen Eintragsmengen entsprechend höher auftreten.

In mehreren Problemregionen Österreichs ist von behördlicher und auch von politi­scher Seite immer wieder zu hören, dass die Grundwassererneuerungszeiten lange sind und es aus dem Grund praktisch nicht möglich ist oder es keine realistischen Erfolgs­aus­sichten hat, wenn verstärkte Maßnahmen zum Grundwasserschutz getätigt werden. Dem möchte ich aber wirklich entgegenhalten, dass beispielsweise bereits im Jahr 1993 für das Marchfeld ein Konzept zur Grundwassersanierung vorgelegen hat – das war fix und fertig. Wenn es da tatsächlich zu einer Maßnahmenumsetzung gekom­men wäre, dann wären in diesen Bereichen heute mit Sicherheit auch bereits Erfolge sichtbar.

Generell – das ist heute von meinen Vorrednern schon mehrfach angesprochen wor­den – befindet sich die Wasserversorgung in einem Spannungsfeld. Die Aufgabe der Wasserversorgung ist in den letzten Jahren nicht wirklich einfacher geworden. Wir haben also einerseits die qualitativ belastenden Umwelteinflüsse auf das Grundwasser, von denen schon mehrfach die Rede war, und wir haben andererseits die Einflüsse des Klimawandels, die auch schon angesprochen wurden. Ich möchte in dieser Hin­sicht auch sehr betonen, dass die Konkurrenzsituation beziehungsweise die Nutzungs­konflikte mit der Landwirtschaft, aber auch zum Beispiel im alpinen Raum mit der Beschneiung derzeit bereits gegeben sind und sich in Zukunft sicherlich auch noch verschärfen werden.

Faktum ist, dass in den Trockenregionen Österreichs, also vor allem im Osten natür­lich, die landwirtschaftliche Bewässerung im Sommer eine große Rolle spielt. Ich weiß aber auch aus vielen Fachgesprächen mit Kollegen, dass in Westösterreich durchaus auch Konfliktsituationen mit der Beschneiung bei den verfügbaren Quellwässern gegeben sind, die man ernst nehmen und managen muss.

Des Weiteren ist es so, dass die Wasserversorger natürlich sämtlichen gesundheit­lichen Anforderungen zu entsprechend haben. Es gibt die österreichische Trinkwasser­verordnung, die sehr strenge Grenzwerte und sehr strenge Vorsorgewerte vorgibt – das ist auch gut so. Wir stehen natürlich dazu und sind verpflichtet, den Gesund­heits­schutz der Bevölkerung entsprechend zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist es so, dass aufgrund der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie einige Probleme auf uns zukommen.

Eine Sache, mit der wir auch laufend zu kämpfen haben beziehungsweise mit der wir uns sowohl im positiven wie auch im negativen Sinn befassen müssen, ist natürlich auch die öffentliche Meinung. Da ist es tatsächlich so, dass durch die Wasser­auf­bereitungsindustrie – ich denke da vor allem an die Trinkwassernachbehandlung im Haushalt beziehungsweise an verschiedenste Esoterikfirmen – oft Problemfelder auf­gebaut werden, die nicht der Realität entsprechen und mit denen im Endeffekt unser Leitungswasser schlechtgemacht wird.

Ich glaube, wir sollten dem etwas entgegenhalten und immer wieder betonen, dass wir Wasserversorger trotz aller Probleme, trotz all dieser Spannungsfelder, die wir haben – fast ausnahmslos –, laufend Trinkwasser bester Qualität und in ausreichender Menge zur Verfügung stellen und natürlich auch vorhaben, das in Zukunft zu tun.

Einige Anmerkungen zur neuen EU-Trinkwasserrichtlinie seien mir noch erlaubt. Ich möchte sagen, dass die bisherige EU-Trinkwasserrichtlinie wirklich einen sehr guten Rahmen für die Wasserversorgung vorgegeben hat. Das war ein sehr klarer Rahmen mit Grenzwerten und auch die Kontrolle war entsprechend gut geregelt. Der ursprüng­liche Entwurf der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie jedoch hat da einige Problem­stel­lungen beinhaltet. Er war vor allem auch mit verschiedensten Bestimmungen über­frachtet, die aus unserer Sicht nicht wirklich etwas in einer Trinkwasserrichtlinie zu suchen haben. Es wäre sicherlich besser, wenn manche wasserpolitischen Zielsetzun­gen eher in einer Wasserrahmenrichtlinie oder in anderen Richtlinien ihren Nieder­schlag finden, nicht aber in dieser Trinkwasserrichtlinie, weil das ansonsten zu Prob­lemen für die Versorger führt.

Der aktuelle Entwurf, der seitens des Rates der EU vorliegt, ist zum Teil entschärft worden. Aus der Sicht der Wasserversorger sind allerdings nach wie vor verschiedene Bereiche als problematisch anzusehen. Was im Endeffekt dann wirklich kommt, was verordnet wird und wann dies geschehen wird, ist noch offen – ich glaube, das weiß im Moment keiner von uns.

Auf eine Thematik im Zusammenhang mit der Trinkwasserrichtlinie möchte ich noch kurz kommen, nämlich jene der Spurenstoffe. Die EU-Trinkwasserrichtlinie – in Folge natürlich auch in unserer Trinkwasserrichtlinie – beinhaltet das Vorsorgeprinzip, was sehr wichtig ist und selbstverständlich von allen Wasserversorgern begrüßt wird. Aller­dings darf das dann nicht dazu führen, dass sogenannte ubiquitäre Spurenstoffe, die allenthalben in der Umwelt vorhanden sind, und zwar im Ultraspurenbereich – es handelt sich um Konzentrationen im Nanogrammbereich pro Liter, das sind Milliardstel Gramm pro Liter Wasser –, ohne ein gesundheitliches Erfordernis zu einem Aufberei­tungszwang führen, also dass es bei der Festlegung solcher Werte als Grenzwerte, ohne dass es aus Gesundheitsschutzgründen notwendig wäre, zu einem Aufberei­tungs­zwang kommt. Dem sollten wir und müssen wir entgegenwirken.

Man muss bei dieser Thematik ferner betonen, dass viele dieser Stoffe überhaupt erst durch eine verbesserte Messtechnik auffindbar wurden – das ist also nicht alles auf eine Verschlechterung der Umweltsituation zurückzuführen. Allerdings muss man auch bei diesen Stoffen bei den Emittenten ansetzen. Ich denke, dass eine vierte Reini­gungsstufe bei Kläranlagen etwas ist, das wir generell anstreben sollten oder müssen. Ich möchte aber auch zu bedenken geben, dass zum Beispiel Gülle völlig unbehandelt auf Feldern aufgebracht wird; in dieser Gülle sind oft Antibiotika und verschiedenste andere Substanzen enthalten.

Ich komme nun zur Belastungssituation betreffend Nitrat und Pestizide. Meine Vor­rednerin Frau Dipl.-Ing. Strutzmann hat schon viel dazu gesagt, daher möchte ich nur noch ein paar Worte darüber verlieren. Generell ist es so, dass seit den 1980er-Jahren die Belastung des Grundwassers mit verschiedensten Schadstoffen in der Bevölkerung verstärkt wahrgenommen wird, denn vorher was das nicht wirklich groß ein Thema. Es sind die meisten Probleme oder sehr viele Probleme im Bereich von Deponien, Alt­ablagerungen und so weiter gelöst worden, aber wir haben nach wie vor Probleme mit Nitrat und Pestiziden.

Zu jenem Argument, dass Österreich weit besser dasteht als zum Beispiel die Bundes­republik Deutschland, möchte ich nur sagen, dass es zum Beispiel im Nordbur­gen­land – das bezieht sich auf eine aktuelle Auswertung, die wir gemacht haben – tat­sächlich so ist, dass 41,2 Prozent der Grundwassermessstellen des offiziellen Mess­stellennetzes über dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter belastet sind. Ich habe mir auch eine aktuelle Studie des Umweltbundesamtes aus der Bundesrepublik Deutsch­land angeschaut: Da sind 18 Prozent der Grundwassermessstellen gefährdet, in den Bereichen landwirtschaftlicher Nutzung sind es 28 Prozent.

Zu den Pestiziden möchte ich noch anmerken, dass zum Beispiel Atrazin seit 25 Jah­ren verboten ist, aber nach wie vor dessen Abbauprodukte, die sogenannten Meta­boliten, zu Grenzwertüberschreitungen im Trinkwasser führen – mit entsprechendem Maßnahmenzwang bis hin zur Aufbereitung.

Ein paar Worte noch zu einem aktuellen EuGH-Verfahren des Wasserleitungs­verban­des Nördliches Burgenland betreffend Aktionsprogramm Nitrat: Wir haben aufgrund der Belastungssituation des Grundwassers – ich möchte immer betonen, dass das Trinkwasser, das wir abgeben, völlig in Ordnung ist – ein Verfahren – zuerst über das Ministerium – gestartet, das dann bis zum EuGH gegangen ist. Dort liegen mittlerweile die Schlussanträge der Generalanwältin vor und ich muss sagen, dass uns in diesen Schlussanträgen weitestgehend recht gegeben wurde.

Es wurde festgestellt, dass die rechtmäßige Nutzung des Grundwassers auch durch Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft nicht beeinträchtigt werden darf. Das heißt, ein Nitratgrenzwert von 50 Milligramm pro Liter ist einzuhalten, denn es kann nicht so sein, dass da die Wasserversorgung zur Aufbereitung gezwungen wird, die dann im Endeffekt von den Konsumenten zu bezahlen ist. Das endgültige Urteil des EuGH wird vor dem Sommer vorliegen. Wenn das Urteil in diese Richtung ausfällt, ist doch zu erwarten, dass dieses eine Nagelprobe für den Umweltschutz – mit Auswirkungen über Österreich hinaus – ist.

Nun zu ein paar wesentlichen Forderungen seitens uns Wasserversorgern: Es ist schon angesprochen worden, dass entsprechend dem österreichischen Wasserrechts­gesetz das Grundwasser so sauber zu halten ist, dass es als Trinkwasser genutzt werden kann. Es ist auch so, dass in verschiedensten rechtlichen Regelungen drinnen steht, dass natives, also natürliches Grundwasser das beste Trinkwasser ist. Beides hat wirklich höchste praktische Priorität für uns Wasserversorger. Daher ist es er­forderlich, dass eine entsprechende rechtliche Umsetzung tatsächlich auf rechtlicher Basis erfolgt. Konkret bedeutet das auch, dass das Aktionsprogramm Nitrat derart zu verbessern ist, dass der Nitratgrenzwert von 50 Milligramm pro Liter im Grundwasser auch in den bekannten Problemgebieten tatsächlich eingehalten wird. Diese Maßnah­men müssen möglichst rasch gesetzt werden und auch rasch wirken.

Weiters ist es so, dass die Zulassungsbestimmungen und die Anwendungsregeln bei den Pestiziden derart zu ändern sind, dass keine Grenzwertüberschreitungen im Grund­­wasser mehr auftreten – da gibt es mit neuen Stoffen immer wieder Schwierig­keiten. Gleichzeitig sollen jene Pestizidabbauprodukte, die in den Nachbarstaaten Öster­­reichs, wie zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland, als gesundheitlich nicht relevant ausgewiesen sind, auch in Österreich so ausgewiesen werden, damit es nicht zu einem nicht gesundheitlich begründeten Aufbereitungszwang kommt.

Bei der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie ist darauf zu achten, dass es zu keiner Über­ladung mit zusätzlichen Bestimmungen kommt – das Vorsorgeprinzip ist einzuhalten – und vor allem die ganze Thematik mit den Spurenstoffen wirklich mit Sorgfalt behandelt wird.

Im Bereich der Landwirtschaft glauben wir, dass es notwendig und sinnvoll ist, dass es zu weiteren Extensivierungen und auch zum Einsatz einer nachhaltig biologischen Landwirtschaft kommt sowie eine räumliche und inhaltliche Schwerpunktsetzung bei den Maßnahmen erfolgt, vor allem in den Einzugsgebieten der genutzten Wasser­spender und in den Wasserhoffnungsgebieten. Es könnten da auch Fördermittel beson­ders effizient eingesetzt werden.

Abschließend bleibt zu sagen, dass wir Wasserversorger uns als Anwalt der Men­schen, der von uns versorgten Bevölkerung, sehen. Es ist uns bewusst, dass sowohl die Landwirtschaft als auch wir Wasserversorger Lebensmittel mit höchster Qualität produzieren müssen – das ist unsere Aufgabe. Wir sehen die Landwirtinnen und Landwirte auch als Partner; bei beiderseitigem guten Willen ist auch in den nächsten Jahren ein nachhaltiger Grundwasserschutz verwirklichbar. – Danke. (Beifall.)

10.59


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.|: Vielen Dank.

Ich darf nun Herrn Dr. Christian Onz, Rechtsanwalt für Wirtschafts- und Umweltrecht, um seinen Beitrag bitten. – Bitte, Herr Dr. Onz.

11.00.01


Mag. Dr. Christian Onz (Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe die Frage der Ergiebigkeit und die Frage von Nutzungskonflikten in quantitativer Hinsicht zum Thema meines Beitrages gemacht. Wir haben gehört, dass es in einzelnen Gebieten Ost­österreichs – natürlich nicht bundesweit, sondern in einzelnen belasteten Gebieten – bei anhaltender Tendenz zu Trockenperioden kommen kann, die zu einem Rückgang des Grundwasserdargebots oder Quelldargebots und damit zu Nutzungskonflikten führen können. Wie man damit in Zukunft umgeht, möchte ich in ein paar Sätzen erläu­tern.

Zuerst aber ganz kurz zur aktuellen rechtlichen Situation: Es ist schon mehrfach gesagt worden, wir haben ein erstklassiges Lebensmittelrecht und wir haben – lassen Sie mich das sagen – trotz zwischenzeitiger Überladung mit EU-bedingten Regelungen im­mer noch ein hervorragendes Wasserrechtsgesetz. Das Wasserrechtsgesetz ist ein sehr altes und sehr gutes Gesetz. Es stammt aus dem Jahr 1959 und war damals eine Wiederverlautbarung eines Wasserrechtsgesetzes von 1934 – in Wahrheit geht es noch viel weiter zurück, nämlich auf die Landeswassergesetze. Das heißt, der wasser­rechtliche Vollzug in Österreich hat eine große Tradition. Der Wasserrechtsvollzug steht im Vergleich zu anderen Vollzügen deutlich besser da – das muss man eingangs auch sagen, weil das gerne vergessen wird.

Im Wasserrechtsgesetz hat die Trinkwassergewinnung und die Trinkwasservorsorge besondere Relevanz. Der Trinkwasserschutz ist wahrscheinlich einer der ganz zentra­len Punkte, wenn nicht der zentrale Punkt unseres Wasserrechtsgesetzes. Ich will Sie nicht langweilen, daher nur ganz kurz: Wir haben natürlich die wasserrechtliche Bewil­ligungspflicht für Grundwasserentnahmen oder Quellerschließungen. Wir haben, was ganz wichtig ist, die Ausweisung von Schutz- und Schongebieten. Es besteht da eine reichhaltige Judikatur auch des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Thema, die natür­lich den qualitativen und den quantitativen Schutz der Wasservorkommen zum Inhalt hat.

Wir haben neuerdings Regionalprogramme – früher hat das wasserwirtschaftliche Rah­men­verfügungen geheißen –, die auch und gerade dem Trinkwasserschutz dienen und dienen sollen. Wir haben im qualitativen Bereich für das Grundwasser die Qualitäts­ziel­verordnung Chemie, wir haben das Aktionsprogramm Nitrat, über das schon berichtet wurde, und es gibt über das ganze Wasserrechtsgesetz hinweg eine Vielzahl von Be­stim­mungen, die letztlich dem Trinkwasserschutz dienen sollen. Ich nenne Ihnen als einen von vielen den § 13 Abs. 3, in dem es heißt, dass, was immer bewilligt wird, der Anspruch und Bedarf der Gemeinden an Wasser für Lösch- und Trinkwasserzwecke in jedem Fall immer gewahrt bleiben muss.

Wie bewährt sich das nun vor dem Hintergrund der offenbar zu erwartenden Zunahme von Trockenperioden, die auf den Klimawandel zurückzuführen ist? – Das ist ein As­pekt, der nicht so spektakulär wie andere ist. Ein Hochwasser, ein Felsabbruch oder ein Lawinen- oder Murenabgang stehen gleich im Teletext und in der Zeitung; jeder ist sich des Problems bewusst und man muss darauf sofort reagieren. Das doch über einen längeren Zeitraum stattfindende Zurückgehen des Wasserdargebots im Grund­was­ser ist weniger spektakulär, allerdings ist es nachhaltig. In der Versicherungs­wirt­schaft bezeichnet man das als Allmählichkeitsschaden: Es vollzieht sich nicht von einem Tag auf den anderen, sondern über eine bestimmte Periode, und irgendwann muss man darauf reagieren.

Nun haben wir in einzelnen Grundwasservorkommen – vor allem im Osten, Nordosten oder auch südlich von Graz – gewisse Nutzungskonflikte. Denken Sie an die Beschnei­ungsanlagen; wiewohl das noch nicht so dramatisch ist, da sie vornehmlich im Winter in Betrieb sind. Wir haben aber natürlich industrielle Nutzbrunnen und – das muss gesagt werden – eine Zunahme der Feldberegnungsbrunnen, also eine Zunahme der Bewässerungszwecke. Das geht natürlich mit Nutzungsansprüchen einher. Wenn Sie sich nun eine solche Trockenwetterperiode vorstellen, dann taucht die Frage auf: Was ist rechtens, wenn das Grundwasser für alle Beteiligten zu knapp wird?

Noch einmal: Es gibt eine ganze Reihe von Bestimmungen, die man in so einem Fall im Wasserrechtsgesetz nutzen könnte, um das Trinkwasser vorrangig zu behandeln. Diese Bestimmungen setzen aber langwierige Verfahren voraus oder sind program­matischer Natur. Das heißt, bis Sie da zu einer Regelung kommen, zu einem Bescheid kommen, ist die Trockenheit schon wieder vorbei – das ist zwar auch eine Lösung, aber nicht die, die wir anstreben. Das heißt, wenn nun eine solche Trockenperiode auftritt, dann müsste ex ante klargestellt sein – wenn man sich dazu bekennt, wenn man wirklich den Primat des Trinkwassers ernst nimmt –, dass alle anderen Nutzer nach Notwendigkeit ihre Entnahmen zurücknehmen. Das betrifft klarerweise auch und vor allem die Landwirtschaft, aber nicht nur die.

