389/A XX.GP
der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Dr. Feurstein, Kröll
und Kollegen
betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz
geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
1 . ln Art. 7 wird folgender neuer Abs. 2 eingefügt:
(2) Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die
Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die
Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen
Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten."
2. Die bisherigen Absätze 2 und 3 bleiben unverändert und erhalten die
Bezeichnung 3 und 4.
3. Art. 151 wird folgender Abs. 15 angefügt:
(15) Art. 7 Abs. 2 in der Fassung BGBl. ..../.. tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft."
Begründung:
Mit dem vorliegenden Antrag soll an das allgemeine Gleichheitsgebot in Art. 7
Abs. 1 der Bundesverfassung ein ausdrückliches Verbot der Diskriminierung von
Behinderten angefügt werden. Diese Regelung ist analog dem mit einer Novelle
im Jahr 1 994 im Bonner Grundgesetz eingefügten Diskriminierungsverbotes
gestaltet.
Die vorgeschlagene Novellierung erscheint deswegen notwendig, da es noch
immer nicht selbstverständlich sein dürfte, behinderte Menschen im alltäglichen
Leben wegen ihrer Behinderung nicht zu
diskriminieren. Daher soll in einern neuen
Art. 7 Abs. 2 nicht nur eine Nichtdiskriminierungsklausel aufgenommen werden,
sondern auch ein Bekenntnis der Republik aufgenommen werden, auf die
Gleichbehandlung von behinderten Menschen in allen Bereichen hinzuwirken.
Diese Bestimmung ist als Staatszielbestimmung ausgestaltet, die allen Gebiets-
körperschaften die Verpflichtung auferlegen soll, sich vermehrt um die Förderung
und Unterstützung von behinderten Menschen zu kümmern und auf deren Gleich-
behandlung in allen Bereichen hinzuwirken. Derartige Staatszielbestimmungen
wurden unter anderem bereits mit dem Bekenntnis Österreichs zur umfassenden
Landesverteidigung und mit dem Bundesverfassungsgesetz über den
umfassenden Umweltschutz verwirklicht.
Gemäß der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Gleichheits-
satz verbietet dieser es dem Gesetzgeber, andere als sachlich begründbare
Differenzierungen zu schaffen. Nur dann, wenn gesetzliche Differenzierungen aus
entsprechenden Unterschieden tatsächlich ableitbar sind, entspricht das Gesetz
dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Es wird daher regelmäßig geprüft, ob
eine rechtliche Differenzierung mit tatsächlichen Unterschieden in einer Weise
korrespondiert, die sachlich gerechtfertigt werden kann.
Dieser innere Gehalt des Gleichheitssatzes soll durch das explizite Verbot der
Diskriminierung von Behinderten nicht verändert, sondern zusätzlich bekräftigt
werden, daß auch bei einer auftretenden Ungleichbehandlung von behinderten
Menschen der Verfassungsgerichtshof diese immer auf ihre sachliche Recht-
fertigung zu überprüfen hat. Die vorliegende Nichtdiskriminierungsklausel verbietet
demgegenüber aber nicht eine Bevorzugung Behinderter, sondern erlaubt und
fordert sie in einem dem gesetzgeberischen Entscheidungsspielraum überlassenen
Umfang.
ln formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf eine 1 . Lesung die Zuweisung an den
Verfassungsausschuß vorgeschlagen.