906/AB XIX. GP
Eingelangt am 02.06.1995
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Am 17.12.2021 erfolgte eine vetraulichkeits-/datenschutzkonforme
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - an meinen Amtsvorgänger gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann-Ewald Stadler und Genossen vom 6. April 1995,
Nr. 932/J, betreffend Schmiergeldzahlungen an Finanzbeamte, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Zunächst darf ich darauf hinweisen, daß die Medien über den Grund, aus dem die Zahlungen des Ziviltechnikers Dipl.Ing. Feneberg an einen Finanzbeamten angeblich erfolgten, völlig unzutreffend berichteten. DipI.Ing. Feneberg hatte niemals ein Guthaben, das wegen einer Steuerschuld gesperrt war. Vielmehr bestand bei einer Kapitalgesellschaft, an der Feneberg beteiligt war, ein auf Umsatzsteuerverrechnungen zurückzuführendes Guthaben. Selbst wenn es gegenüber Dipl.Ing. Feneberg im Zeitpunkt der Auszahlung des Guthabens tatsächlich eine Steuerforderung gegeben hätte, wäre es nach den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung nicht möglich gewesen, eine Gegenverrechnung vorzunehmen. Die Auszahlung des Umsatzsteuerguthabens war daher ausschließlich die Folge der Gesetzeslage und nicht irgendwelcher Interventionen.
Auch die in der Anfrage behaupteten Kontakte eines Finanzbeamten mit dem Abgeordneten Univ.-Prof. Dr. Nowotny bzw. anderen in diesem Zusammenhang genannten Personen sind völlig unrichtig. Wie mir berichtet wird, wurde Univ. Prof. Dr. Nowotny zwar von diesem Finanzbeamten angesprochen, weder Nowotny, noch andere den erwähnten Kreisen zuzurechnende Personen haben sich aber für Begünstigungen des Dipl.Ing. Feneberg eingesetzt. Dies hat auch das Gerichtsverfahren gegen den in dieser Causa involvierten Finanzbeamten ergeben.
Ebenso wurde von seiten des Bundesministeriums für Finanzen in keiner Lage des Verfahrens durch Intervention bei den nachgeordneten Dienststellen versucht,
Dipl.Ing. Feneberg zu begünstigen. Auch spätere Versuche Dipl.Ing. Fenebergs, im Wege der Volksanwaltschaft sein Verfahren zu beeinflussen, waren nicht erfolgreich.
Die Frage, ob die "Selbstkontrolle der Finanz" in diesem Falle funktioniert hat, kann aufgrund der gesetzten Schritte, auf die im einzelnen wegen der Pflicht zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit und des Steuergeheimnisses nicht näher eingegangen werden kann, nur vollinhaltlich bejaht werden.
Im übrigen ist zu den gestellten Fragen noch folgendes auszuführen:
Zu 1., 2. und 7.:
Fälle, in denen der
Disziplinarbehörde bekannt wird, daß Beamte des Finanzressorts
möglicherweise Schmiergelder oder andere gesetzwidrige Zahlungen
angenommen
haben, führen zwangsläufig zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens
sowie erforderlichenfalls auch zu einer Strafanzeige bei Gericht. Zum
konkreten Fall kann, wie
schon eingangs erwähnt, aufgrund der gebotenen Amtsverschwiegenheit nicht
Stellung genommen werden.
Zu 3. und 4.:
Die in den gestellten Fragen enthaltenen Behauptungen sind unrichtig.
Zu 5.:
Die in dieser
Frage zum Ausdruck kommende Unterstellung weise ich schärfstens
zurück. Selbstverständlich gibt es in der Finanzverwaltung keine
derartigen Ge
pflogenheiten.
Zu 6.:
Die
Dienstbehörde hat aufgrund einer am 1 7. Oktober 1 994 in der Finanzlandes
direktion für Oberösterreich eingelangten Mitteilung des
Landesgerichtes für Straf
sachen Graz von den angesprochenen Verfehlungen Kenntnis genommen.
