286/A
der Abgeordneten Schmidt, Barmüller, Motter und Partnerlnnen
betreffend Änderung des Jugendgerichtsgesetzes (BGBl. 1988/599)
Der NationaIrat woIle beschließen:
Änderung des Jugendgerichtsgesetzes BGBl. 1988/599, zuletzt geändert durch
BGBl. 1994/522.
Der Nationalrat hat beschlossen:
Änderung des Jugendgerichtsgesetzes BGBl. 1988/599, zuIetzt geändert durch
BGBl. 1994/522
§ 25 lautet wie foIgt:
''Den die Gerichtsbarkeit in Jugendstrafsachen ausübenden Gerichten obliegt auch
die Gerichtsbarkeit über Erwachsene
1. wegen der §§ 198 und 199 StGB, wenn durch die Tat ausschließlich oder
überwiegend Minderjährige verletzt oder gefährdet worden sind;
2. wegen der §§ 206, 207, 208, 212, 213 StGB
3. wegen der §§ 201 bis 205, 211 , 214 bis 217 StGB, wenn ausschließlich oder
überwiegend Minderjährige die Opfer sind.''
Begründung
ln letzter Zeit wurde das Thema Kindesmißbrauch hauptsächlich in der Richtung
diskutiert, daß dem Täter höhere Strafen drohen müßten, und das Schutzalter für
Kinder hinaufgesetzt werden müsse. Abgesehen davon, daß gerade im Bereich von
Sexualdelikten Strafdrohungen nur sehr beschränkt präventive Wirkung haben, die
Änderung des Schutzalters wiederum die Kriminalisierung geschlechtlicher Kontakte
Jugendlicher zur Folge hätte, hat die öffentliche Diskussion bislang wenig
Augenmerk auf die Situation des Opfers im gerichtlichen Verfahren gelegt. Zwar
wurden im strafprozessualen Bereich Sonderbestimmungen eingeführt, die eine
möglichst schonende Behandlung der Opfer ermögIichen soIlen (§§ 162a, 250 Abs.
3 StPO), doch hat die Praxis gezeigt, daß viele Richter mit diesen Möglichkeiten
überfordert sind, weil die Handhabung dieses Instrumentariums ein hohes Maß an
Einfühlsamkeit in die kindliche Psyche und Kenntnisse auf dem Gebiet der
Psychologie, Pädagogik und Sozialarbeit erfordert.
Daher, und weil für bestimmte Vorgangsweisen die technische Routine fehlt, kommt
es oft vor, daß die gesetzlichen Möglichkeiten gar nicht ausgeschöpft werden, wie
Daher, und weil für bestimmte Vorgangsweisen die technische Routine fehlt, kommt
es oft vor, daß die gesetzlichen Möglichkeiten gar nicht ausgeschöpft werden, wie
etwa die Videovernehmung aus einem Nebenzimmer, getrennter Eingang,
Zuziehung einer Vertrauensperson und so weiter. Dazu kommt, daß die räumlichen
Gegebenheiten (besondere Ausstattung der Vernehmungszimmer, getrennte
Zugangsmöglichkeiten etc.) nicht bei jedem Gericht gegeben sind. Das bringt oft
zusätzliche psychische Qualen für die Opfer mit sich, vor allem auch dann, wenn es
sich beim Täter um einen Elternteil handelt.
An Jugendgerichten hingegen sind Richter und Staatsanwälte tätig, die speziell
geschult sind und im Umgang mit Minderjährigen Erfahrung haben. Sie verfügen
auch über die notwendigen Kontakte zu den Jugendämtern, den Kinder- und
Jugendanwälten und sonstigen Stellen, die als erste mit den Opfern in Berührung
kommen. Es ist daher eine gewisse Vertrauenssituation gegeben, die es auch den
Einrichtungen der Jugendwohlfahrt leichter macht, sich an das Jugendgericht zu
wenden, wenn ein Fall akut wird. Auch für die Nachbetreuung der Opfer ist so
wesentlich besser vorgesorgt.
Eine Konzentration der Verfahren bei den Jugendgerichten würde auch bewirken,
daß Richter und Staatsanwälte das notwendige Fachwissen regelmäßig anwenden
und erweitern würden, was der Qualität der Verfahrensführung zugute käme. Dazu
kommt, daß diese Verfahren wesentlich zeitaufwendiger als solche mit mündigen
Personen sind, da auf die Situation des Kindes eingegangen werden muß.
Da es im Sinne der minderjährigen Opfer ist, daß solche Verfahren mit möglichst
geringer Belastung für sie verbunden sind, scheint die Übertragung an ein Gericht,
das im Umgang mit Minderjährigen speziell geschult ist, wie die Jugendgerichte,
dringend geboten.