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der Abgeordneten Dr. Kier und Partner/innen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise und den
Aufenthalt von Fremden (Fremdengesetz, BGBl 838/1 992), in der geltenden
Fassung, geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise und den Aufenthalt von
Fremden (Fremdengesetz, BGBl 838/1992), in der geltenden Fassung, geändert
wird
1 . § 17 Abs. 1 wird wie folgt geändert und lautet:
§ 17 (1 ) ''Fremde können mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich
nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu
nehmen.''
2. § 17 Abs. 2, erster Halbsatz wird wie folgt geändert und Iautet:
§ 17 Abs. 2, erster Halbsatz: ''Fremde können mit Bescheid ausgewiesen
werden, wenn sie"
Nach § 17 Abs 2 Z 6 wird folgender Halbsatz angefügt:
§ 17 Abs 2, letzter Halbsatz: ''und wenn ihre sofortige Ausreise im Interesse
der öffentlichen Ordnung erforderlich ist.''
3. Dem § 17 wird folgender § 17 a angefügt:
§ 17 a: ''Fremde dürfen bei VorIiegen des § 1 7 Abs 2 Z 3 nicht ausge-
wiesen werden, wenn sie gegen Personen, die der Strafdelikte Zuhälterei
(§ 21 6 StGB) oder Menschenhandel (§ 217 StGB) oder ausbeuterische
Schlepperei verdächtigt werden, Informationen liefern, die diesen Verdacht
erhärten. Diesen ist eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu gewähren.''
4. § 20 Abs 1 wird wie folgt geändert:
Nach Z 2 wird folgende Z 3 angefügt:
§ 20 Abs. 1 Z 3: ''die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persön-
lichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.''
5 § 20 Abs 2 wird wie folgt geändert und lautet:
§ 20 Abs 2: "Ein Aufenthaltsverbot darf außerdem nicht erlassen werden,
wenn
1 . der Fremde in den FälIen des § 18 Abs 2 Z 8 nach den Bestimmungen
des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber
eine andere Beschäftigung ausüben hätte dürfen;
2. wegen des maßgeblichen Sachverhaltes eine Versagung des Auf-
enthaltstitels unzulässig wäre;
3. dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes
die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs 1 des Staatsbürgerschafts
gesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 , verliehen hätte werden können, es
sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren
Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe ver-
urteilt worden;
4. der Fremde von klein auf im lnIand aufgewachsen ist und hier
langjährig seinen Hauptwohnsitz hat.''
Begründung
Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis vom 1. Dezember 1995 (G
1306/95 - 7) den § 17 Abs 3 und den § 27 Abs 3, zweiter Satz, des Fremden-
gesetzes aufgehoben, da sie wegen des AusschIusses der aufschiebenden Wirkung
und der sofortigen vorzeitigen Umsetzung der Ausweisung verfassungswidrig waren.
Obwohl die sonstigen geplanten Reformen der Fremdengesetze wegen des Wider-
standes der Kammern und Gewerkschaften trotz dringender Notwendigkeit neuerlich
verschoben wurden, ist der Gesetzgeber gezwungen, die Bestimmungen betreffend
Ausweisung umgehend zu sanieren, indem festgeschrieben wird, daß Ausweisungen
nur noch dann erfolgen dürfen, wenn die sofortige Ausreise im Interesse der
''öffentlichen Ordnung'' erforderlich ist.
Der im Mai in Begutachtung gegangene Entwurf fur ein Fremdenrechtsänderungs-
gesetz enthielt gerade im Bereich der Ausweisungs- und Aufenthaltsverbot-Verbots-
bestimmungen einige integrationsfreundliche Maßnahmen, deren Umsetzung auch
dann nichts im Wege steht, wenn der Rest des "Pakets" auf die lange Bank
geschoben wird.
Zusätzlich soll eine fremdenrechtlich Maßnahme gesetzt werden, die sowohl der
Bekämpfung der Ausbeutung von Frauen zu Zwecken der Prostitution als auch der
organisierten KriminaIität dient.
Zu den einzelnen Ziffern:
Zu Ziffer 1 (§ 17 Abs 1 ). Die Anderung der "muß',- in eine "kann" Bestimmung soll
verdeutlichen, daß keine unbedingte Rechtspflicht mehr bestehen soll, was die
Verhängung einer Ausweisung betrifft, sondern daß den Behörden ein gewisser
Ermessensspielraum gegeben wird. Damit wird dem Art. 8 Abs 2 EMRK zum Schutz
des Privat- und Familienlebens in höherem Au smaß Rechnung getragen
Zu Ziffer 2 (§ 17 Abs 2): Mit dem Zusatz, daß die in den Ziffern 1 bis 6 genannten
Grunde für eine Ausweisung nur dann "schlagend" werden, wenn die Ausweisung
bzw. die sofortige Ausreise im lnteresse der öffentlichen Ordnung erforderlich ist,
soII versucht werden, dem VfGH-Erkenntnis Rechnung zu tragen. AIlerdings darf die
neue Bestimmung nicht dazu führen, daß dieses ''öffentliche Interesse,' praktisch in
jedem FalI automatisch angegeben wird und daß einer Berufung gegen eine
Abschiebung nach § 17 Abs 2 grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung mehr
zukommt.
Zu Ziffer 3 (§ 17 a): Das Verbot der Ausweisung bzw. die ErteiIung einer befristeten
Aufenthaltsbewilligung für illegale ausländische Prostituierte, die bereit sind, gegen
Personen, die der Zuhälterei und/oder des Menschenhandels und/oder Schlepperei
verdächtig sind, auszusagen, hätte einen doppelten Effekt: Auf der einen Seite wäre
dies eine wirksame Maßnahme zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, auf
der anderen Seite wird den betroffenen Frauen die Möglichkeit und der Anreiz
geschaffen, ihre mißliche Situation zu beenden. lm Sinne der EU-Konferenz
''Menschenhandel mit Frauen'', die am 11. und 12. Juni in Wien stattfand, sind viel
weitergehende lntegrationsmaßnahmen zugunsten der betroffenen, ausgebeuteten
Frauen zu egreifen. Die vorgeschlagene aufenthaltsrechtliche Maßnahme, die
zumindest bis zum Ende eines diesbezüglichen Strafverfahrens gültig sein sollte, ist
dazu ein erster Schritt.
Zu Ziffer 4 ( § 20 Abs 1 ): Auch diese Maßnahme ist im Sinne des Art. 8 Abs 2 EMRK
sowie des lnternationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
zu sehen.
Zu Ziffer 5 (§ 20 Abs 2): Die Aufenthaltsverbot-Verbote sollen erweitert werden.
Insbesondere soll Schwarzarbeit mit dieser drastischen Sanktion nur noch dann
belegt werden, wenn der Betroffene "inhaltlich'', nicht aber, wenn er formal dabei
angetroffen wird; weiters sollen im lnland aufgewachsene Fremde von der Erlassung
des Aufenthaltsverbotes nicht mehr betroffen sein, da diese Maßnahme nachhaltig
in die Lebensverhältnisse dieser Menschen eingreifen würde. Von dieser Ziffer
sollen all jene Kinder betroffen sein, deren Aufenthaltsrecht im Kindesalter (6. bis 7.
Lebensjahr oder früher) begründet wurde.