1081/AE XX.GP
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Partik - Pablé, Scheibner, Dkfm. Bauer, Schweitzer
und Kollegen
betreffend Trendwende im Vollzug des Fremden - und Asylgesetzes
Durch den tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma während seiner
Abschiebung über den Luftweg wurden wieder zahlreiche Mißstände und Lücken im
österreichischen Fremdenrecht evident, die es schnellstens zu beheben gilt:
Die Erfahrung zeigt nämlich, daß eine große Zahl von Fremden bestrebt ist, sich der
Durchführung eines geordneten Fremden - oder Asylverfahrens zu entziehen und in
Österreich untertaucht. Bedauerlicherweise zeigt sich auch immer wieder, daß ein hoher
Prozentsatz von bundesbetreuten Asylwerbern die Unterkunft von sich aus verläßt und
für das weitere Verfahren nicht mehr zur Verfügung steht. (4722/AB und 5579/AB).
So mußte 1998 die nicht unbeträchtliche Zahl von ca. 5000 Asylverfahren eingestellt
werden, weil Asylwerber in Österreich in die Illegalität untertaucht.
Ebenso verhält es sich mit dem relativ neuen Rechtsinstitut des gelinderen Mittels,
wonach die Behörde die Möglichkeit erhält, von der Anordnung der Schubhaft
abzusehen, wenn sie Grund zur Annahme hat, daß der ursprüngliche Zweck der
Anhaltung in Schubhaft auch auf andere Weise erreicht werden kann. In den bisher
angewendeten Fällen sind etwa in einem Drittel der Fälle die Fremden in Österreich
untergetaucht bzw. haben sich nicht bei den Behörden gemeldet.
Das Mittel des Hungerstreiks wird von einer großen Anzahl an Schubhäftlingen dazu
angewendet, um einer Abschiebung zu entgehen, wobei die Anleitung dazu sogar
organisiert propagiert wird (so finden sich beispielsweise an den Zellenwänden
Anleitungen
zum „Freipressen und Untertauchen“ in den unterschiedlichsten
Sprachen).
Laut Anfragebeantwortung 2970/AB haben sich von 1.1.1996 bis Herbst des Jahres
1997, soweit diesbezügliche Statistiken überhaupt geführt wurden, ca. 1.682 Personen
mittels Hungerstreik aus der Schubhaft „freigepreßt“. Bundesminister Schlögl weist
auch darauf hin, daß es sich um eine unbefriedigende Situation handle, an deren
Verbesserung in seinem Ressort gearbeitet werde. Medienberichten von Ende Jänner
1998 (Kurier, 29.1.98) zufolge, befanden sich Ende Jänner 1 998 alleine in Wien 85 von
etwa 350 Schubhäftlingen im Hungerstreik, welche offensichtlich damit rechneten, daß
sie bei einem kritischen gesundheitsgefährdenden Gewichtslimit aus der Schubhaft
entlassen würden. An diesem höchst unbefriedigenden Zustand hat sich seither nichts
geändert.
Auch einer Rückführung versuchen immer mehr Ausländer mit allen möglichen Tricks zu
entkommen. So versuchen laut Presseberichten (News 18/99) Schubhäftlinge, speziell
bei Flügen nach Schwarzafrika, sich mit den übrigen Passagieren aus ihrem Heimatland
zu verbünden, indem sie den anderen Fluggästen erzählen, daß sie von den Beamten
geschlagen worden wären und zu Unrecht in Haft seien. Oder Schubhäftlinge reißen
sich auf dem Weg zur Bord - Toilette vom Beamten los und stürmen das Cockpit, so daß
das Flugzeug notlanden muß. Um Abschiebungen zu entgehen kratzen, beißen,
spucken und schlagen die Schubhäftlinge oft wie wild um sich, oder „koten“ sich sogar
vor Besteigen des Flugzeuges „ein“, so daß schon aus Gründen der Geruchsbelästigung
eine Abschiebung aufgegeben wird. Vor einigen Jahren konnten vier GEK - Beamte, die
zwei Schubhäftlinge nach Lagos zu bringen hatten, gar eine Flugzeugentführung
verhindern, durch welche ein Nigerianer seine inhaftierten Freunde freipressen wollte
(Kurier, 19.10.1996). All diese Fälle zeigen, welchem Risiko und welchem Druck die
Beamten ausgesetzt sind, die die Reise mit Schubhäftlingen, die mit allen ihnen zur
Verfügung stehenden Mitteln ihre Abschiebung verhindern wollen, antreten müssen.