Zu 8.:
Entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen werden in
allen Fällen,
in denen die Finanzverwaltung von einem konkreten Verdacht der Empfangnahme
von Schmiergeldern oder anderen Zahlungen, die als Einkünfte zu erfassen
wären,
die notwendigen Schritte eingeleitet. Im übrigen gilt auch hier
die Pflicht zur
Wahrung der Amtsverschwiegenheit.
Zu 9.:
Das öffentlich-rechtliche
Dienstverhältnis eines definitiv gestellten Beamten kann im
Zuge eines Disziplinarverfahrens auch durch Entlassung beendet werden. Die Mit
glieder der Disziplinarkommission und der Disziplinaroberkommission sind durch
eine Verfassungsbestimmung weisungsfrei gestellt. Es wäre ein
unzulässiger Eingriff in
diese Weisungsfreiheit, wenn ich meine Meinung über die
"Tragbarkeit" oder "Untragbar-
keit" eines Beamten äußere, also de facto die Entscheidung der
Disziplinarkommissionen präjudizieren würde.
Zu 10.. 11. und 12.:
Gemäß der Bestimmung des
§ 56 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes darf ein
Beamter keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der
Erfüllung seiner dienst
lichen Aufgaben behindert, die Vermutung einer Befangenheit hervorruft oder son
stige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet. Eine steuerberatende
Tätigkeit -
die schon nach der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung unzulässig
wäre - oder eine
einer solchen ähnliche Nebenbeschäftigung eines Finanzbeamten wird in
der Regel
schon allein wegen der daraus abzuleitenden Vermutung der Befangenheit
unzulässig
sein. Der Beamte hat das zunächst selbst zu beurteilen und darf, wenn er
einen der
zuvor genannten Gründe erkennt, diese Beschäftigung nicht
ausüben. Außerdem
verpflichtet § 56 Abs. 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes Beamte dazu,
ihrer
Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung
unverzüglich zu melden. Die Dienstbehörde hat hierauf zu prüfen,
ob ein Unzulässigkeitsgrund vorliegt, bejahen
denfalls ist die Ausübung der Nebenbeschäftigung zu untersagen. Wird
die Nebenbeschäftigung dennoch fortgeführt oder die Meldung an
die Dienstbehörde unterlassen,
liegen disziplinär zu ahndende Dienstpflichtverletzungen vor.
Auf
den Problembereich der zulässigen und unzulässigen
Nebenbeschäftigungen wird
jeder Finanzbeamte schon im Rahmen seiner Grundausbildung eindringlich hinge
wiesen. Infolge der Unbestimmtheit der Begriffe "steuerberatende oder
ähnliche
Tätigkeit" kann die konkrete Entscheidung bzw. Untersagung einer
Nebenbeschäfti
gung immer nur im Einzelfall erfolgen. Die vereinzelt aufgetretenen Fälle,
in denen
bisher von Finanzbeamten solche Tätigkeiten dennoch ausgeübt worden
sind, waren
immer solche, in denen auch die Meldepflicht gegenüber der
Dienstbehörde verletzt
worden ist.
Zu 13.:
Wie
ich schon in der Antwort
auf die Frage 9 ausgeführt habe, sind die Mitglieder der
Disziplinarkommissionen weisungsfrei. Allfäliige Erkenntnisse des
Verwaltungsge
richtshofes in Disziplinarsachen sind für die Disziplinarkommissionen
zweifellos von Bedeutung, dennoch kann in Anbetracht dieser Rechtslage weder
generell noch in
einem konkreten Fall eine Weisung erteilt werden.
Zu 14.:
Ja,
weil in allen Fällen von bekanntgewordenen möglichen Verfehlungen von
Finanz
beamten die gesetzlichen Schritte gesetzt wurden und werden.
