165/AB
des Abgeordneten Thomas BarmülIer
und weiterer Abgeordneter
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Atomsperrgesetz 1978 geändert
wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Atomsperrgesetz 1978 geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Atomsperrgesetz, BGBl. Nr. 676/1978 wird wie folgt geändert:
1. Der Titel des Gesetzes wird wie folgt geändert:
''Bundesgesetz über das Verbot der Nutzung der Kernspaltung und Kernfusion
für die Energiegewinnung in Österreich''
2. Der § 1 lautet:
§ 1. Anlagen, mit denen zum Zweck der Energieversorgung elektrische
Energie durch Kernspaltung oder Kernfusion erzeugt werden soll, dürfen in
Österreich nicht errichtet werden. Sofern derartige Anlagen bereits bestehen,
dürfen sie nicht in Betrieb genommen werden.''
Begründung:
Konzepte einer nachhaltigen Energiepolitik müssen als Zielsetzung das
Geringhalten aller Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die
Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen und langfristige sicherheitspolitische
Überlegungen beinhalten.
In diesem Sinn dürfen energiepolitische Weichenstellungen nicht von der
Wirtschaftlichkeit und Beherrschbarkeit einzelner Teilprozesse einer
Technologie abhängig gemacht werden. Die gezielte Externalisierung sozialer
Kosten, insbesondere die Belastung zukünftiger Generationen ist entschieden
abzulehnen.
Nachdem für die Endlagerung radioaktiven Materials weiterhin keine
technische Lösung in Sicht ist, muß der Bau von Fusionsreaktoren, die ebenso
wie herkömmliche Kernkraftwerke radioaktive Rückstände verursachen,
abgelehnt werden. Durch den Neutronenbeschuß der Stahlwände würden bei
einem Reaktor, bei einer Betriebsdauer von 30 Jahren, etwa 2000 Kubikmeter
hochradioaktiver Schrott und rund 4000 Kubikmeter mittelaktiver Atommüll aus
Betriebsmitteln anfallen.
Nach Pilotversuchen in den letzten Jahren wird mit dem Projekt lTER nach der
Jahrtausendwende ein erster thermonuklearer Versuchsreaktor in Betrieb
gehen. Der Beginn einer wirtschaftlicher Nutzung der damit entwickelten
Fusionstechnologie wird allerdings allgemein nicht vor Mitte des 21 .
Jahrhunderts erwartet.
Diese Fristigkeit rechtfertigt die auf europäischer Ebene getroffene Gewichtung
bei den Forschungsinvestitionen in keiner Weise. So werden im Zeitraum 1994
bis 1998 1254 Mio. ECU für nukleare Forschung - Fusionsforschung und
nukleare Sicherheit - jedoch nur 984 Mio. ECU für sämtliche nicht-nukleare
Energieforschung, wobei der überwiegende Teil dieser Mittel in die
Verbrennungstechnologie fossiler Energieträger investiert wird, ausgegeben.
Unter dem Blickwinkel einer notwendigen Versorgungssicherung für die
nächsten Jahrzehnte sollten die entsprechenden Investitionsentscheidungen
jedoch vor alIem erneuerbaren Energieträgern, die vor ihrem Marktdurchbruch
stehen bzw. von den bestehenden Versorgungsstrukturen an diesem gehindert
werden, gewidmet werden.
Unter diesen Aspekten ist es wünschenswert, Schritte in Richtung einer
nachhaltigen Energiepolitik zu setzen und die Option einer nuklearen
Energieversorgung auf nationaler Ebene politisch konsequent auszuschließen.