Von 16.992 allein im Jahr 1998 abgeschobenen Fremden wurden 2.889 auf dem
Luftweg aus Österreich verbracht. Von wenigen Ausnahmen abgesehen weigerten sich
jedoch bisher schon die meisten Fluggesellschaften im Interesse der Flugsicherheit ihrer
Passagiere Fremde, die abgeschoben werden sollen, mitzunehmen. Es hat sich in vielen
Fällen erwiesen, daß die bisherige Praxis, Abschiebungen im Wege von Linienflügen von
Fluggesellschaften durchzuführen, äußerst unzweckmäßig ist. Die Anschaffung eines
geeigneten Transportflugzeuges, mit welchem auch Abschiebungen durchgeführt
werden
können, erscheint daher sinnvoll.
Den vorliegenden Fall des tragischen Todes des nigerianischen Schubhäftlings, Marcus
Omofuma, dazu zu verwenden, um den Rücktritt des Innenministers zu verlangen,
bedeutet aus Menschenleben politisches Kapital zu schlagen. Bei aller emotionalen
Erregung, die der Tod eines Menschen natürlich hervorruft, darf aber die Notwendigkeit
der ehestmöglichen Abschiebung illegal Aufhältiger und insbesondere straffälliger
Ausländer nicht in Frage gestellt werden. Natürlich sind die Umstände dieses Einzelfalles
bedauerlich und durch nichts zu rechtfertigen. Jeder einzelne Übergriff durch die Polizei
ist unverzeihlich und muß Konsequenzen haben. Die entsprechenden Untersuchungen
werden festzustellen haben, ob der Tod des Marcus Omofuma mit den polizeilichen
Maßnahmen in einem kausalen Zusammenhang steht. Das Innenministerium jedenfalls
hat dafür zu sorgen, daß in Zukunft korrekt vorgegangen wird. Dazu bedarf es genauer
Richtlinien und besserer Schulungen für Sicherheitsbeamte, die Fremde bei den
Abschiebungen begleiten, und umfassende Maßnahmen zum Schutz der eine
Abschiebung vollziehenden Beamten vor den damit verbundenen gesundheitlichen und
sonstigen Gefahren. Das zu gewährleisten ist die Aufgabe des politisch verantwortlichen
Innenministers Karl Schlögl.
Wir Freiheitlichen treten für den konsequenten Vollzug des Asyl - und Fremdenrechts ein.
Gleichzeitig sind wir uns bewußt, daß dabei auch Maßnahmen und Handlungen
erforderlich sind, die die körperliche Integrität der betreffenden Personen
beeinträchtigen können. Sicherzustellen ist jedenfalls, daß all diese Maßnahmen unter
möglichster Schonung der Betroffenen und strikter Einhaltung der Menschenrechte
durchgeführt werden.
Daher richten die unterfertigten Abgeordneten in diesem Zusammenhang an den
Bundesminister für Inneres nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert
1. dem Nationalrat bis spätestens 16. Juni 1999 einen umfassenden, detaillierten
Bericht vorzulegen,
• in dem die derzeitige Vollzugspraxis bei Abschiebungen und die beabsichtigten
diesbezüglichen Änderungen dargelegt werden,
• der eine genaue Aufschlüsselung der Gesamtkosten sowie der durchschnittlichen
Kosten je Abschiebung im Jahr 1998 enthält, und
• eine restlose Aufklärung des Falls Marcus Omofuma bringt,
2. folgende Maßnahmen zu setzen:
• Schaffung aller erforderlichen Maßnahmen, die sicherstellen, daß in Zukunft alle
Abschiebungen konsequent und rasch durchgeführt und auch durch
randalierende Schubhäftlinge nicht vereitelt werden können;
• Zwangsmaßnahmen gegen Schubhäftlinge, die eine vorzeitige Beendigung der
Schubhaft erpressen, bzw. eine erfolgreiche Abschiebung vereiteln wollen;
• Schaffung zusätzlicher Schubhaftplätze;
• Anschaffung eines Transportflugzeuges, u.a. für die Durchführung von
Abschiebungen;
• Unterstützung der mit dem Asyl - und Fremdenrecht befaßten Exekutivbeamten
durch konkrete Richtlinien und bessere Schulungen;
• konsequente Verfolgung des Asylmißbrauchs, einschließlich aller Anstiftungs -
und Beihilfemaßnahmen.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für innere Angelegenheiten
beantragt.