Wenn man also in Trockenwetterperioden oder im Sommer in einem bestimmten Aquifer Nutzungskonflikte hat und sieht, dass der Wasserversorger seiner Versor­gungspflicht nicht oder nur eingeschränkt nachkommen kann, muss man, wenn man Trinkwasser sogar über die agrarische Versorgung und über die industrielle Produktion stellt, eine rechtliche Vorrangregel definieren. Das passiert auch in der Praxis. Wa­rum? – Wenn man als Wassergenossenschaft einen landwirtschaftlichen Feldbereg­nungs­brunnen oder eine ganze Reihe solcher Brunnen haben will, trifft man auf ein rechtskräftiges Wasserrecht des Wasserversorgers. Das heißt, als Wasserversorger hat man ja Parteistellung und die Behörde ist verpflichtet, einen Ausgleich herbei­zuführen.

Das sieht in der Praxis so aus – das ist vernünftig –, dass man, wenn das Grund­wasser unter ein bestimmtes Level absinkt, sagt, dass der Feldberegnungsbrunnen, der ja erst später dazugekommen ist, in Achtung des bestehenden Trinkwasser­ent­nahmerechts diese Entnahmen schrittweise zurücknehmen muss. So etwas gibt es, in einem bestimmten Bescheid passiert es, in einem anderen Bescheid passiert es aber nicht. Der Punkt ist: Das gehört verrechtlicht. – Ich spreche dabei über einen ganz kleinen Aspekt des Ergiebigkeitsschutzes, nämlich nur für den Fall einer Trocken­periode, in dem genau diese Situation, dieser Sachverhalt eintritt, von dem ich gerade gesprochen habe.

Die Situation kann sich aber auch wenden. Stellen Sie sich vor, ein Versorger strebt in einem Gebiet, in dem sich bereits landwirtschaftliche oder sonstige Entnahmerechte befinden, einen neuen Brunnen an; dann hat man dort natürlich das Problem, auf die Rechtskraft dieser Konsense zu treffen und man bekommt zu hören, dass man nun derjenige ist, der später gekommen ist. Noch einmal: Wenn man sich zum Primat des Trinkwasserschutzes bekennt, dann muss nach meinem Dafürhalten auch in diesem Fall in Umkehrung der Rechtskraftüberlegung dem Trinkwasserschutz der Vorrang eingeräumt werden.

Wir können diese Regelung schaffen oder auch nicht, aber wenn sie geschaffen wird, hat die ganze Sache nur dann einen Sinn, wenn sie auch vollzogen wird. Wir haben nämlich das Grundproblem, dass die Kontrolle teilweise nicht mehr funktioniert. Kontrolle ist nicht modern. Kontrolle mag niemand, weder der Kontrollierte noch der Kontrollor. Wir sprechen von Einvernehmen und dass wir das alle nicht brauchen. Wollen Sie hinter jeden Bauern einen Polizisten stellen, Herr Doktor?, werde ich des Öftern gefragt – diese und ähnlich unintelligente Meldungen muss man sich anhören.

Ein Punkt ist noch ganz wesentlich: Die Politik kürzt die Stellen in der Verwaltung und bei den Kontrollen. Die einzige Verwaltungsreform in der Republik, die funktioniert, ist die, dass Posten von Leuten, die in Pension gehen, nicht nachbesetzt werden. Die Verbleibenden flüchten sich in die Grundsatzpapiere – weg vom Vollzug, denn Vollzug will keiner. Der Vollzug wird immer mehr ausgehöhlt und, glauben Sie mir, das ist wirklich ein Problem in der Praxis.

Wenn man also neue Regelungen wie diese Vorrangregel schafft, dann muss das natürlich auch exekutiert werden. Das fängt damit an, dass man einen Wasserzähler implementieren oder über die Pumpleistung agieren muss. Man muss diese Regelung abfedern und auch kontrollieren. Wir haben ja im Wasserrecht schon eine ganze Reihe von Kontrollmechanismen gehabt, die völlig gescheitert sind, weil die Landwirtschaft in der Lage war – vor allem auch über die diffusen Einträge –, sich einer Kontrolle weit­gehend zu entziehen.

Das ist im Wesentlichen der Punkt. Noch einmal: Ich hoffe, dass es selten eintritt – wir wissen es nicht –, aber wenn die klimatischen Bedingungen in diese Richtung gehen, dann werden wir um so eine Kollisionsregelung nicht herumkommen, davon bin ich felsenfest überzeugt. Das ist nicht sehr populär. Das bedingt eine Novelle zum Wasserrechtsgesetz, das bedingt die Schaffung eines Verordnungsrechtes und das bedingt dann natürlich auch die Schaffung entsprechender Bescheide und ihrer Kon­trolle. – Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben. Auf Wiedersehen! (Beifall.)

11.08


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.|: Vielen Dank für Ihre Aus­füh­rungen.

Ich darf nun Herrn Dipl.-Ing. Dr. Max Kuderna von WPA Beratende Ingenieure um seinen Beitrag bitten. – Bitte schön.


11.08.38

Dipl.-Ing. Dr. Max Kuderna (WPA Beratende Ingenieure GmbH)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Abgeordnete! Vielen Dank für die Einladung, dass ich hier zu Ihnen sprechen darf. „Trinkwasser schützen und sichern“: Als Titel meines Vor­trages habe ich „Ursachen erkennen, Chancen nützen“ gewählt. Wie Sie bereits von den Vorrednern gehört haben, haben wir in vielen Bereichen eine gute Grundwas­ser­qualität. Darauf sind wir stolz, aber das nützt alles in den restlichen Grundwasser­vor­kommen, in denen die Qualität nicht passt, nichts. Dort muss etwas getan werden! Der Druck, etwas zu machen, lastet auf der Verwaltung und letztlich auch auf den politi­schen Entscheidungsträgern.

Dazu ist es im Vorfeld wichtig, dass man sich ein Bild über die Ursachen und Zusam­menhänge verschafft. Es sieht so aus, dass in jenen Grundwasservorkommen, in denen es stoffliche Belastungen gibt, das in den meisten Fällen – die anderen haben es schon erwähnt – Nitrat oder Rückständen von Pflanzenschutzmittel sind, wobei diese Einträge aus unterschiedlichen Quellen stammen können. Wenn man diese Vor­kommen untersucht, sieht man, dass der Anteil, der aus der Landwirtschaft stammt, doch so groß ist, dass Sie keine Chance haben, das in Ordnung zu bringen, wenn Sie sich um die Golfplätze, die Kleingärten und die Siedlungsflächen oder sonst etwas kümmern. Die Chance, etwas zu tun, hat die Landwirtschaft.

Worüber ich im Weiteren sprechen möchte, ist, dass es auch genug Beispiele gibt, die zeigen, dass man da sehr viel erreichen kann. Das erzähle ich nicht, weil ich damit sagen möchte, wir haben alles erreicht, wir haben alles geschafft. Ich glaube vielmehr, dass das Instrumente sind, die man zur Kenntnis nehmen muss, bei denen es in vielen Fällen wichtig ist, dass sie nicht irgendwann einmal den Bach runtergehen und vergessen werden und dann vielleicht nicht mehr gemacht werden. Denken Sie daran, dass die Belastungen der Landwirtschaft für das Grundwasser fortwährend passieren, das haben Sie nicht mit einmaliger Intervention im Griff, da müssen Sie laufend dranbleiben und immer etwas tun, denn das Grundwasser bildet sich ja auch laufend. Ich glaube auch, dass es gilt, die Instrumente in einigen Bereichen auszubauen, damit man die Wirkungen erreicht, die man sich erhofft.

Ich nenne jetzt in der kurzen Zeit, die ich habe, einfach ein paar Beispiele, damit Sie ein Bild dazu haben, was getan werden kann. Ich glaube, ein sehr guter Ansatz besteht darin, verschiedene Handlungsoptionen zu integrieren, dazu gibt es gute Beispiele. Ich glaube, ein sehr erfolgreicher Ansatz im laufenden Agrarumweltprogramm sind die vorbeugenden Grundwasserschutzmaßnahmen. Sie zeigen exemplarisch auf, was man machen kann.

Was ist da alles drinnen? Es gibt Obergrenzen für die Düngung, die niedriger sind als die gesetzlichen, man hat enger gesetzte Einschränkungen, wann man düngen darf und wann nicht. Schulungen und Beratungen sind verpflichtend in Anspruch zu neh­men und man muss – und das erscheint mir wichtig – sehr detailliert aufzeichnen, wie viel an Dünger hingebracht wurde, wie viel über die Ernte wieder wegkommt, was zurückbleibt und ein Problem darstellen könnte.

Das alles zusammengepackt: Was kann man damit erreichen? Wir durften das im Auf­trag des Ministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus in einigen Gebieten Öster­reichs untersuchen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: die Traun-Enns-Platte in Ober­österreich. 40 Prozent der Landwirte nehmen am Programm teil, sie sparen pro Jahr 1800 Tonnen Nitratemissionen in das Grundwasser ein. Also damit kann man große Mengen bewegen.

Was braucht es für die Zukunft? Ich glaube, es ist wichtig, dass so etwas in zukünftigen Agrarumweltprogrammen enthalten ist und ausgebaut wird. Die Wirkung ist nicht in allen Grundwassergebieten gleich groß. Ich glaube, in manchen Bereichen man muss das weiterentwickeln und nachschärfen.

Ich persönlich glaube, dem Grundwasser tut es auch gut, wenn im Agrarumwelt­pro­gramm Maßnahmen, die das Wasser schützen, besser dotiert werden als andere, auch da ist, glaube ich, eine Handlungsmöglichkeit gegeben. Ich glaube aber – wenn man weit in die Zukunft blickt –, dass es auch Maßnahmenteile gibt, die früher oder später in allgemeine gesetzliche Bestimmungen münden sollten. Teilweise geschieht das auch schon, das ist also keine unreale Forderung. Aufzeichnungsverpflichtungen wer­den zum Beispiel schön langsam, weil sie zur allgemeinen Praxis werden, allge­mein gültige Verpflichtungen.

Ich komme zu einer anderen Handlungsmöglichkeit. Eine Vorrednerin hat ausgeführt, dass es bestimmte auswaschungsgefährdete Böden gibt, wo besonders viel Austrag von Nitrat stattfindet. Sie haben die Möglichkeit, solche Flächen sehr extensiv ohne Düngung zu bewirtschaften, Sie können dort ein Grünland haben, das auch beernten und erzielen mit sehr wenig Fläche eine ganz starke Wirkung. Auch diese Maßnahme, sage ich dazu, wird im Agrarumweltprogramm gefördert, sie wird wenig angenommen. Nur, dass Sie eine Idee zur Größenordnung haben: Im nördlichen Burgenland, wo das auf einer beschränken Fläche gemacht wird, gelangen jährlich 350 Tonnen Nitrat weniger ins Grundwasser. Also das ist etwas, da bewegt sich was. Was sollte man sich für die Zukunft wünschen? In meinen Augen vor allem, dass diese Maßnahme auch zukünftig angeboten und finanziell so attraktiv ausgestattet wird, dass die Teilnahme­quoten steigen.

Ich komme jetzt zu einem anderen Bereich, der sehr gute Wirkung gezeigt hat und von dem ich glaube, dass er ausbaufähig ist. Es gibt in Teilen von Niederösterreich, Ober­österreich und dem nördlichen Burgenland den sogenannten Nitratinformations­dienst. Das ist eine interessante Handlungsmöglichkeit. Was geschieht da? – Man misst, wie viel Nitrat schon im Boden ist. Ist viel vorhanden, muss der Landwirt weniger düngen, und diese Düngeeinsparung kann in bestimmten Fällen so hoch sein, dass vielleicht ein Jahr gar nicht gedüngt werden muss. Sie können sich also vorstellen, was da an Einsparungsmöglichkeiten gegeben ist. Das ist auch deswegen ein interessantes Vorhaben, weil es in Kooperation von Wasserwirtschaft und Landwirtschaft erfolgt. Ich glaube, das ist noch sehr ausbaufähig. Es gibt einen Teilnehmerkreis, der das sehr erfolgreich macht und auch zeigen kann, dass es gut funktioniert. Aus meiner Sicht müssten viel mehr Landwirte in solche Projekte einsteigen.

Ich komme zu einer anderen Möglichkeit. Wenn Sie Handlungschancen der Land­wirt­schaft betrachten und sich etwas ausdenken und konzipieren – das ist ja auch eine Arbeit, die ich mache –, dann ist ja am Schluss die Frage: Was passiert in der Um­setzung dann tatsächlich? Dabei zeigt sich, dass integrierte Beratungsansätze, in die Landwirte eingebunden werden, eine hohe Chance auf Umsetzung haben.

Dazu gibt es ein sehr gutes Beispiel in Oberösterreich: Wasserbauern leiten Arbeits­krei­se unter ihren Kollegen an, an denen 2 330 Landwirte teilnehmen. Diese Wasser­bauern ha­ben eine spezielle Ausbildung und Ausrichtung und sorgen unter ihren Kolle­gen dafür, dass Maßnahmen zum Grundwasserschutz in der Praxis tatsächlich um­gesetzt wer­den. Sie haben natürlich einen besonderen Grad an Glaubwürdigkeit, denn sie machen das ja selbst auch. Diese Wasserbauern erzielen eine sehr gute Wirkung, werden fachlich begleitet und selber von der sogenannten Boden.Wasser.Schutz.Beratung be­raten.

Noch zwei Punkte ganz am Schluss: Wenn Sie wissen wollen, was wirkt und was Sie machen sollen, müssen Sie eine Vorstellung davon haben – und auch nachweisen kön­nen –, welche Handlungsweise ein Problem erzeugt und welche etwas bringt. Wichtig sind deswegen langfristige Messreihen, die nicht erst im Grundwasser anset­zen, sondern dass schon dort, wo das Wasser aus dem Boden versickert, gemessen und geschaut wird, was passiert. Fachlich heißen solche Messanlagen Lysimeteran­lagen. Die liefern einen wertvollen Input, um überhaupt festzustellen, wo ein Problem entsteht und wo nicht.

Ein anderer Ansatz, der in meinen Augen auch extrem wichtig und mittlerweile schon sehr gut entwickelt ist: So wie Sie sich für das Wetter und für die klimatischen Ent­wicklungen Prognosemodelle wünschen, gibt es das auch für den Bereich der Pro­zesse im Boden betreffend Nitrat und ausgetragenen Pflanzenschutzmitteln. Dabei ist meine Anregung für Entscheidungen, die zu treffen sind – macht man etwas, macht man es nicht, wie wirkt es sich im Grundwasservorkommen aus –, gut erprobte Pro­gnose­modelle in einem viel größeren Umfang einzusetzen, als das bisher der Fall ist.

Ich sehe, das rote Lämpchen leuchtet. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Danke schön. (Beifall.)

11.19


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.|: Vielen Dank, Sie haben die Zeit perfekt eingehalten.

Danke für die Ausführungen. Das erste Panel ist damit abgeschlossen. Herzlichen Dank nochmals an alle für die Beiträge.

11.19.21Panel 2: Förderung der Siedlungswasserwirtschaft


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.|: Wir kommen nun zu Pa­nel 2, den Referaten zum Thema Förderung der Siedlungswasserwirtschaft. Ich darf die Referenten und Referentinnen zu diesem Thema ersuchen, auf der Regierungs­bank Platz zu nehmen, im Anschluss vom Rednerpult aus ihren Redebeitrag abzu­ge­ben und dabei die Zehn-Minuten-Grenze einzuhalten. Das Lämpchen wird, sobald Ihre Redezeit zu Ende geht, auch bei Ihnen rot leuchten.

Ich darf zu Beginn den Geschäftsführer der Wasserversorgung Grenzland Südost, Herrn Dr. Franz Friedl um seinen Beitrag bitten. – Bitte schön.


11.20.05

Dipl.-Ing. Dr. Franz Friedl (Wasserversorgung Grenzland Südost)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren BundesrätInnen! Werte Expertinnen und Experten und Vertreter der österreichischen Trinkwasserversorgung! Aufgrund der Ver­öffentlichungen vieler Experten und der täglichen Medienberichterstattungen nimmt die Öffentlichkeit immer mehr die drohende Gefahr, dass ein langandauernder und über­regionaler Stromausfall eintreten könnte, wahr. Ein plötzliches Blackout: kein Strom, kein Licht, kein Wasser, kein Abwasser, keine Wärme. Stellen Sie sich vor, dieser Stromausfall passiert in einer Woche im Sommer bei anhaltenden 35 Grad oder bei minus 10, minus 15 Grad im Winter.

Das Versorgungsgebiet unseres Wasserverbandes Grenzland Südost – des überregio­nalen Wasserfernversorgers in der Region des südoststeirischen Vulkanlandes, in der Gegend von Riegersburg, Feldbach, Gleichenberg, wer sich da orientieren kann –, den ich vertrete, hat eine Fläche von 1 400 Quadratkilometer, das sind etwa 10 Prozent der Fläche des Bundeslandes Steiermark. In unseren 35 Mitgliedsgemeinden haben wir eine Anschlussdichte von drei Viertel, 75 Prozent der Häuser sind angeschlossen. Wir versorgen über 100 000 Menschen tagtäglich mit bestem Trinkwasser.

Sie kennen diese Gegend – Vulkane bedeuten, da geht’s auf und ab. Die schwierige Topografie dieses Hügellandes macht es erforderlich, dass wir unser Wasser aus dem unteren Murtal bekommen. Rektor Kainz hat es heute schon beschrieben, das Wasser, das wir als Trinkwasser verwenden, kommt aus dem Regionalprogrammgebiet des unteren Murtales. Wir müssen das im Regelfall mehrmals – bis zu siebenmal – pumpen, bis es bei der letzten Gemeinde und beim letzten Hausanschluss ankommt. Das ist eine große Herausforderung. In dieser Region – das wurde heute schon ge­zeigt, wenn Sie das erkannt haben  haben wir einen durchschnittlichen Niederschlag im Bereich von 700 Millimeter, das ist sehr wenig, deswegen gilt die Gegend auch als Wassermangelgebiet.

Das Behältervolumen des Wasserverbandes – das wir auf einmal gespeichert haben –beträgt circa 10 000 Kubikmeter. Bei einem Ausfall der Stromversorgung haben wir – wie gesagt, wir pumpen alles – das Problem, dass die Pumpwerke, die Förderbrunnen und die Steuerung ausfallen. Binnen 24 Stunden kommt die gesamte Trinkwasser­ver­sorgung für über 100 000 Menschen in der Region Südoststeiermark zum Erliegen; zum Erliegen heißt, die gesamte südoststeirische Region hat nach einem Tag kein Was­ser mehr. Die Auswirkungen wären fatal.