Anlage
BEILAGE
Auf Grund des dargestellten Sittenbildes aus der Finanzverwaltung richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende
ANFRAGE
1.) Wie beurteilen Sie den Umstand, daß Finanzbeamte des höheren Dienstes an Steuerpflichtige mit der Mitteilung herantreten, daß sie gegen Bezahlung von Schmiergeld durch politische und finanzinterne Interventionen Begünstigungen erwirken könnten ?
2.) Wie beurteilen Sie den Umstand, daß N.N. durch seinen Hinweis auf ausgezeichnete Kontakte zu sozialdemokratischen Funktionären und insbesondere zum Ministerbüro des Finanzministers und zum SPÖ-Abgeordnetcn Nowotny Schmiergeld in Höhe von S 400.000,— erhielt ?
3.) Ist es richtig, daß N.N. durch ausgezeichnete Kontakte zu sozialdemokratischen Funktionären, zum Ministerbüro des Finanzministers und zum SPÖ- Abgeordneten Nowotny Begünstigungen für Steuerpflichtige erwirken konnte ?
Wenn ja, in welchen Fällen ?
4.) Ist es richtig, daß N.N. durch ausgezeichnete Kontakte zu hohen Beamten der Finanzbürokratie Begünstigungen für Steuerpflichtige erwirken konnte ?
Wenn ja, um welche Beamte und um welche konkreten Fälle handelt es sich dabei ?
5.) Ist es in der Finanzverwaltung üblich, daß man durch gute Beziehungen zu sozialdemokratischen Funktionären, Abgeordneten, z.B. Abgeordneten Dr. Nowotny, und zum Ministerbüro sowie zu hohen Beamten der Finanzbürokratie Begünstigungen erwirken kann? Wenn ja, seit wann und auf Grund welcher Überlegungen ?
6.) Wann hat die Dienstbehörde von den Verfehlungen des N.N. erstmals Kenntnis erlangt ?
7.) Welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen wurden gegen N.N. ergriffen
und wie ist der gegenwärtige Stand des Disziplinarverfahrens ?
8.) Hat die Finanzverwaltung die geltende Rechtslage, wonach Schmiergeld steuerpflichtiges Einkommen darstellt, beachtet und entsprechende abgabenrechtliche und finanzstrafrechtliche Schritte eingeleitet ?
9.) Ist für Sie ein Finanzbeamter tragbar, der unter Hinweis auf seine ausgezeichneten Kontakte zu sozialdemokratischen Funktionären, Abgeordneten, zum Ministerbüro und zu hohen Beamten der Finanzbürokratie Schmiergeldzahlungen erwirkt ?
Wenn ja, warum ?
Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen ?
10.) Ist es in der Finanzverwaltung üblich, daß Finanzbedienstete neben ihrer dienstlichen Tätigkeit eine steuerberatende Tätigkeit - oder eine ähnliche Tätigkeit - ausüben ?
Wenn ja, seit wann und auf Grund welcher Überlegungen ?
11.) Auf Grund welcher Überlegungen ist es Finanzbediensteten nicht generell untersagt, neben ihrer dienstlichen Tätigkeit eine steuerberatende Tätigkeit - oder eine ähnliche Tätigkeit
- auszuüben ?
12.) Beabsichtigen Sie, in diesem Zusammenhang eine generelle Weisung (Erlaß) betreffend Nebenbeschäftigungen herauszugeben ?
13.) Ist es in der Finanzverwaltung üblich, im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach disziplinär an einen Beamten, der ein Rechtsgut verletzt, zu dessen Schutz er in seiner diesntlichen Stellung berufen ist, ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist, gegen Beamte, gegen die finanzstrafrechtlich vorgegangen wird, auch disziplinarrechtlich vorzugehen ?
Wenn ja, besteht eine generelle Weisung ?
Wenn nein, warum nicht ?
14.) Sind Sie der Auffassung, daß die "Selbstkontrolle der Finanzverwaltung" den Bediensteten gegenüber ausreichend ist ?
Wenn ja, warum ?
Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen werden Sie in nächster Zeit setzen ?