1175/A XX.GP
der Abgeordneten Dr. Kostelka, Achs, Müller, Schwemlein, Mag. Gaßner, Lackner,
Pendl, Ing. Tychtl, DDr. Niederwieser
und Genossen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 und die Bundes -
abgabenordnung geändert werden
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 und die
Bundesabgabenordnung geändert werden
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel I
Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1997
Das Finanzausgleichsgesetz 1997 (FAG 1997), BGB1. Nr. 201/1996, in der Fassung
der Bundesgesetze BGBI. Nr. 746/1996BGB1. I Nr.130/1997, BGBI. I Nr.79/1998,
BGB1. I Nr.32/1999 und BGB1. I Nr. xxx/1999 und der Kundmachung BGB1. I Nr.
164/1998 wird wie folgt geändert:
1. (Verfassungsbestimmung) Nach dem § 15 Abs. 5 wird folgender Abs. 5a eingefügt:
,,(5a) (Verfassungsbestimmung) Die Getränkesteuer auf alkoholhältige Getränke
hat besonderen Zielsetzungen der Gemeinden zu dienen. Die Verwendung des
Aufkommens an Getränkesteuer der Gemeinden auf alkoholhältige Getränke wird daher
auf folgende Zwecke beschränkt:
1. Schutz der Umwelt;
2. Schutz und Förderung der Gesundheit;
3. Förderung des Fremdenverkehrs;
4. Förderung des Sports;
5. Förderung der Kultur;
6. Förderung von Freizeiteinrichtungen.
Im Haushaltsplan der Gemeinde hat ein Zusammenhang zwischen den der
Getränkesteuer auf alkoholhältige Getränke entsprechenden Einnahmen und der
Verfolgung der genannten Zielsetzungen zu bestehen.“
2. (Verfassungsbestimmung) Nach dem § 23 Abs. 3g wird folgender Abs. 3h eingefügt:
‘‘(3h) (Verfassungsbestimmung) § 15 Abs. 5a in der Fassung des Bundesgesetzes
BGB1. I Nr. xxx/1999 tritt mit 1. August 1999 in Kraft.“
Die Bundesabgabenordnung (BAO), BGB1. Nr. 194/1961, zuletzt geändert mit
Bundesgesetz BGB1. I Nr. xxx/1999, wird wie folgt geändert:
1.(Verfassungsbestimmung) Nach § 210 wird folgender § 210a eingeflügt
„§ 210a. (Verfassungsbestimmung) Die Abgabenbehörde, die eine auf Grund eines
rechtswidrigen Abgabengesetzes erlassene Abgabenvorschreibung aufhebt oder
abändert, hat auszusprechen, in welchem Umfang die Abgabe nicht gutzuschreiben oder
nicht zu erstatten ist, weil die Abgabe insoweit wirtschaftlich von einem anderen als
dem Abgabepflichtigen getragen wurde.“
2. (Verfassungsbestimmung) Nach dem § 323 Abs. 6 wird folgender Abs. 7 angefügt:
„(Abs. 7) (Verfassungsbestimmung) §2l0a in der Fassung des Bundesgesetzes
BGB1. I Nr. xxx/1999 tritt mit 1. August 1999
in Kraft.“
Artikel III
(Verfassungsbestimmung)
1. Bis zur Erlassung entsprechender landesgesetzlicher Bestimmungen ist § 21 Oa der
Bundesabgabenordnung in der Fassung des Bundesgesetzes BGB1. xxx/1999
sinngemäß von den Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden anzuwenden, und
zwar auch für Selbstbemessungsabgaben, wenn ein Antrag auf Rückzahlung oder
Erstattung gestellt wurde.
2. Z 1 tritt mit 1. August l999 in Kraft.
Zuweisungsvorschlag: Budgetausschuß
Zur Zeit läuft ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof betreffend die
Rechtsgrundlagen der Einhebung der Getränkesteuer durch die österreichischen
Gemeinden. Dieses Verfahren wurde durch Klagen von Gewerbetreibenden ausgelöst,
die lediglich die Zahler der Getränkesteuer sind, nicht aber jene, die die ökonomische
Last der Getränkesteuer tragen. Getragen wird die Getränkesteuer, da sie über die Preise
überwälzt wird, von den österreichischen Konsumenten.
Das jährliche Aufkommen an Getränkesteuer liegt derzeit bei ca. 5,6 Milliarden
Schilling. Das Getränkesteueraufkommen liegt damit auf der gleichen Höhe wie etwa
die gesamten Ausgaben der Gemeinden für Kinderbetreuung und vorschulische
Erziehung oder die gesamten Ausgaben der Gemeinden für den städtischen Nahverkehr
oder die gesamten Ausgaben der Gemeinden (ohne Wien) für Krankenanstalten. Ein
Entfall dieses Steueraufkommens wäre damit gleichbedeutend mit der Unmöglichkeit,
wichtige öffentliche Dienstleistungen weiterhin anbieten zu können.