Wenn dieses Blackout über eine Woche dauert, stellt sich die Frage: Was passiert dann? Welche Lösungen gibt es? Um einem derartigen Szenario durch eine ent­sprechende Vorsorge entgegenzuwirken, wurde in den Gremien des Wasserverbandes im Jahr 2014, vor fünf Jahren, einstimmig – Gott sei Dank politisch einstimmig, denn das ist sehr wichtig – beschlossen, dass ein flächendeckendes Notstromprojekt von größter Wichtigkeit ist.

Wir haben laut ÖVGW-Richtlinie W74 – da kann man ein Krisennotfallsystem beschrei­ben – unser Blackoutszenario beschrieben, dadurch gibt es eine Anleitung für uns Ver­antwortungsträger und für das Betriebspersonal, wie wir diese Woche ohne Strom meistern wollen. In der ersten Phase unseres Projektes haben wir unseren Verbands­sitz in Fehring – wo wir unsere gesamten Außenanlagen, Pumpwerke und Hochbe­hälter steuern – energieautark gemacht. Das heißt, wir haben ein Energiemanagement mit Photovoltaikanlage, Dieselaggregat und Batteriesystemen errichtet, sodass unser Herzstück und unser Gehirn in Fehring für über eine Woche autark sein kann, ohne öffentlichen Strom auskommen kann.

Das heißt aber nicht, dass Brunnen und Pumpwerke funktionieren. Wie für jeden Ver­sorger gilt es als zweite Stufe, die Außenstationen, das sind bei uns knapp 30 Statio­nen, mit Notstrom zu versorgen. In der ersten Stufe haben wir bei zehn Aggregaten für Außenstandorte circa 1 000 Kilowatt Notstromaggregatleistung installiert. Mit diesen zehn Standorten – Brunnen und Pumpwerke –, die jetzt mit Notstrom versorgt sind, kön­nen wir bereits jetzt drei Viertel unseres Verbandsgebietes für über eine Woche versorgen.

Die Aggregate sind in Spezialcontainern mit doppelwandigen Leckagetanks, mit Warn­systemen, mit Treibstoffauffangwannen, mit Fundamenten und Zufahrten direkt bei unseren Anlagen errichtet. Diese Anlagen sind – so, wie Sie sich das bei Asfinag, ÖBB oder ORF vorstellen können – permanent betriebsbereit, übernehmen im Blackoutfall sofort unterbrechungsfrei den Betrieb der Anlage. Wenn der Strom nach Tagen zurück­kommen würde, synchronisieren sich unsere Anlagen unterbrechungsfrei retour.

Wie Sie sich vorstellen können, und heute auch schon oftmals beschrieben wurde, sind die gesamten Anlagen wasserrechtlich bewilligt, und es wurden durch unsere Behörde, das Land Steiermark, strenge Auflagen zum Grundwasserschutz erteilt, was natürlich sehr wichtig ist.

Sie können sich vorstellen, dass diese Dieselaggregate Diesel brauchen. Es gibt einen Tank, wie beim Auto, und irgendwann ist der Tank leer. Wir haben bei unseren Tank­stellen in der Region angefragt, ob wir ihn im Falle eines Blackouts von ihnen bekom­men. Keiner hat eine schriftliche Zusage gemacht, die haben gesagt, sie hätten in einem solchen Falle selbst keinen. Das heißt, wir haben uns auf den Weg gemacht und eine eigene Dieseltankstelle gebaut. Wir bräuchten in dieser einen Woche über 20 000 Liter Diesel, deswegen gab es für uns nur die Entscheidung, eine eigene Tankstelle zu errich­ten, ansonsten können wir dieses System nicht aufrechterhalten und keine Was­serversorgung garantieren.

Was weiters noch wichtig ist: Sie können sich vorstellen, dass unsere vielen Mitarbeiter miteinander kommunizieren müssen. Im Falle eines Blackout funktioniert aber kein Handy. Das heißt, wir begeben uns auf die unterste Ebene und müssen mit ganz kon­ventionellen Sprechfunkanlagen kommunizieren. Solche wollen wir auch noch errichten, denn die sind enorm wichtig.

Mit diesen Aktivitäten haben wir als Wasserverband im Südosten Österreichs bis jetzt über 1,5 Millionen Euro für ein Szenario ausgegeben, das vielleicht nie eintritt, vielleicht aber noch heute eintritt; glücklicherweise waren es Eigenmittel, Bundesmittel nach dem Umweltförderungsgesetz und eine Förderung durch das Land Steiermark. Anzumerken ist noch allgemein: Sie wissen, bei solchen Projekten wird sehr viel Eigenleistung erbracht, die im Umweltförderungsgesetz nicht mehr berücksichtigt wird. Vielleicht sollte man diese unabdingbaren Eigenleistungen in Zukunft wieder berücksichtigen.

Der Schwerpunkt der Förderungstätigkeit lag – wie Ministerin Köstinger dargestellt hat – in den letzten Jahrzehnten im Bereich der Ersterrichtung. Anlagen mussten ge­baut werden, Anlagen müssen wieder saniert und erneuert werden, aber zusätzlich müssen auch Anlagen für diese Krisenvorsorge errichtet werden. Wenn etwas passiert, muss irgendjemand verantworten, dass in dieser Krise alles im rechten Maße weiter­geht.

So ist die Wichtigkeit der Förderung im Bereich dieser Krisenvorsorge als eine Grund­säule der gesellschaftlichen Existenz im öffentlichen Interesse sicher an ganz oberster Stelle. Dabei ist anzumerken, dass diese Notstromsysteme für Wasserverbände, für Genossenschaften, für Gemeinden ohne öffentliche Förderung nicht zu stemmen sein werden. Aus Eigenmitteln kann man sich das nicht leisten. Da richten wir den drin­gen­den Appell an sie, dass diese bereits aufrechte Förderung für Notstromsysteme auch weiterhin bestehen bleibt. Das ist ganz, ganz wichtig, weil man sich das aus den Eigen­finanzmitteln nicht oder nur zum Teil leisten kann. Wenn eine gesamtheitliche Krisen­vorsorge gemeistert werden soll, ist diese Förderung für Notstromsysteme seitens der öffentlichen Hand ganz wichtig.

Unsere Dieseltankstelle wurde nicht gefördert, die ist nicht dabei. Ich möchte hier auch festhalten, dass zu einem Notstromsystem nicht nur das Aggregat, sondern auch ein Kommunikationssystem und eine Tankstelle gehören. Kommunikationssysteme und Tankstellen sind nicht im Förderbereich enthalten, und da gilt es, heute einen Anstoß zu geben, dass mitzuberücksichtigen, weil das für die öffentlichen Wasserversorger auch sehr wichtig ist. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

11.29


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.|: Vielen Dank für Ihre Aus­füh­rungen.

Ich darf nun den Präsidenten des österreichischen Gemeindebundes, Herrn Kommer­zialrat Mag. Alfred Riedl, um seine Ausführungen bitten. – Bitte, Herr Präsident.


11.29.57

KommR Mag. Alfred Riedl (Österreichischer Gemeindebund)|: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch von meiner Seite ein herzliches Danke für die Einladung zur Enquete und ein herzliches Danke dafür, für die österreichischen Gemeinden ein paar Gedanken zum Thema Förderung der Siedlungswasserwirtschaft einbringen zu dürfen.

Es war in den letzten Jahrzehnten immer eine gemeinsame Anstrengung. Bund, Län­der und Gemeinden hatten in einer gemeinsamen Zielsetzung vereinbart, mit einer ent­sprechenden Qualität eine Vollversorgung der österreichischen Bevölkerung sicherzu­stellen. Das ist nicht überall so, deswegen möchte ich ganz zum Schluss diese Sorge noch einmal erwähnen, weil ich glaube, hier sieht man, was machbar ist, was möglich ist, um eine Qualität zu sichern, um jedes Tal und jedes Dorf entsprechend anzu­bin­den, wenn der Konsens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden funktioniert.

Daher braucht es auch einen gewissen Blick in die Vergangenheit, um den Förderauf­wand und den notwendigen finanziellen Aufwand für die österreichischen Gemeinden und Städte beleuchten zu können. Wir haben in den letzten Jahren 93 000 Kilometer Kanäle gebaut, 80 000 Kilometer Trinkwasserleitungen, 12 000 Wasserfassungen, fast 2 000 Aufbereitungsanlagen, eine Unmenge – es ist schon angesprochen worden – an Geld aufgewendet: 62 Milliarden Euro, davon kamen 40 Milliarden Euro von den öster­reichischen Städten und Gemeinden und rund 20 Milliarden Euro waren Fördermittel.

Ich möchte auch an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass die Förderung der Sied­lungswasserwirtschaft aus den Vereinbarungen im Finanzausgleich eine gemeinsame Förderung ist und letztendlich es aus diesem Blickwinkel zu sehen ist, dass diese Förderung über 20 Milliarden Euro wieder aus den gemeinsamen Finanzierungsver­einbarungen aufgebracht werden oder wurden. Wir stehen dazu, dass wir die För­derrichtlinien natürlich auch immer wieder überarbeiten und überdenken müssen. Das haben wir vor drei Jahren auch gemacht. Wir haben versucht, dadurch mehr Treff­sicherheit zu erarbeiten und haben das Gießkannenprinzip abgestellt, um ein gemein­sames Ziel sicherzustellen: Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser, solidarische Finanzierung und sozial verträgliche Gebühr.

Wenn wir heute international beachtet werden, so dürfen wir auch sehen, dass die öster­reichischen Gemeinden natürlich auch einen ganz beachtlichen Beitrag zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit erbringen, wenn im Rahmen dieser Anschluss­quoten beim Abwasser und bei der Wasserversorgung die notwendigen Maßnahmen greifen. Wir alle wissen: 1971 hatten noch 40 Prozent der österreichischen Gewässer eine mäßige bis mindere Wassergüte. Es ist auch schon erwähnt worden, was daraus in dieser kurzen Zeit bis heute geworden ist.

Dieses solidarische System steht also im Mittelpunkt. In diesem solidarischen System tragen die österreichischen Haushalte heute jährlich zwischen 500 und 800 Euro Wasser- und Abwassergebühr, das heißt sozial verträgliche 1,40 Euro bis 2,20 Euro pro Tag. Jährlich wenden wir rund 600 Millionen Euro für Ausbau und Sanierung auf. Wenn wir ein bisschen in die Vergangenheit blicken, was alles investiert wurde, und was damit zu erhalten ist, so müssen wir sagen oder sehen, dass sich da ein ge­waltiges Delta aufmacht.

Wir haben heute schon Förderanträge für 100 Millionen Euro pro Jahr. Experten sagen uns, tatsächlich wären 130 Millionen pro Jahr notwendig, die Finanzausgleichspartner haben sich auf nur 80 Millionen geeinigt, das heißt, es bedarf einer beachtlichen Anstrengung, um zusätzliche Unterstützung möglich zu machen.

Der Förderrückstau, auch das ist nicht unbekannt, bedeutet für viele Projekte eine fast zweijährige Wartezeit auf die Förderzusage. Das heißt also, nicht nur die Investitionen sind es, die uns Sorgen bereiten, sondern auch die Sanierungen.

Ich habe versucht, die alten Längen aufzuzeigen. Wenn wir heute wissen, dass fast ein Drittel der Trinkwasserleitungen älter als 50 Jahre sind, dass 13 Prozent der Kanäle älter als 50 Jahre sind, dann müssen wir bei Annahme einer Lebensdauer von 50 bis 100 Jahren zwischen 1 und 2 Prozent Aufwand verwenden, um zu sanieren. Tat­säch­lich verwenden wir aber 0,3 Prozent beim Wasser oder 0,17 Prozent beim Abwasser. Das heißt, alleine der Sanierungsaufwand würde auf 500 bis 800 Millionen Euro pro Jahr steigen, um eine entsprechende Erhaltungsmaßnahme auf eine vernünftige Le­bens­dauer zwischen 50 und 100 Jahre abzusichern. Zusätzlich wird wegen Klimawan­del und Trockenperioden et cetera Investitionsbedarf notwendig sein. Daher braucht es aus unserer Sicht ein ganz klares Bekenntnis zur gemeinsamen Förderung der Sied­lungswasserwirtschaft.

Da hören wir die Debatten über die Fragen: Ist das noch notwendig oder ist das nicht mehr notwendig? Ja, wir haben Diskussionen über das Äquivalenzprinzip und über die Einhebung von Gebühren bis zur doppelten Höhe. Da darf ich aber namens des Gemeindebundes gleich eindeutig sagen: Wir haben ein paar Regionen, die das erreichen, aber das große weite Land erreicht das nicht, und daher kann man nicht über die Frage debattieren, ob es noch Unterstützung für die Siedlungswirtschaft braucht oder nicht, sondern es muss auch in Zukunft ganz einfach klar und deutlich gewähr­leistet werden, dass die Förderqualitäten und Förderquoten für die Sanierung und für die Errichtung im Raum zur Verfügung stehen.

Zur aktuellen Debatte darüber, dass es im Wasserwirtschaftsfonds Mittel in der Höhe von 1,6 Milliarden gibt, die sozusagen auch ein bisschen budgetpolitische Maßnahmen im Auge haben können, sei gesagt: Dieses Geld könnte dazu verwendet werden, um den Rückstau aufzuarbeiten. Dieses Geld könnte auch für die von Experten geforderte Erhöhung von 80 auf 130 Millionen Euro verwendet werden, um eindeutig die laufen­den Quoten zu erreichen. Aber Hände weg von diesen Mitteln, denn sie sind von den Finanzausgleichspartnern gemeinsam dotiert und gemeinsam vorgetragen und stehen daher auch zweckgebunden für diese Maßnahmen zur Verfügung.

Die eingangs gestellte Frage: Was kann ein System, das solidarisch getragen ist, er­reichen und welche internationale Beachtung haben wir uns mit diesem System erarbeitet?, war ein Hinweis darauf, dass wir ja zum Thema Daseinsvorsorge und zum Thema Sicherheiten in der Ver- und Entsorgung, aber auch zum Thema Sicherheiten in der räumlichen Entwicklung unsere Gedanken haben. Daher denke ich abschließend diesen Gedankengang fertig:

Nicht solidarisch gedacht wurde in der regionalen und gleichwertigen Chancen­entwick­lung der Räume, zum Beispiel bei der neuen Infrastruktur, wo wir heute über Daseins­vorsorge, Breitband debattieren. Wenn wir die Investition sozusagen nur der Wirtschaft überlassen – dort hat man gemeint, das könnte funktionieren –, wissen wir, dass es nicht funktioniert.

Vor 50 Jahren haben wir in der Siedlungswasserwirtschaft gemeint, wir können es nicht in diese Richtung denken, dass wir es ausschließlich wirtschaftlich sehen, son­dern da war eine solidarische gemeinsame Haltung selbstverständlich. Niemand hat gesagt: Wir bauen nur, wo sich es rechnet. Dieser Gedanke gilt für alle künftigen Investitions- und Strukturmaßnahmen in der Daseinsvorsorge der Gemeinden.

Am Beispiel der erfolgreichen Siedlungswasserwirtschaft kann ich sagen: Ja, wir wer­den diese Maßnahmen gemeinsam auch in Zukunft weitertragen und nur weitertragen können, wenn diese Solidarität zwischen Bund, Ländern und Gemeinden auch weiter­hin funktioniert. Danke. (Beifall.)

11.38


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.|: Vielen Dank.

Ich darf nun die stellvertretende Präsidentin des Österreichischen Städtebundes, Frau Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz um ihren Beitrag bitten. – Bitte.


11.39.07

Dr. Maria-Luise Mathiaschitz (Österreichischer Städtebund)|: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Ausführungen decken sich zu 100 Pro­zent mit den Ausführungen des Präsidenten des Gemeindebundes. Ich kann, glaube ich, wirklich sagen, dass der Städtebund und der Gemeindebund da gemeinsam an einem Strang ziehen.

Prinzipiell, glaube ich, kann man in Österreich sagen, dass die Trinkwasserversorgung eine gute ist, und zwar wegen der guten Qualität, wegen der Leistbarkeit, wegen des hohen ökologischen Standards und wegen der Verfügbarkeit.

Wir stehen auch im europäischen Vergleich sehr gut da. Dies wurde am Ende des letzten Jahres in einer Studie der TU Wien veröffentlicht. Die Studie „Vergleich euro­päischer Systeme der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung“ wurde im Auftrag des Österreichischen Städtebundes, der Arbeiterkammer Wien und der Younion gemacht. Bei dieser Studie wurden die Systeme der Wasserver- und Abwasser­ent­sorgung in Deutschland, England – im Speziellen in Wales , Frankreich, Österreich, Portugal und Ungarn untersucht.

Ein Grund für dieses gute Ergebnis liegt sicherlich das wurde jetzt schon mehrmals betont – in der solidarischen finanziellen Verantwortung der Gebietskörperschaften – Bund, Länder und Gemeinden im Rahmen der Daseinsvorsorge. So wurde ein ge­mein­sames, abgestimmtes mehrstufiges Förderungssystem für die Siedlungswasser­wirtschaft geschaffen. Dies soll unter anderem dazu beitragen, dass die Wasserver- und Abwasserentsorgung in allen Regionen Österreichs mit zumutbaren Gebühren gewährleistet wird.

Die Investitionen im Bereich Siedlungswasserwirtschaft beliefen sich in den Jah­ren 2014 bis 2016 auf durchschnittlich 605 Millionen Euro pro Jahr. Rund 85 Prozent dieser Investitionskosten sind auf Basis des Umweltförderungsgesetzes förderungs­fähig. Die verbleibenden, nicht förderungsfähigen Investitionskosten von circa 85 Millio­nen Euro pro Jahr finanzieren Städte und Gemeinden im Rahmen der Daseinsvorsorge selbst.

Aktuell – der Herr Präsident hat es gesagt – stehen für Förderungen gemäß Umweltför­derungsgesetz 80 Millionen Euro pro Jahr und größenordnungsmäßig weitere 30 Millio­nen pro Jahr aus Landesmitteln zur Verfügung. Es wurde erwähnt: Leider ist dies nicht ausreichend, da wir mit einem Förderrückstau kämpfen. So warten zum Beispiel seit der letzten Sitzung zur Fördervergabe am 12. April 2019 weitere 1 680 Fälle auf eine Förderzusage.

Neben dem Abbau dieses Förderrückstaus hat sich die Siedlungswasserwirtschaft fol­gen­den zukünftigen Herausforderungen zu stellen: Das ist natürlich der Reinvestitions­bedarf bedingt durch das Anlagenalter bei bestehenden Anlagen, das ist aber auch die Ersterrichtung unter Berücksichtigung des demografischen Wandels, es sind das der Klimawandel und seine Auswirkungen, es sind die Standortsicherung im Bereich des Tourismus und allfällige Änderungen rechtlicher Rahmenbedingungen zu berücksich­tigen.

