253/AE
der Abgeordneten Dr./Schmidt, Dr. Frischenschlager, Motter und Partner/innen
betreffend die Menschenrechtssituation in Tibet
Die politische Situation sowie die Lage der Menschenrechte in Tibet gibt immer
größeren Anlaß zur Sorge. ln den letzten Monaten verschärfte die Volksrepublik
China ihre Vorgangsweise in dieser von ihr beanspruchten ''autonomen Region''
gegenüber der tibetischen Bevölkerung. Dies läßt sich nicht nur an der
Verschleppung des vom Dalai Lama ernannten Nachfolgers des Panchen Lama
sowie an den Berichten verschiedener Menschenrechtsorganisationen ablesen, die
von über 600 politschen Gefangenen sowie von Folterungen an buddhistischen
Mönchen und Nonnen berichten, sondern auch daran, daß gegenüber
Repräsentanten von Ländern, die sich der Menschenrechtssituation in Tibet
annehmen, unfreundliche Akte gesetzt werden.
Seit dem widerrechtlichen Einmarsch Chinas in Tibet im Jahre 1 950 dauert die
Unterdrückung des Strebens der Tibeter nach politischer, ethnischer und religiöser
Selbstbestimmung an. Die Geschichte der Menschenrechtsverletzungen gegen Tibet
reicht von der brutalen Unterdrückung des Aufstandes von 1 959, bei dem über
80.000 Menschen starben, über die Vertreibung des weltlichen und religiösen
Oberhauptes, des Dalai Lama, bis hin zu einer massiven Umsiedlungspolitik der
Chinesen nach Tibet, verbunden mit Zwangssterilisierungen von Tibeterinnen,
wodurch die Tibeter zu einer Minderheit im eigenen Land wurden und ihr Überleben
gefährdet ist.
Die Vereinten Nationen, das Europäische ParIament (im Juli 1995) und zuletzt auch
der deutsche Bundestag (am 21.6.1996) haben die Besetzung Tibets, die VerIetzung
der Menschenrechte und die Unterdrückung der nationalen und kulturellen ldentität
dieses Landes verurteilt.
Da auch die PoIitik Österreichs darauf gerichtet sein muß, das Selbstbestimmungs-
recht weltweit zu unterstützen sowie unrechtmäßige Gewaltanwendung und massive
Menschenrechtsverletzungen nicht hinzunehmen, stellen die unterzeichneten
Abgeordneten zu der Situation in Tibet folgenden
ENTSCHLlESSUNGSANTRAG:
''Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für auswärtige Angelegen-
heiten, wird aufgefordert, sich verstärkt bei jeder sich bietenden Gelegenheit dafür
einzusetzen, daß
- die Regierung der Volksrepublik China die weltweit anerkannten Menschenrechte
achtet, die Menschenrechtsverletzungen gegen Tibeter beendet und die Grund- und
Freiheitsrechte des tibetischen Volkes und aller lndividuen in Tibet respektiert,
- die chinesische Regierung alle Maßnahmen unterläßt, die die Zerstörung der
tibetischen Kultur zu Folge haben können, vor allem die planmäßige Umsiedlung
von Chinesen nach Tibet, um die tibetische Bevölkerung zurückzudrängen,
- die chinesischen Behörden dafür sorgen, daß der vom Dalai Lama bestimmte
Nachfolger des Panchen Lama, Gedhun Choekyi Nyima, und seine Familie sofort
freigelassen werden und in ihr Heimatdorf zurückkehren können
- alle politischen Gefangenen in Tibet freigelassen werden,
- die freie Rückkehr im Ausland lebender Tibeter ermöglicht wird,
- auch zukünftig bei den Beratungen der UNO-Menschenrechtskommission die Lage
der Menschenrechte in Tibet Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit und kritischer
Diskussion sein wird,
- dem Verlangen des tibetischen Volkes, die tibetische Kultur und Religion zu
erhalten, verstärkt Beachtung geschenkt wird, und die Bereiche ermittelt werden, in
denen die österreichische Bevölkerung und die Bundesregierung Hilfe leisten
können,
- die tibetische Exilregierung und der Dalai Lama von den Vereinten Nationen in
ähnlicher Weise als legitime Vertreter des tibetischen VoIkes anerkannt werden wie
dies hinsichtlich der Palästinensischen Befreiungsorganisation als Vertreterin des
palästinensischen Volkes geschah,
- ein konstruktiver Dialog zwischen der chinesischen Regierung und der tibetischen
Exilregierung aufgebaut wird, der langfristig dazu führen soll, daß das tibetische
Volk auf friedlichem Wege sein Recht auf Selbstbestimmung ausüben kann und
seine kulturelle und religiöse Freiheit erhält.''
ln formel/er Hinsicht wird vorgeschlagen, den Antrag dem außenpolitischen
Ausschuß zuzuweisen.