211/AE

 

 

 

 

E N T S C H L I E S S U N G S A N T R A G

 

 

 

der Abgeordneten Dr. Keppelmüller, Kopf , Brix, Mag. Kukacka, Parnigoni

und Genossen

betreffend Maßnahmen zur weiteren Verringerung der Ozonvorläufersubstanzen

 

 

 

Im Jahre 1992 wurde vom Nationalrat das Bundesgesetz über die Information der

Bevölkerung über hohe Ozonbelastungen (Ozongesetz, BGBl.Nr. 210/1992) beschlossen und

in einer umfangreichen Entschließung des Nationalrates E-46-NR/XVIII GP vom 2.4.1992

die Bundesregierung aufgefordert, ein Maßnahmenpaket zur Verringerung der

Ozonvorläufersubstanzen umzusetzen. Mit verschiedensten Maßnahmen, die zum Teil in

Österreich bereits frühzeitig gesetzt wurden, konnte insbesondere im Bereich der Kraft- und

Heizwerke, der Industrie und beim Straßenverkehr die Bildung von Ozonvorläufersubstanzen

wesentlich gesenkt werden. So führte die Einführung von strengen Abgaslimits ab 1986 für

PKW und ab 1988 für LKW zu einer Reduktion des Ausstoßes von Ozonvorläufersubstanzen

aus dem KFZ-Verkehr um knapp 40 % bei den NMVOC und um etwa 10 % bei den

Stickoxiden, obwohl sich die Personenverkehrsleistung um mehr als 40 % und die

Güterverkehrsleistung um mehr als 80 % gesteigert hat. Die NOx-Emissionen im Bereich der

Kraft- und Heizwerke konnten von 1985 bis 1994 um 57 %, die der Industrie um knapp 40 %

gesenkt werden. Maßnahmen wie Gaspendelleitungen bei Tankstellen oder die Inkraftsetzung

der Lösemittelverordnung haben in den letzten Jahren ebenfalls wichtige Beiträge geleistet,

um die Ozonvorläufersubstanzen zu reduzieren. Betrachtet man die Ges amtemissionen so

wurden seit 1985 die Stickoxidemissionen insgesamt um ca. 20 % und die NMVOC-

Emissionen seit 1988 um ca. 15 % gesenkt.

 

Ein großräumiges und nachhaltiges Absenken der Ozonvorläufersubstanzen und somit auch

eine Verminderung der Ozonkonzentrationen bei Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten

kann aber nur durch international akkordiertes Vorgehen ereicht werden. So belegen

verschiedene nationale und internationale Studien, daß eine spürbare Senkung der

Ozonbelastung in Mitteleuropa nur durch großräumige und langfristige Maßnahmen zur

Absenkung der Emissionen von Ozonvorläufersubstanzen ereichbar ist. Dies kann man auch

 

daraus erkennen, daß trotz aller innerstaatlichen Bemühungen Österreichs die

durchschnittlichen Ozonkonzentrationen seit Beginn dieses Jahrzehnts nicht wirklich

abgenommen haben, sondern eher konstant geblieben sind. Nur die Höhe der

Spitzenbelastungen hat im Laufe des Jahrzehnts abgenommen. Erst bei einer 70 %-igen

Reduktion der Emissionen an Ozonvorläufersubstanzen in ganz Europa könnte

voraussichtlich das Überschreiten der Vorwarnstufe in ganz Österreich vermieden werden.

Die Einhaltung des Vorsorgewertes für Gesundheitsschutz von 120 µg/m3 (60 ppb) als

Einstunden-Mittelwert in Österreich kann nur dann ereicht werden, wenn im internationalen

Bereich - hauptsächlich in den Industriestaaten der nördlichen Hemisphäre - noch

einschneidendere Reduktionsmaßnahmen vorgesehen werden.