Es ist klar, dass diese Herausforderungen Maßnahmen bedingen, die Geld kosten wer­den. Man ist sich dessen bewusst und hat daher im Paktum des letzten Finanzaus­gleichs die Einführung des Instrumentariums des Spending Reviews vereinbart. Dabei wird vonseiten des Bundes, der Länder und der kommunalen Bünde in sehr intensiven Sitzungen beraten, wie man die Finanzierung der Siedlungswasserwirtschaft in Zukunft aufstellen soll.

Ein Hauptpunkt dieses Spending Reviews ist der weitere Umgang mit dem Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds. Dieser verfügte zum 31. Dezember 2017 über ein Rein­vermögen, das ist erwähnt worden, von circa 1,6 Milliarden Euro, wobei jeglicher Zugriff auf dieses Vermögen grundsätzlich einer gesonderten gesetzlichen Ermächti­gung bedarf. Derzeit wird über die weitere Verwendung der Mittel diskutiert. Es wird sich weisen, wohin die Reise geht. Eines ist aber ganz klar: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Wasserversorgung in Österreich weiterhin in öffentlicher Hand ver­bleibt und qualitativ zumindest gleich gut bleibt wie jetzt.

Schließlich, das möchte ich zum Abschluss sagen, sind derzeit 97 Prozent der Men­schen mit ihrer Trinkwasserversorgung und 94 Prozent mit ihrer Abwasserversorgung sehr zufrieden beziehungsweise zufrieden. Danke schön. (Beifall.)

11.44


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M|: Das Panel 2 ist damit abge­schlossen. Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Beiträge.

11.45.05Panel 3: Europäische Wasserpolitik


Vorsitzender Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M|: Wir kommen nun zu Panel 3, den Statements zum Thema Europäische Wasserpolitik.

Auch da ersuche ich die Referentinnen und Referenten, auf der Regierungsbank Platz zu nehmen. Wieder darf ich auf die Redezeit von 10 Minuten hinweisen.

Ich darf zu Beginn Herrn Dipl.-Ing. Johannes Grath vom Umweltbundesamt aus der Abteilung Grundwasser um seinen Beitrag bitten.


11.45.28

Dipl.-Ing. Johannes Grath (Umweltbundesamt, Abteilung Grundwasser)|: Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Einla­dung, im Zuge dieser Enquete einen kurzen Überblick über die europäische Wasser­politik zu geben.

Ich möchte mit dem rechtlichen Rahmen beginnen: Dieser ist in der EU-Wasser­rah­menrichtlinie festgelegt. Innerhalb des durch die Richtlinie geschaffenen Rahmens sind die EU-Mitgliedstaaten für die Konkretisierung im Bereich des Wasserrechts auf natio­naler Ebene und für dessen Umsetzung zuständig. Ergänzt wird die EU-Wasserrah­menrichtlinie durch die sogenannte EU-Grundwasserrichtlinie und die Richtlinie über Umweltqualitätsnormen für prioritäre Substanzen in Oberflächengewässern.

In der Wasserrahmenrichtlinie wurde das Ziel definiert, dass alle Gewässer bis 2015 beziehungsweise in Ausnahmefällen bis 2021 oder bis 2027 stufenweise den guten Zustand erreichen müssen. Die Rahmenrichtlinie folgt den Prinzipien des integrierten Wasserressourcenmanagements und verpflichtet zum Beispiel zur Bewirtschaftung auf der Basis von Flussgebietseinheiten, zur Einhaltung des Verursacherprinzips und zur Einbeziehung der Öffentlichkeit in die wasserwirtschaftliche Planung.

Ergänzend zu diesen genannten Richtlinien gibt es weitere sogenannte sektorale Richt­linien, die ebenfalls relevant für den Gewässerschutz sind. Als Beispiele möchte ich die Nitratrichtlinie, die Abwasserrichtlinie und die Rahmenrichtlinie Pestizide nen­nen. Diese sektoralen Richtlinien haben in ihren Zielen entweder direkt den Bezug zum Schutz der Gewässer oder generell den Schutz der Umwelt gegenüber verschiedenen Verschmutzungsquellen enthalten und sind somit ergänzend zur Wasserrahmen­richt­linie und Grundwasserrichtlinie zu sehen. Darüber hinaus ist noch die Hochwas­ser­richtlinie zu nennen. Mit dieser Richtlinie wurde ein Rahmen für die Senkung der Ge­fahr der Hochwasserschäden in der EU festgelegt.

Trinkwasser wird in der EU aus Grundwasser und aus Oberflächengewässern sowie durch die Entsalzung von Meerwasser gewonnen. Grundwasser ist nicht nur in Öster­reich, sondern auch in vielen weiteren Ländern, wie zum Beispiel in Dänemark, Litauen, Slowenien, die wesentliche Ressource für die Trinkwasserversorgung. In anderen Ländern, wie zum Beispiel in Spanien und Irland, überwiegt die Gewinnung des Trink­was­sers aus Oberflächengewässern. In Malta und Zypern wiederum steht die Ent­salzung von Meerwasser im Vordergrund. Es besteht also ein starker Bezug zur Trink­wasserrichtlinie.

Wie bereits erwähnt, wurde im Februar 2018 von der Europäischen Kommission ein Vorschlag zur Überarbeitung der Trinkwasserrichtlinie vorgelegt. Darin wird dieser Bezug zusätzlich unterstrichen.

Um die Herausforderungen bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und das gemeinsame Verständnis bei den Anforderungen und der Umsetzung in der EU zu unterstützen, auch um eine harmonisierte Vorgangsweise zu entwickeln und eine Platt­form zum Erfahrungsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu schaffen, wurde von den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission die Gemeinsame Umset­zungsstrategie beschlossen.

Diese umfasst fünf thematische Arbeitsgruppen. In der Hierarchie darüber steht die Stra­tegische Steuerungsgruppe und an der Spitze die Wasserdirektoren. In den Arbeitsgruppen sind Fachleute aus den EU-Mitgliedstaaten, den Ländern des Euro­päischen Wirtschaftsraums und der Schweiz sowie der Beitrittskandidatenländer ver­treten. Zudem wirken NGOs aus dem Umweltsektor, wie zum Beispiel das Euro­päische Umweltbüro oder der WWF, mit, aber auch andere Interessenvertretungen, wie zum Beispiel EurEau für die Wasserversorger und Fachverbände unterschiedlicher Sekto­ren und Industriezweige.

Von den Arbeitsgruppen wurden zahlreiche Leitfäden ausgearbeitet, die bei der Um­setzung der Wasserrahmenrichtlinie Unterstützung geben, aber auch zur Vereinheit­lichung der Umsetzung in Europa beitragen sollen.

Jetzt zu den Gewässerbewirtschaftungsplänen und Ergebnissen: Entsprechend den Vor­gaben der Wasserrahmenrichtlinie sind für alle Flussgebietseinheiten Bewirt­schaf­tungspläne zu erstellen, die alle sechs Jahre überprüft, aktualisiert und zur öffentlichen Begutachtung bereitgestellt werden müssen. Die zuständigen Behörden haben die Informationen an die Europäische Kommission zu berichten. Die Zusammenfassung der Bewirtschaftungspläne für den zweiten Zyklus wurde von der Europäischen Kom­mission am 26. Februar 2019 veröffentlicht. Zudem hat die Europäische Umweltagen­tur bereits im Jahr 2018 eine EU-weite Analyse über den Zustand der Gewässer veröf­fentlicht.

Die wesentlichen Ergebnisse kurz zusammengefasst: Aus dem Bericht der Euro­pä­ischen Umweltagentur geht hervor, dass die Grundwasserkörper der EU bislang zu 74 Prozent einen guten chemischen Zustand und zu 89 Prozent einen guten men­genmäßigen Zustand erreicht haben. Bei den Oberflächengewässern ist die Situation weniger ermutigend, sie weisen nur zu 38 Prozent einen guten chemischen Zustand und nur zu 40 Prozent einen guten ökologischen Zustand oder ein gutes ökologisches Potenzial auf. (Vizepräsident Koller übernimmt den Vorsitz.)

In ihrem Bericht kommt die Europäische Umweltagentur zu dem Schluss, dass die europäischen Gewässer nach wie vor in erheblichem Maße durch Schadstoffemis­sio­nen sowohl von diffusen Quellen, wie zum Beispiel der Landwirtschaft und der Ver­kehrsinfrastruktur, als auch von Punktquellen, wie zum Beispiel Industrie, belastet sind. Ebenso sind Belastungen durch übermäßige Wasserentnahmen und hydromorpholo­gische Veränderungen zu nennen.

Die Europäische Kommission hat darüber hinaus aufgrund der eingehenden Prüfung aller Bewirtschaftungspläne jedem Mitgliedstaat gezielt Empfehlungen für eine verbes­serte Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gegeben. Es ist die Verantwortung der Mitgliedstaaten, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um den guten Zustand der Gewässer zu erreichen sowie jegliche weitere Verschlechterung zu verhindern. Im Bereich der EU-Regionalförderung wird die Ausschüttung von Mitteln teils an die Um­setzung von wasserwirtschaftlichen Maßnahmen im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie geknüpft.

Neben der entscheidenden Rolle, die der Wasserrahmenrichtlinie und ihrer Tochter­richtlinie sowie den darauf aufbauenden Leitfäden innerhalb der Europäischen Union zukommt, möchte ich auch deren Wirkung außerhalb der EU erwähnen. Die Euro­päische Kommission fördert gezielt Projekte, die in Beitrittskandidatenländern in Süd­ost­europa, aber darüber hinaus auch in Ländern der östlichen und südlichen Nachbar­schaft der EU die nationalen Verwaltungen dabei unterstützen, ihr Wassermanagement im Angesicht der vielfältigen Nutzungskonflikte zu verbessern und an die EU-Was­sergesetzgebung anzunähern. Die aus der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gewonnenen Erkenntnisse werden zum Beispiel in der EU-Indien-Wasserpartnerschaft und in der China-Europa-Wasserplattform in noch viel größerem geographischen Rah­men geteilt. Die Wasserrahmenrichtlinie und somit auch der darin enthaltene inno­vative Rahmen zur integrierten Bewirtschaftung von Grundwasser, Oberflächenge­wäs­sern, menschlicher Wassernutzung und Ökosystemen nehmen daher weltweit eine ein­zigartige Rolle ein.

Zum Abschluss noch ein kurzer Ausblick: Die Europäische Kommission hat gemäß Artikel 19 der Wasserrahmenrichtlinie diese spätestens 19 Jahre nach Inkrafttreten, also mit Ende 2019, zu überprüfen und gegebenenfalls erforderliche Änderungen vor­zuschlagen. Die Europäische Kommission ist seit einiger Zeit dabei, den Rechts­be­stand des Wasserbereichs auf europäischer Ebene einem Fitnesscheck zu unter­werfen. Die Basis hierfür sind der Bericht der Kommission an Rat und Parlament über die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der Hochwasserrichtlinie, weitere Studien über die Wirkungsweise beider Richtlinien und Ergebnisse diverser Konferen­zen. In einer öffentlichen Konsultation zum Fitnesscheck wurden Fragen zur Wasser­rah­menrichtlinie, Hochwasserrichtlinie, Grundwasserrichtlinie und der Richtlinie über die Umweltqualitätsnormen im Wasserbereich gestellt. Die Beteiligung an der öffent­lichen Konsultation war über das Internet bis März 2019 möglich. Die Ergebnisse werden in den Prozess der Überprüfung einfließen. – Herzlichen Dank für Ihre Auf­merk­samkeit! (Beifall.)

11.54


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Vielen Dank für die Ausführungen.

Ich darf nun Herrn Jan Willem Goudriaan, den Vizepräsidenten von Right2Water, um seinen Beitrag bitten. – Bitte, Herr Vizepräsident.


11.55.07

Jan Willem Goudriaan (Right2Water)|: Guten Morgen! Danke für die Einladung! Gnä­dige Damen und Herren! Wie Sie hören, ist meine Muttersprache nicht Deutsch und sicherlich nicht Österreichisch. – Ich bin Holländer und hoffe, dass das geht. Wenn es nicht geht, muss man danach noch einmal nachfragen.

Ich bin hier als der Vizevorsitzende der Europäischen Bürgerinitiative Recht auf Was­ser. In meiner täglichen Arbeit bin ich Generalsekretär des Europäischen Gewerk­schafts­verbandes für den Öffentlichen Dienst, einem Verband der Europäischen Ge­werkschaft. Wie gesagt, ich bin für die Europäische Bürgerinitiative hier.

Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht. Wasser ist ein öffent­liches Gut und keine Handelsware. Es war die erste erfolgreiche Bürgerinitiative, die es in Europa gegeben hat. Mit ungefähr 1,9 Millionen Unterschriften war sie sehr breit unterstützt. Auch in Österreich war der Zuspruch im Verhältnis zur Population beacht­lich. Sie war sicher so erfolgreich wie zum Beispiel jene in Deutschland.

Was haben wir gefordert? – Wir fordern die Europäische Kommission zur Vorlage einer Legislativinitiative auf, die das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundver­sorgung entsprechend der Resolution der Vereinten Nationen durchsetzt, und dass eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als öffentliche Dienstleistung für alle Menschen anerkannt wird.

Die wichtigsten Ziele waren, dass es EU-Rechtsvorschriften geben soll, welche die Re­gierungen dazu verpflichten, für alle Bürger und Bürgerinnen eine ausreichende Ver­sorgung mit sauberem Trinkwasser sowie eine sanitäre Grundversorgung sicherzu­stel­len.

Wir stellen drei Forderungen in dieser Bürgerinitiative: Die EU-Institutionen und die Mitglied­staaten haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle Bürger und Bürgerinnen das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung haben. Die zweite Forderung war: Die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen dürfen nicht den Binnenmarktregelungen unterworfen werden, um die Wasserwirtschaft von der Liberalisierungsagenda, die es in der Europäischen Union gegeben hat, aus­zuschließen. Die dritte Forderung war, dass die EU ihre Initiative verstärkt, einen uni­versellen Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung zu erreichen und durch­zu­setzen.

Wie gesagt, wir haben für diese Bürgerinitiative eine sehr breite Unterstützung gehabt. Wir reden dabei vom Zeitraum 2012/2013. Die Initiative fiel zeitlich mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission, einen Handelsvertrag mit Kanada und einen mit den Vereinigten Staaten sowie die Konzessionsrichtlinie zu verhandeln, zusammen. Viele Menschen haben sich Sorgen gemacht, dass durch diese Maßnahmen die Trink­wasser- und die Abwasserversorgung privatisiert werden könnten. Ich glaube, dass man sagen kann: Das wollen die Bürger in Europa nicht und sicherlich nicht durch eine euro­päi­sche Initiative.

Zur Halbzeit dieser Bürgerinitiative, als die Unterstützung ein großes Ausmaß in vielen Ländern angenommen hatte, hat die Europäische Kommission die Wasserversorgung von der Konzessionsrichtlinie ausgeschlossen. Dies ist ein sehr großer Erfolg dieser Bürgerinitiative.

Der Widerstand, diese große Sorge von Bürgern in Europa gegen die mögliche Pri­vatisierung von Wasser hält aber noch immer an. Überall in Europa gibt es noch immer Initiativen von Bürgern und Bürgerinnen, um der Privatisierung entgegenzuhalten. Es gibt nationale Gesetze wie in den Niederlanden gegen die Privatisierung. Es gibt konsti­tutionelle Änderungen wie in Slowenien, um das zu verhindern.

Warum ist das? – Ich denke, dass die Menschen sehr gut verstehen, dass Wasser­systeme nicht dem Markt überlassen werden sollen. Ich glaube, eine meiner Vorred­nerInnen, Frau Dr. Mathiaschitz, hat auf die Vergleichsstudie der Arbeiterkammer, dem Österreichischen Städtebund und der Gewerkschaft Younion vom September letzten Jahres verwiesen, in der noch einmal die Probleme bei einer privaten Wasser­versor­gung aufgezeigt werden. Es kommen darin auch die Probleme mit den Public Private Partnerships zur Sprache.

Ich werde nun nicht alle Probleme aufgreifen. Eine wichtige Sache, die wir sehen – wir, die Bürgerinitiative, aber auch die Gewerkschaften –, ist jene, dass, wenn eine Ge­meinde, eine Stadt oder ein Land fragt, ob man eine Privatisierung der Wasserver­sorgung haben will, die Bürger deutlich sagen: Nein, das ist nicht gewünscht. Die Gründe dafür, denke ich, kann man in dieser Studie gut nachlesen.

Sieht man das aus europäischer Perspektive an, so ist interessant zu sehen, dass man die Eingriffe der Europäischen Kommission, diese Sparpolitik, wenn es Probleme mit dem Budget gegeben hat, so wie in Portugal zum Beispiel, nicht will. Interessant ist aber, dass die Kommission diese Public Private Partnerships gleich stoppt, weil sich diese sehr auf den öffentlichen Haushalt auswirken. Das macht deutlich, dass einer der Gründe, diese Public Private Partnerships zu machen, nämlich dass sie für den Haus­halt besser seien, nicht stimmt. In Europa sehen wir auch, dass in vielen Gemeinden eine Rekommunalisierung von bereits Privatisiertem oder zur Privatisierung Freigege­benem stattfindet.

Das als Fazit zum Hintergrund, warum wir die Initiative gemacht haben und warum die Bürger das unterstützen.

Während der Kampagne, die wir gemacht haben, haben wir dann auch noch gesehen, dass zum Beispiel der Bürgermeister einer Stadt in Ungarn die Roma in der Gemeinde von der Trinkwasserversorgung ausgeschlossen hat. Das hat auch dafür gesorgt, dass uns die Bürger in Ungarn großartig unterstützt haben.

Die europäische Bürgerinitiative hat zu einer Anhörung im Europäischen Parlament ge­führt. Das Europäische Parlament hat uns in dieser Anhörung über alle Parteien hinweg breit unterstützt. Es waren nur zwei französische Mitglieder des Europa­par­laments, die Fragen gestellt haben, aber man muss ehrlich sein, wir wissen auch, dass dabei die französischen privatwirtschaftlichen Unternehmen eine große Rolle gespielt haben.

Den Bericht der Europäischen Kommission in Reaktion haben wir enttäuschend gefun­den. Die Kommission hat keine Maßnahmen vorgelegt, was sie hinsichtlich der europäischen Bürgerinitiative tun will. Das Europäische Parlament hat 2015 wieder einen Bericht gemacht, auch mit Aufgaben an die Europäische Kommission, und einer der Vorschläge – wie mein Vorredner deutlich gemacht hat – war dann auch die Über­arbeitung der Trinkwasserrichtlinie, in der Maßnahmen im Sinne des Menschenrechts vorgeschlagen werden. Wir haben gesagt, das war ein wichtiger Schritt. Einer der anderen Redner hat ein bisschen eine Karikatur aus dem gemacht, was die Kom­mis­sion vorgeschlagen hat, hat aber nicht gesagt, was seiner Meinung nach auf euro­päischer Ebene getan werden soll.

