420/A XX.GP

 

ANTRAG

der Abgeordneten Mag. Freundinnen und Freunde

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz , mit dem eine Staatszielbestimmung zur

Achtung, Bewahrung, Förderung und zum Schutz der sprachlichen und kulturellen

Vielfalt der Republik Österreich in das Bundes-Verfassungsgesetz idF von 1929

eingefügt wird

Der Nationalrat wolle beschließen

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz idF von 1929

geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Das Bundes-Verfassungsgesetz in der zuletzt gültigen Fassung wird geändert wie folgt:

1. Artikel 8 wird geändert wie folgt:

Die Republik Österreich bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und

kulturellen Vielfalt. Diese Vielfalt ist zu achten, zu bewahren, zu fördern und zu

schützen."

2. Aus dem derzeitigen Artikel 8 (Staatssprache) wird Artikel 8a

3. Aus dem derzeitigen Artikel Ba (Fahne und Wappen) wird Artikel 8b

Artikel 11

(1 ) Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt mit dem 1 . Jänner 1 998 in Kraft.

(2) Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung

betraut.

ERLÄUTERUNG:

Obwohl die Volksgruppen in Österreich einen bedeutenden Beitrag für die

Mehrsprachigkeit und kulturelle Vielfalt Österreichs leisten, gibt es bis jetzt kein

eigenständiges Bekenntnis der Republik zu ihren Minderheiten in der

Bundesverfassung.

Verfassungsrechtliche Regelungen zur Frage der Volksgruppen stammen einerseits aus

der Monarchie und finden sich im Staatsgrundgesetz' vom 21.12.1867, Artikel XlX.

Diese Bestimmung wurde durch Art. 149 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes zum

Verfassungsgesetz erklärt.

Andererseits hat sich Österreich in völkerrechtlichen Verträgen zur Gewährung

bestimmter Minderheitenrechte verpflichtet, und zwar jeweils gegenüber den siegreichen

Alliierten der Weltkriege: im Staatsvertrag von St. Germain Art 66 - 68, und im

Staatsvertrag von Wien, 1955, Artikel 7.

Ein eigenständiges Bekenntnis der Republik Österreich zur Achtung, Bewahrung,

Förderung und zum Schutz der sprachlichen und kulturellen Vielfalt fehlt.

Durch eine Staatszielbestimmung an prominenter Stelle in der Bundesverfassung

(Artikel 8) soll kulturelle und sprachliche Vielfalt per se als Interesse der Republik definiert

werden. Erhalt und Ausbau dieser Vielfalt wären Gesamtanliegen des Staates und nicht

defensive Rechte einer bestimmten Gruppe. Die Republik insgesamt übernimmt mit einer

derartigen Staatszielbestimmung einen Teil der Verantwortung zur Achtung, Bewahrung,

Förderung und zum Schutz der sprachlichen und kulturellen Vielfalt.

Durch Jahrhunderte gemeinsamer Entwicklung von Menschen mit verschiedenen

Sprachen, Kulturen und Religionen wurde die Republik Österreich geprägt. Wir

Österreicherinnen und Österreicher können mit Recht stolz auf diese Vielfalt sein.

Doch dieser Reichtum ist keine Selbstverständlichkeit. Im Dritten Reich wurden Juden

und Roma und Sinti von den Nazis fast ausgerottet. Nationalistische Bombenanschläge

haben vier Roma das Leben gekostet, weitere Menschen wurden teilweise schwer

verletzt.

Echten Schutz kann hier nur die Gesellschaft als Ganzes bieten, indem sie die

Minderheiten in die Mitte der Gesellschaft holt, indem klar gemacht wird, daß

Minderheiten ein Teil von uns, ein Teil Österreichs sind.

Eine Staatszielbestimmung zur Achtung, Bewahrung, Förderung und zum Schutz der

sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Republik Österreich an prominenter Stelle in der

Bundesverfassung stellt einen geeigneten Schritt in diesem Sinne dar.

An dieser Staatszielbestimmung haben sich in weiterer Folge auch einfachgesetzliche

Regelungen zu Orientieren.

Behandlung des Antrages:

In formeller Hinsicht wird gemäß § 69 Abs. 4 GOG die Durchführung einer Ersten Lesung binnen 3

Monaten verlangt und die daran anschließende Zuweisung an den Verfassungsausschuß vorgeschlagen.