129/A
der Abgeordneten Dr. Haider, Mag. Stadler, Dr. Graf und Kollegen
betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung
von 1929 geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929
geändert wird.
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel I
Das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929, zuletzt geändert durch das
Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 1013/1994, wird wie folgt geändert:
1. Dem Artikel 2 wird ein neuer Absatz 3 angefügt, der wie folgt lautet:
"(3) Die Staatsgewalt ist zwischen Bund und I.ändem geteilt. An der Gesetzgebung und an
der Vollziehung wirken Bund und Länder mit."
2. Dem Artikel 44 wird ein neuer Absatz 4 angefügt, der wie folgt lautet:
"(4) Jede Änderung der Bundesverfassung, durch welche die in den Artikeln 1 und 2
festgelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.''
Artikel II
Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.
BEGRÜNDUNG
Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union hat zu einer Verlagerung zahlreicher und
erheblicher Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenzen an deren Organe bewirkt. Davon sind
insbesondere die Gesetzgebungskompetenzen sowohl des Bundes als auch der Iänder betroffen.
Vor dem Hintergrund des Umstandes, daß die Gesetzgebungskompetenzen der Iänder bereits in
der Vergangenheit bei Novellierungen der Bundesverfassung oftmals eingeschränkt wurden,
verstärkt der neuerliche Kompetenzverlust eine Entwicklung, die das bundesstaatliche
(föderalistische) Prinzip der Bundesverfassung aushöhlt und in der Lehre als schleichende
Gesamtänderung der Verfassung bezeichnet wird (vgl. auch Walter-Mayer, Grundriß des
österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Auflage, Seite 68). Es ist nicht zu bezweifeln, daß
Österreich bereits jetzt ein relativ schwach ausgebildeter Bundesstaat ist, da der Bund ein
erhebliches Übergewicht an Kompetenzen aufweist und der Einfluß des Bundesrates auf die
Bundesgesetzgebung gering ist.
Um eine weitere Aushöhlung des bundesstaatlichen Prinzips der Bundesverfassung zu verhindern
ist es daher geboten, in dieser ausdrücklich zu verankem, daß die Staatsgewalt zwischen Bund und
Iändem geteilt ist und sowohl der Bund als auch die LänLänder an der Gesetzgebung und der
Vollziehung mitwirken. Dies sichert zweierlei: sowohl Gesetzgebungs- und
Vollziehungskompetenzen für den Bund und die Iänder als auch die Verschränkung von Bund
und Iändem durch die Mitwi rkung der Iänder an der Bundesgesetzgebung - durch den Bundesrat
- und die Rechte des Bundes im Rahmen der Landesgesetzgebung (vgl. z.B. Artikel 98 Abs. 2 B-
VG).
Das dargestellte Ziel wird durch die Anfügung eines neuen Absatzes 3 an den Artikel 2 erreicht.
In der verfassungspolitischen Diskussion aller wesentlichen politischen und gesellschaftlichen
Kräfte Österreichs herrscht ein Grundkonsens über das Bekenntnis zu den Prinzipien der
österreichischen Bundesverfassung, die in den Artikeln 1 und 2 B-VG festgelegt sind. Es sind dies
das demokratische, das republikanische und das bundesstaatliche Prinzip. Es liegt daher nahe,
dieses Bekenntnis durch eine ausdrücklich festgelegte Bestandsgarantie in der Bundesverfassung
zu verankem. Die Bestandsgarantie umfaßt im Wege des Artikels 2 Absatz 2 B-VG auch den
Bestand der neun I-änder.
Das dargestellte Ziel wird durch die Anfügung eines neuen Absatzes 4 an den Artikel 44 erreicht.
ln formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag dem Verfassungsausschuß zur Behandlung
zuzuweisen.