Im November 2018 hat das Parlament erneut bestätigt, dass das wichtig ist. Es hat die Kommission unterstützt, hat das im Sinne des Rechts auf Wasser und auch aufgrund der europäischen Säule sozialer Rechte – der sozialen Grundrechte – sowie der Ziele für nachhaltige Entwicklung noch ein bisschen geschärft. Der Vorschlag der Euro­päi­schen Kommission im Sinne des Menschenrechts auf Wasser ist damit nun sehr ko­härent.

Der letzte Punkt: Wir sehen, dass es eine kontinuierliche Unterstützung in dieser Frage gibt. Die europäischen Bürger finden, dass Wasser ein öffentliches Gut ist, keine Han­delsware. Das wird noch immer breit unterstützt. Im Sinne von Recht auf Wasser wollen wir auf europäischer Ebene sicherstellen können, dass alle Menschen Zugang zu sicherem, sauberem und auch bezahlbarem Wasser haben.

Vielen Dank für die Einladung, vielen Dank für das Zuhören meiner Version von Deutsch und alles Gute für die Diskussionen hier! – Danke. (Beifall.)

12.05


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Vielen Dank für die Ausführungen. Das Panel 3 ist damit abgeschlossen. Ich bedanke mich herzlich für Ihre Beiträge.

12.05.13 V. Statements der Fraktionsvorsitzenden


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Wir gelangen nunmehr zum Panel mit den VertreterInnen der im Bundesrat vertretenen Fraktionen. Ich darf diese er­suchen, ihren Beitrag vom Rednerpult aus abzugeben und die Zeit von 7 Minuten pro Statement nicht zu überschreiten.

Ich darf zunächst den Fraktionsvorsitzenden der ÖVP, Herrn Karl Bader, um seinen Beitrag bitten.


12.05.35

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Expertinnen und Experten! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Am Beginn möchte ich dafür Danke sagen, dass wir bei dieser Enquete über ein Thema diskutieren, das uns allen gerade in Österreich so selbstverständlich ist wie fast nichts anderes – täglich den Wasserhahn aufzudrehen, egal, ob das in der Früh beim Zähneputzen oder während des Tages ist. Das ist ein Glück, das wir haben, und das ist wirklich großartig. Dieses Thema, das so selbstverständlich ist, wieder stark ins Bewusstsein der Menschen zu rücken, ist ein Ziel dieser Enquete, für die ich vorweg Danke sagen möchte.

Es ist schon einiges angemerkt worden. Ich möchte einige Punkte ansprechen und auch wiederholend verstärken, wo wir in Österreich stehen. Ich habe eine Anmerkung zur europäischen Thematik der Trinkwasserrichtlinie und auch zu einem globalen Thema, zu dem ich ein Beispiel bringen möchte.

Wir haben in Österreich eine Trinkwasserwirtschaft, die national und international einen exzellenten Ruf hat. Wir haben eine Trinkwasserversorgung, die kleinstrukturiert und in öffentlicher Hand ist, worauf ich in diesem Statement sehr viel Wert legen möchte. Das österreichische Trinkwasser unterliegt jetzt strengen Qualitätskontrollen, das wurde angemerkt. Es fällt in das Lebensmittelgesetz. Wir sprechen beim Wasser also von einem Lebensmittel, und es ist von exzellenter Qualität. Dazu gibt es also wenig Handlungsbedarf, da das System in Österreich auch sehr, sehr gut funktioniert.

Im Hinblick auf das Thema, das immer wieder ein bisschen – und ich denke, für manche Menschen auch verunsichernd – diskutiert wird, möchte ich in Bezug auf die Privatisierung von Trinkwasser schon auch klarstellen, dass dies kein Thema für die österreichische Bundesregierung und auch nicht für Österreich ist, weil wir das einfach nicht wollen. Wir sind für den freien Zugang zu Wasser und gegen Privatisierung.

Das heißt, es gibt kein Land in Europa, wo der Zugang zu Wasser freier ist als in Österreich. Bei uns kann man Wasser jederzeit und überall aus dem Wasserhahn trin­ken. Wir haben den freien Zugang. Ich glaube, dass wir dieses Thema in Österreich vor­bildlich umgesetzt haben und sind damit ein Land, das zu denen gehört, die die beste Wasserqualität haben.

Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir ressourcenmäßig ein wirklich großartiges Angebot haben. Es wurde ebenfalls angemerkt: 3 Prozent des Dargebots wird im Be­reich der Trinkwasserversorgung genutzt. Wir haben viel Geld in die Hand genommen, um über Jahrzehnte ein Versorgungs- und Entsorgungssystem aufzubauen, bei dem die Kommunen, die Länder und der Bund gut zusammengearbeitet haben.

Es wurde das Thema Wasserschloss Europas angesprochen. Trotz der guten Lage wollen und dürfen wir uns nicht ausruhen und müssen die Herausforderungen anneh­men.

Wir haben bei der Veränderung der Wasserversorgungsmenge, des Verbrauchs, heute mehrmals schon das Thema Klimaveränderung gehört und die Notwendigkeit von mehr Wasser im landwirtschaftlichen Bereich angesprochen.

In der Versorgung – und ich bin auch Bürgermeister einer kleinen Gemeinde und Was­ser­versorger – merke ich ein Thema, das ich bei der Auftaktveranstaltung auch schon angesprochen habe, bei dem ich kämpfe, und zwar die Verbrauchsspitzen­verän­derung. Gerade jetzt, Anfang Mai, wenn es schön wird, gibt es sehr viele, die in ihren Gärten Pools haben, und wenn es warm wird, diese gleichzeitig reinigen und füllen wollen. Diesbezüglich haben wir seit Jahren Probleme, weil wir diese Spitze ganz ein­fach nicht abdecken können. Wir müssen dazu mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen und Regelungen einbauen, die gut angenommen werden und eine gegenseitige Rücksichtnahme da ist.

Im Hinblick auf die Europäische Union und die Trinkwasserrichtlinie, die sehr viel in Diskussion war und ist, wollen wir ganz klar weiter selbst entscheiden und in diesem Bereich keine Kompetenzen nach Brüssel abgeben. Ich glaube, dass unterschiedliche Trinkwasservorkommen bedingen, dass es auch individuelle Lösungen in den Ländern gibt. Speziell wir haben, wie gesagt, eine exzellente Versorgung und daher sollten auch Regelungen, die europäisch gesetzt werden, vor allem dort greifen, wo diese Parameter, diese Qualität und diese Vorkommen nicht vorhanden sind. Wir haben auch eines, was sehr, sehr wesentlich ist: Wir wollen keine höhere Bürokratie und wol­len – das sei auch noch einmal angemerkt – die Privatisierungstendenzen hintan­hal­ten.

Mein Dank an dieser Stelle gilt unserem Europaparlamentarier Lukas Mandl, der in Abstimmung mit unserer Bundesministerin Elisabeth Köstinger dafür gesorgt hat, dass die österreichischen Interessen, was die Kontrollintervalle betrifft, gut vertreten wurden.

Das heißt, die wesentliche Conclusio für uns heute ist und muss sein, dass Österreich wasserrechtlich mit einem strengen Wasserrechtsgesetz auf der einen Seite, aber auch mit einem Verfassungsgesetz extrem stark abgesichert ist. Womit kann etwas in einer Demokratie stärker abgesichert sein, als mit einem Verfassungsgesetz? – Das ist also im Bundesverfassungsgesetz geregelt, in dem der umfassende Umweltschutz und die Sicherstellung der Wasserversorgung festgehalten wurden.

Es steht klar und deutlich drinnen:  „Die Republik Österreich (Bund, Länder und Ge­meinden)“ – das heißt, in diesem Bereich gibt es einen nationalen Schulterschluss – „bekennt sich zum umfassenden Umweltschutz“, der darin besteht, alle Maßnahmen zur Reinhaltung des Wasser und so weiter sicherzustellen. Die Republik – Bund, Län­der und Gemeinden – bekennt sich darüber hinaus zur „Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge“. Ich glaube, das ist eine wirklich sehr, sehr gute Absicherung für die Zukunft. Daher sind die Diskussionen, die über die Privatisierung geführt werden, viel­leicht manchmal auch ein bisschen scheinheilige Diskussionen, würde ich meinen. – Vielen Dank. (Beifall.)

12.12


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Ich erteile nunmehr der Fraktions­vor­sitzenden der SPÖ, Frau Korinna Schumann, das Wort. – Bitte, Frau Vorsitzende.


12.12.47

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Enquete, die wirklich eine der interes­santesten und spannendsten ist, an der ich je teilgenommen habe. Vielen Dank dafür auch an unseren Präsidenten Ingo Appé! Vielen Dank!

Wir Österreicherinnen und Österreicher sind stolz auf die Qualität unseres Trink­wassers, und das völlig zu Recht. Wasser ist für die Menschen in Österreich ein ganz wesentlicher Teil der Daseinsvorsorge. Es wurde bereits erwähnt, in der Bundes­verfassung bekennt sich Österreich zur Wasserversorgung als Teil dieser Daseins­vorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung ihrer Erbringung. Wie vieles, das man als selbstverständlich nimmt, ist es in anderen Teilen Europas oder in an­deren Teilen der Welt keineswegs selbstverständlich. Allen Österreicherinnen und Österreichern muss sauberes Trinkwasser in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Sauberes Trinkwasser ist Voraussetzung für ein gesundes Leben und ganz, ganz wesentlich für ein gutes und gesundes Aufwachsen unserer Kinder, die beson­ders von verunreinigtem Trinkwasser gesundheitlich gefährdet werden.

Freier Trinkwasserzugang hat auch eine sehr starke soziale Komponente, überlegt man sich die Kosten für eine vierköpfige Familie, wenn man Trinkwasser zukaufen müsste. Das wäre für diese Familie eine enorme Belastung. In Österreich ist das nicht der Fall, und darauf können wir stolz sein. Wasser und eine qualitätsvolle Ver- und Ent­sorgung sind eben keine Selbstverständlichkeit, sondern wollen mit aller Kraft geschützt und verteidigt werden.

Im Rahmen dieser Enquete haben wir viele zahlreiche, höchst wichtige und interes­san­te Informationen rund um das Thema Wasser erhalten. Als sozialdemokratische Frak­tion im Bundesrat war es uns wichtig und selbstverständlich, eine Position zu formu­lieren, die ich Ihnen nun präsentieren darf. Als Bundesrat sind wir die Länderkammer des österreichischen Parlaments, jene Kammer also, die im besonderen Ausmaß den Auftrag hat, die Interessen der Länder und Gemeinden im Hohen Haus zu vertreten.

In der Lokalpolitik setzt auch unsere erste Forderung an: Wir erkennen eine dringende Notwendigkeit, die Bundesfördermittel für die Siedlungswasserwirtschaft zu erhöhen. Es gilt, sich auf Veränderungen bei der Besiedelung unserer Gemeinden einstellen zu können. Ebenso stellt uns aber stetig alternde Infrastruktur – was natürlich selbstver­ständlich ist – vor Herausforderungen, wenn es zum Beispiel um bestehende Leitungs­systeme geht. Diese müssen geprüft und erneuert werden sowie eine qualitätsvolle Ver­sorgung mit Trinkwasser und eine Entsorgung von Schmutzwasser ermöglichen. Wir fordern die Bundesregierung auf, im Sinne der Bevölkerung tätig zu werden und die Mittel für die Siedlungswasserwirtschaft endlich zu erhöhen.

Es braucht aber auch den Schutz der Versorgung. Dies ist in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung, besonders, wie bereits erwähnt, durch das sich vielfach verändernde Klima, extreme Wetterphänomene, Hochwasser, Stichwort Hitze, fehlender Nieder­schlag. Wir müssen unser Trinkwasser vor der unkontrollierten Verschmutzung durch Pestizide und Düngemittel ebenso wie vor der übermäßigen Entnahme oder der Versickerung aus altersschwachen Leitungen schützen.

Deshalb fordern wir als BundesrätInnen der SPÖ drei konkrete Maßnahmen: Wir for­dern eine landesweite Erfassung von Dünger- und Pestizidaufzeichnungen. Es braucht einen Überblick, welche Mittel verwendet und wo sie ausgebracht werden, um der Landwirtschaft dabei zu helfen, ihren Beitrag zum Schutz des Wassers leisten zu können. Ein sofortiges Verbot von Glyphosat und Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbringung von chemisch-synthetischen Pestiziden: Es dürfen keine Umweltgifte in unser Trinkwasser gelangen. Schützen wir das Wasser, so schützen wir auch das Klima; Wasserschutz ist Klimaschutz! Und die Versorgung mit Wasser muss auch in beson­ders trockenen Regionen nachhaltig sichergestellt werden.

Wir gehen noch einen Schritt weiter: Wenn wir unser Wasser schützen, dann geht es auch darum, die Ressourcen und das Netz zu schützen. 1999, um Ihnen ein Beispiel zu nennen, gab es in diesem großen Hype um die Privatisierungen in Berlin eine Teilprivatisierung der Wasserversorgung. Der Grund waren die Aufbesserung der Finanzen der Metropole und der Wunsch nach einer effizienteren und billigeren Wasserversorgung. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Das Wasser wurde fast um ein Drittel teurer, Arbeitsplätze gingen verloren, die Qualität der Versorgung blieb jedoch gleich. Was sich auch änderte: Internationale Wasserkonzerne machten mit dem Wasser dreistellige Millionengewinne. Hier endete das Verständnis der Bevöl­kerung, und das völlig zu Recht. 2011 schließlich wurde auf massiven Druck der Ein­woh­nerinnen und Einwohner Berlins, die sich in einem Volksentscheid mit 98 Prozent gegen die Teilprivatisierung und für eine Rücknahme der Privatisierung aussprachen, das Berliner Wasser zurückgekauft.

Dieses Beispiel zeigt uns eindrucksvoll, dass eine natürliche Ressource wie Trink­was­ser nicht in die Hände privater Konzerne, die damit Gewinne machen wollen, kommen darf. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Bundesrat halten daher auch unsere Forderung für die Wahl zum Europäischen Parlament für extrem wichtig. Mit aller Kraft stellen wir uns gegen jede Form der Privatisierung des heimischen Wassers. Die Versorgung mit und die Entsorgung von Wasser als Teil der Daseinsvorsorge müssen in öffentlicher Hand bleiben.

Lassen Sie mich zum Abschluss als Wienerin noch etwas zum von den Wienerinnen und Wienern geschätzten Wiener Wasser hervorheben: Wien war die erste und bis dahin einzige Stadt, die im Jahr 2001 ihr Wasser durch die Wiener Wasser-Charta ver­fas­sungsrechtlich absicherte und in zehn Punkten die Versorgung aller Wienerinnen und Wiener mit exzellentem Wasser sicherstellte. Als Bundesrätinnen und Bundesräte wissen wir, dass es in allen Bundesländern Best-Practice-Beispiele gibt, die für alle anderen als Vorbild dienen könnten. Die Wiener Wasser-Charta ist eines dieser Beispiele und kann als Handlungsanleitung für jene gelten, die ihr Wasser schützen und für die nächste Generation sicherstellen wollen.

Ziel kann nur sein: Wir brauchen eine allgemein gültige Wasser-Charta. Arbeiten wir also gemeinsam und im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher an einer österreichischen Wasser-Charta! Schützen wir damit eines unserer wertvollsten Güter, das heimische Trinkwasser! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

12.19


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Als Vertreter der Fraktionsvorsitzen­den der FPÖ gelangt Herr Bundesrat Josef Ofner zu Wort. – Herr Bundesrat, bitte.


12.19.50

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten)|: Geschätzter Herr Präsident! Werte Fach­ex­per­ten! Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser sehr wichtigen Enquete! Wir dürfen uns vor allem auch dafür bedanken, dass du, Herr Präsident, dieses Thema für deine Präsidentschaft gewählt hast. Es ist das essenzielle Thema Wasser, das uns alle mehr beschäftigen sollte, als es wirklich tut. Daher ist es auch wichtig, diese Enquete abzuhalten, um uns der bedeutsamen Lebensgrundlage zu widmen, die Herausfor­de­run­gen für die Zukunft zu betrachten und vor allem auch die Themenfelder zu beleuch­ten.

Wir haben gehört, dass wir eine hohe Verfügbarkeit und einen Verbrauch von durch­schnittlich 130 Litern pro Tag und Person haben. Wir haben auch gehört – und das ist auch wichtig und richtig –, dass wir beim österreichischen Wasser eine sehr hohe Qualität haben und diese mit dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutz­gesetz, aber auch mit der Trinkwasserverordnung absichern. Es sind wirklich strenge Instrumente, um einerseits die Qualität sicherzustellen und andererseits im Bedarfsfall die klar definierten Maßnahmen ergreifen und reagieren zu können.

Ich bin aber auch der Überzeugung, dass wir neben all diesen gesetzlichen Mecha­nismen vor allem eine stärkere Bewusstseinsbildung brauchen. Wir haben heute von vielen Experten gehört, dass sich im Hinblick auf längere Trockenperioden der Was­serverbrauch nahezu verdoppelt und dies auch darauf zurückzuführen ist, wie unseres Wassers genutzt wird. Wir sehen zusätzliche Nutzungen, beispielsweise Poolfüllungen, aber auch Bewässerungen von Außenanlagen, sodass man, meine Damen und Herren, schon sagen muss, dass diese Verbrauchsspitzen eigentlich ein Luxus­prob­lem – wenn man es so sehen will – sind, das dazu führt, dass wir da und dort mit Wasserknappheit zu kämpfen haben. Das spüren vereinzelte Regionen – wie bei uns in Kärnten oder auch in der Steiermark –, die trotz des vorherrschenden Wasser­ange­bots immer wieder spürbar an die Grenzen stoßen. Man denke nicht zuletzt an die Wasserlieferungen, die ganze Gemeindegebiete und Ortschaften, aber vor allem auch landwirtschaftliche Betriebe versorgen müssen.

Die drohende Wasserknappheit können wir natürlich auch – und ich bin selbst Bürger­meister – über die Kommunen regeln, indem es Verbote gibt. Natürlich ist das mach­bar. Ich glaube aber, wir sollten grundsätzlich stärker das Bewusstsein in der Bevöl­kerung schärfen und mit erhöhter Achtsamkeit einen ressourcenschonenderen Um­gang mit unserem Lebenselixier pflegen.