 

Mit dem gegenständlichen Entschließungsantrag soll daher die Bundesregierung aufgefordert

werden, nicht nur die in der Entschließung E-46-NR/XVIII GP vom 2.4.1992 vom

Nationalrat beschlossenen Maßnahmen weiterhin konsequent umzusetzen und auf diese

Weise innerstaatlich den Weg der Reduktion von Ozonvorläufersubstanzen fortzusetzen,

sondern auch international und v.a. im Rahmen der Europäischen Union weitergehende

Maßnahmen zur Bekämpfung der Ozonkonzentrationen zu setzen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

E n t s c h l i e ß u n g s a n t r a g :

 

 

1. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst und der Bundesminister für

Umwelt, Jugend und Familie werden ersucht, sich im Rahmen der EU für weitere

Schritte zur Herabsetzung der Emissions grenzwerte für die Abgase von KFZ,

insbesondere für die Emissionen während der Kaltlaufphase bei PKW sowie für die

Partikel- und NOx- Emissionen bei LKW einzusetzen und die neuen strengeren

Grenzwerte in Östereich möglichst rasch einzuführen.

 

2. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, sich dafür

einzusetzen, daß in internationalen Vereinbarungen, insbesondere im Wiener

Übereinkommen und im Genfer Abkommen über den Straßenverkehr,

Mindeststandards für die Emissionen und die technischen Anforderungen (z.B.

Geschwindigkeitsbegrenzer bei LKW und Omnibussen) von KFZ festgeschrieben

werden, die dem EU-Standard entsprechen.

 

3. Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und der Bundesminister für

Wissenschaft, Verkehr und Kunst werden ersucht, eine Änderung des Wiener

Übereinkommens über den Straßenverkehr herbeizuführen, sodaß eine Verweigerung

der Einreise mit KFZ in das Bundesgebiet nicht nur aus Gründen der schwerwiegenden

Gefährdung der Verkehrssicherheit, sondern auch wegen schwerwiegender Gefährdung

der Umwelt ermöglicht wird.

 

4. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, für eine

verstärkte Kontrolle des Vorhandenseins und der Funktionstüchtigkeit von

Geschwindigkeitsbegrenzern bei LKW und Omnibussen Sorge zu tragen sowie eine

Erhöhung des momentanen Strafrahmens bei rechtswidrigem Verhalten herbeizuführen.

 

5. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, sich dafür

einzusetzen, daß Schnelltestverfahren für die Messung der KFZ-Abgase im laufenden

Verkehr möglichst rasch entwickelt werden, damit diese Kontrollen ehestens

angewendet werden können.

 

6. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, im Einvernehmen

mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst eine Kennzeichnung

schadstoffarmer Motorräder einzuführen.

 

7. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, im

Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres auf die Länder einzuwirken, daß

bestehende Tempolimits an ozonbelasteten Tagen besonders intensiv kontrolliert

werden.

 

8. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, im Ozongesetz

vorzusehen, daß bei Ereichen der Ozonwarnstufe der Landeshauptmann ermächtigt

wird, selektive Fahrverbote für einzelne Fahrzeuggruppen zu verhängen, wobei die

Schadstoffemission des Fahrzeuges und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu

berücksichtigen sind.

 

9. Der Bundeskanzler wird ersucht, im Einvernehmen mit den Ländern eine

Siedlungsplanung und Raumordnung nach ökologischen Kriterien voranzutreiben, die

hilft Verkehr zu vermeiden und die eine möglichst geringe Belastung durch den

Verkehr bewirkt.

 

10. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst und der Bundesminister für

Finanzen werden ersucht, die Bestrebungen zur Durchsetzung der Kostenwahrheit im

Verkehrsbereich auf EU-Ebene (Wegekostenrichtlinie, Anhebung der Maximalgrenze

für die Straßenbenützungsgebühren, Anhebung der Mineralölsteuermindestsätze, Entfall

der Flugverkehrsausmahmen) zu unterstützen.

 

11. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, im

Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und mit den Ländern und

Gemeinden eine Verbesserung der Bedingungen für den nichtmotorisierten

Individualverkehr sowie eine Optimierung des öffentlichen Verkehrs durch

entsprechende Verkehrsplanung und Sicherstellung der Finanzierung zu ereichen.

 

12. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, sich auf EU-Ebene

für die verpflichtende Einführung und Verwendung emissionsarmer Kraftstoffe

einzusetzen.

 

13. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, sich im

Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst und dem

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft für die Festlegung von

Emissionsgrenzwerten für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge auf EU-Ebene einzusetzen

und deren rasche innerstaatliche Umsetzung anzustreben.

