932/J XIX. GP
Eingelangt am 06.04.1995
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Am 17.12.2021 erfolgte eine vetraulichkeits-/datenschutzkonforme
Adaptierung
Anfrage
A N F R A G E
der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Schmiergeldzahlungen an Finanzbeamte
Der umstrittene Grazer Zivilingenieur und Unternehmer Dipl.Ing. Alfred Feneberg wollte im Jahr 1990 beim zuständigen Finanzamt die Auszahlung eines Umsatzsteuerguthabens von rund 11 Mio. S erwirken, des wegen Steuerschulden in Höhe von 180 Mio. S gesperrt war.
Zu diesem Zweck bediente er sich zweier Juristen der Finanzverwaltung, die vorgaben, durch ihre ausgezeichneten Kontakte zu den politischen und beamteten Entscheidungsträgern dies leicht bewerkstelligen zu können. Es handelte sich dabei um den bei der Finanzlandesdirektion für Oberösterrcich tätigen N.N. und einen weiteren, in der Zwischenzeit aus der Finanzverwaltung ausgeschiedenen Beamten. Diesen wurde für ihre politischen und finanzinternen Interventionen insgesamt S 400.000,— zugesagt und nach erfolgter Freigabe und Überweisung des Betrages von rund 11 Mio. S tatsächlich ausgezahlt.
Im strafrechtlichen Verfahren wegen schweren Betruges gab N.N. die Vornahme der Intervention, z.B. bei SPÖ-Abgeordneten Dr. Nowotny zu; es erfolgten aber Freisprüche, weil das Delikt des Amtsmißbrauches verjährt und der Betrug nicht nachweisbar war.
Bezeichnend ist das Presseecho des Falles. Im Kurier vom 30. März 1995 wird N.N. als Mann mit besten politischen Kontakten bezeichnet, sei er doch SP- Gcwerkschafter und er habe den Namen des SP--Abgeordneten Dr. Nowotny genannt. Dies sei eine höchst interessante Verbindung, saß dieser doch zum relevanten Zeitpunkt im
Finanzausschuß und sei als Nachfolger von Finanzminister Lacina im Gespräch. Der Richter habe "ein Brieferl" des Abgeordneten verlesen, aber nicht weiter nachgebohrt. Beide Beamten hätten jahrelang auch Steuerberater gespielt, aber vergessen, diese bedenkliche Nebenbeschäftigung zu melden : die Selbstkontrolle der Finanz stehe auf dem Prüfstand.
In der Kleinen Zeitung vom 30. März 1995 wird der Staatsanwalt zitiert, nach dessen Ansicht "vieles zum Himmel stinke" (vgl. auch die Glosse "Pinkepinke").
Auf Grund des dargestellten Sittenbildes aus der Finanzverwaltung richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende
ANFRAGE
1.) Wie beurteilen Sie den Umstand, daß Finanzbeamte des höheren Dienstes an Steuerpflichtige mit der Mitteilung herantreten, daß sie gegen Bezahlung von Schmiergeld durch politische und finanzinterne Interventionen Begünstigungen erwirken könnten ?
2.) Wie beurteilen Sie den Umstand, daß N.N. durch seinen Hinweis auf ausgezeichnete Kontakte zu sozialdemokratischen Funktionären und insbesondere zum Ministerbüro des Finanzministers und zum SPÖ-Abgeordneten Nowotny Schmiergeld in Höhe von S 400.000,— erhielt ?
3.) Ist es richtig, daß N.N. durch ausgezeichnete Kontakte zu sozialdemokratischen Funktionären, zum Ministerbüro des Finanzministers und zum SPÖ- Abgeordneten Nowotny Begünstigungen für Steuerpflichtige erwirken konnte ?
Wenn ja, in welchen Fällen ?
4.) Ist es richtig, daß N.N. durch ausgezeichnete Kontakte zu hohen Beamten der Finanzbürokratie Begünstigungen für Steuerpflichtige erwirken konnte ?
Wenn ja, um welche Beamte und um welche konkreten Fälle handelt es sich dabei ?
5.) Ist es in der Finanzverwaltung üblich, daß man durch gute Beziehungen zu sozialdemokratischen Funktionären, Abgeordneten, z.B. Abgeordneten Dr. Nowotny, und zum Ministerbüro sowie zu hohen Beamten der Finanzbürokratie Begünstigungen erwirken kann? Wenn ja, seit wann und auf Grund welcher Überlegungen ?
6.) Wann hat die Dienstbehörde von den Verfehlungen des N.N. erstmals Kenntnis erlangt ?
7.) Welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen wurden gegen N.N. ergriffen und wie ist der gegenwärtige Stand des Disziplinarverfahrens ?
8.) Hat die Finanzverwaltung die geltende Rechtslage, wonach Schmiergeld steuerpflichtiges Einkommen darstellt, beachtet und entsprechende abgabenrechtliche und finanzstrafrechtliche Schritte eingeleitet ?
9.) Ist für Sie ein Finanzbeamter tragbar, der unter Hinweis auf seine ausgezeichneten Kontakte zu sozialdemokratischen Funktionären, Abgeordneten, zum Ministerbüro und zu hohen Beamten der Finanzbürokratie Schmiergeldzahlungen erwirkt ?
Wenn ja, warum ?
Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen ?
10.) Ist es in der Finanzverwaltung üblich, daß Finanzbedienstete neben ihrer dienstlichen Tätigkeit eine steuerberatende Tätigkeit - oder eine ähnliche Tätigkeit - ausüben ?
Wenn ja, seit wann und auf Grund welcher Überlegungen ?
11.) Auf Grund welcher Überlegungen ist es Finanzbediensteten nicht generell untersagt, neben ihrer dienstlichen Tätigkeit eine steuerberatende Tätigkeit - oder eine ähnliche Tätigkeit - auszuüben ?
12.) Beabsichtigen Sie, in diesem Zusammenhang eine generelle Weisung (Erlaß) betreffend Nebenbeschäftigungen herauszugeben ?
13.) Ist es in der Finanzverwaltung üblich, im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach disziplinär an einen Beamten, der ein Rechtsgut verletzt, zu dessen Schutz er in seiner diesntlichen Stellung berufen ist, ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist, gegen Beamte, gegen die finanzstrafrechtlich vorgegangen wird, auch disziplinarrechtlich vorzugehen ?
Wenn ja, besteht eine generelle Weisung ?
Wenn nein, warum nicht ?
14.) Sind Sie der Auffassung, daß die "Selbstkontrolle der Finanzverwaltung" den Bediensteten gegenüber ausreichend ist ?
Wenn ja, warum ?
Wenn nein, welche konkreten Maßnahmen werden Sie in nächster Zeit setzen ?