Von zentraler Bedeutung ist tatsächlich der Schutz des Trinkwassers. Ich repliziere auf meinen Vorredner, Bundesrat Bader: Ja, wir, diese österreichische Bundesregierung, aber auch die FPÖ, sprechen uns ganz klar und grundsätzlich gegen sämtliche Bestre­bungen aus, die Wasserversorgung zu privatisieren, denn wir wissen, was passiert, wenn man das mit diesem kostbaren Gut macht. Speziell in Großbritannien haben wir gesehen, welche Problemstellungen auftreten können, wenn man die Wasserversor­gungsinfrastruktur privatisiert und die privaten Unternehmen dann nicht bereit sind, kostenintensive Investitionen an diesen Infrastruktureinrichtungen vorzunehmen, womit ein Qualitätsverlust einhergeht. Daher ist die Qualitätssicherung für die österreichische Bundesregierung und für uns als FPÖ von bedeutsamer Wichtigkeit.

Natürlich ist es auch entscheidend, dass wir unser Augenmerk auch auf eine fach­ge­rechte Entsorgung der Abwässer legen. Wie eingangs erwähnt, haben wir dazu ent­sprechende gesetzliche Mechanismen.

Ich darf aber vielleicht auf zwei Beispiele eingehen, denn ich glaube, auch die sollte man, wenn man über das Thema Wasser diskutiert, in die Gedanken miteinfließen lassen. Gesundheit hat selbstverständlich höchste Priorität.

Es gibt aber auch bei der Verhältnismäßigkeit der Auslegung der Strafbestimmungen die Situation, wie sie sich beispielsweise in Kärnten darstellt und die wirklich für Irritationen gesorgt hat, dass in einer Gemeinde trotz aller Vorkehrungen und getrof­fener Maßnahmen im Zuge einer Untersuchung nach einer mehrtägigen Regenwetter­periode Enterokokken festgestellt wurden und der Bürgermeister zuerst angezeigt und dann verurteilt wurde, während den Behörden in einer anderen Gemeinde über Monate bekannt ist, dass es erhöhte Arsenwerte im Wasser gibt, das aber zu keinerlei Ent­scheidungen führt.

Ich glaube, hier muss man schon auch mit einer Verhältnismäßigkeit an die Sache herangehen, denn es sollte nicht sein, dass man Betreiber von Wasserversorgungs­an­lagen und im kommunalen Bereich speziell die Bürgermeister nach einer Regenwet­terperiode generell und präventiv anzeigen kann, weil natürlich unbeeinflussbare Fak­to­ren zu einer Verunreinigung führen können. Es darf aber auch nicht sein, dass je­mand seiner gesetzlichen Informationspflicht nicht nachkommt und das als nicht schwerwiegend genug angesehen wird, um es entsprechend per Strafe zu ahnden. Das muss natürlich auch in diesem Bereich mit Augenmaß passieren.

Was ich für sehr wichtig erachte, ist, dass sich diese Bundesregierung dafür eingesetzt hat, dass es nicht zu noch mehr Kontrollen kommt, die nämlich für die Kommunen bedeuten – und das muss man mitbedenken –, dass dort dann auch erhöhte Kosten zu tragen sind, die wir wiederum auf unsere Bürger umlegen müssen. Mit dieser Erhöhung der Lebenshaltungskosten im ländlichen Bereich beschleunigen wir die demografische Entwicklung der Abwanderung. Das hat die Regierung ebenfalls gut umgesetzt.

Ich glaube nicht zuletzt – und der Herr Präsident des Gemeindebundes hat es ange­sprochen –, das Wichtigste für die Zukunft ist, dass Gemeinden, Länder und der Bund diese hohe Qualität gemeinsam sicherstellen und weiterhin forcieren. Die Frau Bun­desministerin hat es eingangs auch ganz klar festgehalten: Der Wasserschutz, aber natürlich auch der Umweltschutz genießen höchste Priorität in dieser Bundesregierung. Ich glaube, wir haben eine gute, eine qualitativ sehr hochwertige, zufriedenstellende und vor allem funktionierende Wasserversorgung und auch Abwasserentsorgung.

Es wird die Aufgabe aller sein, diesen Status halten zu können und hinsichtlich demo­grafischer Entwicklungen unter Einbeziehung der Auswirkungen des Klimawandels das Lebenselixier Wasser als Ressource für unsere künftigen Generationen zu gewähr­leisten. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall.)

12.28


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Vielen Dank, Herr Bundesrat.

Ich möchte mich an dieser Stelle für alle tollen Beiträge und für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.

Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen. Im Kleinen Redoutensaal erwartet Sie ein Mittagsbuffet. Ich ersuche Sie, pünktlich um 13.30 Uhr wieder in den Saal zu kommen.

Die Enquete ist unterbrochen.

*****

(Die Enquete wird um 12.28 Uhr unterbrochen und um 13.30 Uhr wieder aufge­nom­men.)

*****


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gehen nun in die Diskussion ein.

13.30.10VI. Offene Diskussion


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Ich darf auch an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass die Redebeiträge die Dauer von 3 Minuten nicht über­schreiten sollen, und ersuche gleichzeitig, diese Vorgabe einzuhalten. Ich darf darauf hinweisen, dass das rote Lämpchen am Rednerpult 1 Minute vor Ende der Redezeit zu blinken beginnt. Sie haben Ihre Reden vom Rednerpult aus zu halten.

Als Nächster gelangt Herr Dipl.-Kfm. Marc Fähndrich von der Europäischen Kom­mis­sion zu Wort. – Bitte.

 


13.30.50

Dipl.-Kfm. Marc Fähndrich (Europäische Kommission)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzen­der! Meine Damen und Herren! Die Europäische Kommission hat im Februar 2018 einen Vorschlag zur Überarbeitung der Trinkwasserrichtlinie eingereicht. Grundlage war die Europäische Bürgerinitiative Right2Water, aber auch die Erwartung der euro­päischen Bürger, überall in der Europäischen Union ein hohes Schutzniveau und qualitativ hochwertiges Trinkwasser zu haben.

Warum ist das auch für Österreich relevant? – Wir haben ja gehört, dass Österreich eines der Länder mit der besten Trinkwasserqualität in der Europäischen Union ist. Die bestehende Trinkwasserrichtlinie ist aber 20 Jahre alt. Es gibt neue Substanzen, die man vor 20 Jahren noch nicht gescreent hat, es gibt neue Verschmutzungen der Indus­trie, und es gibt pathogene Bakterien, wie Legionellen, die eine Bedrohung darstellen.

Die aktualisierten Parameter, die wir vorgeschlagen haben, basieren auf dem letzten wissenschaftlichen Stand und den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Auch sollten hohe Qualitätsnormen für Materialien gelten, die mit Trinkwasser in Be­rüh­rung kommen.

Bei endokrinen Disruptoren, die gab es damals noch nicht, folgen wir dem Vorsor­geprinzip und streben ein Schutzniveau an, welches sogar über die Empfehlung der Welt­gesundheitsorganisation hinausgeht.

Österreich war kritisch, weil man gesagt hat, das verursacht unnötige Kosten. Dies­bezüglich möchte ich ganz ausdrücklich auf die Risikobewertung verweisen. Es ist nicht richtig, was heute Morgen gesagt wurde, dass wir vorgeschlagen haben, dass eine Alpenquelle täglich überprüft werden muss. Wenn dort kein Risiko ist, dann müs­sen dort auch keine unnötigen Untersuchungen gemacht werden – außer vielleicht bei pathogenen Bakterien wie E. coli, weil es auch Kühe auf Almen gibt; und wenn Kühe Wasser verunreinigen, sollte man das wissen.

Dann gab es in der Debatte teilweise einige Fehlinformationen, wir würden Gratis­leitungswasser in Restaurants propagieren. Das ist nicht richtig. Wir möchten, dass die Bürger überall Zugang zu Leitungswasser haben, um Plastikmüll zu reduzieren, die Mitgliedstaaten sind aber nicht verpflichtet, Regelungen einzuführen, dass das in Restaurants gratis abgegeben werden muss. Wir streben aber eine Kreislaufwirtschaft an, und deswegen ist es wichtig, diesbezüglich auch im Sinne des Klimaschutzes Akzente zu setzen.

Ich sehe, die Lampe blinkt, ich komme zum Ende: Wir hoffen, dass unser Vorschlag der Trinkwasserrichtlinie unter finnischer Präsidentschaft verabschiedet wird. – Danke sehr. (Beifall.)

13.33


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Vielen Dank für den Beitrag.

Als Nächster gelangt Herr Dipl.-Ing. Georg Strasser, Nationalratsabgeordneter der ÖVP, zu Wort. – Bitte.


13.33.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP)|: Herr Vorsitzender! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf mich zunächst für diese Initiative sowie für die wirklich sachliche und ruhige Diskussion zu einem sehr wichtigen, aber auch emotionalen Thema herzlich bedanken.

Aus meiner Sicht, ich bin Präsident des Österreichischen Bauernbundes, einige Kom­mentare: Ich habe mich über die Aussage des Dr. Herlicska rund um den Ultraspu­renbereich gefreut, nämlich über die Forderung, dass auf jeden Fall die Gesund­heits­gefährdung und nicht die Nachweisgrenze ausschlaggebend sein soll, wenn man Substanzen findet.

Man kann heute schon alles Mögliche finden. Man fürchtet sich dann vor dem einen oder anderen Molekül, aber das eine oder andere Molekül in einem Liter Wasser ist unter Umständen absolut nicht gesundheitsgefährdend. Aus diesem Grund danke ich für diesen sachlichen, wissenschaftlichen Zugang, den ich auch einfordere, wenn es um Substanzen geht, die der Landwirtschaft entspringen.

Der zweite Bereich: Sie haben dann auch den sachlichen politischen Diskurs einge­fordert, in dem nicht verharmlost und keine Ängste geschürt werden. Ich habe den Eindruck, dass es heute in den Beiträgen und im Plenum durchaus so ist.

Weiters hat Dr. Kuderna einige Punkte erwähnt, die in der Praxis wirklich greifen. Er hat die Situation des ÖPUL, das uns Bäuerinnen und Bauern in Österreich anleitet – abgefedert durch öffentliche Gelder –, gewisse ökologische Maßnahmen zu ergreifen, zur Sprache gebracht. Dort brauchen wir einfach wieder die finanzielle Ausstattung, die wir jetzt haben, und ich sage Ihnen ganz offen: Da ist im aktuellen Vorschlag der Euro­päischen Kommission Luft nach oben.

Es wurde dann über den Nitratinformationsdienst und auch über verstärkte Beratungs­produkte referiert. Da komme ich jetzt zu einem kurzen Bericht aus Niederösterreich, wo es, wie wir wissen, da und dort – wie in ganz Ostösterreich – einige Druckpunkte gibt. Speziell in Lichtenwörth und im Marchfeld gibt es da Ansätze, wo über wissen­schaftliche Methoden geschaut wird, wann Nitrat im Boden auftritt und wann es ins Grundwasser kommt.

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das hängt vom Regen ab, das hängt von der Düngeintensität ab. Das hängt aber auch davon ab, welche Bodenbearbeitung man macht beziehungsweise welche Pflanze man dort anbaut. Es werden dort Maßnahmen gesetzt, dass zum Beispiel Landwirte gefördert werden, wenn sie mehr Humus auf­bauen. Auch das sind gute Dinge, die es in der Praxis bereits gibt und wo man sieht, dass das auch greifen kann, wenn man sich vonseiten der Interessenvertretung und vonseiten der öffentlichen Hand bemüht. In Lichtenwörth hat sich nämlich die Situation betreffend Nitratbelastung laut meinen Unterlagen bereits entspannt – und das ist ein gutes Zeichen.

Abschließend: Was braucht es? – Zum einen, ich habe es bereits erwähnt, die ÖPUL-Ausstattung, zum anderen – und da schaue ich besonders die Kollegin von der Arbei­ter­kammer an – kostendeckende, faire Produktpreise. Uns wird immer wieder vorge­worfen, die österreichischen Produkte wären zu teuer. Ich lade Sie ein, für Produkte mit AMA-Gütesiegel den einen oder anderen Cent mehr auszugeben. Das würde den wirtschaftlichen Druck von vielen Bäuerinnen und Bauern nehmen.

Wir brauchen Forschung, Beratung, Kommunikation, und – ich habe beim Kaffee mit einer Kollegin aus Oberösterreich reden dürfen – wir werden letztendlich auch mehr An­erkennung für uns Bäuerinnen und Bauern brauchen, damit wir die Leistungen, die wir jetzt erbringen, noch verbessern können, aber auch, damit wir sie auch in Zukunft erbringen können.

In diesem Sinn vielen Dank für diese Veranstaltung. Wir sind auf einem guten Weg. – Danke schön und alles Gute! (Beifall.)

13.38


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Vielen Dank für den Beitrag.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin der SPÖ Andrea Kahofer. – Bitte.


13.38.30

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich)|: Geschätzte Damen und Herren! Wir haben heute viel über die qualitative und quantitative Verfügbarkeit von Wasser und Trinkwasser in Österreich gehört. Wie es halt so ist, denken wir Menschen selten über das nach, was uns in reichlichem Maße zur Verfügung steht.

Die Bewusstseinsbildung ist aber ein ganz wichtiger Teil in diesem Bereich, der nicht vernachlässigt werden darf. Auch wenn wir heute viel gehört haben, bin ich überzeugt, dass der eine oder andere in der Pause beruhigt die Klospülung betätigt hat, durch die Trinkwasser fließt.

Ein weiterer Punkt, der mir doch auch aufgefallen ist: Es gibt sehr viele Bekenntnisse dazu, dass Privatisierung überhaupt kein Thema ist. Ich denke, dass in dem einen oder anderen Bereich schon auch in der Vergangenheit zumindest über eine teilweise Privatisierung nachgedacht wurde.

Wir wissen, dass 60 Prozent des Wassers im Bereich der Industrie benötigt wird, und ich wage jetzt einmal zu sagen, ich halte unsere Wirtschaft für intelligent genug, dass sie vorbauen wollen wird. Deshalb müssen wir nicht nur Lippenbekenntnisse von politi­scher Seite geben, dass es keine Privatisierung des Trinkwassers beziehungsweise der Wasservorkommnisse geben darf.

Es notwendig, dass wir wie zum Beispiel nach dem Vorbild Sloweniens das Recht auf den Zugang zu sauberem Trinkwasser auch wirklich verankern, bestenfalls und nöti­gen­falls in der Verfassung. – Danke. (Beifall.)

13.40


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke für den Beitrag.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete der SPÖ zum Europäischen Parlament Karin Kadenbach. – Bitte sehr.


13.40.36

Mitglied des Europäischen Parlaments Karin Ingeborg Kadenbach (SPÖ)|: Wertes Hohes Haus! Liebe Expertinnen und Experten! Ein herzliches Dankeschön für die Ab­haltung dieser Enquete. Ich glaube, gerade die letzten Tage – die Unwetter, aber auch die Trockenheit – haben gezeigt, dass das Thema Wasser, das Thema Trinkwasser, der Zugang zu reinem, leistbaren Wasser ganz wesentlich für die Politik und für die Politikgestaltung ist.

Ich darf daran anknüpfen, was heute schon vielfach gesagt wurde. Wir brauchen das Wasser, wir brauchen sicheren Zugang, wir brauchen sauberes, brauchen bezahlbares Wasser und Trinkwasser, und dafür gilt es die Rahmenbedingungen zu schaffen.

Ich glaube, die Zusammensetzung dieser heutigen Enquete hat gezeigt, dass es hier sehr, sehr viele Beteiligte auf allen Ebenen braucht. Wir brauchen sie aus allen Politik­bereichen und wir brauchen sie aus allen Politikebenen.

Wir brauchen, wie wir heute gehört haben, Rahmenbedingungen, was die Chemi­ka­lien­verordnung betrifft. Wir müssen wissen, welche Chemikalien zugelassen werden, wie sie verwendet werden, wie sie abgebaut werden, wie sie ins Trinkwasser, ins Was­ser gelangen und ob sie dort hineingelangen dürfen.

Wir brauchen alle Gesetzgebungen rund um das Wasser. Wir brauchen aber auch eine Gesetzgebung zu den Emissionen. Vieles von dem, was auf unserem Boden und nachher im Wasser landet, sehen wir nicht so deutlich. Die letzten Regengüsse, die rot gefärbte Erde aus der Sahara mitgebracht haben, haben gezeigt, wie weit Emissionen wandern können. Das hat es uns klargemacht. Die meisten Dinge sehen wir nicht, aber hier haben wir es einmal gesehen.

Wir brauchen eine Gesetzgebung, die sich auch mit der Landwirtschaft befasst. Wir haben das heute vielfach gehört. Da nützen uns die Lippenbekenntnisse nichts. Dies­bezüglich geht es darum, auf europäischer Ebene eine andere Landwirtschaftspolitik anzustreben, eine, die nicht den Einsatz von Pestiziden und, ich sage es auch gerne, Bioziden zulässt. Pestizide und Biozide sind nämlich nicht nur Pflanzenschutz, sondern sie sind in erster Linie jene Mittel, mit denen wir Leben töten. Auch wenn sie sehr spezialisiert sind, beschränken sie sich beim Leben nicht immer auf genau die eine Pflanze, und – wir haben es heute schon mehrfach gehört – die Langzeitwirkungen in vielen Bereichen sind nicht abschätzbar.

Wir brauchen dieses Zusammenspiel der Nationalstaaten auf europäischer Ebene, wir brauchen die Zusammenarbeit mit den Gemeinden, mit den Bürgerinnen und Bürgern; denn nur gemeinsam, durch Information, durch gute Gesetzeslagen, durch eine wirk­lich strenge Implementierung, durch eine Kontrolle dieser Implementierung und durch die entsprechenden Sanktionen wird es uns gelingen, die Forderungen, die in der euro­päischen Bürgerinitiative Right2Water aufgestellt wurden, umzusetzen.

Daher kann ich mich meiner Vorrednerin Kahofer vollinhaltlich anschließen. Wir brauchen für diesen Schutz für das Trinkwasser, für den Zugang zum Trinkwasser auch eine na­tio­nale Verankerung, wenn wir es auf europäischer Ebene noch nicht zusam­men­bringen. – Danke und alles Gute. (Beifall.)

13.43


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Vielen Dank für den Beitrag.

Als Nächste gelangt Frau Landtagsabgeordnete aus Oberösterreich Ulrike Böker zu Wort. – Bitte.


13.43.46

Ulrike Böker (Abgeordnete zum Oberösterreichischen Landtag, Grüne)|: Geschätzte Teilnehmer und Teilnehmerinnen! Geschätzter Präsident! Man könnte so viele Aspekte jetzt aufgreifen, was das Wasser betrifft! Das geht sich aber in 3 Minuten nicht aus.

Ich komme aus einer sehr wasserreichen Gemeinde mit einem wunderbaren Grund­was­serkörper – was allerdings auch Nachteile mit sich bringt, beispielsweise hat uns das Hochwasser 2013 sehr stark betroffen –, nämlich Ottensheim an der Donau im Mühl­viertel.

