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der Abgeordneten Mag. Stadler

und Kollegen

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz betreffend die

Landesverweisung und die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen

aufgehoben wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz betreffend die

Landesverweisung und die Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen,

StGBl.Nr. 209/1919, aufgehoben wird.

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Das Bundesverfassungsgesetz betreffend die Landesverweisung und die Übernahme des

Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen, StGBl.Nr. 209/1919 in der Fassung des

Bundesverfassungsgesetzes BGBl.Nr. 172/1963, tritt außer Kraft.

Artikel lI

Artikel 149 Abs. 1 Z 5 des Bundes-Verfassungsgesetzes tritt außer Kraft.

Artikel Ill

Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.

B E G R Ü N D U N G

 

Gemäß § 1 des zufolge Art. 149 Abs. 1 Z 5 B-VG als Verfassungsgesetz geltenden Gesetzes

vom 3. April 1919, StGBl.Nr. 209, betreffend die Landesverweisung und die Übernahme des

Vermögens des Hauses Habsburg-Lothringen sind alle Herrscherrechte und sonstigen

Vorrechte des Hauses Habsburg-Lothringen sowie aller Mitglieder dieses Hauses in

Österreich aufgehoben und Verträge über den Anfall von Herrscherrechten über das Gebiet der

Republik ungültig.

 

Im Interesse der Sicherheit der Republik werden gemäß § 2 des genannten Gesetzes der

ehemalige Träger der Krone und die sonstigen Mitglieder des Hauses Habsburg-Lothringen,

diese, soweit sie nicht auf ihre Mitgliedschaft zu diesem Hause und auf alle aus ihr gefolgerten

Herrschaftsansprüche ausdrücklich verzichtet und sich als getreue Staatsbürger der Republik

bekannt haben, des Landes verwiesen. Die Festsetzung, ob dieses Erklärung als ausreichend zu

erkennen sei, steht der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des

Nationalrates zu.

 

Der Gebrauch von Titeln und Ansprachen, die mit den Bestimmungen über die Aufhebung der

Herrscherrechte und sonstigen Vorrechte in Widerspruch stehen, ist verboten. Eide, die dem

Kaiser in seiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt geleistet worden sind, sind unverbindlich. In

der Republik Österreich ist überdies jedes Privatfürstenrecht aufgehoben.

 

Nach § 5 des Gesetzes ist die Republik Österreich Eigentümerin des gesamten in ihrem

Staatsgebiet befindlichen beweglichen und unbeweglichen, hofärarischen sowie des für das

früher regierende Haus oder für eine Zweiglinie denselben gebunden Vermögens. Dieses

Vermögen ist in § 6 näher definiert.

 

Am 12. November 1918 wurde mit dem Gesetz über die Staats- und Regierungsform,

StGBl.Nr. 5/1918, die republikanische Staatsform Österreichs proklamiert. In der damaligen

Umbruchssituation unmittelbar nach der militärischen Niederlage des Ersten Weltkrieges war

die neue Staatsform keineswegs gesichert. Es galt daher die Republik auch durch

entsprechende rechtliche Maßnahmen abzusichern, die sich naturgemäß gegen das ehemalige

 

Staatsoberhaupt der vormaligen Monarchie und die übrigen Mitglieder der vormals in

Österreich regierenden Familie Habsburg-Lothringen richten mußten. Die gravierendste dieser

Maßnahmen bestand in der Landesverweisung dieser Personen, soweit sie nicht auf ihre

Mitgliedschaft zum Hause Habsburg-Lothringen und auf alle aus ihr gefolgerten

Herrschaftsansprüche ausdrücklich verzichtet und sich als getreue Staatsbürger der Republik

Österreich bekannt hatten.

 

Weitere Maßnahmen zur SSicherung der republikanischen Staatsform waren die in § 5 des

Gesetzes StGBl.Nr. 209/1919 festgelegte Übernahme des Vermögens des Hauses Habsburg-

Lothringen sowie die Aufhebung des Adels durch das Gesetz StGBl.Nr. 211/1919.

 

Galt es damals, die junge republikanische Staatsform vor Restaurationsversuchen durch

Angehöri ge der ehemals regierenden Familie zu schützen, so ist dieser besondere Schutz heute

nicht mehr erforderlich: die republikanische Staatsform Österreichs ist unbestritten und vermag

auch von keinem Mitglied der Familie Habsburg-Lothringen ernsthaft gefährdet zu werden.

 

Es ist daher an der Zeit, in einem Jahr, in dem auch der erstmaligen Erwähnung des Namens

Österreich vor 1000 Jahren gedacht wird, der Geschichte Österreichs auch in dieser Hinsicht

unbefangen gegenüberzutreten.

 

Das Bundesverfassungsgesetz StGBl.Nr. 209/1919 diskriminiert eine Gruppe von Personen,

die z.T österreichische Staatsbürger sind. Da der Grund für diese Diskriminierung weggefallen

ist, ist dieses Gesetz aufzuheben.

 

Durch die Aufhebung wird die republikanische Staatsform Österreichs nicht berührt. Artikel

10 Z 2 des Staatsvertrages von Wien, der ausdrücklich die Aufrechterhaltung des

Bundesverfassungsgesetzes StGBl.Nr. 209/1919 vorsicht, soll durch eine entsprechende

Mitteilung an die Signatarstaaten des Staatsvertrages von Wien für obsolet erklärt werden.

 

Die Zuständigkeit zur Erlassung dieses Bundesverfassungsgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs.

1 Z 1 B-VG.

 

 

EU-Recht wird nicht berührt.

 

Aus dem Entwurf erwachsen keine Mehrkosten.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, den Antrag dem Verfassungsausschuß zuzuweisen.