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der Abgeordneten Dolinschek, Haigermoser, Dr. Krüger, Scheibner
betreffend umfassende Attraktivierung der Lehre
Jüngste Statistiken belegen die seit Jahren katastrophale Entwicklung im Bereich der Lehre:
Von 1979 bis Ende 1995 sanken die Lehrlingszahlen um ein Drittel, wobei der Rückgang
gerade in den letzten Jahren dramatisch war. Die Zahl der offenen Lehrstellen geht zurück. Die
Jugendarbeitslosigkeit steigt.
Diese Fakten lassen nur einen Schluß zu: Die Ausbildung durch eine Lehre ist - entgegen
langj ähriger Versprechungen - sowohl für die Lehrlinge als auch für die Betriebe nicht
attraktiver, sondern sogar deutlich uninteressanter geworden. Eine Verbesserung dieser Lage ist
kaum zu erwarten: Die Arbeitnehmervertretung tritt für die Anliegen der Lehrlinge nicht mehr
merklich ein. Die Arbeitgebervertretung fordert sogar das Einfrieren der Lehrlingsent-
schädigung, was angesichts gewerkschaftlicher Überlegungen über Null-Lohnrunden nicht
mehr unrealistisch scheint. Die Bundesregierung wiederum belastet die Lehrlingsent-
schädigungen durch die Kommunalsteuer, steigert allgemein die Lohnnebenkosten, belastet die
Leistungslöhne und nimmt offenbar das langs ame Sterben der Lehre reaktionslos hin.
Angesichts dieser tristen Aussichten wollen die Freiheitlichen sich vehement für wirksame
Verbesserungen im Lehrlingsbereich einsetzen, um die mangelhafte Vertretung der Interessen
der Lehrlinge durch die große Koaltion auszugleichen; die unterzeichneten Abgeordneten
stellen daher den nachstehenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
''Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat binnen dreier Monate Gesetzesentwürfe
zuzuleiten, die
l . eine gesetzliche Festlegung einer jährlichen Mindeststeigerung der Lehrlingsentschädi-
gungen im Ausmaß der sonstigen kollektivvertraglichen Lohnerhöhungen im jeweiligen
Wirtschaftszweig (Mindestlehrlingsentschädigung),
2. ein vom Bund finanziertes Leistungsstipendium für überdurchschnittliche Leistungen bis zur
Höhe der für AHS-Schüler im Vergleich mehr anfallenden Kosten,
3. eine steuerliche Entlastung der lehrlingsausbildenden Betriebe (Ausbildungsfreibetrag),
4. den Entfall der Kommunalsteuer auf Lehrlingsentschädigungen,
5. eine frühzeitige laufende Information aller Schüler über s ämtliehe Bildungs- und Berufs-
möglichkeiten.
6. eine Neuorganisation der Lehrlingsausbildung durch eine nach Wirtschaftsbereichen
getrennte konzentrierte schulische Ausbildung anstelle des polytechnischen Lehrganges vor
der berufspezifischen betrieblichen Lehre,
7. eine verbesserte verpflichtende Aus- und Weiterbildung der Berufsschullehrer,
8. eine allgemeine Förderung einer Lehrlingsweiterbildung im Ausland und
9. eine Gleichstellung der Meisterprüfung mit der B-Matura im öffentlichen Dienst und freien
Zugang zu Fachhochschulen
vorsehen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales beantragt.