Ich war sicher immer eine sehr interessierte Bürgerin, auch bevor ich in die Politik gegangen bin. Erst als ich dann in der Politik war und auch 12 Jahre Bürgermeisterin dieser Gemeinde sein durfte, konnte ich aber erkennen, was es eigentlich heißt, wenn das Wasser aus dem Wasserhahn rinnt. Erst nachdem ich die Infrastruktur dahinter kennenlernen konnte und dieses Wissen auch den Bürgerinnen und Bürgern zu ver­mitteln versucht habe – nicht nur ich, sondern wir, der gesamte Gemeinderat –, ist mir erst begreifbar und verstehbar geworden, was diese Ressource Wasser für uns be­deutet.

Ich glaube, eines ist ganz wesentlich: Wir müssen Wissen vermitteln, damit diese Lebensgrundlage – und dazu gehört ja nicht nur das Wasser, dazu gehören auch der Boden, die Luft – den BürgerInnen so bewusst wird, dass einerseits die Kosten ver­stehbar werden und andererseits dieser wunderbare Schatz, den wir auf dieser Erde haben, verstehbar bleibt.

Die Verwaltung möchte ich auch ansprechen, insbesondere unser oberöster­reichi­sches großartiges dezentrales System, wenngleich dort manchmal Probleme auftauchen. Da gibt es sehr viele ehrenamtliche Funktionäre und Funktionärinnen, die dieses System aufrechterhalten, nämlich der OÖ Wasser Genossenschaftsverband, aber auch die Landesstrategie „Zukunft Trinkwasser“, die diesbezüglich eine gute Grundlage bilden.

Ich möchte auch daran anknüpfen, was Herr Dr. Onz angesprochen hat, insbesondere die Personaleinsparungen hinsichtlich unserer Daseinsvorsorge, was auch in Ober­österreich passiert. Das ist etwas, das wir zurückschrauben müssen.

Aus meinen Erfahrungen aus dem kommunalen Bereich, wo ich das wirklich von Grund auf gelernt habe, aber auch als Abgeordnete im Oberösterreichischen Landtag muss ich sagen: Ich erkenne die Sorgen der Wasserversorger, ich erkenne auch die Sorgen bei den Spitzen des Verbrauchs. Wir müssen wirklich schauen, wie wir revolutionäre Maßnahmen – das hat die Frau Landeshauptmannstellvertreterin heute gesagt – ein­leiten, um diese Lebensgrundlagen Boden, Luft und Wasser auch für die nächsten Generationen zu erhalten. Es ist bereits, sage ich, fünf nach zwölf, nicht fünf vor zwölf, wie Greta Thunberg es sagt. – Vielen Dank. (Beifall.)

13.46


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke, für den Beitrag.

Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin der SPÖ Mag. Daniela Gruber-Pruner zu Wort. – Bitte.


13.46.42

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien)|: Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrte Experten und Expertinnen! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte noch einen Aspekt in die Diskussion einbringen, der bislang nicht zur Sprache gekommen ist, und zwar gibt es ein Kinderrecht auf Trinkwasser und auf gesundes Wasser.

Ich muss vielleicht noch vorwegschicken: Ich bin als Wienerin, als Wiener Bundesrätin natürlich verwöhnt mit gutem, sauberem, frischem Trinkwasser. Welche Metropole kann schon behaupten, Hochquellwasser zu trinken? Es ist mir auch deshalb ein Anliegen, dieses Kinderrecht auf sauberes Trinkwasser heute zu erwähnen, weil wir heuer 30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention begehen – ich möchte nicht sagen „feiern“, weil da doch noch einiges im Argen liegt und einige Baustellen offen sind.

In dieser Konvention gibt es den Artikel 24, der besagt: „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an [...]. Die Vertragsstaaten bemühen sich, die volle Verwirklichung dieses Rechts sicherzustellen, und treffen insbesondere geeignete Maßnahmen“, und zwar unter anderem: „durch die Bereitstellung ausreichender vollwertiger Nahrungsmittel und sauberen Trinkwassers, wobei die Gefahren und Risiken der Umweltverschmutzung zu berücksichtigen sind“. – Österreich hat diese Konvention, wie gesagt, vor 30 Jahren unterzeichnet und sich dazu verpflichtet, dieses Recht der Kinder zu gewährleisten.

Vielleicht nur eine Bemerkung am Rande, die aber nicht unwesentlich ist: Durch verschmutztes Wasser und mangelnde Hygiene verursachte Durchfallerkrankungen töten weltweit jeden Tag 3 000 Mädchen und Jungen unter fünf Jahren. Das ist mehr als Aids, Tuberkulose und Malaria zusammen verursachen. Daher ist dieses Recht auf Trinkwasser ein sehr, sehr grundlegendes und wesentliches.

Die Kinder und Jugendlichen, die zurzeit jeden Freitag auf die Straße gehen und ihre Sorge um die Daseinsvorsorge zum Ausdruck bringen, die natürlich im Zusam­men­hang mit dem Klimawandel zu sehen ist, zeigen uns eindrücklich, dass es da, würde ich auch sagen, schon fast fünf nach zwölf ist, dass wir diese Fragen sehr ernst nehmen müssen, dass das eine politische Verantwortung ist, nicht nur jene der Konsu­mentInnen, und dass wir jetzt mutige politische Entscheidungen brauchen, um den Schutz des Trinkwassers zu gewährleisten, aber auch um die Folgen des Klimawan­dels einzudämmen und die Kinder zu schützen. – Herzlichen Dank. (Beifall.)

13.49


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Als Nächster gelangt Herr Dipl.-Ing. Johannes Fischer, Vorsitzender der Sektion austrolab Umwelt & Leben, zu Wort. – Bitte.


13.49.41

Dipl.-Ing. Johannes Fischer (Sektion austrolab Umwelt & Leben)|: Sehr geehrtes Prä­sidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich ganz besonders, dass ich heute in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Sektion Umwelt & Leben innerhalb der Organisation austrolab zu Ihnen sprechen darf.

Ganz kurz: austrolab ist die Vereinigung der österreichischen Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstellen. Viele unserer Mitglieder sind auch ganz wesentlich in den Be­reich des Trinkwasserschutzes involviert. Wir machen viele Trinkwasser­unter­suchun­gen, wir machen aber auch Untersuchungen unserer Gewässer und Kontrollen von Ab­wassereinleitungen und ähnlichen Dingen.

Ich möchte jetzt aber gar nicht zu sehr auf die Trinkwasserkontrolle eingehen, denn darüber haben wir heute schon sehr viel gehört. Ich möchte an die vielen Gedanken anschließen, die wir heute auch schon ausgesprochen haben, nämlich dass es eigentlich zuerst einmal um den Gewässerschutz geht. Es nützt nichts, das Trink­wasser zu Tode zu untersuchen, wenn die Gewässer nicht passen und wenn wir das Problem schon im Grundwasser haben.

Daher möchte ich mich diesem Thema noch einmal kurz zuwenden und auf einen Aspekt hinweisen. Ich möchte anschließen an die Worte des Dr. Onz, der heute das Wasserrecht schon recht gelobt hat und gesagt hat, dass wir so ein hervorragendes Wasserrecht haben, das auch hervorragend vollzogen wird. Da gebe ich ihm vollkommen Recht, aber ich glaube, wir haben ein Thema im Wasserrecht, das noch zu wenig Beachtung findet: Wir haben zwar sehr strenge Vorschriften, wir haben auch einiges an Kontrollen, aber es fehlt uns eigentlich an der Qualitätssicherung.

Jedem von uns leuchtet ein, dass eine noch so konsequente und regelmäßig durch­geführte Blutdruckkontrolle zu falschen Schlüssen führt, wenn das Messgerät nicht funktioniert oder wenn die Messung schlampig durchgeführt wird. Genau so ist es auch bei unserem Gewässerschutz: Wenn wir die Gewässer zwar kontrollieren, aber es nicht richtig machen, dann haben wir da ein Defizit.

Es ist eben so, dass wir im österreichischen Wasserrecht eigentlich keine wirklichen Bestimmungen zum Thema Qualitätskontrolle haben, anders als im Lebensmittelrecht, anders als im Abfallrecht, anders als zum Beispiel auch bei den Produktzertifizie­run­gen. Überall dort haben wir konkrete Bestimmungen, wie die Kontrollen durchzuführen sind, in der Regel geht es um Akkreditierung. Im Wasserrecht gibt es so etwas noch nicht, und ich glaube, dass wir diesbezüglich wirklich einen Handlungsbedarf haben.

Wir machen sehr viele Untersuchungen, sowohl im Trinkwasserbereich als auch im Gewässerbereich, und die Erfahrung zeigt, dass über viele Jahre oft Daten gesammelt, ausgewertet und auch geglaubt werden, es aber bei genauerem Hinsehen oft wirklich an der Qualität mangelt und wir da einen Verbesserungsbedarf haben.

Wir brauchen einfach mehr Qualität und mehr Treffsicherheit bei den Kontrollen. Wie gesagt, die Akkreditierung ist im Bereich der Lebensmittelkontrollen und der Produkt­zertifizierung bereits ein sehr probates Mittel, ein sehr erprobtes und auch international anerkanntes Mittel. Durch die Festlegung akkreditierter Verfahren und Abläufe bei der Durchführung von Probenahmen, von Analysen, von Messungen und Überwachungen könnten wir eine wesentliche Harmonisierung dieser Kontrollvorgänge erreichen.

Ich würde daher alle bitten, die an der Fortschreibung des Wasserrechtsgesetzes und an der Fortschreibung der nachgeordneten Verordnungen mitwirken, darauf hinzu­wei­sen und auch darauf zu achten, dass die Akkreditierung eine bessere Rolle spielt und dass es eine obligate und verpflichtende Qualitätskontrolle bei diesen Kontrollen gibt.

Dazu vielleicht ein letzter Hinweis: Diese Kontrollen werden meistens durch Bescheid denjenigen auferlegt, die die Anlagen betreiben. Das heißt, diejenigen, die kontrolliert werden sollen, bestellen die Kontrollen und bezahlen die Kontrollen natürlich auch. Was das im echten Leben bedeutet, wenn man nicht dafür sorgt, dass diese Kontrollen auch entsprechend unparteiisch und unabhängig durchgeführt werden, kann man sich auch einmal überlegen. Daher würde ich Sie ganz eindringlich bitten, diesen Aspekt auch mitzubedenken. – Vielen Dank. (Beifall.)

13.54


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke schön für den Beitrag.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter zum Nationalrat Robert Laimer aus Nieder­österreich zu Wort. – Bitte sehr.


13.54.53

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ)|: Geschätzter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Wasser ist das weiße Gold Österreichs. Diese lebensnotwendige Res­source muss geschützt und in öffentlicher Hand bleiben. Global droht uns eine Ver­knappung dieser Ressource, auch im Hinblick auf die Weltbevölkerung. Daher muss der Schutz von Trinkwasser eine nationale Kraftanstrengung bleiben, ein Staatsziel mit höchster Priorität.

Meine Damen und Herren, ein sofortiges Verbot von Glyphosat und strenge Maßnah­men zur Reduktion der Ausbringung chemisch-synthetischer Pestizide ist unabdingbar. Während die Regierung in Bezug auf Glyphosat noch immer evaluiert, gibt es in Niederösterreich noch immer 15 Ausnahmen in Bezug auf Nitrate und 20 Ausnahmen in Bezug auf Pestizide. Die Ausnahmen von der Ausnahme sozusagen sind so schnell wie möglich abzustellen und einer zeitgemäßen Umweltpolitik anzupassen. Österreich hat Vorbild zu sein. In diesem Zusammenhang sind Ausnahmen auch vor dem Hinter­grund der Klimaerhitzung im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich. Strenge und zeitgemäße Bewirtschaftungsauflagen und eine transparente landesweite Erfassung der Dünger- und Pestizidaufzeichnungen leisten einen wesentlichen Beitrag zur öster­reichischen Wasserqualität.

Genauso sind die Arzneimittelrückstände im Wasser eine latente Gefahr für unser Trinkwasser.

Abschließend möchte ich in Bezug auf Freihandelsabkommen erwähnen, dass beim Element Wasser keine Kompromisse eingegangen werden dürfen und keine Kom­promisse zu schließen sind. Wasser ist Leben, und Menschenleben dürfen nicht von Profitinteressen im Handel mit Wasser abhängen oder abhängig gemacht werden.

Wasser schützen, Wasser schätzen und mit Wasser leben, Wasser keinen kommer­ziellen Interessen opfern, Wasser als Zukunftsfaktor für den Menschen respektieren und anerkennen! Ich hoffe, die heutige Enquete des Bundesrates hat dazu beige­tragen. – Danke. (Beifall.)

13.57


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke schön für den Beitrag.

Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Günter Kovacs aus dem Burgenland zu Wort. – Bitte.


13.57.28

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland)|: Diese Enquete heute ist etwas Beson­deres. Ich möchte dir, Herr Präsident, lieber Ingo Appé dazu gratulieren. Es ist eine eindrucksvolle Enquete, die heute hier abgehalten wird, und an Wichtigkeit auch nicht zu überbieten.

Ich möchte mich aber auch gleich namens meiner Fraktion heute bei jenen, die das bereichert haben, nämlich den Experten, bedanken. Das möchte ich auch namentlich tun. Ich bedanke mich bei Herrn Dr. Michael Staudinger, bei Herrn Dipl.-Ing. Dr. Ro­man Neunteufel, bei Herrn Dipl.-Ing. Franz Dinhobl, bei Herrn Univ.-Prof. Dipl.-Ing. DDr. Harald Kainz, bei Frau Dipl.-Ing. Iris Strutzmann, bei Herrn Dr. Christian Onz, bei Herrn Dipl.-Ing. Dr. Max Kuderna und natürlich auch bei meinem burgenländischen Freund Dipl.-Ing. Dr. Helmut Herlicska für deren Vorträge.

Mitgekommen sind heute natürlich auch der Obmann des Wasserleitungsverbands Nördliches Burgenland – er ist übrigens auch Bürgermeister von Nickelsdorf – Gerhard Zapfl und Direktor Mag. Sauer. – Herzlich willkommen!

Frau Dr. Beate Prettner hat in ihrem Statement heute Folgendes gesagt: Aus dieser Enquete sollten wir auch mit einem Bekenntnis hinausgehen, nämlich einem Be­kenntnis zum Wasser. Ich habe mir neun Sätze für mich und meine Fraktion heraus­geschrieben, die für uns als SPÖ bindend sind.

Erstens: Die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser ist als Angelegenheit der Daseinsvorsorge auch in Zukunft Aufgabe und Kernkompetenz aller Gemeinden. Die Politik unterstützt und stärkt die Gemeinden, Genossenschaften und Verbände zum langfristigen Erhalt ihrer Selbstverantwortung, ihrer freien Entscheidungsmöglichkeit und dauerhaften Einflussmöglichkeit sowie ihrer Steuerungsmöglichkeiten im Bereich der Trinkwasserversorgung.

In wirtschaftlicher, aber auch in sozialer Hinsicht wird die Trinkwasserversorgung vom Grundsatz der Gemeinnützigkeit getragen. Den derzeit bestehenden hohen qualita­ti­ven und quantitativen Standard der öffentlichen Wasserversorgung in Österreich gilt es nachhaltig zu sichern. Auch in Katastrophen, Krisen und auch Notfällen ist eine Trink­wasserversorgung im notwendigen Ausmaß sicherzustellen. Genusstaugliches Trinkwasser für alle liegt im Interesse der allgemeinen Gesundheit.

Flächendeckender Grundwasserschutz zur vorsorglichen Sicherung der Grundwas­ser­qualität sowie der besondere Schutz von Trinkwasserversorgungsanlagen durch Schutz- und Schongebiete sowie wasserwirtschaftliche Rahmenverfügungen werden aktiv be­trieben.

Eine Liberalisierung des Wassersektors wird abgelehnt. Durch die Politik wird der unerwünschten Wirkung der Liberalisierung auf die bestehenden Eigentumsverhält­nisse, Verteilstrukturen und Organisationsformen entgegengewirkt.

Die Politik, die SPÖ, verfolgt die Strategie „Zukunft Trinkwasser“ auf Grundlage der derzeit bestehenden Rechtlage, die eine Bindung des Eigentums an Grund- und Quellenwasser an das Eigentum an Grund und Boden vorsieht. Sie lehnt einen freien Handel mit Wasserabnahmerechten ab.

Meine Damen und Herren, Wasser ist das Gold der Zukunft, und dieses Gold gehört allen Menschen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall.)

14.00


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke schön für den Beitrag.

Als Nächste gelangt Frau Dr. Ulrike Schauer von der Landesregierung Nieder­öster­reich zu Wort. – Bitte.


14.01.01

Dr. Ulrike Schauer (Landesregierung Niederösterreich, Abteilung Umwelthygiene)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Ländervertreterin für die Trinkwasserkontrolle möchte ich mich recht herzlich im Namen aller in den Bundesländen Zuständigen quas im Sinne unseres Trinkwassers für den Einsatz der Bundesregierung und auch der Beamtenschaft während der EU-Präsidentschaft bedanken.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Risikobewertung, die Gefahrenbewertung der Grundwasserkörper und der risikobasierte Ansatz gerade für kleine Wasser­ver­sorger ein Positivum darstellen kann, nämlich als Grundlage für die Reduzierung des Untersuchungsumfanges und für eine Verhinderung der Verteuerung, aber auch als Basis für Sanierungsmaßnahmen durch den Mitgliedstaat dienen kann.

Sie darf aber nicht auf den Wasserversorger abgewälzt werden. Da haben wir ge­se­hen, dass eigentlich im letzten Ratsentwurf die Begrifflichkeiten geändert wurden, sodass sie mit der Wasserrahmenrichtlinie nicht mehr im Einklang stehen und sehr unklar definiert werden.

Daher sagen wir, dass es eigentlich sichergestellt sein muss, dass Artikel 8 und der risikobasierte Ansatz zum Nutzen der Trinkwasserversorger gereichen muss, wobei es auch sehr wichtig ist, dass der Zugang zum Trinkwasser auch durch kleine Wasserver­sorger sichergestellt werden kann. – Danke. (Beifall.)

14.02


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke schön für den Beitrag.

Als Nächster gelangt Herr Günther Novak, Bundesrat aus Kärnten, zu Wort. – Bitte.


14.03.03

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Im Laufe des Tages wurde immer wieder festgestellt, dass Wasser als Res­source in Zukunft immer kostbarer und immer weniger wird, weltweit immer weniger zur Verfügung stehen wird.

