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der Abgeordneten Dr. Kostelka, Mag. Guggenberger
und Genossen
betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert
wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das
Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
1 . Art. 7 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
,,Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."
2. Art. 151 wird folgender Abs. 15 angefügt:
,,(15) Art. 7 Abs. 1 in der Fassung BGBl. ...../.. tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft."
Es wird verlangt, über diesen Antrag innerhalb von drei Monaten eine Erste Lesung
durchzuführen und angeregt, den Antrag dem Verfassungsausschuß zuzuweisen.
B E G R Ü N D U N G
Mit dem vorliegenden Antrag soll das allgemeine Gleichheitsgebot der Bundesverfassung
(Art. 7 Abs. 1 B-VG) um ein ausdrückliches Verbot der Diskriminierung von Behinderten
ergänzt werden.
Man sollte meinen, es sei eine Selbstverständlichkeit, daß behinderte Menschen nicht wegen
ihrer Behinderung benachteiligt werden dürfen. Leider gehört es aber zur Alltagserfahrung
von Behinderten, daß sie diskriminiert werden, bis hin zum bewußten Ausschluß aus dem
sozialen Leben. Dies zeigen auch Berichte in den Medien, wonach Behinderte aus Lokalen
gewiesen werden, weil sich andere Gäste durch ihren Anblick belästigt fühlen könnten.
Darüber hinaus ist es aber ungeachtet vieler Bemühungen noch immer Realität, daß
Behinderte nicht in gleicher Weise die Teilnahme am politischen, wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Leben der Gemeinschaft ermöglicht wird wie Nichtbehinderten und daß dies
auch durch im Ergebnis diskriminierende Rechtsvorschriften herbeigeführt wird.
Es ist daher erforderlich, daß in die Bundesverfassung ein ausdrückliches Diskrimierungs-
verbot aufgenommen wird. Durch die vorgeschlagene Textierung wird ein verfassungs-
gesetzlich gewährIeistetes Recht geschaffen, das vor dem Verfassungsgerichtshof durchsetz-
bar ist. Anders als der allgemeine Gleichheitssatz, der nur für Staatsbürger gilt, soll dieses
Diskriminierungsverbot aber für jeden Menschen gelten. Es wird daher im Ausschuß auch zu
erörtern sein, ob nicht aus diesem Grund diese Vorschrift in einen eigenen Absatz des Art. 7
aufgenommen werden sollte.
Die vorgeschlagene Formulierung soll folgenden rechtlichen Gehalt zum Ausdruck bringen:
Soweit im Rahmen der Hoheitsverwaltung Behinderte diskriminiert werden, werden sie in
ihrem durch diese Bestimmung eingeräumten verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht
verletzt und können dies vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfen. Das Diskriminierungs-
verbot gilt aber darüber hinaus auch im Verhältnis zwishcen Privatrechtsträgern, wobei es -
so wie das Grundrecht auf Datenschutz - vor den ordentlichen Gerichten durchzusetzen ist.
Die Bestimmung bietet darüber hinaus einen Beurteilungsmaßstab für die Beurteilung der
Verfassungsmäßigkeit von generellen Rechtsnormen, insbesondere auch dahin, daß
Rechtsvorschriften, die die Benachteiligung durch Behinderungen ausgleichen sollen, zulässig
und erforderlich sind.
Die Antragsteller treten darüber hinaus für die Aufnahme eines verfassungsgesetzlichen
Auftrages an Gesetzgebung und Vollziehung ein, durch besondere Maßnahmen dafür zu
sorgen, daß allen behinderten Menschen die volle Entfaltung ihrer Persönlichkeit durch
Ausbildung, Arbeit und Teilnahme am politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Leben der Gemeinschaft ermöglicht wird. Einen solchen Verfassungsauftrag enthält Art. 9
des von der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion eingebrachten Antrages betreffend ein
Bundesverfassungsgesetz über wirtschaftliche und soziale Rechte. Sollte es nicht zur
Besc.hlußfassung dieses B undesverfassungsgesetzes kommen, könnte dieser
Verfassungsauftrag isoliert im Rahmen des gegenständlichen Antrages verwirklicht werden.