 

14. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, der Bundesminister für

Umwelt, Jugend und Familie und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft

werden ersucht, eine rasche Verabschiedung und innerstaatliche Umsetzung der

künftigen EU-Richtlinie betreffend die Bekämpfung der Emission von gasförmigen

Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren, die für den

Einbau in andere mobile Maschinen und Geräte als Kraftfahrzeuge (z.B. Pistenraupen)

bestimmt sind, zu erwirken.

 

15. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, sich für eine

Kennzeichnungspflicht für lösemittelhaltige Produkte auf EU-Ebene einzusetzen.

 

16. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, eine Studie zu

beauftragen, die untersucht, in welchen noch nicht erfaßten Bereichen organische

Lösemittel eingesetzt werden und für diese Bereiche dann Reduktionsmaßnahmen

vorzuschlagen.

 

17. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und der Bundesminister für

wirtschaftliche Angelegenheiten werden ersucht, mit den Ländern eine Vereinbarung

über die Beschränkung der Emissionen von Warmwasseraufbereitungsanlagen, die

keine Dampfkesselanlagen sind, zu schließen.

 

18. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, im

Förderungsprogramm des "Ökofonds'' einen Schwerpunkt bei der Reduktion von

Ozonvorläufersubstanzen zu setzen und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für

Finanzen eine ausreichende finanzielle Bedeckung sicherzustellen.

 

19. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und der Bundesminister für

wirtschaftliche Angelegenheiten werden ersucht, auf die Länder einzuwirken, daß in

Ergänzung der bestehenden Art. 15a-BVG-Vereinbarung über Schutzmaßnahmen

betreffend Kleinfeuerungsanlagen Programme zur Wartung und Kontrolle von

Kleinfeuerungsanlagen entwickelt und umgesetzt werden, um die Emissionen dieser

Anlagen zu verringern.

 

20. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, im

Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales und dem

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie mit Verordnung nach § 82

Gewerbeordnung, soferne dies noch nicht erfolgt ist, dem Stand der Technik

entsprechende Emissionsgrenzwerte (unter besonderer Berücksichtigung von VOC und

NOx) für Emissionen aus Anlagen insbesondere Druckereien, Zellstoff- und

Papierindustrie, Spanplattenerzeugung, Rohölverarbeitung, Eisen- und Stahlerzeugung,

Erzeugung von Nichteisenmetallen, Zementindustrie sowie Glasindustrie

festzuschreiben.

 

21. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, im

Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen auf die Länder einzuwirken, daß

die ihnen für die Fernwärmeförderung zur Verfügung gestellten Mittel möglichst rasch

für konkrete Projekte eingesetzt sowie neue Fördermöglichkeiten für den Einsatz

erneuerbarer Energieträger geschaffen werden.

 

22. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, die bestehende

Art. 15a-BVG-Vereinbarung über die sinnvolle Verwendung von Energie im Hinblick

auf die wärmetechnischen Anforderungen an Wohnungsbauten gemäß dem Stand der

Technik weiterzuentwickeln und darüberhinaus mit den Ländern Übereinkommen zur

thermischen Sanierung von Altwohnbauten mit Hilfe von Finanzierungsmodellen auf

Contracting-Basis sowie über entsprechende Förderungsmodelle anzustreben.

 

23. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, eine Beschränkung

der Ausnahmen vom Verbot der Verbrennung organischer Stoffe im Freien sowie

Möglichkeiten für das Verbot des Betriebes von Rasenmähern, die mit fossilen

Kraftstoffen betrieben werden, an besonders belasteten Tagen zu prüfen und Initiativen

für die legistische Umsetzung zu ergreifen.

 

24. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, Gespräche mit

der Elektrizitätswirtschaft über die Minimierung des Einsatzes von kalorischen

Kraftwerken während der Sommermonate und der maximalen Ausnützung des

vorhandenen Wasserkraftpotentials zu führen.

 

25. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird ersucht, weitere

Reduktionspotentiale von Ozonvorläufersubstanzen aus der land- und

forstwirtschaftlichen Produktion und aus der Abwasserentsorgung zu ermitteln und

entsprechende Maßnahmen zu prüfen.