Wussten Sie, dass das Trinkwasser in Europa in Kopenhagen am teuersten ist? – 1 Kubikmeter kostet dort 6,79 Euro. Da, wo ich herkomme, nämlich in der National­parkgemeinde Mallnitz, kostet es 1 Euro, und in Kairo kostet es 0,09 Euro. Das ver­stehe ich nicht. Vielleicht kann mir ja jemand erklären, warum es dort so billig ist. Wie auch immer: Wir wissen aber auch alle, dass rund 2,1 Milliarden Menschen auf dieser Erde keinen Zugang zum Wasser haben.

Ich möchte jetzt über etwas Außergewöhnliches berichten, das sicherlich auch interessant in diesem Zusammenhang ist. Es geht um die Swarovski Wasserschule, die es bei uns im Nationalpark Hohe Tauern gibt. Frau Kollegin Korinna Schumann hat das vorhin schon als Best-Practice-Beispiel erwähnt.

Ich weiß nicht, ob Sie diese Wasserschule kennen. Der Nationalpark hat sich neben der Klimapolitik, also der Klimaschule, vor allem mit dem Wasser beschäftigt, und das seit 18 Jahren. Damit zeigt er Verantwortung für den Schutz dieser Ressource Wasser. Es geht darum, die Verantwortung für dieses wichtige Element ins Bewusstsein der Menschen zu bringen, in diesem Fall ins Bewusstsein der Kinder an den Schulen zu bringen. Das ist Aufgabe des Nationalparks Hohe Tauern mit der Swarovski Was­serschule. Ja, ich nenne diesen Namen ein zweites Mal, sie zahlt sehr viel Geld dazu.

Das passiert nicht nur bei uns. Sie müssen sich das vorstellen: 1 000 Kinder kommen in dieser Zeit zu uns ins Nationalparkzentrum, beschäftigen sich mit dem Thema Wasser in Labs beziehungsweise erforschen den Wasserfloh, den Sie alle schon einmal getrunken haben. Wahrscheinlich wissen Sie gar nicht, wie er ausschaut. Wie auch immer: Das ist das, was wir in Zukunft machen müssen, nämlich die Kinder und die Schulen auf dieses Thema Wasser vorzubereiten.

Die Nationalpark-Ranger fahren in ganz Kärnten, in ganz Österreich, aber auch im Ausland herum, bis nach China, um dieses Produkt weiterzubringen, damit sich die Menschen mit diesem Thema auseinandersetzen.

Ich kann nur eines sagen: Nur Aufklärung und Bewusstseinsbildung in den Schulen kann hier eine nachhaltige Veränderung herbeiführen. Die Wasserschule macht vor, wie es funktionieren kann, und das im Nationalpark Hohe Tauern.

Danke, Herr Präsident, für diese außerordentlich gute Veranstaltung, die wir heute hier genießen dürfen, und für so viele Eindrücke, die wir bekommen haben, mit denen wir nach Hause gehen. Ich bringe sie nach Hause in den Nationalpark und in die Swarovski Wasserschule. (Beifall.)

14.06


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke für diesen Beitrag, Herr Bun­desrat.

Als Nächste gelangt Frau Magdalena Prieler von WWF Generation Earth zu Wort. – Bitte.


14.06.45

Magdalena Prieler (WWF Generation Earth)|: Grüß Gott! Mein Name ist Magdalena Prieler. Ich bin heute hier für Generation Earth, die Jugendorganisation des WWF Öster­reich.

In Österreich ist derzeit die Trinkwasserversorgung gut. Doch darauf dürfen wir uns auf keinen Fall ausruhen. Wir können nicht die Ökosysteme so übernutzen und schädigen, dass das langfristige Auswirkungen hat. Doch darauf steuern wir derzeit zu. In Österreich gilt, wie bereits von Vorrednern angesprochen, dass Trinkwasserschutz gleich Grundwasserschutz ist, und gerade deswegen hat dieser einen besonderen Wert. Grundwasserkörper sind Teil der Wasserökosysteme, und daher braucht es die folgenden zwei Dinge:

Erstens: Die Grundlage für den Schutz von Grundwassern und Fließgewässern ist die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die im österreichischen Wasserrecht umgesetzt ist. Sie wird aktuell einem Fitnesscheck unterzogen und es drohen drastische Aufweichungen. Österreich muss sich dafür einsetzen, dass dies nicht geschieht, denn intakte Öko­systeme und biologische Vielfalt zählen zu den besten Versicherungen gegen die Klimakrise und für die nachhaltige Sicherung unserer Wasserressourcen.

Zweitens muss der ökologische Gewässerschutz in Österreich besser umgesetzt werden. Gerade letzte Woche hat auch der Rechnungshof die schlechte Umsetzung und die fehlende Finanzierung kritisiert. Der Zustand der österreichischen Fließ­ge­wässer ist schlecht und die Finanzierung des überfälligen Sanierungspakets fehlt. Wer unser Wasser nicht ausreichend schützt, gefährdet nicht nur den Lebensraum vieler Tiere und Pflanzenarten, nein, man gefährdet langfristig auch das Grundwasser und damit die Trinkwasserqualität.

Hier droht eine gefährliche Kettenreaktion, die jetzt gestoppt werden muss. Die Bun­des­regierung muss die Warnung ernst nehmen und die Sanierung der heimischen Flüsse finanzieren. Wenn wir Trinkwasser schützen und sichern wollen, gilt also: Die Wasserrahmenrichtlinie darf auf EU-Ebene keinesfalls abgeschwächt werden, und in Österreich muss der Gewässerschutz finanziert und deutlich besser umgesetzt werden. – Vielen Dank. (Beifall.)

14.09


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Als Nächste gelangt Frau Klara Neurauter, Bundesrätin aus Tirol, zu Wort. – Bitte.


14.09.39

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­schätzte Damen und Herren! Das Thema Wasser durchdringt alle Lebens- und Wirt­schaftsbereiche, weswegen es unsere wichtigste Ressource ist. Diese Ressource ist allerdings seit jeher unterschiedlichsten, aber oft auch sehr widerstrebenden Nutzungs­ansprüchen ausgesetzt. Durch die verstärkte Nutzung in unserer Zeit erhöht sich das Konfliktpotenzial noch weiter.

Ich möchte Ihnen eine kurze Information aus Tirol geben. Wir haben dort schon vor etwa 30 Jahren begonnen, systematisch das Tiroler Wasserwirtschaftssystem zu erhe­ben und darzustellen. Aufbauend auf einem Verständnis der Wasserwirtschaft als Logistik­system wurde in diesem Rahmen das Wasserversorgungskonzept Tirol entwickelt. Dabei wurde erstmals das gesamte System betrachtet, nicht nur einzelne Sektoren für sich, wie zum Beispiel das Trinkwasser oder Abwasser, die Notwendig­keiten für die Industrie, für die Beschneiung oder für die Landwirtschaft. Es wurde ein umfassender Quellkataster erstellt, der mehr als 10 000 Quellen umfasst und die erste Grundlage für das heute selbstverständliche Wasserinformationssystem darstellt.

Die Wasserversorgungsstruktur in Tirol ist ausgesprochen kleinteilig. So gibt es zum Beispiel über 4 000 öffentliche Wasserversorger, die Trinkwasser in Verkehr bringen, davon etwa 400 Genossenschafts- und Gemeindeanlagen. Wichtig für künftige, mög­licherweise überregionale Wasserversorgungskonzepte sind ausreichende Planungs­grund­lagen. Deswegen wurde Anfang der 2000er-Jahre das Kompetenznetzwerk Was­serressourcen und deren Bewirtschaftung mit dem Netzknoten Alpine Wasserwirtschaft weitergeführt. Es wurden Maßnahmen untersucht, um die Wasserressourcen nicht nur aus technisch-wissenschaftlicher Sicht zu erkunden, sondern auch rechtliche Instru­mente zum Schutz vor Gefährdungen bei Infrastrukturbauten, Landwirtschaft, Verun­reini­gungen und so weiter und zur Sicherung des eigenen künftigen Wasserbedarfs zu schaffen.

Wir können unsere Ressourcen nur dann wirkungsvoll, substanziell und rechtlich schützen, wenn wir sie vollständig erkunden und für die wasserwirtschaftliche Planung für die künftige Nutzung vorsehen. Wie gesagt: Überregionale Konzepte sind erfor­derlich.

Heute sind wir in Tirol durch wachsende Ortschaften und Städte, durch weiter steigen­den Wintertourismus – damit auch Beschneiung –, sowie klimatische Veränderungen und erhöhten Wasserbedarf der verschiedenen Nutzer einem immer stärkeren Was­sernutzungsdruck ausgesetzt.

Aus diesen Gründen ist es auch aus Tiroler Sicht erforderlich, dass wir uns verstärkt für die langfristige Sicherung und Nutzung der Wasserressource in ihrer gesamthaften Be­trachtung einsetzen. Ich begrüße diese heutige Veranstaltung, die uns viele interes­sante Aspekte gezeigt und auch Best-Practice-Beispiele gegeben hat, sehr.

Abschließend möchte ich noch einen internationalen Aufruf starten und bitten, alles zu tun, damit das Wasser überall im Einfluss der öffentlichen Hand bleibt. In Österreich haben wir ja dankenswerterweise im Rahmen des umfassenden Umweltschutzes schon eine Verfassungsverankerung vorgesehen. Wasser darf keine Handelsware wer­den. Danke schön. (Beifall.)

14.13


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke schön, Frau Kollegin, für den Beitrag.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Albert Royer, Abgeordneter zum Steiermärkischen Landtag. – Bitte.


14.14.01

Albert Royer (Abgeordneter zum Steiermärkischen Landtag, FPÖ)|: Geschätzte Teil­nehmer dieser sehr spannenden Veranstaltung, der Enquete betreffend Trinkwas­ser. Ich glaube, in der Zielsetzung sind wir uns alle einig: Wir alle wollen sauberes Trink­wasser.

Ich komme aus einer Gegend im steirischen Ennstal, in der wir das ja bieten können. Worauf ich in den 2 Minuten – oder wie viel ich noch habe – ein bisschen eingehen möchte, ist die Landwirtschaft, die am Vormittag immer wieder angesprochen wurde. Es ist halt so – da müssen wir uns alle bei der eigenen Nase nehmen –: Das Schnitzel darf nichts kosten. – Und das ist wirklich ein Problem. Da spielt dann die Globalisierung ein bisschen hinein.

Was passiert? – Die kleinen Bauern hören auf, die hauen den Hut drauf. Die anderen vergrößern sich, intensivieren den Viehbestand, gerade in der Schweinewirtschaft; dann importieren wir Sojaschrot aus Südamerika. Das Problem ist nur, die Gülle schicken wir nicht mehr nach Südamerika zurück. Das heißt, wir intensivieren die Tierhaltung, füttern Sojaschrot aus Südamerika und haben dann natürlich zu viel Gülle für den Flächenbesatz. Ich glaube, das ist das Hauptproblem.

Das Problem können wir aber nur lösen, wenn die Produktpreise bei den Bauern wie­der steigen, wenn die Bauern wieder mit kleineren Einheiten überleben können, wenn nicht jeder so groß werden kann. Nebenbei bieten wir damit eine gute Qualität, die Wasserressourcen werden auch geschont und bleiben in Ordnung.

Ich glaube, man muss das, wie gesagt, global sehen und das alles ein bisschen im Auge behalten. – Danke. (Beifall.)

14.15


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Christian Kneidinger vom Amt der Oberöster­reichischen Landesregierung. – Bitte sehr.


14.15.38

HR Dipl.-Ing. Christian Kneidinger (Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Wasserwirtschaft)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Danke für die Mög­lichkeit, hier einen Redebeitrag abzugeben. Da ich in Oberösterreich in der Abteilung Wasserwirtschaft für die Trinkwasservorsorge zuständig bin – das heißt, für den besonderen Grundwasserschutz, für die Einrichtung von Schutz- und Schongebieten für Wasserversorgungsanlagen tätig bin –, ist es mir ein Anliegen, nochmals darauf hinzuweisen, dass Grundwasser kein statisches Element ist, sondern im Untergrund unterwegs ist. Das heißt, das Grundwasser hat einen Fließweg und beansprucht daher ein Gebiet, ein Einzugsgebiet, aus dem die Quellen und Brunnen ihr Wasser beziehen.

Der Schutz dieser Einzugsgebiete ist wichtig, damit auch in Zukunft die native Gewin­nung des Grundwassers möglich bleibt. Deshalb stehe ich jetzt hier, weil ich glaube, dass – was heute ein paar Mal schon angesprochen wurde, von Dr. Herlicska, aber auch von Dr. Kuderna – die kooperative Zusammenarbeit, die partnerschaftliche Zu­sam­menarbeit, über den allgemeinen Grundwasserschutz hinaus, in diesen Einzugs­bereichen ganz, ganz wichtig und essenziell ist.

Die tägliche Arbeit zeigt uns, dass dort, wo gemeinsam daran gearbeitet wird, die Grundwasserqualität aufrechtzuerhalten beziehungsweise die gegenseitige Sensibilität zu erhöhen, die Wasserversorgung und die qualitative Entwicklung sehr gut funktio­nieren. Wir haben Beispiele in Oberösterreich, sei es der Vertrag für den Wasserschutz Zirking oder auch die groß eingerichtete Boden.Wasser.Schutz.Beratung, die jetzt mittlerweile seit 15 Jahren erfolgreich in Oberösterreich tätig ist. Sie ist ein Garant und ein Zeugnis dafür, dass es gut funktionieren kann, und dass insbesondere die Ausei­nandersetzung mit der Landwirtschaft zu führen ist. Denn über eines müssen wir uns im Klaren sein: Grundwasserschutz, Trinkwasserschutz heißt: gemeinsam Verantwor­tung tragen. – Danke. (Beifall.)

14.18


Vorsitzender Vizepräsident Hubert Koller, MA|: Danke schön für den Beitrag.


Vorsitzender Präsident Ingo Appé| (den Vorsitz übernehmend): Als Letzter zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Hubert Koller. Ich erteile ihm dieses.


14.19.06

Bundesrat Hubert Koller, MA (SPÖ, Steiermark)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Expertinnen und Experten! Heute wurde vieles gesagt. Als abschließender Redner möchte ich vielleicht diese Botschaften noch einmal kurz formulieren, ich möchte nichts wiederholen: Wasser ist ein Menschenrecht. Kein Mensch kann ohne Wasser existieren. Es zählt als Daseinsvorsorge und ist des­halb keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und auch entsprechend behandelt werden muss. Wir haben das heute aus allen Reden herausgehört.

Ich darf mich sehr, sehr herzlich bedanken, lieber Herr Präsident, dass du in deiner Vorsitzführung gemeinsam mit Peter Kaiser, dem Landeshauptmann von Kärnten, dieses Thema zum Thema deiner Regentschaft gemacht hast und dass wir heute hier so wertvolle Beiträge zu diesem wichtigen Thema gehört haben.

Wir haben gehört: Wir können von der Quelle bis zum Grundwasser unser Land zu 100 Prozent mit gutem Trinkwasser versorgen. Wir haben über die Aufgaben der Gemeinden, diese Infrastruktur herzustellen, gehört, wir haben gehört, was das kostet, was die Anforderungen an die Regierung sind, Mittel bereitzustellen. Wir haben die War­nungen der Experten gehört, was passieren kann, wir haben vom Klimawandel gehört. Wir haben Hinweise erhalten, dass unser Leitungssystem nicht das neueste ist, dass es immer wieder Investitionen geben muss.

Summa summarum muss man sagen, unser gemeinsames Ziel ist es, den Öster­reicherinnen und Österreicher beste Qualität zu liefern, das habe ich aus jedem Rede­beitrag herausgehört. Es ist ein gemeinsames Ziel, dafür zu arbeiten – ob in der Gesetzgebung in der Union, auf Bundesebene oder auf Landesebene –, Regeln zu fin­den, damit das auch in Zukunft möglich ist.

Wir haben zu Recht wahrgenommen, dass wir im alltäglichen Leben oft vielleicht nur kurzsichtig denken – heute haben wir alles, heute haben wir ein super Wasser –, dass wir politisch oft in Perioden denken und nicht darüber hinaus. Wir haben stark ver­nommen, dass die Kinder auf dieser Welt das Recht haben – und wir dafür Sorge tra­gen müssen –, dass sie auch in Zukunft diese schönen, tollen Voraussetzungen haben, ein ehrwürdiges Leben in dieser Republik zu führen. Dafür danke ich sehr.

Als letzte Anregung – die Steiermark hatte dazu auch schon vor längerer Zeit eine Petition eingebracht : Das Wasser ist im Bundes-Verfassungsgesetz verankert, aber kein einklagbares Grundrecht. Meine Anregung wäre, auch noch darüber nachzu­den­ken. Ich bitte Sie alle, sich dafür einzusetzen. – Danke schön. (Beifall.)

14.22


Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Es liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Debatte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein herzliches Danke an alle Referentinnen und Referenten, Expertinnen und Experten für die hochinteressanten und informativen Vorträge. Auch ein herzliches Danke für das Einhalten der Redezeiten. Ich habe es noch nie erlebt, dass man den Zeitplan auf die Minute genau einhält und das durch die ganze Enquete hindurch.

Besonders freue ich mich darüber, dass wir nach der Pause auch noch ein gefülltes Plenum erleben dürfen. Dafür sage ich allen Anwesenden ein recht herzliches Danke. (Beifall.)

14.23.21VII. Schlussworte des Präsidenten


14.23.23

Vorsitzender Präsident Ingo Appé|: Wenn ich kurz ein Resümee ziehen darf: Wir sind in der komfortablen Lage, derzeit ausgezeichnetes Trinkwasser in Österreich zu ha­ben. Ich glaube, es wäre ein fataler Fehler, uns mit dem Zugang: alles gut!, zurück­zu­lehnen.

Die Referate haben gezeigt, dass wir für die Zukunft sehr wohl viel zu tun haben und vor großen Herausforderungen stehen und dass auch vonseiten der Gesetzgebung zukünftig gewisse Hausaufgaben zu erfolgen haben. Resümee dieser Enquete sollte sein, dass der Bundesrat auch als Länderkammer die heute hier vorgetragenen Wün­sche – aber auch Forderungen – ernstnimmt und gemeinsam mit allen Fraktionen eine To-do-Liste erstellt und diese dann dem Bund und den Ländern überträgt, damit die weiteren notwendigen Schritte unternommen werden.

Ich danke Ihnen allen für Ihr Kommen und hoffe, dass die Veranstaltung für Sie infor­mativ war und wir in die Richtung gehen, die es ermöglicht, für unsere nächsten Ge­nerationen die richtigen Schritte einzuleiten.

Ich danke allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für das große Interesse, das sie an der Themenstellung der heutigen Enquete gezeigt haben, und für ihre wertvollen Diskussionsbeiträge.

Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag.

14.25

*****

Die Enquete ist geschlossen.

14.25.06Schluss der Enquete: 14.25 Uhr

 

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