Ein Ersatz des Getränkesteueraufkommens aus Bundesmitteln ist völlig auszuschließen.
Eine solche Forderung würde nämlich bedeuten, wissentlich entweder eine
Steuererhöhung oder ein weiteres Sparpaket in der kommenden Legislaturperiode in
Kauf zu nehmen. Da aufgrund der Erfahrungen mit der Halbierung der Getränkesteuer
auf nichtalkoholische Getränke nicht zu erwarten ist, daß das Preisniveau bei Getränken
nach Aufhebung der Getränkesteuer sinken wird, hatte ein weiteres Sparpaket zur Folge,
daß die österreichischen Konsumenten als Steuerzahler bzw. als Empfänger von
staatlichen Leistungen gezwungen werden, eine bedeutende Erhöhung der Gewinne des
Getränkehandels und der Gastronomie zu finanzieren.
Der vorgelegte Initiativantrag entspricht dem Ergebnis der Beratungen der
Gebietskörperschaften, die am Montag, den 5. Juli1999 im Bundesministerium für
Finanzen stattgefunden haben.
Zu Artikel I (Änderung des Finanzausgleichsgesetzes):
Die Gemeinden sind die größten Investoren des öffentlichen Sektors in Österreich und
erfüllen dadurch wesentliche Aufgaben im
Bereich der Arbeitsplatzsicherung sowie
etwa des Umweltschutzes, der Gesundheit, des Fremdenverkehrs, des Sports, der Kultur
und der Freizeitveranstaltungen.
Als wesentliche Quelle der autonomem Finanzierung der Gemeinden trägt die
Getränkesteuer schon bisher zur Erfüllung dieser wichtigen Zielsetzungen der
Gemeinden bei, wobei hier insbesondere der Fremdenverkehrsbereich hervorzuheben
ist. Die existierende Staffelung der Steuersätze mit einem geringeren Tarif bei
alkoholfreien Getränken zielt über die Beeinflussung der Konsumentenentscheidung auf
die Förderung der Gesundheit ab.
Im Zusammenhang mit dem laufendem Vorabentscheidungsverfahren zeigte sich, daß
offensichtlich Bedarf an einer erhöhten Transparenz über den Zusammenhang der
Getränkesteuererhebung mit den Leistungen der Gemeinden auf den oben genannten
Gebieten besteht. Die Schlußanträge des Generalanwalts in diesem Verfahren geben die
Möglichkeit, diesbezüglich die Getränkebesteuerung in einer mit dem
Gemeinschaftsrecht konformen Weise zu reformieren. Unsicherheiten von Steuer -
pflichtigen und Gemeinden über die weitere Entwicklung der Getränkesteuer können
dadurch frühzeitig beseitigt werden.
Da die Zweckwidmung einen durch das Finanz - Verfassungsgesetz 1948 nicht gedeckten
Eingriff in die Haushaltsautonomie der Gemeinden darstellt, ist hierfür eine
Verfassungsbestimmung vorzusehen. Die Getränkeabgabe auf alkoholfreie Getränke
und die Speiseeissteuer begegnen nach herrschender Lehre keinen gemeinschaftsrecht -
lichen Bedenken, weshalb diesbezüglich keine Klarstellung in Form einer
Zweckbindung der Einnahmen erforderlich erscheint.
Zu Artikel II (Änderung der Bundesabgabenordnung) und Artikel III:
Im Bereich der indirekten Steuern führt die rückwirkende Aufhebung von gesetzlichen
Bestimmungen zur Problematik, wie dann vorzugehen ist, wenn die betreffenden
Abgabenschuldner die Abgaben ihrer Zweckbestimmung entsprechend auf andere
Personen überwälzt haben. Es ist in einem solchen Fall nicht oder nur mit erheblichem
Aufwand möglich, die entsprechenden Abgabenbeträge den Steuerträgern rückwirkend
zu erstatten. Außerdem ist in Betracht zu ziehen, daß ein solches „Rückaufrollen" die
öffentliche Hand in schwerwiegende Finanzierungsprobleme bringen könnte. Daher soll
eine Rückzahlung solcher Steuerbeträge nur für jene Fälle vorgesehen werden, in denen
sich ergibt, daß eine Überwälzung der betreffenden Abgaben nicht erfolgen konnte.
Dieser Grundsatz soll allgemein für alle Fälle der rückwirkenden Aufhebung indirekter
Steuern gelten, gleichgültig, ob die Wurzel der Aufhebung im innerstaatlichen oder im
Recht der Europäischen Union begründet ist. Zur Frage der gemeinschaftsrechtlichen
Zulässigkeit einer solchen Regelung hat
zuletzt der Europäische Gerichtshof in den
Rechtssachen C - 192/95 bis C - 2 18/95, Comateb u.a., Urteil vom 14.1.1997 Stellung
genommen und sie als zulässig erklärt.
Gemäß Art. 44 Abs. 2 B - VG bedarf Artikel III der in Anwesenheit von mindestens der
Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen
Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.