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der Abgeordneten Dr. Haider, Mag. Stadler, Dr. Graf

und Kollegen

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz 1920 idF von

1929, in der geltenden Fassung, geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen :

 

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz 1920 idF von 1929, zuletzt

geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 1013/1994, geändert wird.

 

Der Nationalrat hat beschlossen :

 

Das Bundes-Verfassungsgesetz 1920 idF von 1929, zuletzt geändert durch das

Bundesverfassungsgesetz BGBl. 1013/1994, wird wie folgt geändert :

 

Der 2. Satz des Art. 60 Abs. 3, B-VG entfällt.

 

B E G R Ü N D U N G

 

Der bisher geltende 2. Satz des Art. 60 Abs. 3 B-VG, der das passive Wahlrecht für das Amt des

Bundespräsidenten regelt, lautet :

 

''Ausgeschlossen von der Wählbarkeit sind Mitglieder regierender Häuser oder solcher Familien,

die ehemals regiert haben."

 

Bei dieser Regelung handelt es sich um die einzige, verfassungsmäßig verankerte, Ungleichheit

einer Gruppe von österreichischen Staatsbürgem, die sich allein auf deren Herkunft, d.h. Geburt in

einen Familienverband hinein, stützt.

 

Das B-VG sieht demgegenüber weder für die Wahl zum Nationalrat, zu den Landtagen oder zu

den Gemeinderäten im Zusammenhang mit dem passiven Wahlrecht eine solche Ungleichheit

gegenüber einer Gruppe von österreichischen Staatsbürgem vor.

 

Diese Sonderregelung ist somit nicht nur systemwidrig gegenüber den verfassungsmäßigen

Grundsätzen des passiven Wahlrechts in anderen Bereichen, sondem steht auch im Gegensatz zum

Gleichheitsgrundsatz in Art. 7 B-VG.

 

Rechtsgeschichtlich betrac.htet ist der 2. Satz des Art. 60 Abs. 3 B-VG ein Relikt der

innerstaatlichen Nachkriegsordnung des Ersten Weltkrieges und der damit verbundenen

Abschaffung der Monarchie in Österreich. Er richtet sich damit insbesondere gegen die ehemals

regierende Familie Habsburg, aber auch gegen die Mitglieder anderer regierender oder ehemals

regierender Dynastien, wenn diese österreichische Staatsbürger sind.

 

Als solches hat diese Sonderregelung - mehr als 75 Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges und

der Habsburger Monarchie - jede politische und sachliche Rechtfertigung verloren; sie ist

schlechthin antiquiert.

 

Im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 7 B-VG und einer Gewährung des demokratischen

Bürgerrechts der Wählbarkeit in alle staatlichen Ämter für alle österreichischen Staatsbürger soll

der 2. Satz des Art. 60 Abs. 3 B-VG ersatzlos gestrichen werden.

 

Es wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf die Erste I-esung dem Verfassungsausschuß

zuzuweisen.